Das Bewusstsein für ein nachhaltiges Leben ist in vielen Köpfen bereits angekommen. Auch die Umsetzung im Alltag funktioniert recht gut, so erlebe ich es zumindest bei mir selbst. Ich spare Wasser, koche vermehrt frisch und kaufe, so gut es geht, unverpackt. Doch wie ist das beim Thema Reisen? Im Hotel erinnert mich ein freundlicher Aufkleber am Spiegel daran, zum Schutz der Umwelt beizutragen, indem ich mein Handtuch mehrere Tage benutze und nicht täglich auf ein neues bestehe. Doch wo finde ich Hotels, die sich noch intensiver dem Thema Nachhaltig Reisen gewidmet haben?
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Nachhaltig Reisen – Respektvoll der Umwelt gegenüber
Diese Frage stellte sich auch Franziska Diallo, eine der Gründerinnen von Good Travel, nach einem Familienurlaub in Marokko Anfang 2015. „Die letzte Unterkunft unserer Rundreise war ein so liebevoll geführtes Ferienhaus, so durchdacht und respektvoll der Umwelt gegenüber.“, erzählt sie mir mit einem Lächeln auf dem Lippen. „Jeden Abend zauberte uns der Koch ein anderes Menü, welches auf die tägliche Ernte aus dem eigenen Garten abgestimmt war.“
Gefunden hatte sie die Unterkunft nach einer langen, mühsamen Recherche auf einer englischsprachigen Webseite. Schade, denn eine solch besondere Unterkunft benötigt mehr Aufmerksamkeit, um sich langfristig halten zu können. Nach einem Plausch mit dem Koch erfuhr Franziska, wie glücklich dieser mit seiner Arbeitsstelle war. So bereitete es ihm nicht nur große Freude, sich täglich kreativ in der Küche ausleben zu können, sein Arbeitsplatz bot ihm außerdem ein gutes Gehalt, sowie eine Absicherung fürs Alter und eine Krankenversicherung. Für marokkanische Verhältnisse nicht unbedingt üblich.
„Das fand ich sehr beeindruckend und wichtig zu erfahren. Denn ich möchte in meinem Urlaub eine schöne Zeit verleben, aber nicht auf Kosten anderer.“, resümiert Franziska und sagt damit einen Satz, den ich erst einmal sacken lassen muss. Es stimmt. Wie oft habe ich mich schon über ein Urlaubsschnäppchen gefreut und dabei ganz vergessen, dass mein Schnäppchen bedeutet, dass ein Saisonarbeiter zum Mindestlohn schuften muss und, dass das Essen vom All You Can Eat Buffet vom billigen Großmarkt stammt, statt vom regionalen Bauern. Warum sollten meine Mitmenschen, warum sollte die Umwelt dafür zahlen, damit ich weniger zahlen muss?
Nachhaltig Reisen – Eine Plattform für nachhaltigen Tourismus
Nach einigen Berufsjahren im klassischen E-Commerce und einer reiseintensiven Elternzeit wollte sich Franziska beruflich neu orientieren und weiterentwickeln. Das Schlüsselerlebnis in Marokko gab den Anstoß für die Idee zu einer Buchungs-Plattform für nachhaltige Unterkünfte. Die perfekte Geschäftspartnerin fand Franziska in ihrer Schwägerin Judith Hehl, die bei ihrer Arbeit als Kommunikationsdesignerin für das Wirtschaftsmagazin enorm von den Geschichten nachhaltiger und ökologischer Geschäftsideen mehr als inspiriert war.
Franziska Diallo und Judith Hehl gründeten im Januar 2016 Good Travel, um Nachhaltig Reisen einfacher möglich zu machen
Im Juni 2016 ging Good Travel mit 40 nachhaltigen Unterkünften online. Heute kannst du bereits durch ein Angebot von 134 handverlesenen Hotels, Ferienwohnungen und –häusern, sowie zahlreichen Campingplätzen und Bed&Breakfasts stöbern.
Neben den drei Kriterien Ökonomie, Ökologie und Soziales, die Nachhaltigkeit im Allgemeinen definieren, kategorisiert Good Travel die Unterkünfte zusätzlich in die Bereiche „Architektur – naturnahe Bauweisen“ und „Well-Being – Entschleunigung des Alltags“. Auf den einzelnen Seiten der Unterkünfte erfahrt ihr die Details darüber, mit welchen teils sehr innovativen Ideen die Betreiber Nachhaltigkeit an ihren Standorten umsetzen. Hinter den liebevoll geführten Unterkünften stecken verwirklichte Lebensträume und ganz viel Herzblut. Diese persönlichen Geschichten sind Franziska und Judith sehr wichtig, weswegen sie diesen Hintergrundinformationen auf ihrer Webseite besonders viel Raum geben.
Nachhaltig Reisen – Eine Nacht auf dem Re:hof
Eine dieser inspirierenden Lebensgeschichten handelt von Martin Hansen und Marieken Verheyen, einem Künstlerpaar aus Amsterdam. 2012 stellte sich das Leben der beiden auf den Kopf, als sie den damals noch sehr heruntergekommenen Pfarrhof Rutenberg kauften. Aus den baufälligen Gebäuden und dem verwilderten Garten ist mit viel Arbeit und Geduld ein Ort der Ruhe und Kontemplation geworden. Neben den Ferienwohnungen, die in den alten Backsteingebäuden Platz fanden, sprangen mir beim Stöbern auf der Webseite vor allem aber die neuentstandenen Gartenhäuser ins Auge. Die Holzkuben mit bodentiefer Glasfront ermöglichen einen Panoramablick auf die umgebende Natur. Schnell war für mich klar: Auf dem Re:hof möchte ich „am eigenen Leib“ erfahren, was genau es bedeutet, Gast in einer Unterkunft zu sein, die ganzheitliches Engagement zeigt und alle fünf Kategorien der Nachhaltigkeit erfüllt.
Die Buchung erfolgt ganz einfach über ein Kontaktformular auf www.goodtravel.de. Die Kommunikation und die Abwicklung mit der jeweiligen Unterkunft übernimmt Good Travel. Um den perfekten Urlaubsort zu finden, könnt ihr die Unterkünfte nach euren Vorlieben und Wünschen filtern oder eure Vorstellungen im Kontaktformular beschreiben. Dadurch, dass jede einzelne Unterkunft handverlesen ist, kennen die beiden Frauen von Good Travel alle Details und können euch passgenaue Vorschläge machen.
Der Re:hof liegt in der Uckermark, nur 100 km von Berlin entfernt und eignet sich für mich deshalb perfekt für einen Wochenendausflug. Was zuerst ins Auge sticht ist das satte Grün des ehemaligen Pfarrhofes. Den alten Baumbestand haben Marieken und Martin während der Baumaßnahmen retten können. Während der Renovierung achteten die beiden darauf, viele Naturmaterialien, wie Holz und Lehm, zu nutzen und so wenig wie möglich Abfall zu produzieren. So wurden die alten Holzbalken der Scheune aufgearbeitet und für den Bau von Türen und Tischen für die Ferienhäusern genutzt. Im Gartenhaus entdeckte ich alte Kupferrohre, die als Garderobenstangen Wiederverwendung fanden.
Während das Pfarrhaus, das Hof- und die Stallgebäude bereits auf dem Hof vorhanden waren, wurden die Gartenhäuser vom Architekten Peter Grundmann, Marieken und Martin selbst entworfen und erbaut. Die Besonderheit liegt hier in der Einbettung der Häuser in die Natur. Die Kuben stehen sichtgeschützt ganz am Rande des Grundstückes und geben Ausblick auf das angrenzende Feld und den Wald. Nicht nur die Fensterfront lässt den freien Blick in die Natur zu. Dadurch, dass die Schiebetür an der Küchenzeile zwischen der Arbeitsplatte verläuft, verlängert sich die Küche auf die Veranda, was quasi ein Kochen unter freiem Himmel ermöglicht. Zumindest ein Schnibbeln.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Badezimmer. Klein, aber fein und modern im Gartenhäuschen untergebracht, finde ich hier neben einer Dusche und einem Waschbecken auch eine Trockentoilette. Bei genauem Nachdenken und vor allem Nachrechnen wird aber deutlich, dass wir allein bei unserem kurzen Aufenthalt zu zweit circa 85 Liter sauberes Trinkwasser nicht im Klo hinuntergespült haben. Für alle, denen die Trockentoilette nicht ganz so geheuer ist, stehen im Stallgebäude und an der Sauna normale Toiletten zur Verfügung. Alle anderen tragen während ihres Aufenthaltes dazu bei, dass der Garten wunderbar natürlichen Dünger erhält. Die Abwässer von Dusche und Waschbecken werden zu einem Pflanzenklärbeet geleitet, wo aus dem Abwasser Frischwasser wird, welches ebenfalls für den Garten genutzt wird. Das Duschwasser wird über Sonnenkollektoren erwärmt. Ziel des Betreiberpaares ist es, mit dem Re:hof irgendwann ganz selbstversorgend und energieunabhängig zu sein. Ich denke, sie sind bereits auf einem sehr guten Weg.
Die Scheune auf der rechten Seite könnt ihr für Feierlichkeiten oder auch für Seminare und Workshops buchen. Während ich durch die Scheune lief, wurde in mir wieder einmal die Idee laut, meine 2015 sehr klein gehaltene Hochzeit, noch einmal groß nachzufeiern.
Im Hofladen stehen Produkte regionaler Bauern in den Regalen, sowie selbstgemachte Marmelade und Gemüse aus dem Garten. Hier könnt ihr euch bedienen und euren Einkauf auf einen Zettel schreiben. Bezahlt wird dann beim Auschecken. Außerdem könnt ihr hier frische Brötchen bestellen, die euch am nächsten Morgen vor die Tür gelegt werden.
Was ihr auf dem Re:hof in den Zimmern nicht finden werdet, ist ein Fernseher (ganz zu schweigen von Handyempfang). Judith von Good Travel hatte mir erzählt, dass viele Unterkünfte wegen des Fehlens eines Fernsehers von offizieller Seite nie einen Stern erhalten können, da sie damit nicht den Mindestrichtlinien der Hotelklassifikationen erfüllen. Die Abwesenheit eines Fernsehgerätes und die völlige Abgeschiedenheit in der Natur gehören bei vielen Hotels, und so auch hier auf dem Re:hof, zum Konzept und sind keinesfalls ein Manko.
Es ist sehr interessant zu sehen, dass diese Qualitätsstandards mittlerweile schon sehr angestaubt sind und echter Luxus heute eher bedeutet, mal nicht durchgängig online und jederzeit erreichbar für einen unendlichen Informationsfluss sein zu müssen. Auf dem Re:hof wird mir mein Digital Detox ganz leicht gemacht. Mit einer Brotzeit, einem guten Buch und natürlich der einmaligen Aussicht auf das freie Feld.
Nachhaltig Reisen – Inspiration und Denkanstöße
Von meinem Aufenthalt auf dem Re:hof habe ich so einige Denkanstöße mitgenommen. Die Architektur der Gartenhäuser und die Idee dahinter, den Wohnraum für die Natur zu öffnen, hat in jedem Fall einen Punkt auf meiner imaginären Liste „Was mein zukünftiges Traumhaus haben sollte“ hinzugefügt. Ich habe neue Möglichkeiten entdeckt, wie ich noch mehr zu einer nachhaltigen Lebensweise beitragen kann. Das Lebenswerk von Marieken und Martin hat mich sehr beeindruckt und es ist sehr schön zu sehen, wie sowohl diese beiden, als auch Franziska und Judith von Good Travel eine Berufung gefunden haben, mit der sie sich voll und ganz identifizieren können.
Und genau so sollte Urlaub sein. Inspirierend. Es sollte nicht darum gehen, in ein Flugzeug zu steigen, es sich 1 – 2 Wochen gut gehen zu lassen, nur um dann wieder in denselben stressigen Alltag zurück zu kehren. Vielmehr geht es darum, mit Menschen ins Gespräch zu kommen, ihre Geschichte zu erfahren und Impulse für das eigene Leben mitzunehmen. Damit nach dem Urlaub noch mehr bleibt als nur Sommerbräune.
Aufwachen mit der Natur zu Füßen.
Der Weg von den Gartenhäusern zur Scheune und dem Hofladen ist gesäumt von knorrigen Obstbäumen.
Die Sauna auf dem Gelände wird mit einem Holzofen geheizt. Der Holzsteg führt zu einem Badezuber. Unter den alten Obstbäumen lässt es sich herrlich entspannen. Auf Anfrage bietet die ortsansässige Physiotherapeutin Kathrin Singer verschiedene Massagen an.
Die Balken für die Türen der Ferienwohnungen stammen aus der alten Scheune.
Vielen lieben Dank an Good Travel für die Vermittlung und an den Re:hof Rutenberg für die Gastfreundschaft.
1 Kommentar
So ein schönes Fleckchen Erde <3 Ich war gerade 1 Woche auf dem Re:hof und hätte mir kein schöneres Setting für einen fabelhaften Workshop vorstellen können. Soviel Herzblut und Liebe zum Detail steckt in allen Ecken und Wänden. Hier ticken die Uhren anders – wenn man irgendwo entschleunigen kann, dann hier.