Ich möchte euch mit auf eine Reise ins Planet-Surfcamp Fuerteventura nehmen. Einen Tag lang werde ich euch unverblümt von meinen Erlebnissen als ambitionierte aber demotivierte Surfanfängerin erzählen. Wir werden surfen, in der Hitze braten, uns vor Sonnenbrand schützen und im Surfcamp abhängen. Vor allem aber werde ich kämpfen, mich fragen was das alles für einen Sinn hat und am Ende vielleicht doch noch Hoffnung finden.
Fuerteventura gehört zwar zu den spanischen Kanaren, liegt aber westlich vor Marokko und gehört somit geographisch und wettertechnisch schon zu Afrika. Der Name der Insel heißt übersetzte „starker Wind“: Kein Wunder also, dass man hier „365 Tage im Jahr perfekte Bedingungen zum surfen“ hat, so der Kenner. Mein Besuch war im September, welcher als der windstillste Monat des Jahres und damit als der ideale Monat für Anfänger gilt. Obwohl ich schonmal ein paar Tage in Portugal surfen war, würde ich mich als blutige Anfängerin bezeichnen. Denn schon damals stand ich mehr neben dem Brett als drauf. Würde es dieses Mal anders werden?
Der Morgen im Surfcamp Fuerteventura:
Ich wache auf, weil es so hell ist. Ich schreibe extra nicht „weil es im Zimmer so hell ist“, weil ich in keinem Zimmer schlafe. Im Surfcamp steht mein Bett draußen auf der Terrasse! Deswegen, weil es im Zimmer unerträglich heiß ist. Aber auch deswegen, weil die Zimmer wie damals bei der Klassenfahrt nach Junges und Mädels getrennt sind. Einem Walk-of-Shame ähnlich tapse ich im Nachthemd an den ersten Frühstückenden vorbei in mein Badezimmer. Da bleibe ich allerdings nicht lang. Denn, so weiß unser Surflehrer Olli: „Wer morgens vorm surfen duscht ist bescheuert! Das ist totale Wasserverschwendung!“ Wo er recht hat, hat er recht. Ich habe noch eine halbe Stunde bevor unser Surfkurs losgeht, also schaufle ich mir schnell rein was satt macht und Kraft verspricht, ohne unnötig zu beschweren. Banane zum Beispiel. Ein bisschen Müsli. Auf jeden Fall eine Cola! Zum wachwerden.
„Die Stunde davor“ im Surfcamp Fuerteventura:
Gegen 9°° fangen alle mäßig schnell an ihre Sachen in die Vans zu räumen: eingepackt werden neben Surfbrett der Neopren (damit uns im Wasser warm genug ist), Lycra (kleine Leibchen damit uns der Lehrer im Wasser als seine Schüler erkennt) und Leash (die Nabelschnur zwischen Surfer und Brett). Dass manche Leute es in einem Surfcamp tatsächlich schaffen, so essentielle Sachen wie ihr Surfbrett für den Surfkurs zu vergessen, erklärt, warum unsere Lehrerin Gala bei Abfahrt wie ein HB-Männchen umherrennt und ständig laute Dinge ruft. Hier und da gibt es schon erste Bitch-Fights um die Bretter. „Ich hatte noch nie ein Rotes. Das fährt sich viel besser!“ – „Ich will aber auch mal!“. Die roten Bretter sind heiß begehrt. Denn sie sind nicht so schwer wie die anderen und sehen viel cooler aus – angeblich!
Mit vereinten Kräften stapeln und binden wir unsere 9 Bretter auf dem Autodach fest. Nach dieser frühmorgendlichen Akrobatik kann es endlich losgehen. Gala ist zu dieser Stunde schon ein wahnwitziges Energiebündel kurz vor dem Raketenstart. Mit Vollkaracho düsen wir über die Vulkanlandschaft Fuerteventuras. Wenn man so aus dem Fenster schaut, könnte man meinen, wir wären auf dem Mond gelandet. Passend dazu dröhnt mehr Rauschen aus den Boxen als Musik – das CD-Laufwerk hat Gala zwar geschrottet und die Radiosender gehen eher schlecht als recht rein, aber das interessiert sie nicht. Stattdessen dreht sie den vermeintlichen Sender auf volle Pulle, als könnte der Empfang dadurch besser werden. Gut gelaunt wie sie ist, singt sie einfach lautstark drüber hinweg. Guten Morgen Fuerteventura!
Am Surfspot El Cotillo angekommen gibt es wieder diesen WOW-Effekt. Immer aufs Neue! Diese Schönheit aus Halbwüste, Strand und türkisfarbenem Meer… Ich staune und frage mich, ob wir nicht doch irgendwie in der Wüste von Nevada gelandet sind und das Wasser nur eine Fata Morgana ist.
Surfunterricht im Surfcamp Fuerteventura:
Anfänger wie ich nun mal bin, besuche ich den Anfängerkurs. Ohne Freund, weil dieser schon bei den Fortgeschrittenen ist. Mit ihnen erkundet er die verschiedensten Spots der Insel und darf draußen am Riff surfen. Da, wo auch die Locals unterwegs sind. Wir Anfänger dümpeln zum dritten Mal infolge am gleichen Surfspot herum, der zwar traumhaft schön, aber zu späterer Stunde völlig überfüllt ist. Da paddeln wir dann umher und verteidigen zwischen fünf anderen Surfklassen unseren Spot. Das ist ziemlich schwer, weil wir viel mehr damit beschäftigt sind, mit der Strömung zu kämpfen. Passt man einen Moment nicht auf, spucken die Wellen einen wieder nach vorn als wollten sie sagen: „Du kommst hier nicht rein.“ Immer wieder schauen wir Anfänger uns hilflos an und fragen ratlos: „Was machen wir hier eigentlich?“ Surfen – wollten wir nicht eigentlich surfen? Stattdessen fahren wir uns gegenseitig über den Haufen – mehr auf dem Brett liegend als surfend, rennen mit einem entschuldigenden Blick dem anderen aus der Bahn und kämpfen mit den Wellen. Es ist kräftezehrend. Manchmal, wenn ich eine Welle erwische und mir gerade keiner im Weg steht, will ich aufstehen und so etwas wie surfen versuchen, aber dann machen meine Oberarme nicht mehr mit und sacken einfach weg. Wie ein gestrandeter Wal werde ich ans Ufer geschwemmt. Völlig entkräftet und vor allem entnervt. Warum mache ich das hier? Aber dann rennt Gala freudestrahlend auf mich zu, fuchtelt wild mit Händen und Füßen und zeigt mir, was ich hätte besser machen müssen. Ich entziffere zwar nur die Hälfte, bin nun aber wieder motiviert, dass da vielleicht doch noch was zu holen sein könnte.
„Die Stunde danach“ im Surfcamp Fuerteventura:
Nach dem Surfkurs, oben am Surf-Van, ist jede schlechte Laune über etwaige Misserfolge sofort vergessen. Der Ausblick, die Landschaft, die Sonne auf der nackten Haut…paradiesisch! Und plötzlich befinde ich mich in einem euphorischen Modus, der mich einen Hauch von echtem Surferleben erahnen lässt. Wir binden die Boards wieder auf dem Dach fest und albern herum. Bevor wir einsteigen, bürsten wir mit dem Besen den Sand von der Haut und landen dann erschöpft aber zufrieden auf der Rückbank. Bei offenem Fenster düsen wir los und lassen uns den heißen Wind durchs nasse Haar wehen. Das Radio funktioniert ausnahmsweise, wir gröhlen Girly-Songs mit uns fühlen uns einfach geil. Hier leben muss toll sein! Braun gebrannt und blondes Haar, den Wind im salzigen Haar. Kann der Tag geiler werden?
Mittag im Surfcamp Fuerteventura:
Zurück im Surfcamp hält dir Freude noch ein bisschen an. Außer jemand fragt mich, wie es heute lief. Dann erinnere ich mich, dass ich ja nur Anfänger-Surfen versucht habe… Egal, ich habe einen Bärenhunger und esse Nudelsalat von gestern. In der Küche ist es schön kühl. Als die Surflehrer zu ihrer zweiten Stunde mit der Nachmittags-Gruppe aufbrechen, lege ich mich mit meinem Buch in die Sonne. Das funktioniert mittel-prächtig! In die Sonne kann man sich Mittags auf Fuerteventura im September nämlich nicht wirklich legen. Sogar im Schatten ist es unerträglich. Dann zerläuft der Körper zu einem See, als wolle man dem toten Meer Konkurrenz machen. Ich überlege, ob ich mich eher wie glitschiger Aal oder Sardine im Öl fühle… Das Surfcamp ist wie ausgestorben. Die Leute sind entweder am Strand oder schlafen in ihrem Zimmer. Ich stelle mich in den Pool, um den Mittag annähernd zu überstehen. Jetzt weiß ich, warum es Siesta gibt! Die ist auch wirklich nötig.
Nachmittag im Surfcamp Fuerteventura:
Gegen drei werde ich annähernd wieder gebrauchsfähig. Jetzt beginnt der für mich fast tollste Teil des Tages! Longboarden! Die Bretter stellt das Surfcamp den Gästen zur freien Verfügung. Ich schnappe mir das knappste Höschen und lockerste Shirt das ich habe und fahre mit dem Freund an den Strand. Zum Flag Beach, einem sehr schönen Strand mit ruhigem Wasser, hinter dem eine kleine Wüste beginnt.
Am Flag Beach sehen wir ein paar andere Surfschulen und auch der ein oder andere Kiter ist da. Vor allem aber sehe ich nackte alte Menschen, die sich eigentlich schon gestern nicht mehr in die Sonne hätten legen sollen. Ich lege mich schnell in den Schatten vom Sonnenschirm und creme mich zum heute bestimmt zehnten Mal mit 50er Sonnencreme ein. Es ist schon meine zweite Packung in dieser Woche! Sonnenbrand habe ich trotzdem bekommen …
Auf dem Rückweg zum Surfcamp kaufen wir noch schnell für den Grillabend ein. Der Supermarkt ist nur gute 100 Meter vom Surfcamp entfernt, was eigentlich eher schlecht ist: an manchen Tagen kommen wir 4 Mal hierher. Morgens, Mittags, Abends, und dann fünf Minuten später nochmal, weil man etwas vergessen hat. Dieser Supermarkt ist Fluch und Segen zugleich.
Abend im Surfcamp Fuerteventura:
Die ganze Surfcamp-Truppe trudeln langsam wieder ein. Jetzt, wo es etwas abkühlt, werden die Leute richtig munter. Es wird sich aufgeregt unterhalten, wo wer heute war und wer welchen Fortschritt gemacht hat. Zwei Münchner trainieren ihre Oberarme, eine andere macht Yoga und ich arbeite an meiner Balance, indem ich mich auf ein Brett stelle, das auf einem Rohr liegt. Auch die Tischtennisplatte wird auf Hochtour bespielt. Aus der Musikanlage dröhnt seit Tagen Paul Kalkbrenner durchs Camp. Jason, der Engländer, der irgendwann hier angekommen und nie wieder abgefahren ist, kümmert sich um den Grill. Als es dämmert, werden in der Küche die ersten Mochitos gezaubert und die Leute tummeln sich um den Billiardtisch. So nimmt der Abend ausgelassen unter Sternenhimmel seinen Lauf und jeder macht, wonach ihm lustig ist.
Fazit übers Surfcamp:
Als Auszug habe ich euch hier einen meiner unerfolgreicheren Surftage im Camp gezeigt. Es gab aber auch einen – man mag es kaum glauben – sehr erfolgreichen Tag im Surfcamp. Als ich sozusagen gerade mit dem Surfsport für mich abschließen wollte, konnte ein letzter Tag am Flag Beach alles retten! Hier ist das Wasser so ruhig, dass man sich super auf jede einzelne Welle konzentrieren und vorbereiten kann. Ob ich nochmal in ein Surfcamp fahren würde? JA! Auch auf Fuerteventura. Schaut euch nur die Bilder an! Beim nächsten Mal aber würde ich zwei statt einer Wochen fahren, damit ich nicht abfahren muss, wenns gerade zum ersten Mal mit dem Surfen klappt. Außerdem rate ich jedem, sich vorher einem ordentlichen Fitnessprogramm zu unterziehen! Ich hatte es gut gemeint, und bin ca. 6 Woche vorher häufiger als sonst joggen gegangen und habe das Aufstehen auf dem Surfbrett geübt – was das gebracht hat seht ihr ja ;) Nichts! Nächstes Mal fange ich also am besten schon ein halbes Jahr vorher an… Also gestern :)
Damit ihr nichts vergesst, hier geht es zur Packliste für den Surfurlaub
Und hier seht ihr mich dann doch noch beim “surfen” :)
“Paddel, Paddel, Paddel”
Unterkunft:
Das Planet Surfcamp Fuerteventura liegt im Zentrum von Corralejo, der Stadt am nördlichen Zipfel der Insel. Je nach Partyambition kann man im Surfhaus unterkommen, welches Platz für ca. 28 Leute hat, oder sich in einem der ruhigeren Apartments vom Surfcamp, die in der Stadt verteilt liegen, einquartieren. Im Sommer 2014 wurde das Surfcamp neu bezogen und mit Ikea und Marke Eigenbau eingerichtet. Die 4Bett Zimmer sind mit Hochbett und eigenem Bad ausgestattet und nach Geschlecht getrennt. Strände sowie Supermarkt und Restaurants aller Herrenländer liegen in Gehweite. Surfkurse werden halbtags von Montag bis Freitag angeboten. Samstag und Sonntag kann man sich Surfbretter zur freien Verfügung mieten.
Anreise:
Von München fliegt man knappe 5 Stunden nach Porto del Rosario, Fuerteventura. Von dort ist man mit dem Taxi in ca. 35min. für 45€ im Surfcamp. Günstiger ist ein Shuttle, der in ca 1 Stunde für 8€ Corralejo ansteuert. Diesen muss man aber 3 Tage vorher fest buchen! Wir sind für 4,50€ mit dem Bus gefahren. Das dauert mit Umsteigen zwar 1 1/2 Stunden, dank erhöhtem Logenplatz sieht man aber auch am meisten von der Insel, weil der Bus direkt an der Küste entlangfährt.
Wenn man am Ende der Woche gut genug ist, darf man hierher: ans Riff vom Rocky Point. Ich bleibe lieber am Flag Beach, da fällt man weich :)
Vielen Dank an Planet Surfcamp für die Unterstützung.
4 comments
Schön zu lesen, dass es anderen nicht anders geht. Liebe Grüße aus Österreich (wo zur Zeit noch auf den Bergen gesurft wird)
liebe grüße zurück – auf dem berg würde ich jetzt auch gerne surfen :D nächste Woche dann endlich! :D
Für mich geht es morgen eine Woche ins Surfcamp nach Gran Canaria.
Ich bin schon sehr gespannt. Dank deiner tollen Liste, weiß ich was ich heute unbedingt noch alles einpacken muss!
Ohh wie cool – da ist es bestimmt auch richtig schön. Die Insel konnte man von Corralejo aus sogar sehen :D Viel Spaß!