Es gibt so Orte, die sind einfach nicht schön. Orte, an denen fühlt man sich nicht wohl. Und Orte, die sehen auch auf Fotos einfach nicht toll aus.
Vor ein paar Monaten realisierte ich das auf einer Reise durch Indien, die für mich im Nordwesten von Indien begonnen hat – in Rajasthan. Dieser Teil Indiens ist für die meisten Touristen durch das „Goldene Dreieck“ bekannt, denn genau das wird in den vielen Hochglanzkatalogen vermarktet. Das „Goldene Dreieck“ ist eine hoch angepriesene Reise durch Jaipur, der Hauptstadt Rajasthans, Agra, dem Zuhause vom Taj Mahal und Delhi, der Stadt, in der für die meisten Touristen die Reise nach Indien beginnt.
Meine Reise begann weniger hochglänzend in Delhi, führte durch Rajasthan und endete im indischen Paradies, Kerala. Bevor ich da hin kam, passierte allerdings einiges, dass ich von meiner Indienreise nicht gedacht hätte.
Rajasthan ist so ein Ort, zumindest, wenn ich meine abgespeckte Variante der eigentlichen Tour durch das „Goldene Dreieck“ betrachte, der einfach nicht schön ist. Meine Reise durch Rajasthan begann ernüchternd, wurde zunächst nicht besser und endete an einem Ort, an dem ich gerne noch länger geblieben wäre. So ist es manchmal mit dem Reisen, das Beste entdeckt man erst zum Schluss.
Aber mal von vorne. Ich hatte einen Plan und diesen schmiedete ich schon seit Jahren: einmal backpacken in Indien. Ich wollte alles auf einmal sehen, alle Currys auf einmal essen und alle Tempel auf einmal besuchen. Nun, das hat nicht ganz geklappt. Ich habe ein gefühltes Ministück von dem Land beim Backpacken in Indien gesehen und kann mit Stolz behaupten, dass ich keinen Delhi-Belly, also den typischen Reise-Durchfall-Spaß, oder andere Magenprobleme hatte. Trotzdem ist mir etwas ganz anderes auf den Magen geschlagen: Indien war nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war kein spiritueller Ort, keine Yogastätte und kein bunter Ort, an dem die Saris der Frauen durch den Meereswind rauschen. Nein, meine ersten Tage beim Backpacking in Indien waren ernüchternd und alles andere, als das, was ich mir vorher in meinem Reisetagebuch notiert hatte. Aber so ist es eben manchmal mit dem Reisen, oder?
Delhi, Ausgangspunkt für das Taj Mahal – mehr nicht
Für viele Indienreisende ist Delhi der Ausgangspunkt für einen Trip durch Indien oder fürs Backpacken in Indien. So auch für mich. Ich hatte keine Erwartungen an die Stadt, aber was soll man denn auch erwarten, wenn man in eine Stadt reist, die sagenhafte 9,8 Millionen Einwohner hat?
Nach knappen 24 Stunden landet das Flugzeug und ich bin da. In Delhi. Indien. Das Abenteuer beginnt. Angekommen in Delhi ging es direkt durch die verstopften Straßen in das Hotel. Ich hörte Hupen, sah tausende von Menschen auf den Straßen, darunter viele Obdachlose, die auf Planen in den Ecken lagen und konnte kaum glauben, dass ich gerade in Delhi angekommen bin.
Der erste Eindruck von Delhi? Es stinkt, es ist laut und es ist voller Menschen, aber ich möchte Delhi eine Chance geben und finde mich nach einer kurzen Erfrischungspause direkt in der Rikshaw Richtung Old Fort und Red Fort.
Beide Gebäude wirkten von außen genau so, wie es die Geschichtsbücher beschreiben: verdammt alt. Hier wurde schon lange nichts mehr gemacht und auch die Gerüste an den Außenfassaden waren mehr Dekoration, als Nutzen. Gebaut, restauriert oder verschönert wurde hier schon lange nichts mehr und trotzdem packte mich ein gewisses Flair. Das lag nicht an der Architektur, sondern zu einem großen Teil daran, dass ich nie erwartet hätte, dass so viele Einheimische das Old Fort und das Red Fort besichtigen. Mal ehrlich, wer von euch besichtigt denn die Sehenswürdigkeiten im eigenen Land? Ich habe immer noch nicht die Semperoper in Dresden besucht.
Mein letzter Stopp in Delhi, bevor ich in den Zug nach Agra zum Taj Mahal stieg, war das India Gate. Nüchtern gesagt ist dies ein Triumphbogen. Mehr nicht. Und das genau an der Hauptstraße.
Backpacking in Indien: Rajasthan, fast gar nicht so Golden
Nach einem kurzen Stopp beim Taj Mahal und den üblichen Fotos, geht es weiter Richtung Rajasthan.
Rajasthan gilt unter den Backpackern beim Backpacken in Indien als die perfekte Einführung in das Indien Abenteuer. Es ist einfach zu bereisen, voller Highlights und bringt eine entspanntere Atmosphäre mit, als die indischen Metropolen Mumbai und Delhi.
Ich hatte in meinen drei Wochen backpacken in Indien leider nur Zeit Jaipur und Udaipur nach Agra und Delhi zu besichtigen und kann euch hiermit einen wichtigen Tipp geben: Wenn ihr einen ähnlichen strengen Zeitplan habt wie ich, dann fahrt nicht nach Jaipur. Ehrlich. Während Jaipur zu fast jeder Rundreise im „Goldenen Dreieck“, also der Gegend um Rajasthan, gehört, gibt es hier nichts zu sehen, was nicht woanders schöner wäre. Wenn ihr euch aber trotzdem aus dem Hotel schleicht, dann stattet dem Amber Fort auf jeden Fall einen Besuch ab. Warum? Früher war dies ein echter Königspalast, heute gilt es eher als Anziehungspunkt für all diejenigen, die es hoch hinaus mögen, denn Amber Fort oder Fort Amber muss erst einmal bestiegen werden.
Mit dem Zug ging es für mich weiter von Jaipur nach Udaipur und hier hat es zum ersten Mal Klick gemacht. Udaipur liegt direkt am Wasser und ist so ganz anders, als die anderen indischen Städte. Hier kann man in Cafés am Straßenrand sitzen, man kann durch die Gassen schlendern und Läden anschauen, man kann auf Dachterrassen essen und kulturelle Shows anschauen. Hier habe ich zum ersten Mal auf der Reise das gesehen, was ich mir vom Backpacken in Indien erhofft habe: quirlige Straßen, Marktstände, beschäftigte Menschen und aber doch einen Hauch von Spiritualität der in der Luft liegt.
Den Tag in Udaipur beginnt ihr am besten mit einem Kaffee im Café Edelweiß. Das ist nicht nur ein deutsches Café mitten im Venedig von Indien, sondern auch das älteste Café in Udaipur. Von hier aus wandert ihr durch die kleinen Gassen und entdeckt die süßen Läden, die mit selbst angefertigten Leder-Tagebüchern locken oder mit einem echten deutschen Winterschlussverkauf.
Mein Lieblingsort in Udaipur lag nicht in der Innenstadt, sondern auf dem Wasser, nämlich genau auf dem Pichola Fluss. Hier fahren mehrere Boote tagein tagaus von Udaipur auf die kleine Insel im Fluss, auf der sich ein wunderschönes Stadtschloss befindet. Hier wirkt Indien schön. Es wirkt verträumt, entspannt und wie eine ganz andere Welt. Während auf der einen Seite die Einheimischen im Wasser plantschen, sitzen auf der anderen Seite Fischer im Wasser. Und ich? Freue mich, dass ich ein Stückchen des wunderschönen Indiens gefunden habe und genieße es.
Ein weiteres großes Highlight beim Backpacken in Indien und bei meinem Zwischenstopp in Udaipur war die Streetart. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass eine indische Stadt ein wahres Streetart-Freilichtmuseum sein kann. Doch Udaipur ist es. Schaut man einmal genau um die Ecke, findet man immer wieder neue kleine Stencils, Grafitties oder einfache Statements in Hindi, die, dank der Schrift, wunderschön aussehen. Udaipur, damit hast du mich gepackt.
Nach einem entspannten Tag im indischen Venedig, lasse ich meinen Abend bei einer indischen Aufführung ausklingen. Ich sitze auf einer bequemen Matte auf dem Boden in einem verlassenen Tempel. Hinter mit färbt die untergehende Sonne den Fluss orange ein, während eine Kuh am Straßenrand ein letztes Mal nach dem Rechten schaut. Ja, so habe ich mir Indien vorgestellt und so könnte ich es noch eine ganze Weile aushalten.
Doch leider, wie es das Schicksal so will, habe ich nur 2 Tage in Udaipur bevor es weiter nach Mumbai geht.
„Liebes Goldene Dreieck, mag ich dich? Ja, nein, vielleicht?“
Ich muss mir eingestehen, dass ich mehr erwartet habe von diesem „Goldenen Dreieck“ und ich frage mich immer, ob es ok ist das zu sagen. Sollten wir als Reisende nicht eigentlich immer das Beste aus unseren Trips machen? Sollte man sich wirklich eingestehen, dass der Ort einfach nicht toll ist und man eigentlich nur weg möchte?
Nun, ich habe es in Delhi versucht. Ich habe der Stadt eine Chance gegeben, ich habe sie mit großen Augen betrachtet und sogar bewundert. Aber ich habe mich nicht in diese Stadt verliebt, sondern eher in den Zug, der mich aus Delhi Richtung Agra und weiter nach Udaipur brachte. Ich konnte auch Jaipur nichts abgewinnen, weil es dort einfach nichts gab. So einfach. Und trotzdem frage ich mich dann, ob es an mir und meinen falschen Vorstellungen liegt, dass ich manchmal einfach einen Ort nicht schön finde.
Auf der anderen Seite: Indien ist Indien. So ist das nun einmal. Es ist ein Land, wie kein anderes, ein Land, das ganz besonders und vielleicht schwieriger als andere Länder ist und da finde ich es fast schon normal zu sagen, dass man etwas nicht toll findet.
Allerdings ist das jetzt Jammern auf ganz hohem Niveau und eigentlich nur die Feststellung, dass ich ein paar Dinge in einem Ort brauche, um mich dort gut zu fühlen: Wasser, Gassen, Entspannung und ein bisschen Flair – und das hat Udaipur als einziger Ort in meinem abgespeckten „Goldenen Dreieck“ geschafft.
7 Kommentare
Danke für deinen Bericht,
ich kenne das Gefühl, wenn man an einem Ort ist, auf den man sich schon gefreut hat und einen die Ankunft ernüchtert.
Ich weiß dann auch nicht immer, wie ich das finden soll und konzentriere mich auf die (geplanten) Aktivitäten und darauf, anzukommen und zu entspannen. Dann kann ich im Nachhinein auch sagen, dass es ein guter Urlaub war wobei es häufig im Nachhinein wirklich egal gewesen wäre, wo ich war, hauptsache das Programm und die Freunde waren dabei und wir hatten eine tolle gemeinsame Zeit!
Tolle Bilder, toller Post! Indien finde ich auch so interessant. Allein schon, weil ich Bollywood Filme toll finde und im gleichen Zug ganz genau weiß, dass alles ganz anders dort ist, als in den Filmen. Eine Bekannte war schon da und hat das gleiche erzählt, wie du: Gestank, Lautstärke, viel zu viele Menschen. Ich finde die Kultur so wahnsinnig interessant und würde das Land so gerne erkunden.
ja, mit „dilli dilli“ verbindet mich auch so eine hassliebe. am anfang war ich total neugierig, fand old delhi sehr spannend, die kolonialbauten beeindruckend. die ersten male danach, wo ich auf meinen indienreisen immer wieder zwischenstation in delhi machen musste, fand ich es meistens doof, zu weitläufig, einfach keine fußgängerstadt, die rikschagang eine mafia. inzwischen habe ich meine oasen entdeckt – und verbringe meine tage in hauz khas village, im khan market, bei einem bummel in den lodi gardens, in der national gallery of modern art – und genieße die mischung zwischen wildem indien und westlichen annehmlichkeiten. für rajasthan auf eigene faust sollte man sich viel zeit nehmen. jaipur fand ich auch nicht so schön, aber allein wegen des palasts der winde lohnt es sich allemal. und wenn man sich in einem schönen haveli einquartiert, kann man dort auch wunderbar mit einem masala chai und einem buch die nachmittage vertrödeln. liebe grüße, alexandra
Hallo
Ich habe eine private Rundreise durch das Goldene Dreieck gemacht mit zusätzlichem Abstecher nach Varanasi am Ganges. Die Paläste haben mich sehr beeindruckt, da sie einfach von anderen in SO- und O-Asien unterscheiden. Die Freundlichkeit der Menschen war sehr positiv. Was ich jedoch sehr negativ empfand war der Dreck und Müll, der überall sichtbar war (ich habe das auch einmal in meinem Blog bei Jaipur dokumentiert). Man muss einfach wissen, dass dies auch zu Indien gehört. In Jaipur waren wir in einem Haveli und das war das Kontrastprogramm zur Stadt schlechthin.
Lg Thomas
Hallo Christine,
wenn ich früher deinen Blogbeitrag gelesen hätte, wäre ich bestimmt nich nach Indien geflogen.
Wir haben eine Rajasthan-Rundreise gemacht, als unsere Tochter 10 Monate alt war. Wir wollten ursprünglich unsere Verwandten in einem anderen Land besuchen. Sie sind aber mittlerweile in einem dritten Land umgezogen, und unser Flug konnten wir dorthin nicht umbuchen. Einzige Möglichkeit war Indien. Wir haben es nicht bereut. Ich wusste, dass Indien dreckig und unhygienisch ist. Deswegen waren wir mit Hygieneartikel gut vorbereitet. Mit Baby durch Indien ist super leicht zu reisen. Jasmin war in der Trage, wir achteten auf die wichtigsten Hygieneregeln. Zum Essen hat sie frisches Obst, gekochtes Gemüse, Reis und Roti bekommen. Gestillt habe ich zurzeit auch noch, also die Reise war easy mit ihr. Öffentliches Verkehrsmittel kam aber für uns nicht in Frage. Deswegen haben wir noch von Zuhause ein Taxi mit Fahrer für die ganze Rundreise gebucht. Wir sind mit dem Driver leicht von A bis B gekommen.
Die Verhältnisse auf der Straße haben wir oft erlebt, als wir zu Fuß waren. Es kann für manche erschreckend sein, oder bricht einem das Herz, aber Indien ist so eben. Voller Gegensätze: Saubere Sehenswürdigekeiten und stinkende, dreckige Straßen, Reichtum und pure Armut… Was wir dort gesehen und erlebt haben bleibt ein Leben lang im Gedächtnis, aber die Reise hat sich uns auf jeden Fall gelohnt.
Viele Grüße,
Ildi
Vielen, lieben Dank für eure Erfahrung und Geschichte. Ka, es bleibt ein Leben lang im Gedächtnis.