Es ist das vierte Mal, dass ich früh aufstehe, noch schlaftrunken zum Fenster taumle und hoffe, dass es nicht regnet. Und auch nicht bewölkt ist. Kein Nebel im Tal hängt und auch kein Wind weht. Ich wünsche es mir so sehr, denn erst dann wird endlich dieser eine Traum wahr!
Wandern auf einem Korallenriff
Das Schönste ist, wenn man morgens aufwacht und direkt die Berggipfel aus dem Fenster sieht, wie die Spitzen von der Sonne angestrahlt werden und leuchten. Ich wache im Sporthotel Tyrol auf, mit Bergsicht und jeden Tag begeistern sie mich aufs Neue – die Berge. Denn jeden Tag leuchten sie anders. Im Schatten ganz blau, in der Sonne, sieht man ihr braun-graues Muster. Die Dolomiten sind besonders. Vor 52 Millionen Jahren waren sie ein Korallenriff in der Südsee. Jetzt ragen ihre rauen Spitzen bedrohlich in den Himmel, doch ihre Ausstrahlung ist so sanft und einladend und ich kann einfach nicht wegschauen.
Man ist sich frei gegangen
Vorgestern hatte ich einen ganz besonderen Blick auf die drei Zinnen, dem Wahrzeichen der Dolomitenregion. Mit den Schneeschuhen ging es auf die Plätzwiese und von da hoch auf den Strudelkopf. Die Natur schenkt einem nichts. Wer die Aussicht außerhalb einer Postkarte sehen will, muss laufen. Keine Gondel und kein Auto bringt einen auf den Strudelkopf. Schritt für Schritt bin ich durch den Schnee gestapft um irgendwann aus dem Staunen nicht mehr rauszukommen und für jede Schweißperle belohnt zu werden. Die Berge sind ein guter Lehrer. Hier wird Fleiß belohnt mit wunderschönen Momenten und Bildern, die im Kopf bleiben. Aber nicht nur das. Die Berge, die sind wie ein „Mind Detox“. Man muss nur lang genug laufen, dann stellt sich ein Zustand der geistigen Freiheit ein. Dann hat man alles ausgedacht, dann denkt man an nichts mehr, sondern läuft nur noch weiter. „Man ist sich frei gegangen“, nennt man diesen Zustand, wenn jeder Schritt ein Stück Ballast aus dem Kopf nimmt und er immer leichter wird. Ein wunderschöner Zustand.
Die Natur schafft immer von dem, was möglich ist, das Beste
Außerdem holt sie das Beste aus einem selbst heraus. Sei es der letzte Wille, den Gipfel zu erreichen oder eine Grenze zu überwinden, an der wir wachsen. Seit zwei Jahren bin ich nicht mehr Ski gefahren. Ich habe höchsten Respekt vor diesem Sport und jedem Hang, der die Neigung meiner Komfortzone überschreitet. Da stand ich also im Skigebiet und merkte, wie meine Knie weich wurden und mein Herz in die Skihose rutschte. Zum Glück konnte es dank der klobigen Skischuhe nicht raus fallen. Ich weiß nicht, wer das von euch kennt. Dieses Gefühl, wenn man mit Skiern an einem Hang steht und eigentlich alles im Körper und Geist schreit: Fahr da nicht runter. Das ist lebensgefährlich. Dieses Gefühl, wenn man gegen die eigene Angst ankämpfen muss. Wenn man versucht einen klaren Gedanken zu fassen im Wirrwarr von Angst und Panik. Ich stand da, an einem Hang, der mir nach dieser langen Skifahrpause zu steil vorkam, doch alle anderen waren schon unten. Das ist ein Moment, wo ich all meine Kraft brauche um meine eigenen Gedanken auszutricksen. Da ist nämlich noch ein kleiner Funken Realismus, der einem sagen will, du schaffst es und den muss man entzünden. Wenn man das schafft, fühlt man sich ein bisschen wie ein König. Die Berge sind ein guter Lehrer. Dieser ein Schritt aus der Komfortzone heraus, ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein großer für die eigene Entwicklung. Ich muss immer an den Satz denken: Stelle dich deinen Ängsten, sonst beherrschen sie dich. Bingo! Ich habe es geschafft, ich bin runter gefahren. Der Funke hat die Angst weggeschmolzen.
Ich kann die Berge fühlen
Es gibt Momente, die kann ich mit keiner Kamera dieser Welt einfangen. Die muss ich erleben und kann höchstens im Ansatz versuchen sie zu beschreiben. Ein solcher Moment war eine Fackelwanderung durch das Fischleintal. Ich höre in letzter Zeit immer wieder das Wort „Kraftplatz“. Das ist ein Platz, der einem ganz viel Kraft geben soll. Das kann ganz viel Energie sein oder ganz viel Ruhe, je nachdem, was man braucht. Die Berge sind ein guter Lehrer. Sie verraten einem oft mehr über sich selbst, als man vorher wusste. Natürlich hat jeder Mensch seine eigene Empfindung, doch ich bilde mir ein, dass ich manche Orte spüren kann. Ihre Magie und ihren Zauber. Ich bin mit einer Fackel nachts durch das Fischleintal gelaufen. Doch ich hätte die Fackel gar nicht gebraucht, der Mond, der die Bergspitzen anstrahlte, hätte mir auch den Weg gewiesen und die Sterne die Richtung angegeben. Das Fischleintal ist einer dieser Kraftorte, die ich selbst in der Dunkelheit spüren kann. Und in diesem Moment, wenn man nachts durch die weiße Landschaft läuft, dir nur vom Mond angestrahlt wird, kann man die Berge spüren, wie sie schützend die Arme um einen legen und der Rest der Welt egal ist.
Heißluftballonfahrt über die Dolomitenregion Drei Zinnen
Ich schaue aus dem Fenster und es ist noch düster. Doch ich kann den Mond sehen, was wiederum bedeutet, dass kein Nebel über dem Tal hängt. Endlich. Ich kann es kaum glauben. Schon dreimal haben wir versucht eine Ballonfahrt über der Dolomitenregion Drei Zinnen zu machen. Dreimal war entweder das Wetter schlecht, der Wind zu stark oder eine Nebelwand über dem Tal. So ist sie eben, die Natur. Unberechenbar und sie spielt nach ihren eigenen Regeln. Zwei Stunden später, nachdem wir mit dem Ballonfahrer Alberto mit einem Heliumballon die Windrichtung bestimmt und den richtigen Platz zum Starten gefunden haben, steigen wir in die Luft. Es ist irre, einfach irre. Die Menschen, werden kleiner, die Häuser zur Miniaturwelt und das Tal liegt uns zu Füßen. 2.000 Meter über dem Meeresspiegel gleiten wir in Windgeschwindigkeit durch die Luft. Wir starten mit 3 Kilometern die Stunde und haben eine Höchstgeschwindigkeit von 9,5 Kilometer die Stunde. Der Wind treibt uns so schnell und in die Richtung, die er will. Im Einklang mit der Natur, trifft es wohl am besten.
Die Natur ist nicht nur ein guter Lehrer, sie heilt auch Körper, Geist und Seele. Sie ist für jeden da und jeder kann hingehen, wo er will. Es gibt keine Bürokratie und Regeln. Hier regiert die Eigenverantwortung und der gesunde Menschenverstand. Deswegen musste Alberto auch dreimal unsere Ballonfahrt absagen. Die Natur zeigt uns immer wieder, dass alles und nichts möglich sein kann, sie holt mich jedes Mal wieder auf den Boden der Tatsache zurück, auch wenn ich gerade über den Bergspitzen fliege. Sie zeigt mir, auf was es ankommt im Leben – den Moment.
Jetzt möchte ich euch noch zeigen, wie mein Leben als Reisebloggerin aussieht und wie dämlich ich aussehe, wenn ich einen Heißluftballon fotografiere:
Dieser Post ist in Kooperation mit der Dolomitenregion Drei Zinnen entstanden.