Manchmal, da drück der Schuh. An manchen Tagen mehr, an anderen weniger oder gar nicht. Wenn es jedoch so drückt, dass es eine Blase am Fuß gibt, dann kann das ganz schön weh tun. Und wenn sich dann die Blase entzündet, kann man kaum noch einen Schuh anziehen. Manchmal, wenn der Schuh drück, da wachen wir morgens auf und wissen, es ist alles ok, eigentlich, aber trotzdem passt was nicht. Ich kenne das Gefühl, das mir in bestimmten Situationen nicht nur immer und immer wieder der Schuh drückt, sondern manchmal auch der Geduldsfaden reißt und dann das Herz schmerzt. Es sind diese kleinen “Päckchen” die wir alle mit uns herumtragen. Um zum Psychologen zu gehen und mir Hilfe zu suchen, kommen mir diese Problemchen zu nichtig vor. Da haben andere ganze Backpacks auf dem Rücken. Aber trotzdem wollte ich ein Stück leichter durchs Leben gehen und habe mich deshalb dafür entschieden, ein Coaching bei Lea Vogel mitzumachen.
Was will ich eigentlich? Wo gehöre ich hin? Was passt zu mir – jetzt, später und in zehn Jahren noch? Woran erkenne ich, was richtig für mich ist? Und wie schaffe ich es, auch in schwierigen Situationen bei mir zu bleiben? Lea Vogel beschäftigt sich als Coach mit all diesen Fragen und tut dabei das, was ihr am meisten Freude macht: Sie begleite Menschen dabei, ihr Leben ins Positive zu verändern. Nach meinem persönlichem Gespräch musste ich keine Antworten mehr geben, sondern durfte all die Fragen stellen, die mir auf der Zunge lagen:
Liebe Lea Vogel, was gab es zum Frühstück?
Ich backe sehr gerne, deshalb gab es selbst gemachtes Brot und Avocado.
Wie wichtig ist der Morgen, die erste Stunde nach dem Aufstehen?
Ich bin echt ein Morgenmensch. Das war schon immer so, dass ich gerne früh aufgestanden bin. Da ich spätestens um 22:00 Uhr ins Bett gehe, bin ich relativ früh morgens wach. Und in der Tat ist mir das sehr wichtig. Ich habe eine ganz klassische Routine. Ich hole mir erst mal einen Kaffee und dann gehe ich nochmal kurz zurück ins Bett und werde da dann wach. Und das genieße ich auch tatsächlich sehr.
Was machst du dann im Bett? Nachdenken oder was lesen?
Ich bin ja stark in der Achtsamkeitspraxis unterwegs. Von daher ist das Erste was ich mache, einfach zu schauen, wie geht es mir so und wie geht es meinem Körper gerade so. Das ist vielleicht für viele super spirituell, aber ich stelle mir die Frage: Bin ich schon wieder in meinem Körper angekommen oder bin ich noch irgendwo im Traumland unterwegs? Bin ich wirklich schon wieder voll da? Dann gehe ich ein bisschen den Tag durch.
An meinem Spiegel klebt ein kleiner Zettel, eine Art Reminder für mich, und dort steht drauf: Welchen Wolf nährst du? Es gibt dazu eine kleine Anekdote: Ein Indianer erzählt seinem Enkel von zwei Wölfen, die wir alle in unserer Brust haben. Einmal den dunklen Wolf, der der Angst, des Neids, der Missgunst und der schlechten Laune. Und dann gibt es noch den Sonnenwolf – der Wolf der guten Gefühle. Und der Enkel sagt: Es ist doch klar, dass der dunkle Wolf gewinnt. Der Böse gewinne ja immer. Daraufhin meint sein Indianer-Großvater: Nein, es gewinnt immer der, den du nährst. Und demtensprechend überlege ich mir oft, welche Gedanken sind da jetzt gerade? Bin ich gerade jetzt schon gestresst von meinem Tag oder denke ich eher über die guten Sachen nach?
Und was machst du dann, wenn du schon früh am Morgen gestresst bist vom Tag?
Ich überlege mir, ob es wirklich so stressig ist oder ob ich mir da gerade ein paar Filme fahre. Und wenn ich merke, es ist wirklich zu eng getaktet, dann kann ich es nur auf meine eigene Kappe nehmen, weil ich mache meinen eigenen Terminplan. Also habe ich ein Learning fürs nächste Mal. Und wenn der Tag jetzt beispielsweise voll ist, weil ich den ganzen Tag ein Training gebe, dann überlege ich mir: Was brauche ich? Was brauche ich, damit der Tag möglichst entspannt ist? Und manchmal kann es dann sein, dass ich mir sage: Lea, geh mal wieder mit dem Flow oder vielleicht wäre es gut, wenn du alleine zu Mittag isst, damit du mal eine Stunde für dich hast und Kraft tanken kannst.
Wie lief dein letzter Arbeitstag ab?
Freitag – da bin ich morgens um 7:30 Uhr aufgestanden und habe genau das gemacht, wovon ich eben erzählt habe. Ich fahr dann immer mit dem Fahrrad ins Büro. Ich wohne in Niederschönhausen. Das heißt, ich hab knapp 12 km Fahrt jeden Tag. Das ist, gerade bei dem Wetter zur Zeit, schon ordentlich, aber das tut mir einfach total gut, da ich ja durch meinen Job viel sitze. Dann war ich um kurz vor zehn Uhr im Büro und hab die ersten Klienten empfangen.
In der Regel habe ich zwischen den Sitzungen so eine halbe Stunde Zeit. Da spreche ich dann ein bisschen mit meinen Kollegen. Und ich weiß, dass ich um 16 Uhr das letzte Coaching hatte und danach noch ein paar Dinge erledigt habe, die ich sonst ganz gerne von mir wegschiebe. Nämlich E-Mails, meine Website oder solche organisatorischen Sachen.
Du bist Life-Coach, das ist jetzt kein typischer Beruf, der bei einer zehnjährigen im Freundschaftsbuch steht. Wann kam der Wunsch auf?
Ich war wirklich schon sehr jung. Ich hab damals noch nicht an Coaching gedacht, sondern viel über Psychotherapie nachgedacht. Von daher war so das erste Mal würde ich sagen mit 10, 11 oder 12? Und zwar weil ich immer so viel zurückgemeldet bekommen habe, dass ich sehr viel denke und dass ich doch mit meinem Denken mal Geld verdienen könnte. Aus dieser Idee ist dann der Beruf gewachsen und ich finde die Idee einfach toll, dass ich mich nicht den ganzen Tag mit Pathologien beschäftigen muss. Die Leute, mit denen ich arbeite, sind ja nicht krank. Das sind ja sogar Leute, die in der Regel richtig was aus ihrem Leben machen wollen, die aber hin und wieder merken „Ich könnte da noch eine kleine Schraube nachziehen und dann wäre es vielleicht NOCH cooler.“ Und das empfinde ich eben als wahnsinnig toll, dass ich die großen philosophischen Fragen stellen kann. Was will ich denn vom Leben und wer will ich eigentlich sein? Also kurzum: Es beschäftigt mich schon mein ganzes Leben.
Aber dann hast du es irgendwann wieder fallen gelassen?
Genau, dann habe ich es irgendwann wieder fallen gelassen. Ich bin dann erstmal den Weg der Sicherheit gegangen und hab Psychologie und Kommunikation studiert. Und für eine Weile habe ich sogar einen Ausflug in die Literatur gemacht. Ich hab auch schon in einer PR-Agentur gearbeitet und dort geschrieben. Dort habe ich dann ein bisschen Erfolgsluft geschnuppert, weil ich von der Praktikantin zur Führungskraft wurde. Das war für mich das beste Learning auf der Welt. Es ging mir so schlecht dabei und ich hab einfach nicht auf mich gehört. Ich hab gedacht, ich muss das doch machen. „Du kannst damit ja nicht aufhören“, haben mir alle immer wieder gesagt. Das war vor sechs Jahren und seitdem habe ich mich wieder dem alten Weg zugewandt.
Was begeistert dich am Coachen?
Alles! Es ist für mich ein unglaubliches Privileg mit Menschen zusammen zu arbeiten und deren Vertrauen zu gewinnen. Und wirklich danach zu schauen, was diese Menschen bewegt, weil das ist ja total individuell. Klar, wir wollen alle im größten Sinne glücklich sein, aber wie unterschiedlich die Definition für den Einzelnen ist, das ist für mich unfassbar toll. Und hier dann zu merken, dass ich so viele Menschen kennenlernen kann, die unglaublich cool sind und ihnen das, was mich ausmacht auch mit auf den Weg geben. Das ist einfach toll. Ich selbst kann mich dabei auch immer weiter entwickeln. Das klingt vielleicht erstmal wie eine Phrase, aber ich muss mich ja erst mal mit mir selbst auseinander setzen, damit ich überhaupt ein guter Sparringspartner bin. Und deshalb ist ein großer Teil meiner Arbeit auch Weiterbildung.
Irgendwie ist in den Köpfen der Menschen, dass Coaches was mit einem Psychologiestudium am Hut haben. Aber eigentlich kann es fast jeder werden. Ist der Unterschied, dass man sich beim Coachen selbst mit einbringen kann, was man ja als Psychologe gar nicht soll?
Genau. Ich darf meine Persönlichkeit mit einbringen und das finde ich super wertvoll. Ich selbst habe eine Menge Therapie Erfahrungen und fand es ganz oft schade, dass mein Gegenüber eine leere Wand war. Ich finde es schön, dass wir zusammen Dinge erarbeiten dürfen – wie ein gutes Brainstorming.
Du bist selbstständig. Also selbst und ständig oder hast du schon eine gute Balance gefunden?
Ich bin seit fünfeinhalb Jahren selbstständig. Ich glaube, wenn man will, dann kann man selbst und ständig schon machen. Meiner Meinung nach ist das ein veralteter Glaubenssatz. Ich mache es nicht so, denn dann würde ich die Freude daran verlieren. Ich brauche auch viel Zeit für mich. Ich mag andere Kulturen, also muss ich auch irgendwie reisen können. Natürlich in einem anderen Umfang als du.
Ich kenne diese Aussage von früher aus dem Handwerksbetrieb. Das kommt auch von den Bauernhöfen, wo man wirklich alles selbst machen musste. Und ständig – denn Kühe wollen nun mal morgens um fünf gemolken werden. Ob das jetzt gerade passt oder nicht. Aber da wir zum Glück keine schreienden Kühe haben, können wir ja selbst entscheiden, wann wir Dinge machen und wann nicht. Deswegen passt der Spruch auch nicht mehr so ganz.
Ist dein Leben momentan dein Traum? Oder was würdest du noch ändern?
Ich empfinde das schon als sehr, sehr gut. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann würde ich schon ganz gerne irgendwann mal ein Buch schreiben. Das ist so ein kleiner Wunsch, den ich immer habe, von dem ich aber nicht weiß, wie attraktiv ich ihn dann in der Umsetzung finden würde.
Was findest du das Faszinierende daran ein Buch zu schreiben?
Ich mache ja einen sehr abstrakten Beruf und viel von dem was passiert und wofür ich bezahlt werde, findet hier statt. Diese Worte sind dann im Raum und die sind vielleicht, wenn ich Glück habe, bei meinem Gegenüber im Kopf, aber die Worte sind nie greifbar. Und der Wunsch an mein Buch wäre, dass es etwas Haptisches ist. Ich wünsche mir auch kein E-Book, sondern ein richtiges Buch.
Wie viele Träume hattest du schon im Leben? Und welche möchtest du dir noch erfüllen?
Schon eine Menge. Die Selbstständigkeit war auch immer ein großer Tarum von mir. Auch wenn das jetzt vielleicht ein bisschen patethisch klingt – mein größter Traum ist, dass ich mich irgendwann mal auf die Reise mache, in verschiedene Kulturen und Länder dieser Erde und nach der Glücksformel suche. Ich würde so gerne wissen, was uns Menschen eigentlich glücklich macht. Ich weiß ziemlich gut was uns unglücklich macht, damit kenne ich mich aus. Aber ich kann nicht wirklich sagen, was Menschen glücklich macht. Im Moment halte ich mich etwas an den Buddhismus, der sagt je achtsamer wir sind und je freier wir uns von unseren Blockaden machen, desto glücklicher sind wir. Aber auch da: Das sieht jede Kultur anders und ich hätte echt Lust, das nicht nur aus Büchern zu erfahren, sondern auch hautnah.
Was wäre die erste Kultur?
Ich glaube, ich würde mich auf nach Asien machen und dort den Buddhismus näher kennen lernen. Vielleicht auch nach Tibet.
Ich habe das Gefühl, dass das Coachen ein bisschen im Wandel ist. Man kennt es eher vom Business Bereich und jetzt schwappt es immer mehr ins Private.
Die Wahrnehmung, die du hast, stimmt und ist vor allem in der Social Media-Welt zu beobachten.
Die Barriere, um ins Coaching rein zu kommen, ist relativ niedrig. Die Barriere, um als Coach erfolgreich zu sein, dafür aber recht hoch. Viele tummeln sich im Mittelfeld und geben beispielsweise 5 Tipps für mehr Selbstbewusstsein. Davon distanziere ich mich. Ich betrachte meine Arbeit als Handwerk und entsprechend hoch ist auch meine Qualität. Warum sage ich das? Ja, es ändert sich und es findet ein Wandel statt, aber nichts desto trotz finde ich, dass die Qualität darunter nicht leiden darf.
Meiner Erfahrung nach musst du die Krise kennen, sonst kannst du nicht gut coachen. Sonst hast du kein Verständnis für dein Gegenüber. Sonst sagst du vielleicht: „Jetzt mach das doch mal, ist doch alles gar nicht so schlimm.“ Aber wenn du diese Zeiten kennst und dich da gut raus entwickelt hast, dann ist es ein bisschen wie beim Phönix aus der Asche. Und mir ist wirklich wichtig – das ist ein Beruf, für den du eine gute Ausbildung brauchst.
Warum kommen Menschen zu dir? Welche Probleme kann man coachen?
Es ist häufig so, dass Menschen zu mir kommen, die ein bisschen unglücklich sind und nicht so genau wissen, wo das her kommt. Und ganz häufig steht dann der Satz: „Eigentlich ist alles gut, aber … “ im Vordergrund. Sie sagen dann solche Dinge wie, dass sie ja genügend Geld haben, einen Job und auch sonst alles … Man würde das dann als Sinnsuche bezeichnen. Was mache ich eigentlich mit meinem Leben? Weil ich kann ja im Vergleich zu meinen Eltern mein Leben maximal frei gestalten, aber ich weiß vielleicht noch nicht, was ich mit dieser maximalen Freiheit mache. Einige merken dann, jetzt wo sie alles erreicht haben, sind die Dinge doch nicht mehr so glamourös.
Ein Coaching dient auch einfach der Frage: Wie stelle ich das jetzt an? Man kann es zwar auch ohne Coaching machen, aber oft dreht man sich dann im Kreis. Eine externe Beratung kann dann nochmal helfen. Was ich aber auch feststelle ist, dass Menschen häufig zu mir kommen, die sich einen Lebenstraum erfüllen möchten und auch genau wissen, was das ist. Die sich aber selbst sabotieren. Also so große Blockaden haben, dass sie beispielsweise immer wieder an dem Punkt hängen, zu glauben, nicht gut genug zu sein oder der Gedanke „man macht das halt nicht“. Dann geht es ans Eingemachte und die Blockaden werden aufgelöst. In Unternehmen geht es dann auch wirklich um berufliche Blockaden. Unternehmen, die dann möchten, dass ich etwas mehr Achtsamkeit reinbringe oder gemeinsam mit ihnen an Change-Prozessen arbeite.
Wie sieht dein Lieblinesklient aus? Welche Probleme machen dir am meisten Spaß?
Gute Frage. Mein Lieblingsklient ist neugierig und steht ganz gut im Leben. Der oder die hat wahrscheinlich auch schon eine Menge in seinem Leben geschafft. Trotzdem gibt es ein Thema, welches immer wieder kommt und das er nicht so richtig gelöst bekommt. Beispielsweise der eigene Selbstwert. Nach außen hin wirkt die Person vielleicht total selbstbewusst, aber ganz oft sind Selbstzweifel mit im Raum. Oder jemand hat den Wunsch sein eigenes Unternehmen zu gründen, aber traut sich einfach nicht. Eigentlich immer dann, wenn es ein Thema gibt, das schon lange rumort. Und wenn die Person daran interessiert ist, sich selbst kennen zu lernen, dann bin ich mit offenen Armen da und freue mich auf die gemeinsame Reise. Ich habe die Themen am liebsten, in denen es einfach um das Leben geht. Und dazu gehört der Beruf für mich auch dazu.
Wie viel nimmst du mit in deine Freizeit? Ich gehe super viel mit dem Hund weg und denk da über so viel nach. Ich kann mir vorstellen, dass auch bei Lea Vogel viele Sachen immer wieder hochkommen?
Was mir hilft ist meine Abendroutine. Ich erledige dann die letzten Dinge im Büro und habe dann auch versucht den Radweg nach Hause als mein „Loslassen“ zu etablieren. Ich muss aber wirklich sagen, wenn mich etwas wirklich bewegt, im positiven oder negativen Sinne, dann kann es schon sein, dass ich es mit nach Hause nehme. Was mir aber gut hilft ist das Meditieren und die Achtsamkeit, um ein bisschen klarer zu bekommen, warum ich mich an einem Thema so festbeiße. Meistens hänge ich mich an Themen auf, die auch irgendwie etwas mit meinem Leben zu tun haben. Dann denke ich: Lea, bevor du dich jetzt einmischst, kehr erstmal vor deiner eigenen Haustür.
Warum verschlafen so viele ihr Potenzial?
Das liegt zu großen Teilen an Selbstzweifeln und der künstlichen Kluft zwischen „denen, die das gute Leben haben“ und einem selbst. Viele geben sich mit ihrem Durchschnittsleben zufrieden, was auch völlig in Ordnung ist, sagen aber gleichzeitig, dass die großen Dinge des Lebens nur für die anderen gedacht sind. Und als drittes der Gedanke: „Gewohnheit ist Sicherheit und das Unbekannte macht mir zu große Angst.”
Ist es nicht manchmal hart, die eigenen moralischen Grundsätze zurück zu stecken? Zum Beispiel habe ich in einem Interview von dir gelesen, wie ein Mann zu dir kam, der seine Freundin betrogen hat und so ein schlechtes Gewissen hatte. Ich würde mir denken: Zurecht zu Arsch!
Wenn ich ein professioneller Coach sein will, muss ich wertungsfrei sein. Ich bin sehr tolerant und es gelingt mir tatsächlich, ihn nicht zu verurteilen. Das hilft mir vor allem, weil ich seine Geschichte kennen. Es ist immer leicht zu sagen „Arschloch“, aber der Mensch hatte seine ganz eigene Geschichte und Persönlichkeitsstruktur. Und die Beziehung war schon vor ab so destruktiv, dass das was er gemacht hat letztendlich „nur“ ein Symptom war. Die Beziehung war schon kaputt. Er hat sich nicht getraut das auszusprechen und ist aus der Beziehung heraus geflohen. Das war sicherlich nicht der erwachsenste Weg, aber da ich den gesamten Rahmen kannte, war es für mich einfach nachzuvollziehen. Es ist für mich auch so: Bevor ich den Coaching Raum betrete, ziehe ich den „Ich bin Lea Vogel“-Mantel ab und ziehe den „Ich bin Lea Vogel, der Coach“-Mantel an. Und in dem Moment muss ich urteilsfrei sein.
Was ist deiner Meinung nach das wertvollste, was der Mensch hat?
Meiner Ansicht nach ist das wertvollste was wir haben und was uns auch von anderen Spezies unterscheidet das Bewusstsein. Im Gegensatz zu meinem Hund, den ich immer bewundere für seine Achtsamkeit. Hunde leben nämlich immer absolut im Moment. Sie haben aber auch kein Bewusstsein. Also dass das eben gerade ein Moment ist und dass danach ein neuer kommt. Was wir aber haben ist dieses unfassbar große Gehirn und diese damit verbundenen unfassbaren Fähigkeiten. Denn zu jedem Problem gibt’s eine Lösung und wir kennen die eigentlich auch. Wir kommen nur manchmal nicht ran. Da steckt ein riesiges Potenzial in uns drin. Das ist für mich das wertvollste, was wir Menschen haben. Leider benutzen wir das nicht immer sehr weise. Denn der große Denkaparat spuckt auch eine Menge Mist aus und wir neigen dazu, den Mist eher zu glauben.
Wenn da jetzt eine Stimme in unserem Körper wäre, die uns die ganze Zeit sagen würde, wie viel Potenzial wir eigentlich haben und wie toll wir sind, dann würden wir denken, dass das narzistisch ist. Aber die negative Stimme nehmen wir sehr ernst.
Gibt es einen Buchtipp von Lea Vogel?
Ich liebe alle Bücher von Jorge Bucay und die haben auch wirklich mein Leben verändert. Das Buch, welches ich vor vielen Jahren schon gelesen habe und welches auch wirklich mein Leben verändert hat, heißt: „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“. Das Buch ist eine Kombination aus Psychologie und Philosophie und klärt die großen Fragen des Lebens, aber eben nicht so reißerisch, sondern mit vielen kleinen Geschichten.
Was machst du, wenn du einen richtig schlechten Tag hast und den Kalender voller Klienten?
Ich versuche dann einfach vorher irgendetwas Nettes zu machen. Beispielsweise könnte ich mir vorher einen leckeren Latte Macciato gönnen, um in Stimmung zu kommen. In der Regel ist es aber auch so, dass die Laune mit den Klienten wieder steigt. Weil dort darf es nicht um mich gehen und wenn es nicht um mich geht, dann sind meine Probleme sehr klein. Wenn es ein wirklich schlechter Tag ist, dann würde ich absagen. Das bringt dann einfach nichts.
Gab es einen Klienten von dem du sehr viel noch lernen konntest?
Da gab es viele. Viele Klienten spiegeln eine Sache, die auch ein Thema bei mir ist. Ein Klient beispielsweise, den habe ich gesehen und habe sofort sein krasses Potenzial erkannt. Und er hat super viel gemacht, an einer amerikanischen Uni studiert, Stipendien gehabt, er war super charismatisch und nett. Und er hat es leider nicht selbst nicht gesehen. Das hab ich noch heute im Kopf, weil ich gemerkt habe, dass das Leid, das wir uns manchmal erschaffen, so oft selbst gemacht ist. Ihm stand wirklich die Welt offen und er konnte nicht zugreifen, weil er immer wieder dachte, er sei nicht gut genug dafür. Das hat mich so berührt, weil ich gemerkt habe, dass das ein Thema ist, das ich so gut selbst kenne. Ich hatte so lange Schwierigkeiten mit mir selbst und fand mich überhaupt nicht gut und habe meine Chancen nicht ergriffen. Das war ein großer Reminder für mich, dass ich das so nicht mehr möchte. Und da muss ich sehr oft noch jetzt darüber nachdenken, weil er hat sich nicht so gesehen, wie ich ihn sehen konnte. Wir waren in einer sehr objektiven Beziehung und trotzdem muss ich da sehr oft dran denken. Es gab aber auch für ihn ein Happy End, er hat sich als Architekt selbstständig gemacht.
Wie definierst du Erfolg?
Ich habe da sofort ein wunderschönes Zitat im Kopf von Maya Angelou:
Erfolg ist zu lieben was ich mache und zu lieben wie ich es mache.
Ich bin oft in die Vergleichsfalle getappt und hab mir mein Leben selbst schwer gemacht. Wenn ich das jetzt definieren müsste, dann ist es ganz klar, dass ich mich dann erfolgreich fühle, wenn ich glücklicherweise natürlich meinen Lebensunterhalt damit verdienen kann, aber auch meinen Tag so füllen kann mit den Dingen, auf die ich Lust habe. Ich möchte das nicht mehr unbedingt nur an Ziele knüpfen, sondern als Prozess betrachten. Ein erfolgreicher Tag ist so wie heute: Ich hatte viele tolle Coaching-Gespräche, habe das Gespräch mit dir und nehme danach noch einen Podcast mit einem Freund aus Hamburg auf. Das ist ein sehr bereichernder Tag.
Vielen Dank! Noch viel mehr tolle Sachen von Lea Vogel findet ihr in ihrem Podcast: Mindful Grow | Podcast von Lea Vogel und ihrer Website!
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