Letzte Woche hatte ich eine persönliche Premiere. Christine hat mich das erste Mal alleine auf eine Bloggerreise geschickt. Das bedeutet, dass neun sich völlig fremde Menschen 5 Tage à 24 Stunden aufeinandersitzen und eine Region entdecken um mit interessanten Geschichten für ihre Leser zurückzukehren. Im Vorfeld bekam ich E-mails, die sich um Hashtags drehten und ich wusste, da stehen mir spannende Tage bevor… Es ging nach Padua, und das musste ich erst einmal googeln. Danach war ich schlauer: Eine Stadt nördlich von Venedig, voller Studenten und gutem Essen.
Natürlich möchte ich euch auch etwas über die Gegend erzählen. Vor allem finde ich es toll, als Neuling das Verhalten von Bloggern auf Reisen zu erforschen. Deswegen ist das hier eine kleine Studie über das natürliche Verhalten des Digital Natives in fremden Gewässern.
Das Verhalten von Bloggern
Als Erstes fällt mir auf: Alles, alles, alles wird fotografiert. Unsere Guides kapieren das schnell und zeigen nur noch nach links und rechts, wenn es irgendwo etwas zu entdecken gibt. Dafür hört niemand so richtig zu. Ich habe allerdings Geschichte studiert und bin darauf konditioniert, mir jede einzelne Jahreszahl in die Synapsen zu brennen. Also hantiere ich mit Notizblock, iPhone und großer Kamera, mit der ich ohnehin meine liebe Mühe habe. Der Rest der Gruppe bekommt ständig eines dieser drei Dinge von mir in die Hand gedrückt, damit mir nichts herunterfällt. Mir fällt irgendwann auf, dass wir alle immer dieselben Dinge fotografieren. Deshalb kommt hier jetzt eine kurze, nicht sehr ernst gemeinte, Hitliste mit den beliebtesten Blogger-Fotomotiven. Ich liefere jeweils einen Beweis aus Padua mit, die das Verhalten von Bloggern genauestens zeigen.
Platz 1: Katzen! Denn Katzen und das Internet, die zwei gehören zusammen wie Pech und Schwefel. Also wird jede Katze, die das Glück hat einer Horde Bloggern zu begegnen, bekrault, besungen und beschmust, nur damit sie süß aussieht und bloß nicht wegläuft. Wir hatten das Glück, den italienischen Zwilling von Grumpy Cat zu treffen. Avalda wohnt in dem Dorf Monselice und springt sogar Hunden an die Kehle.
Platz 2: Streetart. Die findet sich überall, selbst in italienischen Dörfern mit weniger als 1000 Einwohnern (Katzen nicht mitgezählt). Und sie kann nicht weglaufen! Also müssen sich nicht alle Fotografen drängen und schubsen, sondern stellen sich brav hinten an.
Platz 3: Blumen. Am Besten in engen Gassen, mit einer Mauer davor oder dahinter. Dazu ein Stück blauer Himmel, und das Blogger-Herz ist glücklich.
Platz 4: Essen. Alles, was man sich in den Mund stecken kann, hat es auch verdient, fotografisch dokumentiert zu werden. Zu gerne habe ich die Blicke der Nachbartische registriert, wenn der nächste Gang serviert wurde und bei uns das wilde Geknipse anfing.
Platz 5: Die eigenen Füße. Inspiriert vom Hashtag #fromwhereistand gibt dieses Motiv endlose Variationen her. Und großer Vorteil: Der Himmel kann verhangen sein, es kann regnen, man kann verkatert sein. Sieht keiner. Nur schöne Schuhe sollte man anhaben.
Natürlich habe ich versucht, mich einzufügen, nicht aufzufallen und einfach mitzumachen, bei dem Verhalten von Bloggern. Das ist mir mal besser, mal schlechter gelungen. Auf einer Bloggerreise sitzt man einander wirklich auf der Pelle. Mit fünf täglichen Programmpunkten, auf denen jeder den Schwerpunkten des eigenen Blogs gerecht werden will, bleibt wenig Zeit für Entspannung und eigene Bedürfnisse.
Irgendwann tritt der Lagerkoller ein, meistens am dritten Tag. Wir sitzen zusammen im Bus, in der Sauna, auf dem Fahrrad. Einer versucht immer einen „lustigen“ Spruch zu etablieren, den aber niemand witzig findet. Jemand anderes will nie für irgendetwas auch nur einen Cent ausgeben. Wir sind müde, wir sind genervt, wir wollen einfach mal 10 Minuten auf eine weiße Wand starren und die Eindrücke sacken lassen. Doch das geht alles nicht so wirklich, denn irgendjemand will immer wieder aufs Neue die persönlichen Geschichten und den momentanen Karrierestand wissen und so erzählen wir alle mehrere Male unsere eigene Lebensgeschichte.
Am letzten Tag wird dann die Bar gestürmt und die Stimmung steigt wieder. Auch ein wichtiger Punkt bei der Analyse vom Verhalten von Bloggern. Am Flughafen herrscht komischerweise Wehmut. Da merke ich, dass diese kleine Gruppe mit ähnlichen Interessen doch ganz schön schnell und gut zusammen gewachsen ist – oder bei mir ist das Stockholm-Syndrom eingetreten. Diese Tage waren voller Premieren für mich: das erste Mal alleine auf eine Pressereise, das erste Mal meine Füße fotografieren und dann auch noch mit wildfremden Menschen unterwegs sein. Ein bisschen fühlte es sich an, wie etwas, in das ich irgendwie reingepresst wurde, vielleicht sogar ein bisschen wie der Gekidnappte à la Stockholm-Syndrom. Da wird man Teil einer Gruppe, die ein paar Tage an einem Ort ist und so viele Fotos wie möglich machen sollte und ich mittendrin. Trotzdem muss ich sagen, dass es sich alles schlimmer anhört als es ist. Das ist nun mal so mit dem Verhalten von Bloggern, für den Aussenstehenden kaum nachvollziehbar, doch wenn man einmal dabei war macht es alles Sinn. Auch der Streit um einen Hashtag. ;)
12 Kommentare
Ein witziger, spannender Beitrag – in dem ich mich durchaus wiedergefunden habe :)
:)
padua <3
Scheinen doch einige zu kennen ;)
Oh, Liebe Italien… Ich genoß wirklich einen Blog zu lesen!
Freut mich :)
Haha, da ist was dran. Manchmal ist zu viel aber auch ein wenig nervig finde ich.
Ich fühle mich dann auch immer ertappt und peinlich berührt ;)
oh man ERWISCHT :-)))))
Herrlicher Post!
Ich darf am Samstag auf mein erstes Bloggerevent, bin schon total gespannt und eins ist klar, der Ersatzakku darf auf keinen Fall fehlen!
Nur leider erwische ich mich selbst dabei, dass ich sogar im Urlaub, ohne Zusammenhang zum Blog, die Welt viel zu oft durch die Kamera sehe.
Wohin geht es denn?
Katzen, Streetart und Blumen sind, so könnte man sagen, auch meine Lieblingsmotive. Mir fällt meistens erst ein, dass ich mein Essen fotografieren wollte, wenn ichs zur Hälfte aufgemampft habe. :) Und meine Füße fotografiere ich auch eher selten. :)
LG Myriam