Ich habe schon einmal meine Frustration über Facebook und Whatsapp ausgelassen und mich darüber aufgeregt, dass ich jetzt ganz genau weiß, wann was gelesen wurde oder wie schnell jemand antwortet. Danke, ihr lieben drei kleinen springenden Punkte. Ich kenne mich jetzt perfekt im Dating 2.0 aus. Erst gestern wurde ich wieder daran erinnert, wie verrückt wir uns eigentlich alle machen und das vor allem durch neue „Tools“, die uns ja eigentlich das Leben einfacher machen sollten, aber es eher komplizierter machen. Eine gute Freundin von mir verfolgte gestern ihren neuen Schwarm über die Map, die Facebook unter die gesendeten Nachrichten postet. Sie wurde ganz traurig, weil sie der Meinung war er würde sie anlügen und nicht zu Hause sein, sondern wahrscheinlich mit einer anderen im Bett liegen. Paranoid? Oder einfach normal? Ich finde wir brauchen für diese neue Art des „Datings“ mal eine Art Knigge, der uns genau sagt, was geht und was gar nicht geht. Ich versuch’s mal. Hier zum Verständnis also die Dinge, an die wir uns beim Dating 2.0 gewöhnen müssen.
1. Dating 2.0: Nö, jetzt antworte ich auch mal nicht
Es wird diese Tage geben, an denen ihr weniger Nachrichten bekommt, als an anderen Tagen. Das wird zum einen daran liegen, dass die andere Person super beschäftigt ist oder daran, dass ihr in einem dieser ätzenden Spielchen gelandet seid. „Nö, jetzt antworte ich einfach nicht und schau mal wann er/sie schreibt“… Dann sitzt man zu Hause, starrt auf sein Handy und fertigt eine imaginäre Liste an, die genau sagt, wann er oder sie das letzte Mal für wie lange online war. Krank.
2. Dating 2.0: Anrufen?
Gibt es nicht mehr. Wieso auch, wenn man ja alles einfach über Facebook oder Whatsapp regeln kann? Emotionen werden eh nur über Smileys, wenn überhaupt, ausgedrückt. Sonst reicht ja auch ein „XX“ ab und zu mal, dann ist die Freundin oder der Freund auch wieder glücklich. Man, wie vermisse ich die Zeiten des Anrufbeantworters oder die Zeiten, in denen man sich zum telefonieren verabredet hat…
3. Dating 2.0: Ey, wieso liked er/sie das denn jetzt?
Wir leben in der Welt der „Likes“. Wir laden besonders viele Partybilder hoch und hoffen, dass er oder sie die Bilder sieht und eifersüchtig wird. Wir wundern uns, warum seine oder ihr Ex jetzt auf einmal die Bilder des eigenen Freundes oder der eigenen Freundin liked oder warum unser eigener Freund oder eigene Freundin gewisse Statusmeldungen nicht akzeptiert, sondern sie eher vertuschen möchte. Traurig?
4. Dating 2.0: Wir werden zu großartigen Analysten
Anstatt sich einfach mal zu treffen, sich zu umarmen und sich einzugestehen, dass man sich ineinander verliebt hat, müssen wir versteckte Nachrichten lesen können. Was meint er oder sie denn jetzt mit dem Foto bei Instagram? Wieso postet er oder sie denn jetzt einen traurigen Song auf Facebook? Und was soll dieses Zitat? Meint er oder sie jetzt wirklich mich damit? Wieso treffen wir uns nicht einfach und reden darüber?
5. Dating 2.0: Kein Netz gibt es nicht
Ja, so ist es, es sei denn man hängt irgendwo im Nirvana rum. Die Nachrichten gehen durch, werden auf dem Handy empfangen und ja, wenn er oder sie nicht sofort antwortet, dann ist es nun mal so. Abwarten und Tee trinken…oder so.
6. Dating 2.0: So macht man heute Schluss
Social Media ist so, so anstrengend und das auch oder gerade beim Schluss machen. Schlussmachen 2.0 ist brutal, es tut weh und ist zeitintensiv. So geht’s los: Schlussgemacht wird heute über Facebook. Eine unpersönliche Nachricht wird geschickt, danach direkt das Profil des oder der Ex gelöscht UND blockiert. Damit auch kein weiterer Kontakt besteht. Das Gleiche folgt dann bei Instagram und Twitter, Skype und Whatsapp. Dann wird der eigene Status geändert, ein neues Profilbild hochgeladen und freudig geliked bis sich eine Neue oder ein Neuer findet.
Ich finde dieses ganze Dating 2.0 macht uns alle krank. Wir wachen morgens auf und erwarten eine Nachricht. Den Tag über geht es genau so weiter, wir hoffen und hoffen und das alles nur, weil wir dank der Smartphones jetzt immer und überall erreichbar sein können. Dabei entstehen die wahnsinnigsten Spiele. Entweder wird auf diesen perfekten Moment gewartet, in dem die Nachricht abgeschickt wird oder wir enden gar in einem Machtkampf der sozialen Medien. Anscheinend ist es mittlerweile so, dass die Person, die am wenigsten Interesse zeigt tatsächlich die Person mit der meisten Macht ist. A propos Interesse. Heute ist es unglaublich cool einfach kein Interesse zu zeigen. „Mach dich rar, bist ein Star“, sagte mir meine Mama immer. Ich finde allerdings, dass wir das heutzutage alles zu sehr ausreizen. Wieso muss ich mich denn eine Woche rar machen, wenn ich meinem Freund einfach nur zeigen will, dass ich ihn mag? Wieso muss ich mich dazu zwischen ihm oder ihr weniger zu schreiben entscheiden und es ihm oder ihr im Verhalten gleichzutun? Das macht doch alles gar keinen Sinn. Eine weitere Konsequenz des relativ lapidaren Verhaltens auf sozialen Medien ist die völlige Unmöglichkeit sich an etwas zu binden. Alles ist heute irgendwie „easy“ und „locker“ und nur oft genug durfte ich mir „chill mal“ anhören. Was ist denn, wenn ich nicht chillen will? Wenn ich mal eine Sicherheit haben will? Eine Sicherheit, die mehr als nur ein dummes rosa Herz in einer Facebook Nachricht kurz vorm Schlafen gehen ist? Bin ich dann uncool und völlig altmodisch? Dieses ganze Digital Dating oder Dating 2.0 macht einfach keinen Spaß, besonders wenn man sich schon längst an etwas gebunden hat. Dann tun kurze Sätze und nicht vorhandene Pläne einfach nur weh. Und wenn dann die Zeit noch nicht einmal dafür reicht dieses eine dumme Herz am Abend zu schicken, dann mach ich mich rar. Aber richtig.
23 Kommentare
LIKE!!! :-D
Toller Artikel, hätte von einem NEDER stammen können…..
LG
Facebook und Whatsapp sind auch mir gehörig auf die Nerven gegangen. Ich habe beides unlängst abgeschafft; die Profile gelöscht und die Apps deinstalliert, nachdem ich das vorher angekündigt hatte. Für ein paar Tage war Funkstille, und dann haben meine wertvollen Kontakte zu den alten, vorsintflutlichen Kommunikationsmethoden zurück gefunden: Email, Telefon, SMS und das direkte persönliche Gespräch.
Das Leben ist sowas von schön, sag ich euch… !!!
Oh dafür hast du meinen vollsten Respekt! Das traue ich mich einfach nicht :)
Sowas von großartig auf den Punkt gebracht! Das muss ich einfach teilen! Jedes Wort so wahr!
Danke!!!
Danke! :)
Absolut auf den Punkt getroffen…durfte ich gerade selber alles erleben. Danke schön.
Was ist denn bei dir passiert? Ich bin noch mittendrin :)
Du hast sowas von recht!
Ich bin eigentlich richtig froh, dass sich mein Smartphone vor 3 Wochen in’s Nirvana verabschiedet hat, und ich wieder unterwegs auf’s gute alte telefonieren oder SMS zurückgreife, hehe.
Vielleicht sollte ich das auch mal tun…
test
DANKE :) genau das erlebe ich grad:D
oh du sprichst mir so aus der Seele, ich hasse diese Spielchen und dieses: “er muss sich jetzt mal melden, die letzten 3 Male hab ich zuerst geschrieben blabla” das ist sowas von nervig!
Du triffst mit diesem Post glaube ich genau ins Schwarze. Ich denke genauso und unzähligen meiner Freundinnen geht es genauso.. Leider! Hoffentlich bekomme ich irgendwann noch in meinem Leben einen handgeschriebenen Brief… Das wäre großartig..
LG Caro
Achja, genau so ist es. Ich hasse das total!
Aber in den alten Zeiten gab es die gleichen Spiele. Man weiß, der andere ist zuhause, er meldet sich aber nicht. Man ruft selbst an und kriegt mitgeteilt, dass er mit xy unterwegs ist. Man wartet drei Tage mit dem Anruf. Man interpretiert jedes Wort der sms, jedes Wort des letzten Satzes am Telefon. Genau das gleiche, andere Mittel.
2.0 ist hier nicht das Problem, die Menschen sind es.
Recht hast du :D
Wirkliche Freunde melden sich auch so!
Bei Whatsapp kann man übrigens das “zuletzt online” ausschalten, sodass nichts mehr da steht.
Einstellungen > Account > Datenschutz :)
DANKE für diesen Tipp!
Glücklicherweise muss ich da nicht mehr durch, aber ich leide mit. Dennoch glaube ich, dass dieser “Fluch”, viel mehr über die Aktiviäten anderer zu wissen und verfolgen zu können, von uns allen selbst heraufbeschworen wurde. Facebook, Whatsapp und Co. entwickeln diese Funktionen und bieten sie an, wenn die Nutzer diese auch anwenden. Ich denke, dass viele durch das Smartphone schlicht verlernt haben, das da am anderen Ende ein Mensch sitzt. Nicht jeder Post und jedes Like muss einen Hintergedanken haben. Wenn ich mein Verhalten so reflektiere, drücke ich auch mal spontan auf “gefällt mir” je nach Situation. Sollte das jemand analysieren, würde er völlig falsche Schlüsse ziehen. Auch wenn ich es nicht immer schaffe, versuche ich mir vorzustellen, wie ich das was ich schreibe auch jemandem persönlich sage. Das erhält hoffentlich etwas von der Qualität menschlicher Kommunikation. Auch glaube ich, dass die Menschen in meinem Umfeld, denen ich wirklich etwas bedeute auch ohne Whatsapp und Co. einen Weg finden würden, mich zu erreichen. Dann weiß ich auch, wer echte Freunde sind. Daher habt den Mut, wenn es euch zu viel wird, auszusteigen und das alles nicht mehr mitzumachen.
Das sind wahre Worte und ich glaube, du hast sicher Rest mit dem “am anderen Ende sitzt noch ein Mensch”. Häufig denkt man da gar nicht drüber nach und geht davon aus, dass man mit einem Computer schreibt und dann rutschen einem die fiesesten Sachen raus, über die man im “normalen” Leben noch nicht einmal nachdenken würde. Ich zwinge mich jetzt selbst zur “Drosselung” :)
Tubango hat absolut Recht. FB verkompliziert das Miteinander, sät Misstrauen und ist auch sonst wider die Natur eines normalen Beziehungsgeflechts. Besonders den sensiblen Menschen raubt es viel Zeit und Nerven, weil sie sich mit Problemfragen beschäftigen “müssen”, die sie ohne Facebook gar nicht hätten. Also ganz einfach, wie ich im ersten Kommi schon schrieb: Accounts löschen, Apps deinstallieren … und fröhlich sein.
Mal ganz abgesehen davon, dass FB & Co. Datenkraken sind … und ich sehe noch eine ganze Reihe mehr Punkte, die ich sehr kritisch einstufe. Aber das würde jetzt hier den Rahmen sprengen.
Ich liebe FB und es hat mir so viele Türen geöffnet und ich habe so viele tolle Menschen darüber kennen gelernt!
Mensch, du triffst den Nagel auf den Kopf.
Kein Wunder, dass wir uns ‘leer fühlen’, wenn wir alles online machen. Im Internet stellt man sich schnell größer, schöner, offener, stärker und glatter dar, als man in Wirklichkeit ist. Mit ‘glatter’ meine ich “Nee, ich habe keine Kannten, ich bin ein universell ansprechender Typ – Mit der Hoffnung auf möglichst viele Profil-Likes…” …Nur Nullen haben keine Kannten….
Man verfällt schnell in diese “ich verteufle alles Online”, aber auch das wäre falsch. Je technischer unser Leben wird, desto mehr müssen wir uns disziplinieren, nicht alles online zu machen, nur weil es möglich ist. Ich zum Beispiel habe erst seit 3 Monaten ein Handy (ja, zum ersten Mal). Und nein, es ist kein Smartphone, ich bin selber smart. Habe ein altes Siemens A55. Das Lustige daran ist, dass ich mit meinem alten Handy eher auffalle, als diejenigen mit nem neuen iPhone. Soviel dazu… ;)
Das ist wie mit Social Media. Obgleich wir alle sooo miteinander vernetzt sind, fühlen sich immer mehr Menschen alleine und verloren. Komisch, wo doch die meisten Menschen auf Facebook 5000 Freunde haben^^ Wenn ich beispielsweise irgendwo bin, ich mich nicht auskenne, frage ich die Menschen um mich herum, wie ich von A nach B komme. Gut, dass mag auch an meinem alten Handy liegen, weil integriertes Navi gibt es nicht ,) Aber auf diese Art und Weise komme ich überhaupt in direkten Kontakt mit Menschen und öfters ergeben sich tolle Gespräche.
Vielen Dank für deinen Artikel, wirklich – Vielen Dank!
Christian