Roskilde oh du meine Sommerliebe! Wenn ich nicht lernen müsste, wäre ich beim Roskilde Festival in der Nähe von Kopenhagen. Vier Tage Warm-Up Party, sowie vier weitere Tage geile Bands, enorm viel Nichtstun, viel Bier und viele Tattoos: So hat das Festival letztes Jahr mein Herz erobert. Um die Sehnsucht an eines der einzigartigsten Festivals etwas zu überwinden, habe ich hier für euch die wichtigsten zwölf Punkte, was man an acht perfekten Tagen Roskilde Festival so alles macht:
„Ich werde die ganze verf*ckte Woche nur hier am Zelt sein und Party machen!“ Der Däne kauft das Ticket zum Roskilde Festival nicht wegen des Line-Ups. Vielmehr kauft er das Ticket zum Exzess – umgeben von friedlichen Leuten und besten Freunden aus alten Tagen. Denn das Roskilde Festival ist für die Dänen so wichtig, wie dem Hipster sein Tattoo.
1. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Warten und stürmen!
Es beginnt alles mit dem Stürmen des Zeltplatzes: „Girls, you have to be ready to stomp the yard and fight for your tent!“. Amusing! Mein Amusement über dieses übertriebene Zitat meines dänischen Mitbewohners verging mir schnell, als es am Samstag Abend Wirklichkeit wurde! Denn die Zelte beim Roskilde Festival werden hier nicht wie in Deutschland ganz friedliche First-come-First-serve vergeben, sondern eher nach dem Prinzip Hit-and-Run. Ab Samstag in den frühen Morgenstunden steht die Menge zusammengepfercht an einer Sammelstelle vor einer großen Wiese an, um irgendwann ganz unerwartet mit Startschuss loszurennen! Blitzschnell werden Planen gezückt und das Revier abgesteckt – riesige Gruppen erkämpfen sich stutenbissig ihr Territorium! Existentielle Panik machte sich breit. Jeder weiß genau, um was es geht und hat sein Ziel vor Augen – und mittendrin zwei unschuldige deutsche Mädchen, die überhaupt nicht wissen, was los ist.
2. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Kindergartenfreunde treffen.
Es hat den Anschein, ganz Dänemark fährt dieser Tage zum Roskilde Festival. Damit bekommt das Festival den Award für die treuesten Besucher! Es gibt niemanden, der nicht da ist – und wenn nur für einen Tag. Die arbeitende Bevölkerung fährt nicht selten noch Mal für ein paar Tage zurück in die Stadt und kommt nach ein paar Tagen wieder. Damit machen sie den winzigen Ort nahe Kopenhagens zu dieser Zeit zum fünftgrößten des Landes.
3. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Sich Zuhause fühlen.
Auf dem Roskilde Festival campiert man in großen Gruppen, nicht selten mit seinem Freundeskreis aus der Schule – ein jährliches Klassentreffen sozusagen – und fährt groß auf. Wer das Spiel kennt, markiert sein Revier mit einer mächtigen Flagge. Das dient der Orientierung und später bei den Konzerten kann man die Gruppe leichter erspähen. Wer über ausreichend Mittel verfügt, eröffnet sein Camp zum Dancefloor, positioniert sich lautstark mit einer fetten Soundanlage (Wir!) und beklebt das ganze Land mit eigenen Camp-Stickern (Wir!)
4. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Bier trinken!
Was stellt man sich unter „8 Tagen Festival“ vor? Am Anfang hegte ich noch die naive Anfängerfrage: „An welchem Tag ist man betrunken, und an welchem nicht?“. Die einzige wahre Antwort ist: An jedem! Ich erreichte mein persönliches Limit leider schon nach vier Tagen und konnte kein Bier mehr schmecken! Das kam mir insofern ganz gelegen, als dass es mir nun leichter fiel das Bier effizient zu trinken und den Konsum auf EX zu beschränken. Weg mit dem Scheiß. Am Sonntag konnte ich Bier auch nicht mehr sehen und wollte Leuten, die morgens um 10:00 Uhr schon Bier konsumierten am liebsten an die Gurgel fallen und sie anschreien. Mein einziger überzeugender dänischer Satz ist jedoch:„Jai will gerne häv en öl.“ = „Ich hätte gern ein Bier.“ (authentischerweise falsch geschrieben) – irgendwie also so gar nicht passend.
5. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Möglichst lange viel Bier trinken.
Was macht man nun ganze vier bis acht Tage auf einem Platz, der ordentlich stinkt, saumäßig verdreckt und ohrenbetäubend laut ist? Schlafen schon mal nicht, denn meistens hört die Musik erst um sieben in der Früh auf. Eine Stunde später ist im Zelt aber schon so heiß, dass man es dort drin eh nicht mehr aushält… Und dann? Man spielt ein Spiel, das garantiert lange dauert und von dem man einen ordentlichen Pegel bekommt! Bierbowling! Dauert nicht selten an die drei Stunden pro Runde, also ewig, danach hast du aber mindestens deine sieben Bier geext: Manche Teilnehmer kotzen noch während des Spiels. Alle anderen im Camp schauen stumpf zu. Klasse!
6. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Die wichtigen Dinge im Leben erledigen.
Was macht man nun, wenns mit dem Bier irgendwie nicht mehr so reinpasst? Sex – Sex ist auf dem Roskilde Festival auch ein guter Zeitvertreib. „It´s easy to have sex!“ Ich habe nicht so viel drauf gegeben, aber heidewitzka. Schon ab dem ersten Tag, also Sonntag, blieben meine Begleiterinnen regelmäßig fern. Und wer es exotischer mag, der kackt anderen ins Zelt. Oder noch besser in den Schlafsack. Wirklich! Roskilde mag in Sachen Verkleidung den anderen Festivals etwas nachstehen – nicht aber in diesem Punkt! Düngemittel ahoi findet ihr in dieser feinen Vice-Fotostrecke. Etwas produktiver, aber nicht weniger abgefreakt machten es Freunde von Freunden (was jetzt ungefähr jeder auf dem Festival sein könnte): sie haben auf dem Roskilde geheiratet…
7. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Zeitung lesen.
Darüber, dass die Slipknot Fans sauer auf Rihanna waren, weil die überzogen hat oder darüber, dass auf dem Roskilde Festival eine echte Hochzeit stattfand, davon berichtet die Roskilde Tageszeitung. Außerdem sieht man dort Bilder von nackten und kotzenden Leuten, die wiederum Kotzenden die Haare aus dem Gesicht halten und das ganze alltägliche Leben halt…
8. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Freiwillig mitarbeiten.
Aufgrund der hohen Ticketkosten ist hier fast jeder Zweite auf dem Roskilde Festival Volunteer. Man leistet halt so seinen Beitrag. Entweder an der Bar, als Aufsicht oder als Müllaufsammler und fühlt sich dadurch irgendwie noch mehr Zuhause.
9. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Geile Bands sehen, shoppen und essen.
„Ich werde die ganze verf*ckte Woche nur hier am Zelt sein und Party machen!“, Zitat Ende. Okay, es gibt tatsächlich Leute, die sich das Line-Up nicht anschauen, weil sie ihren Zeltplatz sowieso nicht verlassen. Wie gesagt: Das Ticket für das Roskilde Festival wird so oder so gekauft. Aber das Line-Up looohnt siich! Letztes Jahr waren Größen wie Rihanna und Metallica anzutreffen, zeitgenössische Bands à la Of Monsters And Men und Crystal Castles, Newcomer wie MØ und Disclosure und natürlich Local Heroes, die in kleinem Rahmen an den vier „Warm-Up“ Days spielten. Andere warten nur auf den Moment, dass die „Fressalienarea“ aufmacht, wo es wirklich grandioses (auch organic-) Essen, tolle Chill-Areas und noch viel tollere Vintage-Stores gibt.
10. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Trends von morgen entdecken.
Ich freue mich, den guten Stil der Skandinavier nun objektiv bestätigen zu können. Ich bin hier mit den Trends von morgen konfrontiert worden, was vielleicht auch damit zusammen hängt, dass sich hier überdimensional viele Anhänger der Generation „Hipster“ ansammeln. Aber das möchte ich eigentlich gar nicht so pauschalisieren. Ich schwebe lieber auf der Wolke der Annahme, dass die dort angetroffenen Menschen eine Priese mehr Experimentierfreude, „What the fuck“-Einstellung und Einfach-Machen leben. Und heraus kommt eine Welt, in der irgendwie alles ganz schön scheiße aussieht, und gerade deshalb wieder super gut. So zum Beispiel Männer in Leggings und Mädchen mit Palme auf dem Kopf. Es leben die 80er. Heute, ein Jahr später übrigens schon wieder so yesterday!! Welchen Trend sagt das Roskilde Festival dieses Jahr voraus?
11. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Tolle Tattoos anstarren.
Die Roskilde Festival-Besucher haben einzigartige Tattoos. Nicht die Eule, der Stern oder die neuen Vögel, die jetzt so in sind, sondern einfach echt geile eigene Sachen!
12. Was macht man an 8 Tagen Roskilde Festival? Karma aufpolieren. Hält danach für etwa ein ganzes Jahr.
Als ein sehr nachhaltiges Festival geht es beim Roskilde Festival rund um das Thema „Change“ – Du darfst, kannst, sollst teilnehmen, mitbestimmen, verändern. Nebenbei kannst du noch dein Karma aufpolieren, weil du immer und überall auch irgendwo was Gutes tun kannst und deine Ausgaben in soziale Projekte einfließen. Noch nie habe ich das Wort „Recycle“ in einer Woche so oft gelesen. Wer neben dem ganzen Saufen aber noch Zeit für Inspiration und Kreativität hat, der kann sich CinemaCity, GameCity oder StreetCity (Skaten, yeaaah) und eine Menge Workshops geben. Umsichtig wie ich bin, habe ich das alles verpasst: Kein Graffiti-Kurs, keine TrashSafari („Have Fun with Trash“) und kein Bau einer Bierkathedrale für mich also. Mein Ausflug nach DreamCity am Abreisetag war reichlich spät, aber trotzdem ganz inspirierend. Hier konnte man sich schon seit März als „Häuslebauer“ versuchen und feine Camps errichten. Im 72hours – Projekt gaben Kreative aus aller Welt dann DreamCity den letzten Kick. Alles in allem ein sehr friedliches und liebevolles Festival.
Wer jetzt noch nicht am Packen ist, den packe ich persönlich in die Karre. Ich bin der lebende Beweis, dass man zwölf Stunden Autofahrt von München zum Roskilde Festival erstaunlich gut überlebt und sich dieses Festival auf ewig in deine Gehirnzellen tätowieren wird! Karma.
6 Kommentare
Klingt nach einem richtigen Abenteuer für’s leben.