Wir alle wollen etwas Gutes tun, oder? Dafür müssen wir noch nicht einmal nach Afrika oder ins Hinterland von Indien reisen und tagelang in Slums oder anderen Armenvierteln Englisch unterrichten, Essen ausgeben oder Menschen mit Kleidung versorgen. Das sind alles natürlich wunderbare Dinge, das gebe ich zu.
Manchmal allerdings können wir auch vor unsere eigene Haustür schauen, einen Blick nach rechts und links werfen und die Augen auf die hiesigen Probleme richten, denn auch hier gibt es genug zu tun.
Doch bevor ich jetzt mal wieder wie ein Moralapostel wirke, sollte ich euch aber eventuell einmal aufklären und im Detail erklären wovon ich hier überhaupt rede.
Es war ein Montagabend und obwohl ich mich auf mein warmes Bett und auf die Gülle im Fernsehen gefreut hatte, wurde ich von einem Freund überredet Laufen zu gehen. Damit meine ich nicht nur die kleine Runde, die ich sagenhafte zwei Mal in der Woche um den See laufe, sondern eine verdammt coole Aktion.
Wir treffen uns mitten in Kreuzberg in Berlin, am Görlitzer Bahnhof. In einem Hinterhof trudeln immer mehr Leute ein, die alle das Gleiche vorhaben wie ich: wir wollen Gutes tun und das nicht nur für unseren eigenen Körper, sondern auch für die Menschen aus unserem Kiez, unserer Nachbarschaft, für jene aus unserer Stadt. Wie?
Gut Gelaufen vereint Laufen und Gutes tun auf eine ganz eigene Art und Weise: gemeinsam in einer Gruppe aus 10 Läufern, die unterschiedlicher hätten nicht sein können, laufen wir durch die Gassen Kreuzbergs. Da trifft sich die Britin, die dringend Freunde braucht, der Profiläufer, der mal einen Ruhetag einlegen muss, die Kreuzberger, die ihrem Kiez helfen wollen und viele Neue, die irgendwie von diesem Projekt gehört haben. Unser Ziel? Eine Schule, die dringend Hilfe benötigt. Wir laufen also die ersten 4 km bis zur Schule, wobei wir wieder einmal bewusst wird, wie toll der Sonnenuntergang in Berlin ist und wie toll generell diese unglaublich geile Stadt ist. An der Schule werden wir mit einem kleinen Buffet aus Bananen, Äpfeln und Wasser begrüßt. Danach wird uns unsere Aufgabe erklärt: Hier wurde gerade neuer Boden geliefert und da die Kinder so schnell wie möglich wieder auf ihren Spielplatz wollen, müssen jetzt viele helfende Hände her. So schaufeln wir von rechts nach links und sind innerhalb von 30 Minuten fertig. Der Schulhof ist geschafft, und wir auch.
Während meiner ganzen Schulzeit habe ich eine Lehrerin, geschweige denn die Schulleiterin so unglaublich glücklich gesehen, wie an diesem Abend in Kreuzberg. Zu wenig Lehrer und vor allem zu wenig Eltern haben nach ihrer Arbeit noch Zeit in der Schule zu helfen. Umso toller ist es, dass es an genau dieser Schule zwei engagierte Menschen gibt, die die Muße hatten sich an Gut Gelaufen zu wenden und ein paar sportbesessene Läufer an einem Mittwochabend zum gemeinsamen Schaufeln zu überreden. Ich fühl mich gut, die Anderen auch, und vor allem die Schulleitung.
Gemeinsam machten wir uns also wieder auf den 4 km Weg zurück durch das schummrige Kreuzberg, das so langsam die Menschen in die vielen Restaurants und auf die unzähligen Terrassen der Bars und Cafés lockt. Da würde ich jetzt normalerweise auch sitzen, doch stattdessen laufe ich völlig zufrieden und erleichtert durch die Straßen und habe mehr Glücksgefühle als nach einem fetten Stück Schokokuchen.
Als wir alle wieder im Hinterhof eintreffen und uns noch bei einem Abschiedsstretchen näher kommen ist die Stimmung besser als zuvor: Wir haben gerade innerhalb von einer Stunde nicht nur unserem Körper etwas Gutes getan, sondern viel mehr. Wir haben ungefähr 500 Schülern den Spielplatz ermöglicht und dazu zwei Lehrer verdammt zufrieden und glücklich gemacht.
Gut Gelaufen schafft es, dass wir endlich einmal die Augen öffnen und unsere Nachbarschaft unter die Lupe nehmen. Wer braucht Hilfe? Was kann ich machen? Es müssen doch keine großen Taten sein, die mehr Zeit, als vorhanden, in Anspruch nehmen. Oft sind es kleine Dinge, die mit ein paar Händen schnell erledigt sind. Menschen, Institutionen, Vereine und viele andere wenden sich immer mal wieder an den Gut Gelaufen e.V. und bitten um Hilfe. Das Projekt ist bereits so bekannt, dass ihr hier locker zwei Mal die Woche mitlaufen könnt und das für Umme, zumindest finanziell, aber mit einem ganz großen menschlichen Wert: Montags 19:30 und einmal im Monat an einem Sonntag um 11 Uhr. Alle Infos HIER.
Übrigens: Neben den Aktionen, die man während des Laufes macht gibt es auch noch ein anderes Projekt innerhalb von Gut Gelaufen. Die sogenannten „Senior Coaches“ sind ältere Damen und Herren, die entlang der Laufstrecke wohnen und sich ab und zu mal über den Besuch eines Läufers freuen. Sei es auf einen Café, einen Einkauf oder für einen Putzmarsch durch die Wohnung – die Wahl der Aufgaben ist völlig offen. Nur darf sie nicht länger als 30 Minuten dauern!
Solltet ihr mal wieder so einen Montag haben, an dem ihr nicht wisst, was ihr machen könnt und an dem ihr zufällig mal wieder in Berlin seid, dann geht laufen, mitten in Kreuzberg und fühlt euch gut gelaufen.
5 Kommentare
Eine ganz wunderbare Aktion.
Bin total begeistert!
Greetings & Love
Ines
Wunderbare Aktion! Dafür überlege ich mir glatt mit dem Laufen zu beginnen!
Ich will auch!
Was für eine schöne Aktion. Jetzt wohne ich schon so ewig in Berlin und bekomme erst über den Blog mit, was es für wunderbare Aktionen gibt. Mal schauen, ob wir das für Lichtenberg (ein Kiez der durchaus auch genug Hilfe gebrauchen kann) hinbekommen. Danke fürs posten!
Super super super!!!