„Entdecken Sie den Elbradweg – Abenteuer mit abwechslungsreicher Natur und mannigfaltiger Kultur“, heißt es im Programm von Czech Tourism. Ich bin auf eine Fahrradtour eingeladen. Den Elbradweg entlang – von Meißen nach Smiřice. Fahrrad fahre ich schon immer gerne und in Tschechien war ich noch nie. So sitze ich also Sonntagmorgen am Berliner Bahnhof und mache mich auf den Weg in den wirklichen Osten. Nach Meißen.
Tag 1 – Meißen
Die Ankunft in Meißen ist schon vielversprechend. Kaum eine Minute aus der Innenstadt raus, fließt schon die Elbe und ich kann meinen neuen Begleiter, den Elbradweg, schon mal inspizieren. Auf beiden Seiten der Elbe verläuft er, malerisch eingefasst von leichten Hügeln, Sandsteingebirgen und vielen, vielen Weinfeldern. Die meisten Menschen, die in dieser Region Wein anbauen, machen das nur zum Spaß und für private Zwecke. Auf meiner Tour bis nach Tschechien werden wir aber dem ein oder anderen bekannten sächsischen Weingut einen Besuch abstatten.
Gleich nach meiner Ankunft im Weingut in Zadel geht aus auch schon auf die Räder. Die Sightseeing Tour durch Meißen kann losgehen.
Meine lustige tschechische Reisegruppe und ich sind guter Dinge, denn Meißen ist wunderschön. Durch die Innenstadt führen schmale Gassen mit gut erhaltenen, bunten Altbauten. Vor manchen Eingängen finden wir steinerne Sitzgelegenheiten, die damals wohl die torkelnden Menschen zum Innehalten auf ihrem Heimweg einladen sollten. Alles ist klein und süß, aber trotzdem irgendwie imposant und wenn ein Auto vorbeikommt, müssen wir zur Seite springen damit es den schmalen Weg passieren kann. Neben den wenigen Autos klackern hier auch ein paar Pferdekutschen durch die grob mit Kopfstein gepflasterte Stadt. Es fühlt sich alles ein bisschen wie aus einem vergangenen Märchen an, als wir so zur Burg hinauf steigen. Die Albrechtsburg, die wir besichtigen, war eigentlich zum Wohnen gedacht, wurde aber nie dafür genutzt. Stattdessen wurde sie um 1700 – aus Platzmangel und finanzieller Enge – zeitweise zur Porzellanfabrik umfunktioniert.
Der Blick vom Berg aus ist atemberaubend. Die mosaikartigen, roten Dächer der Meißener Häuschen sind der perfekte Schauplatz für eine James Bond-Verfolgungsszene. Die Aussicht ist so schön, dass wir uns gar nicht trennen wollen.
Doch unsere Tagesordnung ist zu verlockend – wir sind zur Weinverkostung mit einer echten Prinzessin eingeladen! Alexandra Prinzessin zur Lippe, Hausherrin des Weingutes Schloss Proschwitz. Eine beeindruckende Frau, die uns entspannt mit einem Cremant auf ihrem Weinbergshaus empfängt. Jahrelang haben sie und ihr Ehemann um den Erhalt ihres Weingutes gekämpft, erzählt sie uns. Nach der Wende kamen die beiden aus München zurück nach Sachsen um die Weinbautradition der Familie fortzuführen. Lange schon haben die Proschwitzer Tropfen deutschlandweit einen hervorragenden Ruf und nach der Verkostung kann ich nur jedem empfehlen einmal den Cuvée Alexandra zu genießen! Ja, vielleicht sogar eine Weinverkostung mit zu machen! Denn mit einem Glas Wein in der Sonne sitzend, den Blick auf die Weinfelder gerichtet und mit der Stadt Meißen im Hintergrund lässt es sich wirklich atmosphärisch entspannen.
Die schmalen Gassen in Meißen
Auch die Veranstaltungsräume im Schloss sind stilvoll elegant und der Schlossgarten der wahr gewordene Traum jeder Großstadtprinzessin. Im Wintergarten kann man übrigens auch mit riesiger Terrasse und Blick auf den Garten heiraten…
Ja, ja, hier im Schloss Proschwitz wurde bestimmt schon mancher Mädchentraum wahr.
Im Weingut in Zadel besichtigen wir noch den beeindruckend modernen Weinkeller und dann geht’s mit gut gefülltem Magen und wein-schweren Lidern ins Bett.
Tag 2 – Der Weg nach Dresden
Der zweite Tag begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein und der Einladung zu Ricco Hänsch. Wir schwingen uns auf die Räder und kommen zum zweiten Frühstück auf seinem Weingut an. Er erklärt uns viel zum Anbau, seinen Weinen, den richtigen Weinflaschen und guten Korken. Wir lauschen dem Winzer gespannt, genießen seinen Wein (besonders der Kerner gefällt uns!), die Aussicht auf die tollen Weinfelder und wollen gar nicht richtig los. Aber Dresden ist noch ein bisschen entfernt und wir nur durchschnittlich sportlich. Mit vollgeschlagenem Magen geht’s also wieder aufs Radl. Und dann, irgendwann: Hello Dresden!
Wein zum zweiten Frühstück
Weinfelder am Elbradweg
Wow, liebes Dresden, abgesehen von der Montagsdemonstration hast du mich wunschlos glücklich gemacht, aber an der bist du ja auch unschuldig. Diese Straßen! Diese Gebäude! Die Fassaden! Die Farben! Die Dächer! Diese Imposanz! Wow.
Ich habe kaum zuhören können, weil die Eindrücke einfach enorm waren. Vielleicht lag es aber auch am Radfahren bei erhöhten Temperaturen. Eines habe ich aber mitbekommen: Nach dem zweiten Weltkrieg wurde Dresden Stück für Stück wieder aufgebaut. Alte, niedergebombte Gebäude wurden computertechnisch rekonstruiert und so versucht die Altstadt weitestgehend wieder so aussehen zu lassen wie damals. Ich kann jetzt schlecht beurteilen, ob das Vorhaben gelungen ist, aber es scheint mir doch so. Beeindruckend wie der Marktplatz, der völlig zerstört gewesen sein muss, heute mit seinen Bauten protzt.
Zum Abendessen werden wir ins barocke 18. Jahrhundert, in den Sophienkeller, entführt. Hier kann man in verwinkelten Speisesälen schmausen und sich nebenbei von urigen Zeitgenossen bespaßen lassen.
Zwinger Dresden am Elbradweg
Weinanbau am Elbradweg
Imposante Bauwerke von außen wie von innen
Manche Gebäude haben den Krieg unbeschadet überstanden
Tag 3 – Die sächsische Schweiz und Ústí nad Labem
Am nächsten Morgen und unserem dritten Tag liegt auch direkt die schönste Strecke des Elbradweges vor uns. Wir fahren durch unfassbar hohes Gebirge, wilde Wälder und direkt entlang der schönen Elbe bis wir irgendwann die tschechische Grenze erreichen. Ein paar Kilometer zuvor sieht man auf der linken Seite des Elbradwegs sogar noch das alte Grenzgebäude Tschechiens stehen. Sehr beeindruckend und irgendwie futuristisch sieht es aus.
Für das Mittagessen fahren wir zum Campingplatz von Sven, der unsere Reise organisiert hat. Gerade noch rechtzeitig, denn auf einmal schüttet es wie aus Eimern!
Nach dem Lunch fahren wir weiter nach Ústí nad Labem. Usti sollte während des kommunistischen Regimes zu einem Zentrum der Schwerindustrie werden. Wenn man die Landschaft so sieht, dann kann ich dieses Vorhaben überhaupt nicht verstehen. Egal wo du in der Stadt bist, du kannst innerhalb von zehn Minuten in der schönsten Natur rund um Ústí sein. Der Blick von oben macht allerdings einiges klarer:
Seilbahn am Elbradweg – Ústí nad Labem
Blick auf Ústí nad Labem
Ústí hat wirklich seinen eigenen Charme. Die Häuser sind so unterschiedlich, überall hängen Werbebanner und schlecht gestaltete Plakate, aber trotzdem gefällt es mir irgendwie. Es ist so ehrlich. Und man merkt, dass es eine kleine, zusammengewachsene Stadt ist. Unser Guide muss während der Führung ein paar Mal anhalten und einen kleinen Plausch halten. Das macht man hier halt so. Im März 2014 sollte in Ústí das Theater Činoherní Studio geschlossen werden. Der aktuellen politischen Regierung gefiel nicht, was die Schauspieler für politische Ansichten und Meinungen hatten und vertraten. Natürlich wurde dies nie offen ausgesprochen… bei der eigentlich letzten Aufführung gab es einen 14 Minuten-andauernden Applaus des Publikums um den Schauspielern und Organisatoren Tribut zu zollen. Die Kultur und Kunst-interessierten Bürger von Ústí hat das Ganze so erzürnt, dass sie eine landesweite Demonstration organisierten und in ganz Tschechien Menschen für den Erhalt dieses Theaters auf die Straße gingen. Bis heute ist das Theater weiterhin offen, aber scheinbar stehen im Juli die nächsten Kürzungen auf dem Plan. Der Kreis, der sich für die Erhaltung und allgemein für die kulturelle Szene in Ústí einsetzt, ist klein aber aktiv. Sie nennen ihr Ústí wegen der äußerlichen Hässlichkeit, aber inneren Schönheit ihr schwarzes Ústí. Man merkt der Stadt an, dass in Ústí etwas los ist und dass es einfach ist, wie es ist. Es ist vielleicht nicht der perfekte Ort für einen zwei-wöchigen Urlaub, doch es hat Charme und wenn man aus der Stadt herausgeht ist man direkt von wunderschöner Natur umgeben. Wie ihr vielleicht heraushört: Ústí hat mich nachhaltig beeindruckt.
Häuser in Ústí
Abwechslungsreiche Architektur in Ústí
Kunst & Kultur interessiert die Einwohner von Ústí
4. Tag – Kuks, Smiřice und Hradec Králové
Meinen letzten Tag verbringe ich in verschiedenen tschechischen Ortschaften. Leider fahren wir heute gar nicht mit dem Fahrrad, weil es den ganzen Tag wie aus Eimern schüttet. In Smiřice bekommen wir heißen Kaffee und Apfelstrudel während wie uns die schöne Kapelle angucken. Danach geht es auf eine nasse Bootfahrt auf dem Wasser. Netterweise wurde uns 50%iger Slivovice (sliva = Pflaume) mitgebracht, damit wir nicht so frieren. Das war das erste und letzte Mal Absinth für mich… ih bäh! Gegen die Kälte hat er allerdings wunderbar geholfen.
Hier in Smiřice wird darüber nachgedacht, den Elbradweg noch weiter bis nach Polen auszubauen. Im Sommer gibt es hier auch ein ansprechend klingendes Musikfestival direkt neben dem Elbradweg. Da lohnt es sich doch doppelt auf’s Rad zu steigen! Auch Hradec Králové empfängt uns mit Regen, aber das Hotel hat eine tolle Treppe und nach dem Abendessen bin ich ganz traurig mich von meiner Reisegruppe zu verabschieden. Für mich geht es nun direkt weiter nach Prag!
Und wie mir das gefallen hat, könnt ihr bald genau hier lesen.
Wunderschöne Elblandschaft
Hradec Kralove am Elbradweg
Die Strecke von Meißen nach Dresden
Das letzte Stück über die tschechische Grenze
Abschließend möchte ich sagen, dass wir nicht die komplette Tour mit dem Rad gefahren sind. Trotzdessen maße ich mir an die Tour weiter zu empfehlen! Die Landschaften sind wunderschön, der Elbradweg gut ausgebaut und an jeder Ecke gibt es schöne Restaurants zum Verschnaufen oder Ho(s)tels zum Übernachten. Wer sein Gepäck nicht in Fahrradtaschen mitschleppen möchte, der sollte eine Tour bei Sven von enthusia buchen. Der Transport meines Koffers von Hotel zu Hotel hat mein Leben und Radfahrerlebnis extrem erleichtert und Sven hat uns auf dem Weg die besten Strecken gezeigt! Und: diese Tour ist auf jeden Fall auch für Hobby-Radfahrer zu schaffen, keine Angst.
Tschechien hat mir sehr gut gefallen und ich frage mich, wieso ich dieses Land vorher nur auf billige Zigaretten und Bier reduziert habe. Bei näherer Betrachtung gibt es unglaublich viel zu entdecken und viele interessante Menschen zu treffen. Ich würde jederzeit wieder fahren.
Vielen Dank an CzechTourism und enthusia.
5 Kommentare
Hi Pia,
schöner, anschaulicher Bericht! Ich bin auch gerade den Elberadweg lang gefahren, leider hatte ich etwas zu wenig Zeit – schön dass ich hier ein wenig mehr über die Orte die ich verpasst habe, lesen konnte ;)
Wenn du Lust hast kannst du meinen Bericht hier lesen:
Hallo Nina, leider kann ich keinen Link finden.
Kommentiere ihn doch nochmal. Ich würde mich freuen ihn zu lesen!
Lieben Gruß,
Pia
Hallo Pia, ich bin den Elberadweg letztes Jahr bei extremer Hitze in die andere Richtung gefahren. Ich bin mit dem Fahrrad an der Elbequelle im Riesengebirge gestartet. Man kann das Fahrrad von Spindleruv Mlyn auch auf dem Lift mit nach oben nehmen und dann von dort aus den Trip an der Elbe starten. Ich bin dann in 4 Tagen bis zur deutschen Grenze gefahren. Natürlich auch an den böhmischen Weinbergen in Kuks, Melnik usw. vorbei. Die böhmischen Weine haben es mir auch sehr angetan, dass ich sie auch schon seit Jahren in Meißen verkaufe. ( http://www.weinsegler.de ) Viele Grüße und noch viele schöne Radtouren an der Elbe! Michael