Stolz steht sie vor mir, grinst so breit, dass ihr fescher Bob wippt und zeigt auf dieses riesige, runde Ding, das sie wie einen Kopf im Schwitzkasten unter ihren Arm geklemmt hat. „Kennt ihr das?“ In meinem Kopf spielen sich Szenen von Dirty Dancing ab und Sätzen wie „Ich habe eine Wassermelone getragen“, doch das Ding in ihrer Hand sieht irgendwie anders als eine Wassermelone aus. Dieses Etwas gibt es bei uns in Deutschland nicht und auch nirgendwo in Asien habe ich dieses Gewächs bisher gesehen. Es ist eine riesengroße haarige Zucchini.
Foto von Anekdotique
Stolz. Das ist etwas, das mir in Hong Kong immer wieder neu auffiel, wenn es um das Essen ging. Seien es die Straßenstände, die so liebevoll aufgebaut sind, dass auch noch der letzte Fischball seinen Platz findet.
Seien es die Teehäuser, die ihre Dim Sums zelebrieren wie unsere Deutschen Muddis Kartoffelsalat. Oder seien es ganz einfach die glasierten Enten, welche die Schaufenster der zahlreichen kleinen Restaurants schmücken – Essen in Hong Kong ist nicht nur Pflicht, sondern auch eine Kür.
Essen in Hong Kong – Dampfende Dai Pai Dongs
Ich ziehe durch die Straßen von Hong Kong während sich meine Nase an immer neue Gerüche gewöhnen muss. Strenger Fisch in der einen Ecke, der Geruch von süßem Tee in der anderen. Undefinierbare Gerüche und sehr, sehr stark definierbare Gerüche steigen aus den vielen kleinen Garküchen auf.
Hinter dem Kochtopf steht eine alte Hong Kong Omi, die bestimmt schon seit Jahren Nudelsuppen an genau dieser Ecke kocht. Vor der Küche sind kleine Plastikstühle in pink, grün oder blau aufgestellt und auf ihnen sitzt nicht nur der Straßenverkäufer, sondern auch Businessmänner, Familien, Paare und Touristen, die dem Geruch gefolgt sind. Garküchen haben in Hong Kong den wunderschönen Namen Dai Pai Dong und eine noch wunderschönere Geschichte.
Denn seit Jahren wird in Hong Kong so gekocht. Leider findet die Regierung das noch lange nicht so toll wie die zahlreichen Touristen und Einheimischen. Bald sollen die kleinen Küchen verschwinden und durch große Restaurants ersetzt werden. Ich freue mich, dass ich wenigstens noch die Chance habe einen Slalom entlang der dampfenden und verdammt lecker riechenden kleinen Stände zu machen.
Essen in Hong Kong – Durch die Gassen der Innenstadt
Dem Geruch nach schwebe ich, wie eine Comicfigur, durch die Gassen von Hong Kong. Die sind fast alle, je kleiner sie sind, gesäumt mit verschiedenen Ständen, an denen sich bunte Türme von Leckereien, Becken mit Fischen oder andere undefinierbare Dinge befinden.
Letzteres ist eigentlich am interessantesten und so fange ich, leicht feudal, an zu raten, welches Organ da wohl lustig am Haken in der Sonne brutzelt. Ok, ja, feudal, aber das gehört nun einmal zu einem Streifzug durch eine asiatische Großstadt wie Hong Kong dazu.
Neugierig schiele ich in jedes Fischbecken und beobachte die schwimmenden Oktopusse, Lachse und anderen bunten See-Getiere.
Direkt nebenan gibt es die dann in getrockneter Version: Trockenfisch am Haken. Das ist übrigens fast schon eine Spezialität in Hong Kong und wird teilweise zu horrenden Preisen verkauft.
Zwei Schritte weiter lande ich in der Obst- und Gemüsegasse und beobachte steinalt und doch frisch wirkende Einheimische, wie sie, immer wieder neu, ihren Stand in Hochform bringen.
Pyramiden aus Äpfeln, Sträuße aus Koriander, Mosaike aus Salatköpfen und eben aus riesengroßen, haarigen Zucchinis werden nach jedem Verkauf wieder neu hergerichtet.
Essen in Hong Kong – Auf in die Nudelküche
Ich hab Hunger. Nach all den Gerüchen und dem Anstarren von Essen hab ich tierischen Hunger und lande in einem Nudelsuppen-Paradies namens Tsim Chai Kee Noodle. Als Vegetarier ziehe ich hier ein wenig den Kürzeren, aber so wie meine Oma jetzt sagen würde, ich hab es mir ja so ausgesucht.
Während die Schälchen der anderen Leute im Restaurant dampfen, riechen und mit Nudeln und Fleischbällchen in einer leckeren Brühe dekoriert sind, bekomme ich das trockene Gegenteil: etwas nach kleinen Gehirnen aussehendes auf einem Bett an trockenen Nudeln. Ja, ich hab es mir ja selbst so ausgesucht.
Während ich also stochere, mit Stäbchen versuche zu schneiden und Sojasauce spontan in eine Nudelsauce verwandle, höre ich aus allen anderen Ecken nur „Mhhhhhh“ und „Lecker“. Also: Für Fleischesser ist dieser Laden ein Paradies, Vegetarier sollten vielleicht schon mal eine Möhre auf dem Obstmarkt knabbern.
Etwas, das ich ebenfalls in Hong Kong das erste Mal so richtig bemerkt habe ist, dass die meisten Restaurants hier auf ein Gericht spezialisiert sind. Es gibt die Nudelsuppen-Restaurants, die Teehäuser mit Dim Sums, die Entenküchen und die Fischball-Läden. Die sind verteilt entlang der Gemüsestraßen, der Obstgassen und dem Fischmarkt alias Freiluft-Aquarium
Essen in Hong Kong – „Menschengroße Öfen“
Die Frau mit dem wippenden Bob hat ihre Zucchini wieder abgelegt und scheucht mich jetzt liebevoll aus dem Nudelrestaurant, durch die Straßen von Hong Kong in ihr persönliches Highlight. Ganz aufgeregt steht sie vor dem Dragon Restaurant und wird von rechts schon von den toten Enten am Haken im Schaufenster beobachtet. Während die so vor sich hintropfen, erzählt sie mir, dass sich hier im Keller menschengroße Öfen verstecken. Ich hab Angst. Aber was soll mir schon passieren, bei einer Frau mit wippendem Bob. Die Öfen sind nicht für vegetarische Touristen, sondern für Schweine. Ich, so sagt sie, würde dort aber trotzdem reinpassen. Das nehme ich als Kompliment auf und verdränge so sämtliche Zweifel.
Auch hier sieht mein kleines Schälchen leider nur halb so toll aus, wie die Enten und andere Tiere, die in den Schalen der anderen landen. Futterneid nennt man das glaube ich. Was soll es, mir wurde einmal erzählt, dass Jackie Chan auch nur von Reis und Sojasauce gelebt hat. Bei mir gibt es immerhin noch Kohl dazu.
Die Fleischesser sind glücklich überfressen, ich so langsam gesättigt und bevor wir uns weiter auf den Weg zum nächsten Restaurant machen gibt uns die übermotivierte Frau mit Bob noch einen Tipp mit auf den Weg: Wer in einem echten chinesischen Restaurant in Hong Kong essen gehen möchte, der sollte nie nach der englischen Karte fragen. Darauf sind die Gerichte zwar verständlich erklärt, allerdings sind die Preise doppelt so hoch. Also lautet die Devise: Sucht euch das lustigste Zeichen auf der Karte aus, zeigt drauf und freut euch über undefinierbares, aber leckeres Essen in kleinen Schälchen.
Essen in Hong Kong – Ho Bau
Nach Reis und Kohl und Kohl und Reis habe ich Bock auf Geschmack im Mund und bin ho bau – vollgefuttert. In einer stillen Straße sitzt in einem noch stilleren Kämmerchen ein junger Mann vor einer in die Jahre gekommenen Saftmaschine. Seine Familie verkauft hier im Kung Lee Sugar Cane Juice Laden schon seit Jahren Zuckerrohrsaft und andere Dinge, die Starbucks noch nicht einmal im Sirup-Sortiment hat. Es scheint als gäbe es diesen Laden schon doppelt so lange wie mich und das gibt ihm einen ganz besonderen Charme.
Ein Glas Zuckerrohrsaft ist das wohl beste Getränk, um mit Kohl im Bauch und bei 40 Grad durch die Straßen von Hong Kong zu laufen. Wirklich.
Essen in Hong Kong – Futtert euch selbst durch die Megametropole
Wer noch nie in Asien war, der mag beim Anblick der vielen Straßenstände ein bisschen überwältigt sein, das gebe ich zu. Deswegen lege ich euch ans Herz unbedingt eine Hong Kong Foodie Tour durch Central und Sheung Wan zu machen. Wenn ihr Glück habt, dann führt euch auch die nette Frau mit dem Bob durch Hong Kong. Wenn nicht, dann kommt ihr trotzdem in den Genuss sechs verschiedenen Restaurants: Ihr erlebt die Nudelküche, das Roast Meat Restaurant, trinkt Zuckerrohrsaft, esst Trockenobst, geht auf den Dim Sum Platz und dürft sogar den für Hong Kong typischen Eierkuchen essen, der ein bisschen an die portugiesischen Pasteis de Nata erinnert.
Ihr liebt Dim Sums? Dann verbringt einen Mittag in einer chinesischen Kochschule und erlernt vom großen Meister die Kunst der Dim Sums und Frühlingsrollen.
Wer nicht nicht Essen in Hong Kong probieren sondern auch selber kochen möchte, sollte eine Kochschule besuchen.
Mit viel Glück schafft ihr es hier sogar Pinguin-ähnliche Dinger zu formen.
Wenn nicht, dann probiert doch immerhin einmal bessere Pinguine als ich zu bauen: Darf ich vorstellen? Der depressive Pinguin, hinten rechts im Korb.
Nach vier Tagen in Hong Kong muss ich gestehen, dass ich mich riesig über einen Teller Nudeln und Käse in Amsterdam gefreut habe. Dem könnt ihr allerdings in Hong Kong schon entgegenwirken, wenn ihr einen Abend im Stack verbringt. Hier gibt es kreative, amerikanische Gerichte in Berlin-Charme. Irgendwie schon fast Hipster.
So sieht das Hippe Essen in Hong Kong aus
So richtig Hipster wird es übrigens im Little Bao. Hier gibt es kleine Burger und verdammt gute Gin Cocktails, die ganz sicher keine Kopfschmerzen machen. Versprochen!
Hong Kong hat mir nicht nur direkt den Kopf verdreht, sondern mich auch kulinarisch verdammt verwöhnt. Wer Lust hat sich jetzt etwas asiatischen nachzukochen, der sollte sich das Kochbuch von Tim Raue anschauen: My Favorite Things: Berlin & Hong Kong.
Bis ganz bald, du tolle Stadt und vielen Dank an Hong Kong Tourism für die Reise!
Hungrig geworden? Mehr Food Guides gibt’s hier:
Veganer Foodguide Zürich: die besten Adressen, um lecker zu schlemmen
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Hungrig in NYC? Hier kommt unser New York City Food Guide
Vegan essen in Wien: Wie du als Veganer in Wien lecker überlebst
Essen in Prag – Ein kulinarischer Streifzug durch Tschechien
5 Kommentare
Hey Anna hammer echt gut geschrieben und geile Fotos! Check auch meine neue Seite ab ;)
Super, vielen Dank! Werde diese Woche den Tipps versuchen zu folgen!
Ach super, berichte doch mal!
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