Heute möchte ich einen Lesebrief posten, in dem vielleicht viele Sachen stehen, die ihr euch auch schon immer gefragt habt. Unter dem Brief seht ihr meine persönliche Meinung dazu. Viel Spaß beim Lesen.
Hallo Christine,
dieser Brief wird etwas länger – ich hoffe du nimmst dir die Zeit und liest meine Zeilen bis zum Ende. Ich habe lange keinen Brief mehr geschrieben, jedoch hast du mich dazu inspiriert und es passt sehr gut zu einem Problem, dass ich in der heutigen Welt sehe. Dazu jedoch erst später mehr.
Ich finde es toll, dass du den Mut gefunden hast, dich in eine Richtung zu entwickeln, die dir Spaß macht (und dabei noch in eine Selbstständigkeit) – das können und schaffen nicht viele. Ich wünsche dir viel Glück bei deinem Projekt 40 Festivals in einem Jahr – vielleicht sieht man sich auf der Nature One 2014! (Darüber habe ich dich lustigerweise gefunden).
Aber nun zu meinen eigentlichen Zeilen…
Das Jahr 2013, ein Jahr voller Ereignisse, Enttäuschungen und neuen Gedankengängen. Es war ein kalter Wintertag im Januar, der mir meinen ersten wichtigen Gedanken in diesem Jahr bescherte – ein Treffen mit der Ex-Freundin um sich mal auszusprechen, über alles was schief gelaufen ist. Ich blicke in Ihre strahlenden blauen Augen und versinke mal wieder in einem Universum, dann der ernüchternde Gedanke:
Hör endlich auf mit diesem Scheiß, du weißt genau dass Ihr nicht zusammenpasst. Also schnell alle Gefühle beiseite schieben, so gut es geht und versuchen sachlich zu reden. Dies war das erste Mal, dass es wirklich funktioniert hat und wir danach getrennte Wege gegangen sind. Wir beide verstehen uns zwar noch immer, haben aber beide entschieden, dass es besser ist sich nicht mehr zu sehen.
In den folgenden Monaten habe ich viele Freunde verloren, da auf einmal alles zusammengebrochen ist. Es wurden viele Lügen und Gerüchte erzählt und verbreitet, sodass ich sogar meinen besten Freund verloren habe. Dies hing unter anderem an besagter Ex-Freundin, jedoch auch an vielen anderen Dingen. Und hier möchte ich gerne anknüpfen und deine Meinung hören.
Immer mehr Menschen verlieren den Bezug zur Realität durch die Benutzung von Facebook und anderen digitalen Medien. Wen interessieren denn heutzutage noch andere Menschen? Wenn etwas passiert stehen alle mit Ihrem Handy da und machen ein Video statt zu helfen. Freunde helfen einander nicht mehr, da keine richtige Bindung besteht. Ja selbst bei Beziehungen tritt dieses Problem ab und an auf. Ich bin ein Mensch der sich sehr stark bindet und immer für seine Freunde da ist, der immer hinter seiner Freundin stehen wird und für
Sie kämpfen wird. Ich suche meinesgleichen jedoch habe ich langsam das Gefühl, dass diese Sorte Mensch fast ausgestorben ist. Ich hatte die Hoffnung fast aufgegeben, bis ich im Herbst diesen Jahres in meinem Studium jemanden kennen lernte. Ein kleiner Typ, untergewichtig, große Augen. Irgendwie kamen wir ins Gespräch… Die Wochen danach waren sehr lustig, gefüllt mit Diskussionen über Grundsätze bei denen wir einfach keinen gemeinsamen Nenner finden konnten. Wir diskutierten 2-3 Stunden und akzeptierten danach den Standpunkt des anderen, da wir diesen verstanden hatten – jedoch einfach ein anderes Weltbild haben. Hieraus hat sich mittlerweile eine gute Freundschaft entwickelt, wie Ich Sie lange nicht mehr erlebt habe.
Jeder steht dem anderen zur Seite wenn man mal Hilfe braucht, man kann seine Gedanken und Ansichten frei aussprechen – auch wenn man weiß der andere ist nicht seiner Meinung. Diese Einstellung versuche ich bei einer Frau zu finden – eine feste Bindung, mit all Ihren Fehlern, Höhen und Tiefen – jedoch gemeinsam. Gemeinsam durchs Leben schreiten, jeden Tag neue Dinge erleben und miteinander teilen und diskutieren. Abends abschalten und in der Zweisamkeit versinken – alles außenrum vergessen und sich einfach Zeit für den Partner zu nehmen, abzuschalten. Wo gibt es das heute noch???
Ich bin lustigerweise Student der Wirtschaftsinformatik (da denkt man kein Wunder, dass der Typ so einen Eindruck von der Welt hat), aber nein. Aus meinem Fachbereich habe ich fast keine Freunde. Ich komme mit Menschen die den ganzen Tag nur vor dem PC sitzen nicht klar. Ich liebe die Logik hinter Programmen, Abläufen und auch bei Menschen. Es ist faszinierend warum einige Menschen so handeln wie Sie es tun. Es ist toll andere Sichtweisen zu erleben und konstruktiv darüber zu diskutieren. Viele Menschen kennen nur noch eine Sichtweise, weil es Sie einfach nicht mehr interessiert.
Ich Denke zur Zeit viel darüber nach wie man es schaffen könnte die Vorteile der digitalen Welt weiterhin zu nutzen jedoch die Nutzer aus dieser virtuellen Welt heraus in die reale Welt zu ziehen. Sich wieder mehr auf reale Gespräche zu beziehen, sich zu einem Date verabreden, statt 3 Monate Online Dating zu betreiben und sich danach wieder verabschieden. Wir sind Online andere Menschen (geschriebenes wird falsch Interpretiert, uns ist es egal was wir schreiben – es ist ja nur eine *Maschine* – keiner denkt an den Menschen dahinter).
Du bist viel am Reisen, was ich toll finde. Lernst neue Kulturen und Menschen kennen. Was denkst du wo die Menschen am glücklichsten sind? Was brauchen Sie um glücklich zu sein?
Wie verrückt muss man sein um noch ein normaler Mensch zu sein?
Nun gut so lang ist dieser “Brief” auch nicht geworden. Ich halte mich beim schreiben normalerweise sehr kurz, jedoch habe ich versucht mich zu bemühen =P
Ich würde mich über eine Antwort von dir freuen, vielleicht entwickelt sich ja eine Brieffreundschaft (Das wäre meine Erste) =P
Liebe Grüße
Elias
Lieber Elias,
danke für deine Mail. Natürlich nehme ich mir Zeit, deinen Brief zu lesen. Vielen Dank für deine Mühe. Mein 40 Festivals in 40 Wochen Projekt ist jedoch schon lange vorbei. Das habe ich 2012 gemacht. Wenn es dich interessiert, es gibt auch ein Buch dazu – „40 Festivals in 40 Wochen“.
Jetzt aber zu deinem Brief. Ich glaube, die Schuld liegt nicht an Facebook. Facebook ist nicht böse. Ein Freund von mir sagt immer: „Fernsehen macht die schlauen schlauer und die dummen dümmer.“ Ich glaube so ähnlich ist es auch mit Facebook. Aber ich verstehe dich, sogar sehr gut. Ich lerne viele Menschen kennen, aber sie wirklich in mein Herz zu schließen und ihnen den Namen „Freund“ zu geben, fällt mir schwer und wird auch immer schwerer. Manchmal frage ich mich, ob es an mir liegt. Sind meine Ansprüche an eine Freundschaft zu hoch? Ist es zu viel verlangt, sich auf einen Freund verlassen zu wollen?
Wie oft ich diese Frage auch durchspiele, ich komme immer wieder zu der Antwort – NEIN, ich möchte meine Ansprüche nicht runterschrauben. Ich glaube ähnlich wie du, habe ich schon viele Menschen kennengelernt, die mich ausgesaugt haben. Die sich nur gemeldet haben, weil sie irgendwas wollten oder eben kein anderer da war. Seit ich in Berlin wohne, komme ich mir vor wie eine Kuh, an dessen Euter immer mal wieder jemand anderes saugt, bis keine Milch mehr kommt und dann verschwinden sie wieder. Ich bin unglaublich vorsichtig geworden mit dem was ich über mich erzähle, was mir erst gar nicht aufgefallen ist. Meine guten Freunde haben mich darauf hingewiesen, dass ich gar nichts mehr über mich erzähle. Das ich unglaublich gut zuhören und Fragen stellen kann, aber sehr selten mal von meinen Sorgen und Ängsten erzähle. Das kommt dadurch, dass ich so oft nicht weiß, ob es dem gegenüber um mich geht, oder ob er nur irgendwas will. In dem letzten Jahr gab es nur eine Person in meinem Leben bei der ich gedacht habe, es lohnt sich. Es lohnt sich hört sich so dumm an, aber vielleicht verstehst du was ich meine. Für jemanden dem es schwer fällt wirklich Sachen über sich zu erzählen, ist es jedes Mal eine neue Hürde, ein Schritt auf das Glatteis und wenn man jemanden wirklich kennen lernen will und seinen Freund nenne möchte, dann muss man da sehr viel Zeit investieren. Ich kann dir sagen, es hat sich gelohnt. Meine Intuition ist doch noch ganz gut. Es ist ein Freund geworden. Was ich dazu noch sagen möchte, die meisten Leser denken, weil sie meinen Blog lesen, kennen sie mich und ja, auf eine gewisse Art und Weise tun sie das auch wirklich, aber es gibt so viele Sachen, die mich bewegen, die ich hier nicht schreibe und nur meine wirklichen Freunde wissen.
Ich kann dir aber auch ein bisschen Hoffnung machen. Was du suchst, in einer Beziehung, dass gibt es noch. Ich habe es gefunden. Also gebe die Hoffnung nicht auf.
Meiner Meinung nach haben die Social Media Kanäle unser Leben nicht schlechter gemacht, sondern anders. Für mich besser. Das liegt an jedem selbst, wie er das nutzt. Ich habe so viele wunderbare Menschen dadurch kennen gelernt, die mir sonst nie begegnet wären.
Ich möchte noch kurz auf deine Fragen eingehen:
Was denkst du wo die Menschen am glücklichsten sind?
Ich glaube, da gibt es keine allgemeingültige Antwort, aber mir kam es so vor, dass die Menschen in unterentwickelten Ländern glücklicher sind. Überall da, wo es klare Strukturen gibt und das leben „einfacher“ ist.
Was brauchen Sie um glücklich zu sein?
Das muss jeder für sich selbst beantworten, was er braucht. Das kann man wirklich nicht verallgemeinern. Aber ich denke, man wird glücklich, wenn man weiß, was einen glücklich macht und das ist oft die Hürde, das rauszufinden.
Wie verrückt muss man sein um noch ein normaler Mensch zu sein?
Das Wort „verrückt“ hängt immer von den Menschen ab, mit denen man sich umgibt. Aber warum beschäftigt dich diese Frage?
Ich hoffe, ich konnte irgendwas schlaues schreiben, was dich inspiriert oder dir sogar geholfen hat.
Liebe Grüße
Christine
7 Kommentare
Dies ist ein sehr interessanter Artikel, zumal ich ähnliche Erfahrungen mache und mir entsprechende Gedanken durch den Kopf gehen. Für mein “Online” Verhalten habe ich mir daher vorgenommen, meine Kommunikation so zu führen, wie ich es auch von Angesicht zu Angesicht tun würde. Vielleicht abgesehen von Abkürzungen und Smileys, die ich in der realen Welt nicht verwende. Auch versuche ich nur Kontakte in Netzwerken zu bestätigen, die ich wirklich kenne oder die sich mir gegenüber respektvoll verhalten und nicht alle Werte/Manieren aus der elterlichen Erziehung vergessen haben.
Ich kann sehr gut verstehen, dass es für viele nicht einfach ist, mit diesen Veränderungen in der Gesellschaft bei hoher Internetpräsenz umzugehen. Daher finde ich es sehr lobenswert, dass du zwischen dem trennst, was du mit uns Lesern teilst und was nur engen Freunden vorbehalten bleibt. Ich wünschte, mehr Leute würden diesen Weg wählen.
Ja, ich bin jedes Mal sprachlos, wie niveaulos Leute auf Youtube kommentieren. Das ist wirklich der Wahnsinn. Ohne Grenzen und Respekt…
Hallo Christine ich bin es mal wieder….
lass dich doch nicht hinters Licht führen wenn dir jemand so einen Brief schreibt. Ich finde deine Blog gut. Manchmal leider etwas sprunghaft…. na ja, ich glaube ich werde alt… hihi… fahr doch mal da hin.. wo der Thüringer Kloß herkommt… iß doch mal ne Wurst vom Hoeneß.. bestell mal dem Beckenbauer einen riesen Gruß von mir aus Berlin. DER ist mein Held.
– Mein Onkel ist letztes Jahr gestorben….. meine Mutter ist Ende April 25 Jahr tot. Es liegt mir noch immer auf der Seele. Ich hatte einen Autounfall und dabei ist meine Mutter gestorben. Ich war Fahrer des Autos. Alle meine Rippen links (1-12) waren gebrochen.
Wie gern würde ich mal den Beckenbauer treffen.
ich würd mal ‘normale’ Leute fragen wie sie über Snowden denken…
Hallo, man sollte auch in der realen Welt Unterschiede bezüglich des Informationsflusses der eigenen Gedankenwelt machen. Nicht jeder beiläufig Bekannter sollte mit privaten Informationen überhäuft werden. Und genau so schreibst du das auch, dass man ebenso Netz darauf achten sollte. Viele Grüße Michael
Si tacuisses, philosophus mansisses
Der homo sociopathicus muss sich erst noch zurecht finden in der medialen entfaltung. manche sind von ihrem naturell so feindselig, dass sie sie sich vom Internet allerdings lieber immer mindestens 500mb entfernt halten sollten.