27 000 Besucher kommen jährlich und lassen sich verzaubern. Vom Film und von der Sonne. Maximal vier Stunden Schlaf gönnt man sich im Sommer in Finnland. Der Winter ist zum Schlafen da. Im Sommer, da lebt man und schaut ein Wochenende lang jede Nacht Filme beim Film Festival.
Ich dachte immer es ist besser im Dunklen einen Film zu schauen. Liebesfilme werden romantischer, Thriller gruseliger und ein Drama trauriger. Deswegen hat es mich auch etwas verwundert, als ich vor dem Film Festival in Finnland stehe. Ein Film Festival im Sommer, in einer Stadt, wo die Sonne nie untergeht und es immer hell ist. Genau dort, in Lappland, in dem 5000 Einwohner Dorf Sodankylä, findet das bekannteste Film Festival in Finnland statt, das Midnight Sun Film Festival.
Midnight Sun Film Festival
Was macht eigentlich einen guten Film aus? Eine Frage, die ich mir natürliche stelle, bevor ich auf ein Film Festival gehe, denn schließlich habe ich Erwartungen. Das ist ganz klar eine subjektive Meinung, deswegen formuliere ich sie noch etwas präziser. Wann ist für mich ein Film toll? Wenn Schauspieler mitspielen, die ich mag? Wenn die Geschichte spannend und überraschend ist? Wenn ich schöne Menschen in schönen Kleidern sehe? Ich habe keine Antwort auf meine Frage, bis ich mit verheulten Augen nachts aus dem Filmzelt komme. Ich habe Sunrise gesehen, einen Stummfilm aus dem Jahre 1927 mit einer Band vor der Leinwand, die live Musik zu dem Film gespielt hat. Kein einziges Wort ist gefallen aber oft ist der Blick in ein ausdrucksvolles Gesicht so viel ergreifender als 1000 Worte. Die Geschichte von Sunrise ist eigentlich ganz simpel. Ein Farmer betrügt seine Frau mit einer anderen aus der Stadt, die ihm einredet seine Ehefrau umzubringen, um in die Stadt ziehen zu können. Der Mann versucht es auch wirklich, bringt es aber nicht übers Herz. Dann beginnt der Kampf um die Liebe. Plötzlich sind die beiden sich völlig fremd. Die Frau erkennt ihren Mann nicht mehr, der versucht hat sie umzubringen, der Mann sieht seine Frau plötzlich wieder ganz anders. Obwohl sie sich nicht mehr in die Augen schauen können und in einem Gefühlsbad von Traurigkeit, Enttäuschung, Verzweiflung und Angst schwimmen, gehen sie nicht getrennte Wege, sondern verbringen einen Nachmittag und einen Abend zusammen und verlieben sich wieder.
Warum ich nun eigentlich weinen musste, obwohl es ein Happy End gab? Weil der Film mich so berührt hat. So ganz tief drinnen, wovon ich schon gar nicht mehr wusste, dass es existiert. Weil ich mich ein Stück selber wieder erkannt habe. Weil ich auch einmal zu früh gegangen bin, ohne zu kämpfen.
Es ist mittlerweile 12 Uhr nachts, ich setzte mich an den Fluss und fühle mich ein bisschen High vom Heulen und den ganzen Emotionen, dem Schlafmangel und dem Licht. Und endlich weiß ich die Antwort auf meine Frage. Ein guter Film, der dreht sich weiter in deinem Kopf. Der hört nicht auf mit dem Abspann. Ein guter Film, der löst Probleme, gibt die Lebensratschläge und bereichert dich. Er ist wie eine Droge, von der du immer mehr haben willst. Eine guter Film, der zeigt dir durch das Leben der anderen dein eigenes Leben.
Dieses Jahr:
Midnight Sun Film Festival 16.-22.07.2014
12 Kommentare
Die Fotos sind ja wirklich absoluter Wahnsinn!!! Hast Du die „aus der Hand“ gemacht, oder mit Stativ?
Mit Links aus der Hand ;)
Haha! Sehr schön! :)
Als perfekte Ergänzung deiner Skandinavientour hätte eigentlich das Trænafestival in Norwegen gepasst, aber da bist du ja in Rimini und Ferropolis …
http://www.trena.net
Ganz weit weg im Polarmeer …