Bis vor ein paar Monaten hätte ich wohl niemals daran gedacht, dass ich jemals einen Text darüber schreiben würde, wie es ist selbstständig zu sein. Tja, die Zeiten ändern sich. Nun sitze ich hier in meiner Bürogemeinschaft und tue genau das.
Ihr solltet wissen: Ich bin ein kleiner Sicherheitsfanatiker. Die monatliche Gutschrift meines ehemaligen Arbeitgebers gab mir immer ein gutes Gefühl. Ich wusste, ich kann meine Miete, Versicherungen, Rechnungen, Reisen und sonstige Vergnügungen problemlos zahlen. Monat für Monat, immer am 28. trudelte ein Batzen Geld auf meinem Konto ein. Als Selbstständiger ist das etwas anders: Man weiß nie, wie der Monat läuft, wie viel oder ob man überhaupt Geld verdient. Der reinste Horror für mich. Trotzdem habe ich es geschafft und den Schritt in die Selbstständigkeit als Redakteurin, Texterin und fleißige Schreiberin gewagt. Wie, das erzähle ich euch jetzt …
1. Freunde, Familie und all die wunderbaren Menschen da draußen
Ich bin definitiv kein leichter Fall. Meine Freunde mussten sich wohl wirklich oft mein Gejammer anhören. Ich hatte alles, was ich wollte, aber so richtig happy war ich trotzdem nicht. Ich wollte freier und ungebundener sein sowie die Möglichkeit haben, viel unterwegs zu sein.
- Die Lösung: Mich selbstständig machen und von überall aus arbeiten.
- Der Haken daran: Als kleiner Schisser geht man diesen Schritt nicht von einem Tag auf den anderen.
Was ist, wenn ich meine Miete nicht mehr bezahlen kann? Was ist, wenn ich Schulden mache? Was ist, wenn niemand meine Texte will? Nichtsdestotrotz, gab es in meinem Freundeskreis eine Handvoll wunderbarer Menschen, die trotz meiner Panik immer wieder (und wieder) zu mir gesagt haben: „Du schaffst das, du packst das, du bist gut, mach jetzt einfach!“ Nun ja, nach jahrelanger Rumheulerei meinerseits und hunderttausenden lieben Worten meiner Freunde, hab ich es wohl auch endlich kapiert – und einfach gemacht. Jede Menge Rückhalt gab es auch seitens meiner Eltern. Sie sind selbst selbstständig und wissen, dass es hart sein kann. Trotzdem kamen weder Mama noch Papa Wörter über die Lippen wie: „Willst du das wirklich machen?“, „Meinst du, das ist das richtige?“, „Denk doch an deine Rente!“. Last, but not least gibt es da noch ein paar andere tolle Menschen, die mir den Start erleichtern. Menschen aus Netzwerken, Blogger, andere freie Texter und Redakteure, mit denen ich in Kontakt stehe oder deren Geschichte ich persönlich oder auch via Instagram und Co. mitbekomme. Inspiration pur! DANKE euch allen!
2. Selbstständig auf „Probe“
Richtig gelesen, ich habe mich im „selbstständig sein“ erst einmal ausprobiert. Wie das geht? Ganz einfach, ich habe mich nebenberuflich selbstständig gemacht. Sprich zu meinem 32-Stunden-Agentur-Job hab ich noch ein bisschen als Freelance-Texterin gejobbt, mir etwas dazu verdient und das „selbstständig sein“ geübt. Im vergangenen Jahr hab ich dann einen wichtigen Schritt gewagt – und meinen festen Texter-Job an den Nagel gehängt. Allerdings in erster Linie nicht, um mich selbstständig zu machen, sondern um ins Ausland zu gehen. Dort, in Spanien, hab ich in einem Surfcamp gejobbt und nebenbei munter drauf los getextet. Ja, und irgendwie kamen ganz unverhofft doch mehr Aufträge rein als erwartet. Zurück in Deutschland dachte ich mir dann: Jetzt oder nie!
3. Nicht groß nachdenken, einfach machen
Wie ihr aus Punkt 1 sicherlich schon ableiten konntet: Ich bin groß im Nachdenken, Überlegen, Abwägen und Bewerten. Sogar der Käse-Kauf im Supermarkt wird bei mir zum epischen Entscheidungs-Dilemma. Typisch Sternzeichen Waage eben. Ganz klar, es ist immer gut, wenn man sich über „Doch“ oder „Doch nicht“ im Klaren ist. Aber das Ganze unendlich in die Länge zu ziehen oder gar vor sich her zu schieben, macht definitiv auch keinen Sinn. Schließlich steht jeder von uns tagtäglich vor unzähligen Entscheidungen. Deshalb versuche ich mir jetzt zu überlegen, was ich möchte – und was nicht. Ein Blatt Papier, ein Stift, ein paar Kritzeleien aber auch Meinungen von ein, zwei wichtigen Menschen helfen mir dabei. Ein ganz wichtiges Helferlein ist dabei zudem auch mein „Gefühl“, das sagt mir meist relativ zuverlässig, was gut ist und was nicht.
Kurz gesagt: Ich versuche Entscheidungen nicht mehr vor mir herzuschieben und dadurch ein Wirrwarr auf meinem Schreibtisch sowie in meinen Kopf zu generieren. Und ich muss sagen: Ein sehr gutes Gefühl, denn das Anhäufen macht es nicht besser, man verliert Zeit und es stresst ungemein.
Foto: Fabian Irsara via Unsplash
4. Gründerzuschuss, Businessplan und Co.
Das mit dem Geld hatten wir ja schon: Als Selbstständiger weißt du nie, ob am Ende des Monats noch genug Kohle für deine Brötchen auf dem Konto ist. Für den Start war für mich daher der Gründerzuschuss der Agentur für Arbeit eine wunderbare Absicherung. Sechs Monate erhielt ich die Unterstützung – genug um meine Miete, Versicherungen und sonstige Ausgaben zu bezahlen. Allerdings bekommt man den Zuschuss nicht ganz einfach so. Ich musste mich ganz schön ins Zeug legen: einen Business-Plan schreiben, Finanzpläne erstellen, ein Gutachten einer „fachkundigen Stelle“ einholen und und und. Als dann das „Ja“ von meinem Arbeitsvermittler kam, hab ich innerlich Purzelbäume geschlagen, so verdammt glücklich war ich.
Außer dem Geld an sich, hat mir das Ganze aber noch einiges mehr gebracht: mehr Sicherheit, mehr Vertrauen und mehr Know-how. So ein Businessplan schreibt sich schließlich nicht von heute auf morgen, will durchdacht sein und nötigt einen förmlich dazu, seine Business-Idee von A bis Z intensiv zu durchdenken. Sprich: Ich weiß nun, wo ich mich am Markt platzieren will, was genau ich anbieten möchte, wer meine Zielgruppen sind, welche Risiken meine Selbstständigkeit mit sich bringt, was ich einnehmen muss – ach, und noch vieles mehr.
5. Unterstützung holen
Finanzamt, Steuern, Rechnungen, Versicherungen: Allesamt Dinge, mit denen ich mich eigentlich nicht unbedingt beschäftigen möchte – als Selbstständige aber muss. HILFE! Trotz einer einser Abitur-Note in Betriebswirtschaft ist für mich alles, was mit Buchhaltung zu tun hat, zum Davonlaufen. Aber kein Grund die Beine in die Hand zu nehmen und sich aus dem Staub zu machen: Es gibt viele wunderbare Menschen, die mir diese Dinge abnehmen. Klar, die wollen dann auch Geld dafür, aber hey, dafür habe ich mehr Zeit für „meinen“ Job und muss mich nicht mit Themen auseinander setzten, die mich nerven, stressen und Heulkrämpfe heraufbeschwören. In diesem Sinne: Viele Grüße an meinen Steuerberater, schön, dass es Sie gibt!
Die Gastautorin:
Hi, ich bin die Julia. Texterin, Wahl-Würzburgerin und von ganzem Herzen Weltenbummlerin. Ganz ehrlich: Keine Ahnung, wann ich mich mit dem Reisefieber infiziert habe – aber ich schleppe das nun schon seit einigen Jahren mit mir rum. Kaum bin ich von einem Trip zu Hause angekommen, muss ich wieder los. Ein echter Teufelskreis. Nachdem ich die letzten drei Jahre brav gearbeitet habe, wird es nun höchste Zeit für ein neues, großes Abenteuer – das bedeutet: bye bye Würzburg, hello Welt. Sprich: Ich hänge meinen Texterjob an den Nagel, packe meinen Backpack und mache die große, weite Welt unsicher. Naja, erstmal nur Spanien. Aber who knows … Denn: Da draußen warten viele Abenteuer!
3 Kommentare
Ich kann mich in vielen deiner Zeilen wiederfinden. Begonnen habe ich auch mit dem Arbeiten neben meinem 40 Stunden Job. Freizeit war erst einmal ein Fremdwort. Nach 4 Monaten habe ich meinen Job auf 32 Stunden die Woche reduziert und habe 2 Monate später gekündigt, um mich selbstständig zu machen. Seitdem bin ich happy, weil es läuft, aber manchmal hat man logischerweise diese Gedanken. „Was ist wenn…“
Es gehört dazu, manchmal nerven Deadlines, weil man mehr Aufträge angenommen hat, als man eigentlich schaffen kann (für den Fall der schlechten Zeiten^^), aber ich würde nie wieder in das Angestelltenverhältnis zurück wollen. Lieber diese Freiheit und manchmal ein wenig grübeln, als mit 40 Stunden die Woche einem fremden Menschen unterordnen, der mir sagt, wann ich Pause machen und mein Leben genießen darf…
Ein wirklich toller Artikel, der einem Mut macht und einige Tipps gibt – top!
Liebe Grüße
Anna
Der Artikel trifft den Nagel auf den Kopf. Ich kann nur unterstreichen, dass ‚einfach machen‘ fast das Wichtigste ist, denn Ängste sind meistens nur Filme in unseren Köpfen, nur selten real. Und eigentlich kann einem auch nicht wirklich etwas in Deutschland passieren, eben wegen Gründungszuschuss oder selbst hoch verschuldet gibt es immer einen Weg, diese Schulden mithilfe einer Privatinsolvenz zeitig loszuwerden… Selbst wenn wir scheitern gibt es ein Auffangnetz. Für mich sind das positive Anreize, es trotz allem zu versuchen – und das habe ich getan. Ich glaube, dass Menschen alles erreichen können, wenn sie nur wollen.