„Ein Hund braucht Haus und Garten.“ Das ist wohl eines der meistgebrachten Argumente, wenn du in der Stadt lebst und anderen erzählst, dass du dir einen Hund zulegen möchtest. Warum ich diese Meinung nicht teile und wie ihr euren Vierbeiner auch in der Stadt artgerecht halten könnt, verrate ich euch in diesem Beitrag.
Hund in der Stadt: Artgerecht halten
Spricht man von artgerechter Haltung, so sieht das der Gesetzgeber folgendermaßen: Jeder Besitzer hat dafür zu sorgen, dass sein Tier unter Berücksichtigung seiner natürlichen Lebensraum-Bedingungen und ursprünglichen Verhaltensweisen gehalten wird. Im Klartext bedeutet das für mich, dass ich meinen Hund so gut als möglich glücklich mache. Als Anhaltspunkt habe ich mir hierfür eine humanistische Theorie geborgt: Die Maslowsche Bedürfnispyramide. Das Modell lässt sich nicht vollends auf die Hundehaltung umlegen, dennoch zeigt es in diesem Kontext auf eine charmante Weise, wie du den Bedürfnissen deines Hundes nachkommst.
Hund in der Stadt: Physiologische Bedürfnisse
Zuerst ist es notwendig, dass du die Grundbedürfnisse deines Hundes deckst. Dazu zählen Schlafen, Fressen und deinem Liebling eine für ihn entsprechende Wohnmöglichkeit zu bieten sowie ausreichend Auslauf in der Natur. Je nach Rasse, Größe und Persönlichkeit sind die Bedürfnisse deines Hundes unterschiedlich. In einer 30 m² Wohnung wird ein ausgewachsener Irischer Wolfshund, der nahezu die Größe eines Fohlens erreicht, nicht geeignet sein. Ebenso ist es nicht ratsam eine Rasse zu wählen, die viel Auslauf braucht, wenn du eher weniger zu Sport neigst. Damit dein Liebling sich austoben kann, ist ein Garten nicht zwingend notwendig. Ich versuche meinem Hund mindestens zweimal am Tag die Möglichkeit zu geben, sich auf einer großen hundefreundlichen Zone ohne Leine auszutoben. In Wien haben wir zahlreiche Möglichkeiten, zum Beispiel im Prater, am Badeteich Hirschstetten oder am Laaerberg.
Hund in der Stadt: Sicherheitsbedürfnisse
Dein Hund fühlt sich gut bei dir aufgehoben, wenn du ihm Geborgenheit und Schutz bietest. Ein fixer gemütlicher Schlafplatz, der auch als Rückzugsort dient, kann ihm dazu die nötige Sicherheit geben. Wichtig sind zudem feste Regeln, damit dein Hund stets über die Dos and Don’ts Bescheid weiß. Wenn dein Hund weiß was er darf, wird das sein Selbstbewusstsein stärken und das hilft dir wiederum dabei, dass er selbstsicher auftritt.
Mein Junghund ist noch sehr ängstlich. Nehme ich ihn mit ins Büro, ist der Weg dorthin für uns beide eine Herausforderung. Durch meine Hündin habe ich bemerkt, wie laut und hektisch die Stadt ist. Ständig laufen uns Menschen fast um, Busse fahren mit lautem Brummen an uns vorbei, Gläser und Teller scheppern aus einem nahegelegenen Restaurant und jeder zweite plärrt „gschaftig“ in sein Handy. Um meine Kleine zu schützen, stelle ich mich als Puffer zwischen sie und das Objekt, das ihr Angst macht. Geht zum Beispiel auf der linken Seite ein Passant an uns vorbei, dann lasse ich sie bewusst rechts gehen, um ihr den nötigen Abstand zu geben. Hunde gehen in der Regel nicht direkt auf andere Artgenossen zu, sondern sie nähern sich eher im Halbkreis. Manche Hunde stresst es daher, wenn ein Fremder, ob hektisch oder nicht, geradewegs auf sie zusteuert.
In der Stadt bin ich meist aufmerksamer als bei gemütlichen Spaziergängen in der Natur. Mittlerweile weiß ich, vor welchen Dingen sie sich fürchtet und versuche ihre Emotionen daher schon an ihrer Körperhaltung abzulesen, bevor das Schreckensding ganz nahe ist. Ich versuche sie mit Schlüsselworten wie „langsam“ oder „alles ist gut“ zu kontrollieren, damit sie erst gar nicht in Panik gerät und davonlaufen möchte. Prinzipiell arbeite ich vorrangig mit meiner Stimme und unterstreiche diese mit Körperhaltung und Gestik. An der Leine ziehe ich nur in Ausnahmefällen, wenn sie zum Beispiel droht, vor ein fahrendes Auto zu laufen. Bietest du in der Anfangsphase deinem Hund immer wieder ausreichend Schutz, wenn es notwendig ist, dann kann auch ein ängstlicher Hund in der Stadt glücklich oder zumindest gelassen werden.
Hund in der Stadt: Soziale Bedürfnisse
Dein Hund möchte Teil deines Rudels sein. Ein ausgewogenes Maß an Aufmerksamkeit ist wichtig, damit sich dein Vierbeiner gut entwickeln kann. Am leichtesten lernt dein Hund, wenn du spielerisch mit ihm interagierst. So entsteht eine innige Bindung, die dir letztendlich auch die Erziehung deines Hundes erleichtert. Ausgiebige Schnüffel-Spaziergänge, bei denen dein Liebling mit seiner Nase Informationen aufnehmen kann, sind ebenso wichtig, wie der Kontakt zu anderen Hunden. Mit meiner Kleinen habe ich zu Beginn eine Welpenschule besucht, damit sie sich artgerecht sozialisieren konnte. Vielleicht findest du in deiner Umgebung auch andere Hundebesitzer, mit denen du dich zu regelmäßigen Spaziergängen treffen kannst.
Mittags gehe ich in der Stadt ab und zu in die Hundezone, damit sie mit anderen Artgenossen spielen kann. Bevor ich eine dieser Zonen betrete, achte ich darauf, welche Hunde und vor allem welche Besitzer zugegen sind. Ich möchte, dass mein Hund vorrangig positive Erfahrungen mit anderen Hunden macht, damit sie auch hier ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt.
Hund in der Stadt: Individualbedürfnisse
Bei diesem Bedürfnis geht es vermehrt darum, das Selbstvertrauen deines Hundes aufzubauen und zu stärken. In der ersten Lebensphase ist es daher wichtig, dass du ein Vertrauensband zwischen dir und deinem Liebling knüpfst. Das gelingt dir am besten, wenn du auf die ersten Bedürfnisse aus der Pyramide Rücksicht nimmst. Wichtig ist zudem, dass dein Hund vermehrt positive Erfahrungen mit dir und seinem Umfeld macht. Das Ziel ist wenig Tadel und viel Lob auszusprechen, auch wenn es manchmal schwer fällt. Hundeerziehung braucht viel Geduld. Wie wir Menschen kann auch dein Vierbeiner einen schlechten Tag haben. Meine Kleine hat aktuell die Gewohnheit wieder ihre Blase auf dem Gehsteig zu entleeren statt auf Grünflächen. Zurechtweisung hilft hier gar nicht. Stattdessen hebe ich sie, wie schon zu Beginn, in die nächste Wiese. Das ist bei einem 9 Kilo Hund manchmal etwas mühsam, aber zahlt sich irgendwann aus.
Wenn du klare Regeln vorgibst, wie sich dein Hund in der Stadt zu verhalten hat, das heißt zum Beispiel nicht am Gehsteig zu pinkeln, dann bist du beim Gassigehen entspannter und dein Hund dadurch ebenfalls. Mir war zu Beginn nichts peinlicher, als mein Hund, der seine Blase genau vor einem Lokal entleert hat. Damit das nicht mehr passiert, habe ich sie auf die nächste Wiese getragen. Sollte dein Hund schwer sein, kannst du mit ihm auch zur nächsten Wiese laufen. Dein Vierbeiner konzentriert sich dann aufs Laufen und bekommt erst gar nicht die Möglichkeit sich zu lösen.
Hund in der Stadt: Selbstverwirklichung
Dieser Punkt soll dich daran erinnern, dass jeder Hund ein anderes Potential besitzt. Im Idealfall erkennst und förderst es. Mein Hund kann mit Stöckchen apportieren nicht viel anfangen. Ihr macht es weitaus mehr Spaß, wenn wir auf umgefallene Baumstämme klettern oder durch hohes Gras laufen. Im Idealfall bietest du deinem Hund oft genug die Möglichkeit, sich außerhalb der Stadt zu bewegen. Er soll sich vom Straßenlärm erholen können und stressfrei er selbst sein dürfen. Mit meiner ängstlichen Kleinen mache ich am Wochenende viele Spaziergänge auf weiten Wiesen und Feldern oder gehe mit ihr schwimmen. Die Picknickdecke eingepackt und einem chilligen Sommertag steht nichts mehr im Weg.
DIE GASTAUTORIN BIRGIT:
Reiselustig, schreibwütig und entdeckungssüchtig – das bin ich. Am liebsten tanze ich mit meinem Po auf zehn Kirtagen gleichzeitig. Ständig bin ich auf der Suche nach kleinen und großen Abenteuern, die das Leben spannend und abwechslungsreich gestalten. Mein Motto, das mich am besten beschreibt lautet: Ich bin viele. Gerne möchte ich mit dir meine Erfahrungen teilen und freue mich auf einen interessanten und lustigen Austausch.”