An Tagen wie diesen Liebe ich meinen Blog. Er ist mein Ventil. Mein virtueller Psychologe zu dem ich mich auf die Couch legen und all meine Gedanken runter rattern kann. Er stoppt das Kopfkarussell, indem er mir all den Raum für meine Worte gibt und lässt mich wieder klar denken. Momentaner Gefühlszustand: Ich bin traurig. Sogar verdammt traurig. Ich habe fast vergessen, wie sich das anfühlt, weil ich es so lange nicht gefühlt habe, doch dann war die Traurigkeit mit einem Schlag da. Genauer gesagt hat ein Satz gereicht, um mich völlig aus der Bahn zu werfen. Und das Schlimmste ist, wenn man traurig ist, aber eigentlich nicht traurig sein darf, sondern sich freuen sollte, vielleicht auch muss, weil man sonst ein egoistisches Arschloch ist. Ja, ich bin ein egoistisches Arschloch. Aber nur bei Menschen, die mir wirklich was bedeuten.
Ich rede sehr oft über mein “90 Nächte, 90 Betten” Projekt und werde immer wieder nach schrecklichen und tollen Momenten gefragt. Das Schönste an der ganzen Aktion waren ganz klar die Menschen, die ich kennengelernt habe und immer noch treffe. Davon ist mir eine ganz besonders ans Herz gewachsen – Corinna. Seit drei Jahren ist sie nun in meinem Leben, mein Hafen in Berlin, der immer da war, wenn ich wieder von irgendwo gelandet bin. Aber auch außerhalb Berlins, waren wir schon ein Paar. Wir haben in Graz um 5 Uhr nachts Kartoffelsalat und Wiener Schnitzel gegessen, sind in Island durch den Sandsturm gefahren und haben uns auf der Fusion überfluten lassen. Ja, wir hatten Momente zusammen, die ich nie im Leben vergessen werde. Als sie mir gestern geschrieben hat, dass sie nach Reykjavík zieht, weil sie dort ihren Traumjob bekommen hat, ist eine kleine Welt für mich zusammen gebrochen. Sie geht weg, aus Berlin. Weg? Wohnt nicht mehr hier? Ist nicht mehr da? Vielleicht für immer? Nachdem ich die ersten paar Minuten einfach nur apathisch da saß, merke ich, wie langsam alles vor meinen Augen verschwommen ist, weil sich große Wassertropfen aus meinen Drüsen in die Augen pressten. Ich fing an zu weinen. Ziemlich lange und konnte gar nicht mehr aufhören. Es fühlte sich so an, als würde jemand mit mir Schluss machen. Mich verlassen. Einfach gehen. Verdammt Christine, reiß dich zusammen! In den kommenden 20 Minuten durchdachte ich noch mal all die schönen Momente, die wir zusammen hatten und ich merkte, es sind eindeutig zu wenige.
Ich hatte so viel Zeit mit ihr, drei Jahre, ich habe sie jedoch nicht genutzt, weil ich hier und dort war, jedoch nur selten in Berlin. Dieses Jahr wollte ich weniger weg sein, mehr da, bei meinen Freunden, doch es ist zu spät und jetzt ist sie vorbei, unsere gemeinsame Zeit. Klar, wir werden über Facebook und Whats App in Kontakt bleiben, aber es wird nicht das gleiche sein. Wir sitzen nicht auf dem Balkon und trinken Bier, fahren mit dem Ruderboot über den Schlachtensee, gehen spontan einen Kaffee trinken oder fahren mit dem Rad durch Berlin. Es wird sich alles ändern und das einzige was bleibt ist die Hoffnung, dass es gut wird und die tausend Erinnerungen die man hat. An fast jeder Ecke.
Jetzt sind zwei Tage verfangen, seit ich erfahren habe, dass Corinna geht. Ich bekomme immer noch in den ungünstigsten Momenten feuchte Augen. Meistens in der U-Bahn. Ich habe mich mittlerweile mit ihr getroffen und sie war so glücklich, dass mir nicht anderes übrig blieb, als meine Ego-Arschloch in die Schublade zu packen und ihr zur Feier des Tages eine Schachtel Macarons zu überreichen. In der Freundschaft ist es nicht anders, als in der Beziehung. Man darf den anderen nur das beste Wünschen und sich für ihn freuen. Was habe ich von einer Freundin in Berlin, die unglücklich ist? Nichts. Also höre ich auf zu weinen und fang an mich zu freuen und aus der Situation zu lernen. Ich merke nämlich, dass das eigentlich schlimme daran ist, dass ich mir vorwerfe, zu wenig da gewesen zu sein. Das ich mir wünschte mehr Momente mit ihr geteilt gehabt zu haben. Doch wie so oft im Leben, braucht man eben erst diesen Schlüsselmoment, der einem die Augen öffnet und die wichtigen Dinge im Leben zeigt. Keine Reise ist schöner, als ein Abend mit der Freundin und einem Bier im Park, denn der weiße Strand tröstet dich nicht, wenn es dir schlecht geht und die Palmen lachen auch nicht mit dir.
Was mir jetzt bleibt sind die vielen Plänen für die Zukunft. Ich werde sie im Juli besuchen, für ein langes Wochenende und im September für einen Roadtrip über die Insel. Außerdem hoffe ich, dass sich Freundschaft und Beziehung wirklich ähnlich sind, denn wenn ich 4 Jahre eine Fernbeziehung gemeistert habe, bekomme ich das mit der Fernfreundschaft auch hin.
7 Kommentare
Sehr treffend geschrieben.
Das Gefühl, der große Kloß im Hals, an dem man zu ersticken droht weil man denkt:
SCHEIßE, nein!
Und sich doch eigentlich freuen sollte und wollte und es nicht so geht wie man es sollte und wollte für die liebste Freundin…
Liebe Christine, danke für deine Worte. Manchmal bekommen wir solche Anstoße einfach weil wir wieder Große Gefühle fühlen dürfen, denke ich dann. Trauer gehört auch dazu. Und wenn die Tränen nicht aufgehalten werden reinigen sie deine Seele – auf die Gefahr hin schmalzig zu sein – wenigstens habe ich das oft so erfahren. Und danach kommt die Freude wieder, ganz recht!!! LG von Joan
Dann warte ich jetzt, auf die Freude :)
Liebe Christine,
die Fernfreundschaft funktioniert!
Seit 12Jahren führe ich mit meiner besten Freundin eine solche und
jedesmal wenn wir uns sehen oder telefonnieren ist es,
als wären wir nicht 350 km voneinander getrennt.
Sogar über die Distanz können wir aus Nachrichten herauslesen
wie es der anderen geht :)
Das macht mir Hoffnung!
hab ganz kurz im bus die träne runtergeschluckt, so schön fand ochs! kanns total verstehen!
Meine Posts darf man nie in der Öffentlichkeit lesen ;)