Armenien? Wo liegt das gleich noch mal …? Das kleine Land im Kaukasus gilt bei vielen als unbeschriebenes Blatt. Doch schon allein der Besuch der Hauptstadt Jerewan lohnt sich!
Da war doch was … ja, klar: Armenien war eine Zeit lang ziemlich oft in den Schlagzeilen. Denn im Zentrum der Hauptstadt gab es eine kleine politische Revolution. Eine starke Zivilgesellschaft hatte nach mehr Gerechtigkeit gerufen und die langjährigen Machthaber aus dem Amt demonstriert. Ob man davon immer noch etwas spürt? Vielleicht auf dem Platz der Republik …
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 1. Tipp für Jerewan: Platz der Republik
Und ob! Zwei Vögel tragen die armenische Flagge im Miniformat um den Hals, zwei den Schriftzug der Revolution – das russische Wort ‘Mut’ in armenischen Buchstaben. Die vier Tauben von Wahe gehören zu den beliebtesten Fotomotiven auf dem Platz der Republik in Jerewan. Da muss ich natürlich auch gleich ein paar Bilder machen. Was für ein schönes Motiv!
Die Hauptstädter lieben ihren zentralen Platz – sie treffen sich abends hier zum Quatschen, Flanieren und Posieren. Vor allem im Sommer herrscht hier bunter Trubel und es gibt abends täglich eine gigantische Springbrunnen-Show.
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 2. Tipp: Drink mit Ausblick, Café mit Springbrunnen
Den besten Blick auf den Platz der Republik hat man abends von der Terrasse des Restaurants Diamond. Hier tummeln sich natürlich auch einige Touristen, aber das ist noch lange kein Grund für mich, mir diesen grandiosen Ausblick entgehen zu lassen. Mit einem Glas armenischem Wein in der Hand – oh ja, der schmeckt überraschend gut – verfolge ich das Spektakel, das unten mit viel Licht, Wasser und klassischer Musik aufgeführt wird.
Jerewan ist das pulsierende Zentrum des Landes, in dem fast die Hälfte der drei Millionen Armenier lebt. Hier und dort entdecke ich noch ein paar Gebäude aus Sowjetzeiten, aber vor allem im Zentrum unterscheidet sich die armenische Hauptstadt kaum von einer europäischen Metropole. Die Schriftzüge gängiger Markennamen prangen über den zahlreichen Geschäften, hier gibt es jede Menge Restaurants, Bars und Cafés.
Am nächsten Nachmittag mache ich Station im Poplavok Park, der mir tagsüber wie eine Mini-Oase vorkommt: Ein kleiner Springbrunnen plätschert vor sich hin, ab und zu steuern Kinder lustige Gefährte übers Wasser und der Cappuccino im Schatten schmeckt köstlich. Abends gibt’s hier im Lokal Aragast oft Live-Musik – mal gekonnt jazzig, mal schräg rockig, mal echt armenisch. Auf Überraschungen muss man sich schon gefasst machen …
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 3. Tipp für Jerewan: Bilder, Bilder, Bilder
Jerewan ist keine Stadt, die Gäste mit Superlativen lockt. Bei Spaziergängen durch die entspannte City lässt sich hervorragend der Alltag beobachten. Auf den Straßen rollen uralte Wolgas und Ladas, neuste Luxus-Modelle und schicke Limousinen. Die Jugend flaniert modisch gestylt durch die Straßen. Die Parks sind gepflegt, die Boulevards belebt, die vielen gemütlichen Lokale gut gefüllt.
Ganz in der Nähe vom Opernhaus entdecke ich in einem kleinen Park plötzlich eine ganz besondere Schau: Bilder, Bilder, Bilder – wie eine bunte Freiluftausstellung präsentieren die vielen Künstler und Hobbymaler ihre Werke – und keiner von ihnen nervt mich, ob ich was kaufen möchte. Ein nettes Lächeln und Augenfutter satt!
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 4. Tipp für Jerewan: Kaskaden
Nicht weit vom Opernhaus entfernt befinden sich die Kaskaden – ein gewaltiger Treppenkomplex aus hellem Travertinstein, der sich weit einen Berghang emporstreckt und oben einen fantastischen Blick auf die Stadt freigibt.
Der Platz vor den Kaskaden weckt bei mir eine fast mediterrane Stimmung. Angenehmes Stimmengewirr und der Duft von frischem Kaffee steigt mir in die Nase, ich werde in einem kleinen Lokal an einem schattigen Tisch platziert – mit Blick auf die zahlreichen Skulpturen, die den Platz dominieren. Genau in meiner Sichtachse liegt die üppige, rauchende Frau, die der kolumbianische Bildhauer Fernando Botero dort aus Bronze postiert hat. Was für ein Hingucker!
572 Stufen ziehen sich die Kaskaden den Berg nach oben. Also, auf geht’s! Leider ist es für ein gutes Foto heute zu diesig. Bei gutem Wetter zeigt sich am Horizont der Ararat – der heilige Berg der Armenier, der aber praktisch für sie unerreichbar ist. Denn der 5.137 Meter hohe Riese, den einst die Osmanen ihrem Reich einverleibten, liegt auf dem Gebiet des Erbfeinds Türkei.
Nichtsdestotrotz bleibt er das Nationalsymbol des kleinen kaukasischen Landes. Es heißt, dass selbst von den acht Millionen Armeniern, die verstreut in aller Welt leben, wohl jeder ein Bild des Ararats in seinem Haus hängen hat. Prominentester Vertreter der Diaspora ist der Chansonnier Charles Aznavour. Auch Tennisspieler André Agassi, Modedesigner Giorgio Armani und Sängerin Cher haben armenische Wurzeln.
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 5. Tipp für Jerewan: Genozid-Denkmal
Herausragend – und deshalb ebenfalls gut von den oberen Kaskaden zu sehen, ist das Genozid-Denkmal, das als 44 Meter hohe Betonspitze auf einem Hügel hoch über der Stadt thront. Es erinnert an den Völkermord, den die Türken 1914 begangen haben und bei dem 1,5 Millionen Armenier ums Leben gekommen sind.
Das Museum nebenan dokumentiert in einer ergreifenden Ausstellung den Feldzug der Ausrottung. „Alle Armenier sollten damals vernichtet werden. Aber wir sind immer noch da“, erzählt mir Aida, ein junge Frau, mit der ich ins Gespräch komme. Na ja, was heißt ins Gespräch … Genau genommen machen mich Denkmal und Ausstellung mit all den gruseligen Details gerade völlig sprachlos. Aber das ist auch gut so, das finde ich in diesem Augenblick passend.
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 6. Tipp für Jerewan: Matenadaran
Und noch ein anderer Ort ist für das Selbstverständnis der Armenier unverzichtbar: das Matenadaran. Vor diesem Zentralarchiv für alte armenische Handschriften grüßt der Nationalheld Mesrop Maštoc. In Stein gehauen grüßt mich der Entwickler des armenischen Alphabets vor dem Gebäude und weist auf die 36 von ihm erfundenen Buchstaben, die schon seit mehr als 1.600 Jahren unverändert sind.
Das Matenadaran beherbergt zahlreiche kostbare Handschriften und edel gebundene Bücher – eine Sammlung der überlebten Dokumente, Zeugnisse einer reichen christlichen Kultur. Geballte Schönheit auf Papier und zahlreiche seltene Bücher – was für eine faszinierende Kultur Armenien hat!
Jerewan Sehenswürdigkeiten: 7. Tipp: Auf den Spuren des Christentums
Und eine lange Geschichte: Armenien war das erste Land, das vor gut 1.700 Jahren das Christentum zur Staatsreligion erhoben hat. Über ihre Kirche hat sich seit dem vierten Jahrhundert die Identität des Volkes geprägt.
Verteilt über das Land, das etwa so groß wie Belgien ist, stehen bewohnte Klöster und UNESCO geschützte steinerne Zeitzeugen. Die meisten von ihnen sind von Jerewan aus gut auf eigene Faust erreichbar – wie die Kathedrale Etschmiadsin, in der der Patriarch der armenisch-apostolischen Kirche sitzt, oder die archäologische Stätte von Zvartnots – mit Blick auf den Ararat. Mobil ist man im Land zum Beispiel mit sogenannten Shared Taxis oder mit Marschrutkas – das sind Kleinbusse, die erst losfahren, wenn sie voll sind. Klassische Überlandbusse gibt es in Armenien nicht.
Wer eine erstklassig geführte Reise im komfortablen Bus und mit vielen Hintergrundinformationen buchen möchte, ist mit Gebeco bestens bedient. Der Veranstalter hat zum Beispiel die 9-tägige Erlebnisreise „Entdeckungen am Fuße des Ararat“ im Programm, die die Teilnehmer nicht nur nach Jerewan, sondern auch zu vielen Highlights der christlichen Kultur führt. Kosten: ab 1.345 Euro pro Person, inklusive Flug. Mehr Infos dazu unter www.gebeco.de.
Jerewan Sehenswürdigkeiten: Weitere Informationen
- Anreise nach Armenien: Von Deutschland fliegt Germania direkt von Berlin nach Jerewan. Turkmenistan Airlines bedient die Strecke ab Frankfurt/Main.
- Jerewan Einreise: Für die Reise nach Armenien muss der Reisepass noch fünf Monate über die Tour hinaus gültig sein. Ein Visum benötigen EU-Staatsangehörige nicht.
- Beste Reisezeit Jerewan: Von Mai bis Oktober gibt es in Armenien gutes Wetter mit langen, sonnenreichen und warmen Tagen.
- Buchtipp Jerewan: Armenien – 3000 Jahre Kultur zwischen Ost und West, Trescher-Verlag, 2018, 21,95 Euro: handlich und sehr informativ.
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Katrin Schreiter ist umtriebige Autorin und leidenschaftliche Fotografin. Die Leipzigerin leidet an chronischem Fernweh. Therapie regelmäßig weltweit – am liebsten in Neuseeland und Kanada, Indien und China. Manchmal aber auch gleich nebenan.
2 Kommentare
Ein interessanter Bericht, bei dem man in Kürze viel über Sehenswürdigkeiten, Land und Leute in Armenien und dessen Hauptstadt erfährt. Sehr informativ und gleichzeitig so anschaulich geschrieben, dass man das Gefühl hat, man sitze im Café am Nebentisch mit Blick auf die rauchende Frau.
Danke für diesen ausführlichen Reisebericht, der Lust macht auf eine Reise nach Jerewan. Ich war schonmal dort vor 20 Jahren und könnte nach diesem Text und den wunderbaren Bildern sofort wieder losfahren! Die Mischung aus alt und neu macht diese Stadt für mich so spannend …