Matt sitzt lässig am Steuer des Magic Mail Boat. Das Mikrophon hat er griffbereit in der linken Hand, um schnell Informationen an die Passagiere auf dem Deck weiterzugeben. Er hat eine Sonnenbrille auf und steuert das Boot mit den linken Fuß in eine Bucht. Der Motor geht aus, wir gleiten leise den Queen Charlotte Sound entlang und Matt zeigt uns einen Schwarm Delfine an der Küste.
Das Magic Mail Boat ist der einzige staatliche neuseeländische Postdienst im Queen Charlotte Sound, der über das Wasser geht. An Neuseelands Marlborough Sounds kommt der Postbote mit dem Postboot. Jeden Tag um 13:30 Uhr legt das Magic Mail Boat vom Steg in Picton ab und nimmt Touristen mit auf die Tour durch die Postkartenkulisse der Marlborough Sounds. Die Marlborough Sounds liegen an der Nordspitze der Südinsel. Neben der Post, die kostenlos geliefert wird, bringt das Boot auch Lebensmittel, Hundefutter,Werkzeug und alles was es in der Einsamkeit nicht gibt an die Bewohner im Marlborough Sounds. Wenn man sich die Marlborough Sounds von oben anschaut, sieht man nur weite, grüne Landzungen. Ein Labyrinth voller kleiner Fjorde, Inseln und Inselchen, in dem nur wenige Menschen leben. Rentner, Fischer, Mitarbeiter von Resorts, Lachszüchter, Muschelfarmer oder Schriftsteller. Unter dem grünen Dach verstecken sich um die 500 Häuser. 90 Prozent dieser Wohnungen sind Ferienhäuser. In den restlichen 10 Prozent leben Menschen, die ihren festen Wohnsitz hier haben. Abgeschottet von der Außenwelt, ohne Straßen, einsam und allein in kleinen Buchten, aber nicht ohne Bedürfnisse.
Sie rufen beim Supermarkt in Picton an, geben ihre Bestellung ab und die Box mit der Ware wird zum Mailboat gebracht und von Matt ausgeliefert. Eine Box kostet 5 Dollar Liefergebühr, doch die meisten Häuser haben ein privates Boot, um auch selbst einkaufen oder zum Arzt zu gehen. “Neulich haben wir eine Ziege geliefert.”, Matt lacht und schüttelt ungläubig den Kopf. Nach einer Stunde erreichen wir den ersten Stopp. Ich erkenne einen Jungen der am Steg steht. “Meistens wartet schon immer jemand auf uns. Sie wissen ja, wann wir kommen.” Matt legt am Steg an, öffnen das Fenster neben sich und begrüßt den Jungen.
Der reicht einen leeren Sack durch das Fenster und bekommt von Matt ein volles Leinensäckchen mit Namen der Familie und des Bays, also der Adresse, mit Post gefüllt zurück . Danach greift er in ein Regal unter sich und zieht eine schwarze Box heraus in der Hundeknochen liegen. “Möchtest du Flap füttern?”, fragt mich Matt. “Klar, warum nicht? Ich liebe Hunde.”, erwidere ich. Matt lacht. “Flap ist kein Hund.” Ein schwarzes Schwein kommt gemächlich den Steg entlang gelaufen, direkt auf Matts Fenster zu. Ich gebe dem Schwein zwei Knochen, Flap kaut genüsslich, produziert Unmengen an Speichel und schaut uns traurig hinterher, als wir wieder ablegen.
Fünfzehnmal legen wir heute an. Manchmal wird nur ein kurzes ‘Hallo’ ausgetauscht, doch öfters führt Matt eine längere Unterhaltung mit den Menschen am Steg. Er ist der einzige Kontakt zur Außenwelt. Es geht in den drei Minuten um das Wetter, den Wind, Muscheln am Steg oder wie es der Ziege geht. Wenn immer ein Hund dabei ist, holt Matt seine obligatorischen Knochen aus seiner schwarzen Box. “Ich bin oft der einzige Mensch, den sie am Tag oder in der Woche sehen. Natürlich will sich da der ein oder andere ein bisschen länger unterhalten. Das freut mich auch.”
In den Marlborough Sounds leben auch kreative Menschen, wie David Rawson. Der Schriftsteller wohnt schon viele Jahre in den Marlborough Sounds. Sechs Bücher hat er hier geschrieben. Er wohnt ganz allein mit seinen zwei Katzen in einem Haus am Meer. Ein echter Eigenbrötler. Hier findet er seine Ruhe und Inspiration. Matt kann zu jedem Haus und den Bewohnern eine kleine Geschichte erzählen. Die drei Minuten läppern sich. Auf die Frage, warum die Menschen hier abgeschieden am Ende der Welt wohnen, kann er nur die Augen verdrehen, mit den Schultern zucken und den Kopf schütteln. Ich muss sagen, es fällt mir gerade schwer, mir einen schöneren Ort für ein Zuhause vorzustellen.
Es ist Samstag und wir fahren mit dem Mail Boat eine kleine Extrarunde aufs offene Meer hinaus an der Long Island und der Motuara Island, einem Vogelschutzgebiet, vorbei. Am Ship Cove legen wir 20 Minuten an und laufen zum Strand. Hier legte am 16. Januar 1770 die Endeavour unter dem Lieutenant James Cook an, wo sie von den Maori begrüßt wurde. Am Ship Cove beginnt auch einer der Great Walks von Neuseeland, der Queen Charlotte Track. Die Sonne steht tief und das Meer glitzert an der Küste der grünen Felsen. Kein Haus spitzt mehr zwischen grünen Tannen hervor. Die Arbeit ist für heute getan, Matt sitzt auf seinem Stuhl, einen Kaffe in der Hand, und steuert das Boot zielsicher Richtung Heimat.
Wir legen wieder am Hafen von Picton an. Um die 140 Briefe, eine Tasche mit frischen Eiern und ein Packet haben wir mir Matt ausgetragen und dabei die wunderschöne Meeresenge von Marlborough entdeckt. Ja, es gibt Post am Ende der Welt. Auch Strom, fließendes Wasser und Internet. Häuser mit Internet mag Matt jedoch nicht so gerne. Die können auch Päckchen bestellen und die muss er dann schleppen. Und ja, es gibt auch Hunde und sogar Schweine, die Postbooten lieben. Aber nur solche, die mit dem Boot kommen und eine dicke, schwarze Box voller Leckerli dabei haben.
Hunde, die den Postbooten lieben.
An diese Menschen liefert das Magic Mail Boat die Post.
Matt, der Postboote und Kapitän des Magic Mail Boat.
Eine Fahrt mit dem Magic Mail Boat.
Die Bewohner des Marlborough Sounds
Am Hafen in Picton.
Matt zeigt uns einen Schwarm Delfine an der Küste.
So ne Bootsfahrt die ist lustig, so ne Bootsfahrt die macht froh…
Die rote Linie war unsere Route mit dem Magic Mail Boat.
Das Video zum Post:
#happy
Hier legte am 16. Januar 1770 die Endeavour unter dem Lieutenant James Cook an, wo sie von den Maori begrüßt wurde.
Ja, ich könnte mir vorstellen, den Rest meines Lebens hier zu sitzen.
Die Marlborough Sounds
Am Hafen von Picton legt das Magic Mail Boat ab.
Matt am Steuer des Magic Mail Boat
Infos: Wenn ihr in Neuseeland seid und mit dem Magic Mail Boat fahren möchtet, alle Infos gibt es hier: Magic Mail Boat.
3 comments
ohne dieses alberne rumgepose wäre es ein ganz anständiger Bericht
Huhu :) wir haben die Tour gestern gemacht und dabei erfahren, dass das Schwein leider erschossen wurde :( :(
Ansonsten war die Tour toll!!!!
Liebe Grüße Maike
Oh nein wirklich? Wisst ihr warum?