Ich liebe es. Den staubigen Boden, die dreckigen Füße, den Geruch von Ammoniak, wenn man die Dixi Klos passiert. Das ist der Duft der Freiheit – Staub, stinkende Käsfüße und Ammoniak. Dazu der wummernde Bass in der Ferne und irgendein Assi, der über den ganzen Zeltplatz schreit: Hey Alter, schmeiß die Sonnencreme rüber, ich muss UVV protected sein!“ Man lernt viele neue Begrifflichkeiten und Sachverhalte auf einem Festival. UVV steht in diesem Fall für Unfassbar Verstrahltes Volltrunkener.
Herzlich Willkommen auf dem melt 2013. Es war das erste Festival in meinem Leben und es wird auch sicher das letzte sein. Freitag um 11 Uhr mach ich mich mit Marcel und Julia, einer Kiste Club Mate, zwei Flaschen Absolut Wodka und drei Red Bull Dosen für den Notfall auf den Weg. Noch nicht mal aus Berlin draußen und schon ist das erste T-Shirt einmal komplett durchgeschwitzt. So soll es sein. Jetzt nur noch der Autobahn folgen, ja nicht den letzten Rasthof passieren, ohne sich ein letztes Mal den Po von einer Keramikschüssel kühlen zu lassen, während man sein Geschäft erledigt, und dann Blase zu und durch. Drei Tage Sommer, Sonne, Sonnenschein und nur hübsche Menschen um mich herum. Jedes Jahr frage ich mich aufs Neue, wie kann das möglich sein und wo kommen all die schönen Geschöpfe her? Und warum gehen sie alle zum melt? Auf die dritte Frage habe ich eine Antwort. Sie ist kurz und prägnant mit 100%-igem Wahrheitsgehalt: Es ist einfach endgeil. Die Stimmung, die Bands, der lange beschwerliche Weg zur Bühne am See entlang, das Handbrot, die unklimatisierten Festivalbusse und vor allem die Location. In einem alten Braunkohlewerk am See unter 7000 Tonnen Stahl tanzen und alles, einfach alles vergessen. Kaum betreten die Füße das staubige Gelände, legt sich der Dreck um die Realität des Alltag und man sieht nichts, was nicht im Moment passiert.
Nur den blauen Himmel, den Ball und die Dosen. Erste Runde Flunkyball mit den Nachbarn. Es gibt wirklich noch Menschen, die dieses Spiel nicht kennen und es mit einem Glas puren Wodka spielen möchten. Nein, nein. So geht das nicht. Es muss schäumen, es muss eine ordentliche Gasentwicklung im Bauchraum entstehen und ein dezentes Gefühl von Brechreiz.
Dieses Jahr habe ich alles richtig gemacht. Ich habe mich auch der richtigen Begleitung angeschlossen, welche mich vor die Bühne mitschleppt und ich nicht im Campingplatz-Bermuda-Dreieck zwischen Dönerbude, Campingstuhl und Dixi Klo verloren ging. Ich gebe es zu, dass ich letztes Jahr keine einzige Band auf dem melt aktiv gesehen habe. Das melt war letztes Jahr das 23. Festival von meinen 40 Festivals und ich war hungrig nach Gesprächen und Freunden und netten Menschen, so dass ich nur rumsaß und die Musik im Hintergrund lief. Dieses Jahr auf dem melt 2013 war alles anders und ich kann es beweisen:
Hoch lebe die Festival Front Row!
Es fing an mit Markus Kavka am Freitag um 15 Uhr, Mykki Blanco, gefolgt von Alt-J bei dessen Namen sich kleine Herzchen in meinen Augen bilden, doch leider sind sie für ein Festival fast ein bisschen lahm. Mit welcher Band ich wirklich nichts anfangen kann ist The Knife. Ein Haufen komisch verkleideter Menschen auf der Bühne, die versuchen eine Art modernes Ballett aufzuführen, aber weder alle im selben Takt noch annähernd synchron hüpfen. Am nächsten Tag ging es weiter mit Discloser, die jeden Teil vom Körper zappeln liesen, DJ Koze, Azealia Banka und noch vielen, vielen mehr. Bei den Bands ist meine Devise: Hauptsache tanzen, tanzen, tanzen. Manchmal so wild und schnell, dass man fast abhebt. An der Seebühne im weichen Sand und Hummeln im Arsch oder beim Engtanz in einem 8-Quadratmeter Bulli zu Whitney Houston. „I will always love you.“ Das Lied höre ich gerade zum Schreiben und sehe vor meinem inneren Auge noch einmal die 100 000 Konfetti-Stückchen die vom Himmel kamen, die leuchtenden Augen, sie strahlenden Gesichter, das Gefühl, das man erleben muss und ich merke, dass sich ein bisschen Pipi in meinen Augen ansammelt.
Der Höhepunkt des abends – wenn man sich vom Bass auf dem sleepless floor noch einmal kräftig das Zwerchfell massieren lässt und langsam die Sonne hinter den Baggern aufgeht. Diesen Moment, den sollte man für sich behalten und vielleicht als kleine Metapher sehen. Das alte, dunkle hinter sich lassen und in eine schöne Fläche von hellgelb bis rosa eintauchen. Wer nicht alleine ist, wird den folgenden Satz vielleicht in diesem Moment seiner Begleitung ins Ohr lallen. „I will always love you.“
Das ist meine Liebeserklärung: Ja, ich will, liebes melt Festival. Ich will dich lieben und ehren, bis das der Tod uns scheidet und dich abfeiern, jedes verdammte Jahr!
Sonnenaufgang über dem melt 2013
Seebühne
Küsschen?
Mykki Blanco
Mainstage
So ne Busfahrt die macht glücklich, so ne Busfahrt die macht froh …
Grandios!
Julia von PonyDanceClyde
I am made for festivals!
Und jedes Festival ist nur so gut wie seine Fotografen ;)
Eine nette Aktion: “Keks gegen Geschichte”. Der Post mit den Stories folgt ;)
Markus Kavka am Freitag um 15 Uhr. Der perfekte Einstieg!
Love is in the air …
…and everywhere!
Da sind sie, die 7000 Tonnen Stahl!
Das haben alle gemacht!
Es gibt kein Festival ohne Lederhose! Nächstes Mal komme ich im Dirndl!
Abheben
Das war es, meine Festival-Freunde, das melt 2013 und ganz ehrlich, wer möchte nach diesen Bildern nicht selber dabei sein 2014?
20 Kommentare
I<3Engtanz
We all love ENGTANZ! ;)
Memo an mich.
Nächstes Jahr melt!!!!
JAAAAA!!!!!
Hey Christine,
Super Artikel…allerdings schreibst du auf der Startseite und im Artikel selbst folgendes : “Es war das erste Festival in meinem Leben und es wird auch sicher das letzte sein.”
Ich glaube das du hast das Wort “nicht” vergessen :)
ne, alles richtig, es wird auch mein letztes sein. Also mein letztes Festival, das ich mit 60 noch besuchen werde ;)
Wirklich super Wochenende!
Ich bekomm das ganze Konfetti und den Glitzer immer noch nicht vom Körper.
Außerdem war das diesjährige Melt! das erste Festival in meiner gesamten Laufbahn, auf dem ich die Hälfte der (alkoholischen) Getränke wieder mit nach Hause schleppen musste. Es war einfach zu heiß um sich zu besaufen ;)
Natürlich hab ich auch nicht schlecht gestaunt, als plötzlich die deutsche Blogger Elite an der Bändchen Ausgabe hinter mir aufkreuzte. Ihr wart genau so scheiße verschwitzt wie wir ;)
Oh nein, hat man die Flecken am Rücken gesehen ;)
Richtige Einstellung. Es war auch vor 3 Jahren mein erstes Festival und es hat mich so fasziniert, dass es niemals ein Ende nehmen sollte. Auch wenn ich dieses Jahr das Line-Up nicht so gut fand wie die letzten beiden Jahre war es wieder einmal phantastisch, denn die kleinen Momente machen ein Festival aus. Ich finde diese kleinen, aber besonderen Momente hast du super hier beschrieben.
Christiiiiiiiiine, Thank you for all this pictures and adventures from festigval to another one ! you make us discovering tones of pretty things, thank you so much
Reda ( Facebook Cold Dady)
Algeria
Your are WELCCOME!!!!!
Hi liebe Christine. hast tolle Bilder und einen klasse Artikel gemacht . Ich selber kenne das melt-fest nur aus Berichten, das Line up ist nicht so mein Ding. Zeitgleich an dem Wochenende fand in Köln (wo neben ich lebe) auch ein geiles Festival statt. Das Amphi-fest mit einem sooo geilem Line up….
Es war auch dieses Jahr wieder ausverkauft (bereits Wochen zuvor) , 16.000 Besucher. Ich weiß ja nicht ,auf welche Music Du so stehst (ich zum Beispiel höre und liebe ca 90% der Bands die auf dem Amphi-fest gespielt haben , was ich so mitbekommen habe wäre das “melt” von der Music her weniger was für mich) , aber wenn Du Festivals auch so sehr magst und die Music des Amphi-festivals auch gern hörst dann solltest Du mal das Amphi besuchen , nächstes Jahr vieleicht.
wünsche Dir auf jeden Fall viel Spaß 2014 ,ob nun beim melt (oder vieleicht beim Amphi in Köln) , und egal von welchem ,bitte mache wieder so tolle Aufnahmen & ein so geilen Artikel. lg Dirk ,Leverkusen :D
Danke! Klar, nächstes Jahr wieder und vielleicht auch mal das Amphi-fest ;)
Sehr geil. Aber mein Sonnenbrand im Nacken is extrem. Hättest du mir vor dem Foto ruhig sagen können, wie scheisse das ausschaut.
Ps: ich hab das Tattoo am Rücken.
Hab mich nicht getraut ;)
verflucht…will die süße Maus von chvrches sehn. aber am arsch der welt ey..baaahh
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Die Bilder sind der Hammer! Ich war selbst auch da! Trage immer noch als Andenken mein Tyvek Wallet in der Tasche auf dem Elton unterschrieben hat!