Als ich vor sieben Jahren zum allerersten Mal Pommes mit Joppisauce entdeckte, dachte ich “ganz großes Tennis”. Das in der niederländischen Küche in Sachen Snacks weit mehr als Frittenkunst auf Wimbledonniveau auf dem Speiseplan steht, war mir damals noch nicht bewusst.
Auf keinen Fall dürft ihr euch den Pommes-Stand mit den allerbesten Fritten der Welt entgehen lassen und die Saucen-Revolution auf der Frittentüte, die kann weit mehr als „rot-weiß“, ausgiebig feiern. Dennoch möchte ich euch die folgenden Leckereien nicht vorenthalten, die ihr beim Ausflug in die Niederlande auf eurem Teller haben solltet. Es geht hier nicht um hippe Burger-Buden, sondern um Snack-Klassiker der niederländischen Küche. Viel Spaß beim Ausprobieren und guten Appetit!
Die Esskultur der niederländischen Küche
Interessant ist, dass in Holland traditionell fünfmal über den Tag verteilt gegessen wird. Also gibt es nicht wie in Deutschland drei klassische Mahlzeiten. Typisch niederländisch gibt es zum Frühstück eine Brotzeit mit Süßem wie Honig oder Marmelade. Besonders bekannt und beliebt sind auch Schokostreusel, auf Holländisch „hagelslag“ oder Erdnussbutter „pindakaas“. Wer es lieber deftig mag, der greift natürlich zu leckerem holländischen Käse. Zum Abschluss gibt es „Ontbijtkoek“ – einen traditionellen Honigkuchen.
Bei der Kaffeepause am Vormittag gibt es Kaffee, Kekse und Kuchen. Mittags werden „broodjes“ serviert – herzhaft belegte Sandwiches. Wer mag, kann nachmittags eine weiter Kaffee- oder Teepause einlegen. Als Hauptmahlzeit gilt das Abendessen, welches in der Regel warm serviert wird. Typische holländische Abendessen beinhalten Kartoffeln, Fleisch oder Fisch mit Sauce und eine Gemüsebeilage – ähnlich wie in Deutschland.
Die niederländische Küche: Kibbeling
Frischer Fisch sollte bei eurem kulinarischen Trip in die niederländische Snack-Küche ganz oben auf der Liste stehen. Da es hier nicht um 3-Sterne Fischrestaurants geht, wird euch der Fisch sehr wahrscheinlich mit Holzpiekser im Plastikschälchen serviert. Kibbeling ist ein gewürfeltes Fischfilet (z.B. vom Kabeljau), das mit Backteig überzogen und dann frittiert wird. Der Kibbeling kommt nicht allein. Eine schmackhafte Sauce darf nicht fehlen und von der habt ihr meist noch ein paar Stunden später was, der Knoblauchnote sei Dank. Das Fischgericht verkaufen viele Imbissstände in Strandnähe, Fischläden, Marktbuden und Supermärkte. Super lecker!
Foto: De Vegetarische Snackbar
Die niederländische Küche: Der Borrelsnack
Hier gibt es eine schöne Sache, die sich Borrel nennt. Eine Borrel ist das gemütliche Zusammenkommen von Kollegen oder Freunden. Dabei dürfen neben Getränken auch verschiedene Leckereien nicht fehlen. Borrelsnacks, oder auch Borrelhapjes, sind quasi die Tapas der niederländischen Küche. Wenn ihr nicht gerade auf Diät seid, solltet ihr euch beim Feierabendbier kulturell weiterbilden und eine Portion Frittierglück oder gleich die komplette Borrelgarnituur (unterschiedliche Snacks) bestellen. Evergreens sind Bitterballen (Bällchen mit einer Art Fleischfüllung), Kaastengels (Käse im Blätterteig frittiert), Käsewürfel, Ossenworst (Wurst aus rohem Rindfleisch) und Vlammetjes (scharfes Hackfleich im Blätterteig). Wer etwas gesünder unterwegs ist, greift zu ein paar notjes (Nüssen) oder Oliven.
Nach der Borrel ist vor der Borrel. Aus diesem Grund gibt es im Supermarkt allerlei Borrelsnacks, um das gemütliche Ereignis frisch verpackt ins Wohnzimmer zu zaubern. Die Vielfalt ist in der Tiefkühl-Abteilung am größten. Dort sind sogar verschiedene vegetarische Varianten zu finden, zum Beispiel Bitterballen mit Risotto, Tomate und Mozzarella, schmeckt überraschend „okay“!
Foto: vitagezondenlekker
Niederländische Küche: Kipsaté
Die indonesische Spezialität Kipsaté, die mit einer Erdnusssauce (pindasaus) serviert wird, ist wohl die kalorienärmste Mahlzeit meiner Snack-Parade. Beim Blick auf die Speisekarten vieler Restaurants wird schnell deutlich, dass sie ein fester Teil der niederländischen Küche geworden ist. Die Hühnerspieße gibt es fast überall, sogar bei IKEA!
Foto: eefshealth
Die niederländische Küche: Die Loempia für Zwischendurch
Was bei uns der Currywurst-Wagen ist, ist in den Niederlanden der Loempiastand. Loempias sind große, runde Frühlingsrollen, die Teil der niederländischen (Snack-)Küche geworden sind. Auf den meisten Wochenmärkten, Festivals und anderen Veranstaltungen werdet ihr einen Imbisswagen finden, der die knusprigen Teigröllchen „für Zwischendurch“ verkauft. Außerdem stehen Loempias bei vielen Cafés auf der Borrelkarte, wo sie allerdings etwas kleiner geraten sind. Das Röllchen kommt selten allein. Eine süße Chillisauce gehört zum guten Ton der Loempiaküche.
Die niederländische Küche: Kapsalon um Mitternacht
In Sachen Kapsalon brauche ich noch Nachhilfe. Er hat es bisher erst einmal auf meinen Teller geschafft, zu etwas späterer Stunde, schmeckte super, soweit ich mich erinnern kann. Kapsalon heißt übersetzt Friseursalon und hat in Rotterdem seinen Ursprung. Beim Kapsalon wird nicht gekleckert, sondern geklotzt, denn warum sollte man sich eine Portion Pommes, einmal Dönerfleisch mit Sauce und einen Beilagensalat separat bestellen, wenn man auch alles ganz einfach und ordentlich in einer Aluminiumschale aufeinander stapeln kann? Ein paar Minuten im Ofen lassen den kulinarischen Turm zu einem geschmacklichen Kunstwerk verschmelzen. Ein Rotterdamer Friseur hat diese Kreation regelmäßig bei seinem Dönerladen des Vertrauens bestellt. Irgendwann wollten sich auch andere das Gericht des Friseurs nicht entgehen lassen. Kapsalon war geboren.
Die niederländische Küche: Die Snackwand mit Kroket, Kaassoufflé , Frikandel und Co
Die Wand der 100-Möglichkeiten ist fast schon so bekannt wie die Portion Pommes, die auf eure Urlaubs-To-do-Liste gehört. Der Niederländer optimiert gerne alles, so auch die Snackkultur. Warum lange in der Schlange stehen, um auf einen Mitternachtssnack zu warten? Ein Griff ins Kleingeldfach des Portemonnaies reicht aus, um zügig zur Kroket (panierte und frittierte Rolle mit einer Art Fleischfüllung) zu kommen. Andere Klassiker der niederländischen Snack-Küche warten in der Klappe ebenfalls auf ihren neuen Besitzer, darunter Kaassoufflé (panierter Käse, frittiert) und Bamischijf (Nudel-Gemüse-Scheibe, frittiert). Mein Favorit ist die Satékroket, vor allem gegen Ende des Abends …
Foto: djmosaken
Die niederländische Küche: Broodje Hans und seine Freunde
Lust auf ein belegtes Brötchen? In Deutschland versorgt uns der Bäcker damit, falls wir gerade unterwegs sind. In den Niederlanden gibt es den Broodjeszaak – kleine Geschäfte, die meist Mini-Baguettes (pistoletjes) mit Belag verkaufen und oft sogar liefern. Das Brot an sich spielt hier nicht die Hauptrolle. Meist kann man ohnehin „nur“ zwischen weißem und braunen Baguette oder Ciabatta wählen. Die Belagskomposition ist der eigentliche Held. Neben Hackfleischbällchen in Erdnusssauce, auch Broodje bal genannt, Broodje bacalao (Stockfisch) und verschiedenen Pesto-Rucola-Varianten, sieht unser 0815-Salamibrötchen eher alt aus. Die Brötchen werden für jeden Kunden frisch belegt und kommen auf Wunsch noch kurz in den Ofen. Viele broodjeszaaken haben eine spezielle Kreation, die gerne den Vornamen des Schöpfers, sprich Ladenbesitzers trägt. So auch Broodje Hans vom Kaasboer in Amsterdam. Innovation und Geschmack werden belohnt! Regelmäßig küren Tageszeitungen die besten Broodjes der Stadt. Im Schaufenster weisen die ausgeschnittenen Zeitungsartikel auf die Errungenschaften zum Wunderbrötchen hin.
Foto: oodiesign
Die niederländische Küche: Roti Rol
Mein Highlight ist die Roti Rol. Warum? Weil sie so anders ist. Sie ist auf den ersten Blick die surinamische Antwort auf die türkische Pizza. Außer der handlichen Form, haben die beiden allerdings wenig miteinander zu tun. Der Teig ist weicher, die Füllung besteht aus Kartoffeln, grünen Bohnen, gekochten Eiern, indischen Gewürzen und wahlweise Rind, Lamm oder Huhn. Suriname war bis 1975 eine niederländische Kolonie, weshalb ihr in verschiedenen Imbissen, Restaurants oder auf Foodmärkten die leckere Rolle probieren könnt. Bei mir gibt es zum Abschluss eine Kip Roti Rolle (Huhn). Super lecker!
Wenn euch jetzt das Wasser im Mund zusammen läuft, dann steigt ins Auto, in den Zug, rauf aufs Rad oder ab in den nächsten Flieger und erweitert euren Snack-Horizont der niederländischen Küche. Guten Hunger!
Vlammetjes zum Bier – herrlich!
Die Snackwand bei Febo
Die Gastautorin:
Hallo! Ich heiße Julia. Aufgewachsen in einem kleinen Örtchen im Kreis Gütersloh, hat mich meine Reise irgendwann nach Amsterdam geführt, spannende Umwege inklusive. Auch hier, wie in meiner Heimat, erreicht man alles ‘ganz easy’ mit dem Rad … allerdings gibt es in meiner Lieblingsstadt ständig Neues zu entdecken. Wenn ich nicht gerade über die Grachten radel und meine Fühler nach netten Lädchen und Lokalen ausstrecke, arbeite ich im PR-Bereich. Meinen Schreibtischstuhl tausche ich hin und wieder gerne gegen Abenteuer in Form von Städtetrips und aufregenden Reisen ein, die auf meiner Bucketlist auf ihr Flugticket warten. Ein Spanischkurs hilt mir momentan dabei, meine Sprachkenntnisse zu erweitern. Die beschränken sich noch auf Textzeilen ‘richtig guter’ Sommer-Hits … und “vamos a la playa” wäre auf Dauer viel zu langweilig.
9 comments
KIPSATÉ
Oh Gott sehe die lecker aus, zum Glück wohne ich direkt an der Holländischen Grenze, dann werde ich mal schauen ob ich wo was finde wo ich die verspeisen kann.
DER BORRELSNACK
Davon habe ich habe ich noch nie gehört ich werde mich auf jeden Fall einmal dadurch probieren :)
Uitstekend en echt lekker, in der daad!
Hallo Julia,
schöner Artikel. Ich habe viele Jahre in Rotterdam gewohnt und kann nur bestätigen, die Snacks sind einmalig lecker. “Patatje oorlog” nicht vergessen – Pommes mit Ketchup, Majo und klein gehackte Zwiebeln. Ja gut, eher was für Singles :-) aber lecker.
In der Provinz Limburg heißen die “Frietjes speciaal” – man merkt die Nähe zu Belgien. :-)
Ich kenne Patat oorlog nur als Pommes mit Majo und Erdnusssoße. Das was du meinst ist speciaal
ich bin gerade sehr traurig….ich erinnere mich an all das – aufgewachsen an der NL Grenze mit einem Holländischen Elternteil, jedes WE gings über die Grenze zur Familie und dem obligatorischen Supermarkt Besuch und verzehr aller möglichen Snacks….Pindakaas Koekje habe ich so geliebt…später im Lebem war ich oft in A’dam und habe all das oben beschriebene Fastfood mit einem Heisshunger darauf verzehrt, auch Schawarma….eine art Libanesischer Döner (mach ich selber) nicht zu vergessen!
Leider kann ich nicht mehr zum Sprung rüber nach Holland…..10.000 km stehen dazwischen….Viele Grüsse…mal sehn was man davon selber machen kann..
Funktioniert euer System??
Was meinst du?
Lieben Gruß
Pia vom Lilies Diary-Team