Wenn man davon spricht, dass ein Kindheitstraum endlich in Erfüllung gegangen ist, dann ist meistens von einem Besuch im Disneyland, einem bunten VW-Bus oder einer eigenen Katze, die man für klickbringende YouTube-Videos missbrauchen kann, die Rede.
Wenn ich allerdings von meinem Kindheitstraum erzähle, dann meine ich damit Fliegen. So banal es auch klingen mag, aber wenn man schon als 3-Jährige unbedingt aufs Riesenrad wollte und „Pilotin“ in jedem Freunde-Buch als Berufswunsch angab, zeichnet sich ein gewisser Drang aus, unbedingt nach oben zu gelangen. Nicht karrieretechnisch – sonst würde ich heute nicht in einem winzigen WG-Zimmer hausen – aber wortwörtlich an den Wolken zu kratzen – das wäre doch was!
Zeitsprung, 7. August 2013: „Hast du Lust?“, fragt Christine und ich brauche gar nicht erst weiterzulesen, als ich „Paragliden in Werfenweng“ im Betreff entdecke. Klar, hab ich Lust! Keine Ahnung, wo sich Werfenweng befindet, keine Ahnung, ob ich an dem Tag schon etwas Wichtiges vorhabe, aber eines weiß ich sicher: Wenn sich diese Gelegenheit schon bietet, dann ergreife ich sie, ohne wenn und aber.
Gesagt, getan: schon hocke ich am Salzburger Flughafen, ausgestattet mit einer GoPro vom besten Freund, einer windfesten Jacke und tausend Ideen im Kopf, wie ich das mit dem Filmen denn so anstellen könnte. Dass unser Abhol-Taxi erst später da sein würde, ist mir ganz recht, allein wegen der Aussicht auf die Berge, die mich so…nennen wir es surreal (ich bin ein Stadtkind!) umzäunen und die ich schon sehr bald aus der Vogelperspektive bewundern darf.
Doch bevor das soweit ist, quartiere ich mich im Bergresort Werfenweng ein und werde dermaßen verwöhnt, dass sich bei mir langsam Zweifel einschleichen, ob es sich beim bevorstehenden Paragliden nicht vielleicht doch um eine ziemlich riskante Angelegenheit handelt und ich nicht einfach ruhiggestellt werden soll – damit ich nicht durchdrehe, bevor ich oben am Hügel ankomme.
Um mir der Sache ganz sicher zu sein, laufe ich am nächsten Tag zum Landeplatz, der sich nur wenige Gehminuten vom Hotel entfernt befindet. Auf dem Weg treffe ich das kleinste Pony der Welt (und hoffe bis zuletzt, es würde mich später aus dem Koffer angrinsen) und sehe viele bunte Schirme, die durch die Luft gleiten und sich bei der Landung sanft auf dem Rasen ausbreiten. Ich meine, es sind sogar Kleinkinder dabei, was kann also schiefgehen?
Dass letztere Befürchtung nichts mit dem Paragliden an sich zu tun haben wird, werde ich erst später erfahren. Vorher herrscht aber Euphorie pur – seit ich weiß, dass ich mit ganzen zwei GoPros filmen darf, klicke ich mich wie besessen durch YouTube-Videos, um Inspirationen für mein ganz eigenes Meisterwerk zu sammeln.
Und dann ist es endlich soweit. Aufstehen, frühstücken und ab in die Gondel, die uns in schwindelerregende Höhe bringt, auf die Spitze des Berges, von der aus dann auch gesprungen wird.
Getrübt wird meine Stimmung nur durch den Piloten, der seinen Kollegen, der mir zugeteilt wird, einfach von der Liste streicht und sich neben meinen Namen einträgt. Leider verhält es sich mit seiner Laune eher antiproportional zu meiner, deshalb bekomme ich nur Antworten auf meine Fragen, bei der Grumpy Cat vor Stolz platzen würde.
Egal, davon lasse ich mir die Laune nicht verderben, schließlich werde ich in wenigen Minuten durch die Lüfte schweben. Und wer letztendlich hinter mir sitzt und den Schirm steuert – auch egal, solange wir nur bitte nicht runterfallen.
Da ich wie gesagt keine weiteren Fragen stellen darf, wird mir ein Helm in die Hand und später auf den Kopf gedrückt, die Sicherheitsgurte umgeschnallt und befohlen, stehen zu bleiben, bis es losgeht.
„Gibt Schlimmeres, als bei der Aussicht auf der Bergspitze zu hocken und das Auge genießen zu lassen“, denke ich mir, während die ersten schon Anlauf nehmen und abspringen. Und dann bin ich dran: rennen, rennen, rennen, egal wie groß der Widerstand ist, darauf was danach kommt, hat mich eh keiner vorbereitet. Und obwohl mir bei der Aussicht zu stolpern, umzufallen oder einen falschen Schritt zu machen schon etwas mulmig ist, laufe ich los und stelle beim ersten Schritt, der in der Luft landet, fest: ja, das ist es.
Das ist haargenau das, wovon ich als Kind schon geträumt habe. Einfach durch die Luft schweben, die Füße über den Bergspitzen baumeln zu lassen und keine Sekunde auch nur einen Funken Angst zu verspüren. Dafür reichen die Gefühls-Kapazitäten einfach nicht aus, weil alle Sinneseindrücke von der atemberaubenden Aussicht in Beschlag genommen, und sie noch lange danach dafür beansprucht werden.
Da kann mir auch die Tatsache, dass der Pilot mir während des Fluges die Kamera aus der Hand nimmt und einfach auf Fotoaufnahme umstellt, nichts anhaben. Dann habe ich halt kein Video vom Flug. Später muss ich mir sowieso eingestehen, dass kein Filmchen der Welt die Augenweide – sorry für die kitschigen Zeilen – wiedergeben könnte.
Nur zehn Minuten später ist alles vorbei. Viel zu schnell, ich könnte noch stundenlang da oben Pirouetten drehen und dieses Schwebegefühl genießen, das mir aus irgend einem Grund so vertraut ist, dass es schon fast gruselig erscheint.
Zehn Minuten, von denen ich noch Wochen später schwärmen werde. Was bleibt, sind die Fotos, Eindrücke – und der ultimative Entschluss, noch einmal wiederzukommen. Bis ganz bald also, Werfenweng!
Die Aussicht beim Paragliden.
Das kleinste Pony in Werfenweng.
Leni ausgerüstet zum Paranoiden.
Wuhuuuuu!!!!!
Vielen Dank an das Travel Charme Bergresort Werfenweng im Salzburger Land für die Unterstützung und das sie Leni diesen Traum erfüllt haben. Ich habe sie extra geschickt, weil ich schon bei dem Gedanken an das Paragliden einen Herzinfakt bekommen habe. Aber wie es das Schicksal so wollte, habe ich zur gleichen Zeit in Neuseeland einen Fallschirmsprung gemacht. Diese Welt ist manchmal so verrückt und unvorhersehbar …
5 Kommentare
Hach, schee wars!!!! :-)
Sieht wunderschön aus! Paragliden hab ich zufälligerweise in Neuseeland gemacht :D