Willkommen zu unserem Reisebericht Indien. Indien – das Land der Kontraste, Farben und Emotionen. Das erste Mal Indien ist immer etwas ganz Besonderes. Wir haben Stefan, der für Lilies Diary eine Indien Rundreise gemacht hat, zu den Eindrücken und Erfahrungen seiner ersten Indien Reise befragt. Wie hat er sich vorbereitet? Welche Seiten von Indien haben ihn überrascht? Welche Orte haben sich für immer in sein Gedächtnis gebrannt? Und was waren die schönsten Momente? Antworten auf diese und weiter Fragen findet ihr in unserem Reisebericht Indien. Viel Spaß mit dem Interview!
Reisebericht Indien: Es war dein erstes Mal Indien. Wie hast du dich auf dieses Land vorbereitet?
Um ehrlich zu sein, eigentlich gar nicht. Klar, man hat von Indien schon irgendwie immer ein Bild im Kopf, weil man weiß, dass es besonders extrem und besonders intensiv sein muss. Aber nichtsdestotrotz – oder gerade deswegen – wollte ich, wie eigentlich immer wenn ich reise, besonders offen und unvoreingenommen in Indien ankommen und mich überraschen lassen.
Ich glaube, das war auch gut so. Denn egal, was man mir erzählt hätte oder was ich mir vorher durchgelesen hätte – es wäre doch anderes gewesen. Anders, weil Indien einfach unglaublich einzigartig und vielseitig ist – eigentlich unbeschreiblich. Ich denke, es gibt wenige Länder, die so unterschiedlich betrachtet, wahr- und aufgenommen werden wie Indien. Dieses Land und seine Menschen bieten einfach so viel Raum für die eigene, ganz individuelle Wahrnehmung. Jeder sieht ja nur durch seine Augen – und gerade in Indien trifft das mehr denn je zu.
Reisebericht Indien: Beschreib uns kurz deine Reiseroute.
Zuerst haben wir ein paar Tage in Delhi verbracht. Ursprünglich waren drei Tage Delhi geplant. Ich habe aber gleich am ersten Tag für den meistzitierten Satz der Reise gesorgt: „Ohne Taj Mahal fahr ich hier nicht weg!“ Also wurde im Handumdrehen der Drei-Tage-Delhi-Plan verworfen und wir sind direkt am zweiten Tag nach Agra gefahren, um uns dort das Taj Mahal und die kleinere Version davon, das sogenannte Baby-Taj anzuschauen. Beides leider im strömenden Regen. Leider war es uns, aufgrund unserer Reiseroute, welche drei klimatisch ganz unterschiedliche Regionen beinhaltete, nicht möglich, Delhi außerhalb der Regenzeit zu besuchen.
Den dritten Tag verbrachten wir in Delhis Altstadt. Danach ging es ab nach Ladakh, danach nach Leh, wo wir zwei Tage verbrachten, um den über den Kardinal Pass ins Nubra Tal zu fahren. Dort haben wir dann ebenfalls zwei Tage verbracht, obwohl wir gern noch ewig dort geblieben wären. Anschließend ging es den beschwerlichen Weg über den Pass zurück nach Leh und von dort per Flugzeug nach Rajasthan und dann nach Jodhpur, wo wir knappe zwei Tage verbrachten. Die letzte Station unseres Trips war Jaipur, die rosarote Stadt.
Reisebericht Indien: Was war der farbenfrohste Moment der Reise?
Für mich definitiv Jodhpur. Die ganze Stadt ist schon so farbenfroh mit all ihren Blautönen. Dazu hatten wir das Glück, an einem der wichtigsten heiligen Feste in der Stadt zu sein, dem Geburtstag von Krishna, wenn ich mich recht erinnere, so dass die ganze Stadt voll war mit Menschen, die von überall herkamen und (vor allem die Frauen) in ihren bunten Kleidern die ganze Stadt bevölkerten. Egal wohin man sah, es war ein schier endloses Meer aus bunten Stoffen und Farben. Unglaublich.




Reisebericht Indien: Ich weiß nicht, ob es dir auch so ging, aber bei meiner Indienreise gab es Momente, da hatte ich Tränen in den Augen?
Das ging mir auch so. Und zwar im Sikh Tempel in Delhi. Dort werden täglich 25.000 Menschen mit Essen versorgt. Und das kostenlos. Alles finanziert sich durch Spenden und freiwillige Helfer. Ich gehe seit neun Jahren immer einmal im Jahr zur Vipassana Meditation, meditiere auch zu Hause und bin daher vertraut mit dem Prinzip von Dãna und dem Praktizieren von „Edelmut“ (Ditthi). Doch wie das dort in diesem Tempel gelebt und umgesetzt wurde, so pur – das hat mich tief berührt.
Das, was eigentlich in einem reichen Land wie Deutschland eine absolute Selbstverständlichkeit sein sollte, wurde dort von und für die Ärmsten in seiner ganzen Reinheit umgesetzt. Zu sehen, wie dankbar und demütig die Menschen sind, sowohl die, denen Essen gereicht wird, als auch diejenige, die dort freiwillig arbeiten, wie es funktionieren kann, wenn man nur will und wie wenig es am Ende bedarf, hat mich zu Tränen gerührt.
Reisebericht Indien: Indien ist das Land der Geschichten – der zwischenmenschlichen Geschichten. Kannst du uns eine erzählen?
Ich würde da eigentlich bei meiner Geschichte aus dem Sikh Tempel bleiben. Mehr Zwischenmenschlichkeit, mehr good vibrations und mehr Mensch-für-Mensch geht eigentlich nicht.
Es war einfach unglaublich zu sehen, wie die Menschen dort – scheinbar frei von allem irdischen Verlangen, allen Dogmen und Gesellschaftshierarchien wie den Kasten in Indien – füreinander da sind, etwas tun, ihre Zeit und Kraft dafür geben, anderen zu helfen, sich für die Gemeinschaft zu engagieren und ein bisschen dazu beizutragen, das Leben von jemand anderem besser zu machen.
Reisebericht Indien: Indien kann man ja eigentlich auch nicht ohne ein bisschen Spiritualität bereisen. Warst du beim Yoga? Meditieren? Im Tempel?
Yoga? Haha … ihr würdet vor Lachen am Boden liegen, wenn ihr mich beim Yoga sehen würdet. Ich bin ungefähr der ungelenkigste Mensch der Welt. Wenn ich den Baum mache, fällt der um und mein Krieger ist eher ein Lakai. Also Yoga war für mich zumindest ganz klar raus. Ich hätte sehr, sehr gern irgendwo länger meditiert. Beispielsweise im Himalaya, dort wo der Buddhismus die vorherrschende Religion ist. Leider hatten wir in unserem engen Zeitplan keinen Raum für eine längere Einkehr im Kloster.
Ich hätte wahnsinnig gern einen dreitägigen Kurs in einem Vipassana Zentrum gesessen oder ein paar Tage in einem Kloster das Leben eines Mönchs gelebt. Aber zumindest haben die Besuche noch mehr Lust darauf gemacht, statt nach Schweden oder Deutschland, wo ich normalerweise meditieren gehe, endlich mal nach Indien zu fahren. Ich bin gespannt, was diese überall gegenwärtige spirituelle Energie für einen Einfluss auf die Meditation hat.
Reisebericht Indien: Was fasziniert dich an Indien?
Die Menschen. Zum einen diese unfassbare Masse an Menschen. Das war für mich sehr beeindruckend. Wie so viele Menschen den Alltag und das Leben miteinander gestalten, gefühlt ohne je die Chance zu haben, allein zu sein. Aber auch die tief in der Gesellschaft verwurzelte Religiosität und Spiritualität – wie das gelebt wird, die Auffassung und das Praktizieren davon. Manchmal aber auch die blinde, devote Unterwerfung. Das ist so anderes als in unsere westlichen Welt. Und nochmal eine hundertprozentige Steigerung zu anderen asiatischen Ländern. Das hat mich total fasziniert. Es gibt eine schier unerschöpfliche Anzahl an Göttern und Gottheiten, die das ganze Leben in Indien enorm prägen.
Reisebericht Indien: Du bist den höchsten Pass der Welt gefahren! Erzähl, wie war es?
Aufregend. Ich dachte, man braucht spezielle Ausrüstung, zumindest aber ein spezielles Fahrzeug. Aber nix da. Für die Einheimischen ist das, glaube ich, eine normale Straße. Unser Guide z.B. überquert den Pass ca. 6 – 8 Mal im Monat. Ich fand es trotzdem aufregend. Allein das Wissen, auf dem höchsten befahrbaren Pass zu stehen, war geil.
Der Pass selbst ist relativ unspektakulär. Aber die Straße hinauf und hinab sind das eigentliche Highlight. Ich frage mich heute noch, wie wir es auf der schmalen, unbefestigten Straße an all den Militär Konvois vorbei geschafft haben. Wer die sechsstündige Tortur auf sich nimmt, wird dafür hinter jeder zweiten Kurve mit spektakulären Aussichten belohnt und fühlt sich die ganze Zeit wie auf einer Abenteuerexpedition.
Reisebericht Indien: Wie kommt man mit der Höhe klar?
Ich hab ja versucht, das schon in einem Teil meines Reiseberichts über Ladakh und den Himalaya anzudeuten: Die Höhe haut richtig rein. Ich habe mir das so nicht vorgestellt. Deswegen hier mein Tipp: Man sollte sich definitiv ein paar Tage zum Akklimatisieren gönnen, bevor man große Touren plant. Bei mir persönlich war es gar nicht so sehr die Atmung bzw. die Luft – zumindest nicht, wenn ich nicht grade Treppen steigen musste. Ich hatte eher mit tierischen Kopfschmerzen zu kämpfen und musste ständig pullern.
Reisebericht Indien: Der indische Himalaya – ein Traum. Kannst du das mit irgendeiner Landschaft vergleichen, die du schon mal gesehen hast?
Ehrlich gesagt – nein. Das war so einmalig und so „nicht von dieser Welt“, ich war einfach nur baff, stand ewig da und habe das Panorama um mich herum betrachtet. Ich habe versucht, das auch in meinem Bericht irgendwie herauszustellen: Das war wie eine vergessene Welt. Ein anderes Universum. Eine Zeitreise. Ein weißer Fleck auf der Landkarte.
Zwei Bilder haben sich in meine Netzhaut gebrannt: der Landeanflug auf Leh, unter mir das mächtigste und massivste Gebirge der Welt in all seiner Kraft und Größe und unsere Ankunft im Nubra Tal, eingekesselt wie eine fruchtbare und zugleich raue Oase inmitten des Himalaya, scheinbar abgeschnitten vom Rest der Welt. Weit weg. Ganz, ganz weit weg von allem – eine kleine Welt, mit anderen Farben, Düften und Menschen, die dort wohl noch genauso leben wie vor 100 Jahren.
Reisebericht Indien: Was für Tiere hast du gesehen?
Haufenweise Hunde, überall in Indien. Sie gehören aber dazu, werden gefüttert und dienen dazu, die Menschen zu bewachen. Aber auch Kamele, vor allem in Rajasthan in Jodhpur am Rande der Wüste. Dann Kühe an den absurdesten Plätzen. Auf der „Autobahn“, im Tempel, auf dem Kreisverkehr, auf dem Markt. Einfach überall. Die dürfen auch überall hin, weil sie heilig sind. Und Esel – in Ladakh sind die Kühe aus dem Rest Indiens einfach durch Esel ersetzt. Ansonten Trampeltiere, Pfauen und Hirtenmaina (Hirtenstar)
Reisebericht Indien: Beschreibe es in drei Worten. Indien ist …
… voll, pulsierend, atemberaubend!
Reisebericht Indien: Was war das schönste an dieser Reise?
Das Nubra Tal. Eindeutig. Mein Favorit. Aber auch im Café in Leh zu sitzen. Die Waschung am See in Jodhpur zu sehen und zu spüren. Die tollen Guides, die uns bis hinter die letzte versteckte Tür geführt haben. Der Sikh Tempel und das Chapati backen. Das mega leckere Indische Essen.
Reisebericht Indien: Was hast du in Indien gelernt?
Einmal mehr wie wichtig UND schön es ist, frei von allen Erwartungen und Zwängen etwas für andere zu tun. Und dass man zur Überquerung des höchsten Passes der Welt kein 4×4 Jeep braucht. Nichts ist unmöglich – Toyota. ;-)
Reisebericht Indien: Drei Dinge, die dich auf der Reise glücklich gemacht haben?
- das Essen :-)
- in einem kleinen Café in Leh „Babylon“ von David Gray zu hören – ein Lied, an dem für mich so viele Erinnerungen hängen
- ein Bier zu trinken mitten im Nubra Tal, mitten im Himalaya, umgeben von den massivsten Bergen der Welt
Vielen Dank für das Interview, Stefan!
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Ich muss lachen und möchte sagen: Fahr mal nach Indien #gedankengang