„Ich werde die ganze verf*ckte Woche nur hier am Zelt sein und Party machen!“ Der Däne kauft das Ticket nicht wegen dem Line-Up. Vielmehr kauft er das Ticket zum Exzess – dem völlig bedingungslosen schamlosen Exzess umgeben von friedlichen Leuten und Freunden. „Hier beim Roskilde Festival setzt man Kräfte frei, von denen wusste ich gar nicht, dass ich sie habe!“ Ich persönlich erreichte mein Limit nach gut 4 Tagen und konnte kein Bier mehr schmecken!
Das kam mir insofern ganz gelegen, als dass es mir nun leichter fiel das Bier effizient zu trinken und den Konsum auf EX zu beschränken. Weg mit dem shice. Am Sonntag konnte ich Bier auch nicht mehr sehen und wollte Leuten, die morgens um 10 schon Bier konsumierten am liebsten an die Gurgel fallen und sie anschreien – mein einzig überzeugender dänischer Satz ist jedoch:„Jai will gerne häv en öl.“ = „Ich hätte gern ein Bier.“ (authentischerweise falsch geschrieben) – irgendwie also so gar nicht passend.
Was macht man nun ganze vier bis acht Tage auf einem Platz der ordentlich stinkt, saumäßig verdreckt und ohrenbetäubend laut ist? Schlafen schon mal nicht, denn meistens hört sie Musik erst um sieben in der Früh auf. Eine Stunde später ist es schon so heiß im Zelt, dass man es dort drin eh nicht mehr aushält… Und nun? Man spielt ein Spiel, das garantiert lange dauert und von dem man einen ordentlichen Pegel bekommt! Bierbowling! Dauert ewig, danach hast du aber mindestens deine sieben Bier geext: manche Spielteilnehmer kotzen noch während des Spiels. Alle anderen im Camp schauen stumpf zu. Klasse. Und Sex – Sex ist auch ein guter Zeitvertreib. „It´s easy to have sex!“ Ich habe nicht so viel drauf gegeben, aber heidewitzka – schon ab dem ersten Tag, also Sonntag, blieben meine Begleiterinnen regelmäßig fern. Und wers exotischer mag, der kackte anderen ins Zelt. Oder noch besser: in den Schlafsack. Wirklich! Roskilde mag in Sachen Verkleidung den anderen Festivals etwas nachstehen – nicht aber in diesem Punkt! Düngemittel ahoi findet ihr in dieser feinen Vice-Fotostrecke.
Als ein sehr nachhaltiges Festival geht´s beim Roskilde Festival rund um das Thema „Change“ – DU darfst, kannst, sollst teilnehmen. DU darfst, kannst, sollst mitbestimmen. DU darfst, kannst, sollst verändern. Nebenbei kannst du noch dein Karma aufpolieren, weil du immer und überall auch irgendwo was Gutes tun kannst und deine Ausgaben in soziale Projekte einfließen. Noch nie habe ich das Wort „Recycle“ in einer Woche so oft gelesen. Wer neben dem ganzen Saufen aber noch Zeit für Inspiration und Kreativität hat, der kann sich CinemaCity, GameCity oder StreetCity (Skaten, yeaaah) und eine Menge Workshops geben. Umsichtig wie ich bin, habe ich das alles verpasst: Kein Graffiti-Kurs, keine TrashSafari („Have Fun with Trash“) und kein Bau einer Bierkathedrale für mich also. Mein Sonntags-Ausflug nach DreamCity war reichlich spät aber trotzdem ganz inspirierend – hier konnte man sich schon seit März als Häuslebauer versuchen und feine Camps errichten. Im 72hours – Projekt gaben Kreative aus aller Welt dann DreamCity den letzten Kick. Alles in allem ein sehr friedliches und liebevolles Festival.
OTON „Was macht das Roskilde einzigartig?“
Darüber, dass die Slipknot Fans sauer auf Rihanna waren, weil die überzogen hat oder darüber, dass auf dem Roskilde Festival eine ganz echte und wirkliche Hochzeit stattfand berichtet die Roskilde Tageszeitung. Außerdem sieht man dort Bilder von Nackten, Kotzenden, Leuten die Kotzenden die Haare aus dem Gesicht halten und das ganze alltägliche Leben halt… Hergestellt wird die Zeitung von Volunteers – das ist hier übrigens aufgrund der hohen Ticketkosten fast jeder Zweite.
Skandinaviern sagt man doch einen guten Stil nach, richtig? Ich freue mich, dass nun auch objektiv bestätigen zu können. Ich bin hier mit den Trends von morgen konfrontiert worden, was vielleicht auch damit zusammen hängt, dass sich hier überdimensional viele Anhänger der Generation „Hipster“ ansammeln. Aber das möchte ich eigentlich gar nicht so pauschalisieren, ich schwebe lieber auf der Wolke der Annahme, dass die dort angetroffenen Menschen eine Priese mehr Experimentierfreude, WTF-Einstellung und Einfach-Machen leben. Und heraus kommt eine Welt, in der irgendwie alles ganz schön shice aussieht, und auch doch schon wieder super gut. So zum Beispiel Männern in Leggins und Mädchen mit Palme auf dem Kopf. Es leben die ´80.
„Ein schöner Platz, um sich als Freund zu verewigen.“
Ich habe das Roskilde Festival also sowohl erlebt als auch überlebt. Sehr wahrscheinlich würde ich sogar wieder hingehen– nur um die ganzen Workshops nachzuholen – und vielleicht auch sowieso. Trotzdem frage ich mich nach der Notwendigkeit eines derart langen, exzessiven Festivals (meine naive Anfangsfrage, an welchem Tag man nicht betrunken ist, kann ich mit „Keinem“ beantworten!). War es die letzten Tage nicht doch eher nur ein erschöpfter, krampfhafter „Ich muss durchhalten und weiterfeiern“ – Zwang als wahres freies Vergnügen? Zurück in Deutschland brauchte ich eine gute Woche der Rehabilitation und Akklimatisierung. Noch heute – eine Woche danach wache ich nachts auf und bin von der Stille und der Übermenge an Platz im Bett verstört.
5 Kommentare
Ein toller Bericht! Vor allem die Bilder sind ja sehr ansprechend. Da bekommt man einen guten Eindruck von dem Festival. Ich selbst war schon auf einigen, aber das roskilde ist mir neu. Davon habe ich noch nie gehört. Es scheint aber einen Besuch wert zu sein!
Grüße
Tobi
Und so wars beim Dockville Festival :)
http://kreativsaison.wordpress.com/2013/08/23/festival-ms-dockville-und-ganz-grose-emotionen/
Das ist übrigens Partnerfestival des Roskilde.
Wann und wo fand das Festival denn statt? Es ist immer wieder aufregend an solch einer Veranstaltung teilnehmen zu können. Ein guter Ausgleich zum Alltagsstress.
Musst du mal bei google eingeben, dann bekommst du die aktuellen Termine für 2014