„Wir hören Jazz wenn es Zeit ist“, berichtet John während er schwungvoll mit seinem Taxi in die Kurve einer Serpentine fährt. Die Nacht bricht ein und es wird dunkel im Regenwald. Ab und zu versteckt sich hinter einer Kurve eine kleine Siedlung mit ein paar Häusern. Frauen und Kinder sitzen davor auf Bänken. Ziegen stehen am Straßenrand und grasen. Hunde schlendern über die Felder und Männer treffen sich zum „Hahnenkampf“. Hinter der nächsten Kurve kommen uns dicke Rauschwaden entgegen. „Da haben sie wieder gerodet weil jemand Hanfsamen angepflanzt hat.“ Jeder Kurve bringt eine neue Überraschung mit sich.
Zeit für den Jazz ist es genau einmal im Jahr, anfang Mai, wenn der Klang des Saxophones in der Luft liegt. Vom 30. April bis 13. März 2012 findet das 21. Saint Lucia Jazz Festival statt. Das große Opening ist in Castries. Mindoo Phillip Y, Fay Ann, Busy Signal und Teddyson John spielten. Danach gibt es 14 Tage lang auf der ganzen Insel Veranstaltungen. Teatime Jazz, Waterside Jazz, Jazz on the Bay und Jazz in the South. Highlight ist Toni Braxton, Diana Ross und Bob Marleys Sohn, Ziggy Marley, tritt auf. Das Jazz Festival Saint Lucia eignet sich perfekt dafür, die Insel zu entdecken. Nach dem Opening im Norden, am wunderschönen Rodney Bay geht es in den Süden. Neben exklusiven Veranstaltungen mit Tickets auf der Pigeon Island, gibt es auch freie Veranstaltungen, so wie im Rudy John Beach Park in Vieux Fort.
Nie vergessen, wenn man auf ein Jazz Festival geht – den eigenen Stuhl!
Freitagabend in Vieux Fort. Der Geruch von Grillfleisch und Kohle liegt in der Luft. Freitag ist Barbecuetag auf der Insel. Egal wo, es werden Tische auf die Straße getragen und der Grill angeschürt. Barbecue gehört zu Saint Lucia wie die Pitons, das Wahrzeichen der Insel. Vor der Kirche, gegenüber des Rudy John Beach Parks werden Hähnchenschlegel und Lammkeulen auf den Rost gelegt und Plastikteller verteilt. Danach zieht man normalerweise weiter, in eine Karaokebar, nimmt das Mikro in die Hand und singt. Heute bleibt man still und hört lieber den Sisterhoods zu, die als erstes die Bühne betreten. Erst die vier Musiker, dann die drei Backgroundsängerinnen und zum Schluss die vier Ladies – die Sisterhoods. Bevor sie loslegen wird die Nationalhymne angestimmt, „das schönste Lied aller Lieder.“ Allmählich verlagert sich das Treiben der Straße in den Park. Der zweite Song wird angestimmt. Ein Liebeslied. Genauso wie das Dritte und das Vierte. Es gibt nicht nur den richtigen Zeitpunk für den Jazz, sondern auch für die Liebe. Freitagabend. Und wie ich da so stehe, dem Bass und den Percussion zuhöre, fallen mir auch gewisse Parallelen auf, zwischen dem Jazz und der Liebe – einer Beziehung. Zwei unterschiedliche Instrumente treffen aufeinander und spielen ihren eigenen Rhythmus. Unterschiedlich schnell und langsam doch zusammen eine Melodie, die je schöner und stimmiger wird, desto mehr man sich drauf einlässt. Auf den Jazz genauso wie auf die Liebe.
Jazz in the South am Coconut Bay
Vom Jazz beflügelt fahren wir zurück zum Anse Chastanet. Die Nacht ist heute besonders hell. Es ist Vollmond und der Mond größer und heller als sonst. Die Straßen sind leer, der Hahnenkampf vorbei. Jetzt hört man den Sound des Regenwalds – Frösche und Grillen wie sie nach der Liebe suchen.
Der Regenwald und seine Vegetation – eine unglaubliche Vielfalt von Lianen bis hin zu Orchideen und Farne. Und vielleicht verirrt sich auch ab und zu eine White Widow im Regenwald.
Blick durch den Regenwald auf die Pitons.
9 Kommentare
„Zwei unterschiedliche Instrumente treffen aufeinander und spielen ihren eigenen Rhythmus. Unterschiedlich schnell und langsam doch zusammen eine Melodie, die je schöner und stimmiger wird, desto mehr man sich drauf einlässt. Auf den Jazz genauso wie auf die Liebe.“
Oh wow! Wirklich toll und sehr lyrisch! Und wahr!
Danke!
Das ist einer dieser Zufälle (wenn auch in diesem Fall aus einem traurigen Anlass). Schau mal in dem Link die Beschreibung zu dem Foto. Wo es aufgenommen wurde.
http://www.spiegel.de/kultur/musik/funk-saenger-chuck-brown-ist-tot-a-833672.html
Ach krass…