Hier kommt der zweite Teil von Gesas kleinen Tripp. Ob ihr Traumjob Reiseblogger ist, wie sie mit gefährlichen Schmalzbrot umgeht und sich durch Kickertisch-große Fleischplatten frisst, erfahrt ihr heute. Das war auch der Grund, warum ich nicht in das Burgenland fahren konnte – ich bin Vegetarier ;)
Ich bin hundemüde! Meine Glieder sind schwach und ich fühle mich erschlagen! Was für eine Schande – ich war eigentlich immer ein sehr aktives Kind, das den ganzen Tag draußen rumgetollt ist und nie krank war. Heute fühle ich mich den Büroschluffis verbunden und denke den Klassiker: „So viel Frischluft bin ich nicht mehr gewohnt“. Meinen Wecker habe ich offensichtlich überhört, aber durch den Türspalt drängt schrecklich unstimmige Musik aus dem Flur an mein Ohr. Es klingt, als spiele man zwei Songs gleichzeitig ab. WAS IST DAS? Es ist 10 Minuten vor Treffpunktszeit – ich fasse den Entschluss, dass das ein Zeichen sein soll und stelle mich dem Tag. „Guten Morgen! Ich war schon joggen! So ein toller Tag!“, schlägt mir die gute Laune einer freudestrahlenden Blogger-Kollegin ins G´sicht. „Herrjeeee“, denke ich mir. Wie kann man 24 Stunden gute Laune haben und obendrein noch so viel davon überhaben, dass man alle um einen herum gleich mit versorgt? Wie eine fürsorgliche Mutti, die immer einen mit Wasser und Desinfektionstücher gefüllten Rucksack dabei hat. „Lass das! Du machst mir ein schlechtes Gewissen!“ Ich beschließe Morgenmuffel zu sein.
Nach dem Frühstück machen wir direkt am Seeufer Yoga mit Daniela. Christian immer mit der Kamera voll drauf und auch die alten Opis haben sich auf die Bank hinter uns gesetzt – „nach unten stehender Hund“ und so … Dann ging sogar noch die Feuerwehr-Sirene zur Übung los. Kann mir einer erklären, warum die freiwillige Feuerwehr in Österreich nicht wie jeder fortschrittliche Mensch über ein Handy oder einen Pieper kommunizieren kann, sondern einen Alarm wie aus Kriegszeiten benutzt? Wie dem auch sei, tiefenentspannt war ich nach dieser Yogastunde trotzdem wie noch nie! Der absolute Wahnsinn. Yogamenschen strahlen immer so eine Ruhe und Zufriedenheit aus, da wird mir ganz schlecht – aber wohlig schlecht. Ich fühle mich dann ganz bedudelt, als hätte ich getrunken. Und dann reden die immer so sanft und ruhig. Egal – ich bin voll angekommen – bei mir, in mir, überall – egal, muss ich öfter machen.
Yoga für Kameramänner
Danach gings flott in die Pannonia Brauerei zum Golser Bier. Harri ist ein echter Typ! Wir waren keine Minute dort, da sprudelte es schon so aus ihm heraus – ich bin gar nicht mitgekommen. Dabei hat er im österreichischen Dialekt so viel so schnell zu erzählen, dass er sich fast selbst überschlägt. Ich würde sagen ich bin wirklich gut in der Fremdsprache „Österreichisch“ und hatte ortskundige Kameraden dabei, aber manchmal wusste ich trotzdem nicht wie mir geschah. Tatsächlich habe ich mich beim Zuhören von einem Nomen zum übernächsten gehangelt, stichpunktartiges Zuhören nenne ich das!
Dafür kenne ich jetzt den Bierfächer. Neben dunklem Bier, dann hellem Bier, dann Weizen, dann hellem Bier habe ich zwischendurch auch ein bisschen Malz genascht. Vom Hopfen habe ich lieber die Finger gelassen – mit dem Verhältnis beim Brauen verhält es sich nämlich so: für 5000Liter braucht man 1000kg Malz, aber nur 2kg Hopfen. Ich wäre wahrscheinlich explodiert. Am Nachmittag kam dann das völlig unerwartete: ein Hubschrauber-Rundflug. Hatte ich schon erwähnt, dass Ursula zaubern kann? Das alles war sehr spontan, gesehen – gewünscht – bekommen. Ursula verschwand kurz mit dem Mann bei dem man zahlt hinterm Bus, und schwupp hatten wir die Tickets (klingt irgendwie jetzt schlimm, aber nein nein, alles ganz anständig und mit Bargeld gelöst!). Der Pilot hat ordentliche Kurven gedreht – danach war mir etwas flau im Magen. Scheinbar war ich wirklich aufgeregter als ich dachte – hier mal fürs Amüsement ein Bild von mir vorm Abflug. Die Ader da habe ich zuvor noch nie gesehen! Ausnahmezustand in Podersdorf!
Mit 2 PS geht’s mit der Kutsche zu den Mangalitze-Schweinen. Nicht, dass es wirklich spannend wäre Schweine anzuschaun – aber diese Dinger sind wirklich einen Blick wert. Einfach zum wegschmeißen. Und riiiiesig sind die! Danach ab zu Tschisti´s Saftladen mit den Tiroler Ziegen mit der schwarzen Zunge.
Für den Nachmittag war ein Besuch beim „Heurigen“ (da soll es so Brotzeit und Selbstgemachtes geben) angesetzt. Ich lasse mir von jemandem erklären, dass wir hier bei Tschisti jetzt zum Beispiel bei einem Heurigen sind. Also Schlussfolgere ich logisch, dass das hier jetzt unsere einzige Mahlzeit sein wird. Oma Tschisti will, dass ich was esse – also bestelle ich! Tapfer lese ich mich durch eine Speisekarte einiger mit Fleisch belegter Brote und entscheide mich für das, was am harmlosesten klingt: Schmalzbrot. Das Schmalz aus dem Reformhaus bei meiner Mama zu Hause hat in Maßen immer ganz in Ordnung geschmeckt… Ich bin kein Vegetarier, aber manchmal verzichte ich gerne auf Fleisch und anderes tierisches Zeugs. Meistens schmeckt es mir schon, nach dem dritten Biss denke ich dann aber zu viel nach und überhaupt, irgendwie wird der Geschmack dann zu intensiv – dann werde ich zum Wahl-Vegetarier. Ich stelle fest: das hier ist kein Reformhaus – das hier ist Dorf und Eigenproduktion! Ein Blick auf das dick belegte Brot (eher Schmalz mit Brotbelag) und sehe Schmalz in seiner reinsten Form. Es schmeckt tierisch – sehr tierisch. Da stehe ich nun – vor einem ganzen Laibschnitt Schmalzbrot, und weiß nicht wie ich es halbswegs runterkriegen soll. Ich möchte ja auch niemanden beleidigen. Was auf den Tisch kommt wird gegessen, und Kulturen sind zu würdigen. Unauffällig lasse ich meine blass-orange Serviette auf das Brot fliegen – huuuch, mit einer galanten Handbewegung streife ich mit der Serviette übers Brot – das lasse ich dann nochmal ungeschickt aus der Hand fallen, sodass es upside-down mit der fettigen Seite auf den Plastikteller fällt und alles überschüssige Fett da kleben bleibt. Jetzt bin ich bereit – ein großer Biss und schnell den Wein nachspülen – der ist ausgesprochen gut! Famos! So lässt es sich leben. Ich stelle fest – dass mein Akt einer Selbstgeißelung nahe kommt – das hier war gar nicht unser Abendbrot! BÄM! Ich darf nicht immer so gierig sein. Lektion gelernt. Abendbrot gibt’s trotzdem wieder beim Heurigen, mit diesem humorvollen und possierlichen Tierchen an unserer Seite:
Zu viert bekommen wir eine Kickerfeld-große Platte voll mit (ja, Fleisch-)Spezialitäten der Region. Fleisch, überall nur Fleisch! Wieder zwinge ich mich zu probieren. So lange zu probieren, bis es mir schmeckt. Es fällt mir schwer, ein freudiges Gesicht zu wahren – ich fürchte, langsam sieht man mir den Krampf an. Wenn die Mundwinkel beim Lachen nach unten zeigen, dann ist alles vorbei! Ich weiß gar nicht, warum ich sogar ein drittes Mal probiere – aber vielleicht schmeckt es irgendwo ja doch, und es ist nur dieser Hase, der mir ein schlechtes Gewissen macht. Ach ja, Blutwurst schmeckt nach nichts: „Ja, das isst man auch nur mit Senf und Meerrettich zusammen“ – ja aber, hörst du was du sagst? Warum isst man etwas, das doch eigentlich zugegeben gar nicht schmeckt? In ein Stück Fleisch verliebe ich mich dann doch – es ist eine Hassliebe – das schiere fett ist so weich, ich fühle mich auf Wolken gebettet. Gleichzeitig widert mich der Gedanke an … ich einige mich darauf nur jede zweite Scheibe zu essen. Zum Ausklang genieße ich „Auslese Julian 2011“ – ein Rotwein, bei dem mir jetzt noch das Wasser im Mund zusammen läuft. „Gooottt, was ist das?! Gebt mir mehr davon!“ Ich habe mich gerade erst daran gewöhnt Weißwein zu trinken und lasse getrost die Finger von Rotwein, aber Leute – mein Kind wird Julian heißen!
Am Abend auf der Party zwischen Hoppern, Machos und solariumgebräunten Mädchen treffe ich auf meine neue Lieblingsband: Gudrun von Laxenburg. Die Wiener Antwort auf Deichkind. Für die etlichen anderen Floors ist mein Alkoholpegel zu niedrig und mein Alter zu hoch, aber es herrscht ne ausgelassene Stimmung.
Sonntagmorgen, zum Abschied picknicken wir direkt am See – ich komme zu dem Entschluss, dass das gleiche Essen heute 100x besser schmeckt als gestern. Da habe ich draußen zu einer zu frühen Uhrzeit bei zu grauem Himmel und zu kalten Temperaturen zu lange auf das Essen warten müssen. Heute ist hingegen alles perfekt. In der Vormittagssonne falle ich danach in einen wohligen Verdauungsschlaf und fühle mich wieder wie ein Kind. Ich bin zufrieden!
Bevor ich das Land verlasse (im wahrsten Sinne des Wortes) komme ich dem Surfen an diesem Mittag so nah wie noch nie an diesem Wochenende – es geht zum StandUp-Paddling. Windsurfbrett (gefühlt doppelt so lang wie ich) ohne Segel geschnappt, Paddel in die Hand und gute Reise! Erst wacklig kniend, dann kriegerisch stehend paddle ich über den See und fahre ganz weit raus. Da, wo man in seiner eigenen Blase schwimmt, und White Lies von Max Frost vom Ufer nur noch dumpf wahrnimmt. Ich lege mich in der Sonne aufs Brett und lasse Füße und Hände ins Wasser gleiten. Wieder bin ich vollkommen zufrieden. Hier auf dem Wasser herrscht Frieden. Ich beschließe nächstes Jahr wiederzukommen. Und dann so ein coole Tretboot mit Rutsche zu mieten. Und einen Kitesurfkurs zu belegen. Ja, das werde ich machen!
Das nennt man Slakline
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