Im Laufe des Lebens, mit fortgeschrittenem Alter, trifft man zunehmend auf das Gefühl, dass man schon alles kennt, die Weisheit mit Löffeln gefressen hat und auf jede Frage des Lebens eine Antwort hat. Tja, irren ist menschlich.
„Bist du eigentlich romantisch, Christine?“, war die Frage, die mich eines besseren belehrt hat. Sie war so simpel und einfach, kam so unscheinbar daher, aber löste plötzlich einen vulkanartigen, brodelnden Gedankenfluss in mir aus, der mehrere Stunden anhielt.
Die erste unüberlegte, gedankenlose spontane Antwort:
„Ich war es einmal aber ich glaube es wurde mir abtrainiert.“
Diese Aussage hört sich nach verbitterter, alten Jungfer an und im nachhinein und nach genauerem Nachdenken bezweifle ich auch, dass Romantik mit dem Verb trainieren kombiniert werden kann, darf und sollte.
Aber ich war wirklich mal romantisch. Ein romantisches, kleines, naives Mädchen, das von seinem Prinz auf den weißem Ross träumte, der sie mit einem Strauß Rosen zum Candle-Light Dinner abholt und ihr somit seine endlose Liebe zeigte. Dann habe ich gemerkt, dass ich eine Pferdeallergie habe, Rosen stechen, ich viel lieber im hellen esse um zu sehen, was ich auf dem Teller habe und auf einem Ross auch Platz für zwei Prinzessinnen ist. Romantik ist also nichts für mich, stellte ich fest. Wenigstens die Art Romantik, die uns von den Medien vorgegauckelt wird. Also habe ich mir meine eigene erfunden, die sich vorwiegend aus Taten definierte und mit Garantie immer nach hinten los ging oder nicht gewürdigt wurde. Ich habe einmal zwei Monate ein Liebestagebuch für den Liebsten geschrieben mit meinem geheimsten Gedanken und Gefühlen, welches bis heute nicht gelesen wurde, da er ein Buchmuffel war. Meine selbst gekochten Abendessen, die ich stundenlang vorbereitet haben, wurden auch nie gewürdigt. Vielleicht weil es immer genau zum Beginn der Sportschau fertig war und romantische Wochenenden in Paris endeten mit Übernachtungen auf dem Bahnhof in Hannover und nicht in Paris. Es war schmerzhaft aber leerreich. Romantik hat also nichts mit den Medien zu tun und auch nicht mit meinen Vorstellungen was mit gefällt und ich toll fände sondern mit den Bedürfnissen des Partners. Auf die sollte man eingehen und die sollte man erfüllen. Das ist glaub ich die wahre Romantik.
Mich von der Bushaltestelle abholen, wenn es in Strömen regnet und man weiß, das sich natürlich wie immer keinen Schirm dabei habe, ist in meinen Augen romantisch.
Die Haare aus dem Abguss ziehen, weil ich vor Ekel reinkotzen würde wenn ich es tun müsste, finde ich genauso romantisch wie sich stillschweigend mein unsinniges Gejammer über das Leben anzuhören. Ja, das ist Romantik.
Bei einer Sache bin ich mir aber noch nicht so sicher, ob sie romantisch ist, obwohl sie auf meine Bedürfnisse abgestimmt ist – gegen meine kalten Füße unter der Bettdecke ankämpfen, indem man pupst um Wärme zu erzeugen.
Ich glaube, da gibt es durchaus romantischere Möglichkeiten…
5 Kommentare
Toller Post, tolle Worte. ;) Und ja, es sind die Kleinigkeiten die die Romantik ausmachen, und die das Besondere im Leben sind!
Endlich hat mir jemand die perfektes Ausrede fürs Pupsen unter der Bettdecke geliefert :-)
Wenn man andere Beiträge von dir kennt, könnte man glauben, dass habe jemand anderes für dich geschrieben, so klug und intelligent ist das. Nur bei Ortographie und Interpunktion hapert es nach wie vor.
Leider habe ich nicht immer die nötige Zeit um einen Gedanken zu Ende zu denken. Sonst würde bestimmt öfters so ein Bericht entstehen. Aber ich gelobe Besserung. Genauso wie bei Ortographie und Interpunktion. In diesem Fall war sie mir ja mal nützlich – sie beweist, dass der Text wirklich von mir ist ;)
Schöner Text! Bin immer wieder erstaunt, wie offen du schreibst. Könnte ich glaube ich nicht. Aber DIE Romantik gibts halt nicht (höchstens das passende Album von Element Of Crime von 2001 :-) Trotzdem romatisch wie du das schreibts. Und der "Pariser" Typ…naja…ab dafür. Sagt wer? Ein Romatiker.