Ich habe sie mir gemacht, diese ganzen Vorsätze. Diese kleinen Änderungen im Leben, die mir glaube ich, das letztes Jahr ziemlich viel Energie geraubt haben. Eine davon war einfach immer durchzuarbeiten und den Samstag und Sonntag völlig zu ignorieren. Das will ich nicht mehr. Ich möchte einen Tag für mich, mich treiben lassen durch den Tag und vielleicht auch durch die Stadt.
Deswegen habe ich eine neue Rubrik eingeführt. Nicht nur für meinen Sonntag, sondern auch hier auf dem Blog – Sonntagsausflug. Was kann man schönes machen, an einem Sonntag? Wo kann man hinfahren? Und vor allem – was kann man an nur einem Tag lernen.
Was ich mir schon seit Monaten vorgenommen habe, aber nie geschafft habe umzusetzen – einen Ausflug zu machen. Irgendwo in die wunderschöne Natur und einfach ein klein bisschen frische Luft genießen. Ich habe auf meiner Facebook-Seite meine Freunde gefragt, was sie denn alles Schönes empfehlen können? Hängengeblieben bin ich bei der Britzer Mühle. Sie sah total idyllisch aus, wie sie da so auf der saftig grünen Wiese stand. Treffpunkt für mich und meine Begleitung Katja – Britz Süd an der U-Bahn. Als wir ankamen wurde mir dann ziemlich schnell klar, dass wir doch noch 45 Minuten laufen müssten bis zum ersten Stopp – die Britzer Seeterrasse. Als ich die Mühle gegoogelt habe, bin ich auf den Park nebenan gestoßen und ein wunderschönes Restaurant am See. Der Plan war erst einzukehren und dann durch den Park zur Mühle und zurück nach Hause zu fahren. Es hätte noch 15 Minuten gedauert bis der nächste Bus gekommen wäre. Also habe ich vorgeschlagen eine Stadion zu laufen. Und noch eine. Und noch eine. Und scheisse… Irgendwie waren wir so vertieft über Urlaubsgespräche und Eindrücke von Sri Lanka und Vietnam, dass ich die Entfernung und die Zeit etwas falsch eingeschätzt habe und der Bus an uns vorbei fuhr. Scheisse!!! Und nun? Wieder zwanzig Minuten warten? Nein. Dann laufen wir eben erst zur Mühle und gehen dann zum Restaurant. Der Weg von der U-Bahn zur Britzer Mühle ist alles andere als schön. Es geht an einer vierspurigen Straße entlang. Plötzlich, hinter dem gelben Schild eines Tierbedarfsladen und dem knallroten Schild einen Discountbäckers, sehe ich zwei Windmühlenflügel. 50 Meter weiter steht das Restaurant direkt an der befahrenen Straße und die Windmühle direkt dahinter. Also idyllisch ist was anderes und von frischer Luft keine Spur. Ich kann auch nur einen kurzen Blick auf die Mühle werfen, denn ein großes Schild mit einem durchgestrichenen Hund, verhindert, dass ich mich in Ruhe umschauen kann. Ich gebe es zu, ich fühle mich etwas schlecht. Da lotse ich uns 45 Minuten von Berlin weg, verspreche meiner Begleitung eine wunderschöne Natur und eine idyllische Mühle und dann stehen wir in einer Art Gewerbegebiet.
Na ja, 200 Meter weiter ist auch schon der Parkeingang. Schon als wir um die Kurve gegangen sind, wurde ich etwas stutzig. Da sind Schranken vor einem Park? Da ist ein Bezahlhäuschen? Na gut, bei den Berliner Verhältnis zum Müll und seiner Beseitigung kann ich gut verstehen, dass sie eine Eintrittspauschale wollen, damit sie damit den Park sauber halten können.
Die Schranken, waren grau, der Himmel war grau und die Stimmung gleich tiefschwarz. Der Mann im Bezahlhäuschen hat uns darauf hingewiesen, dass es theoretisch 2 Euro kosten würde. Fahrräder und Hunde sind aber nicht erlaubt. Ich schaue ihn sprachlos an. Wo gibt es denn so was? Ein Park wo keine Hunde reindürfen??? Ich glaube, wir haben uns beide kurz überlegt den Bezahlkassenmann zu bestechen, aber dann war es mir auch zu blöd. „Na dann TSCHÜSS“, sagte ich, krallte die Leine fest und marschierte mit strammen Schritt davon.
Dann tut es mir aber doch wieder leid, dass wir keine Bestechungsversuche gemacht haben, denn ich vermerke einen enttäuschten Gesichtsausdruck bei Katja. Ich glaube, ich muss die Menschen das nächste Mal warnen. Wenn sie sich mit mir verabreden, geht meistens ziemlich viel bis alles schief. Es läuft nie was nach Plan, denn so sehr ich mich auch bemühe, irgendwie stehe ich dann doch am falschen Bahnsteig, habe irgendwas vergessen zu recherchieren oder eine höhere Macht kommt ins Spiel. Ich denke kurz darüber nach einfach wieder nach Hause zu fahren und Projekt „Sonntagausflug“ zu begraben. Scheint schon einen Grund zu haben, warum ich das vorher nie gemacht habe.
„Gibt es ein veganes Restaurant in Neukölln in das du schon immer mal gehen wolltest?“,
frage mich Katja? „Tausende!“ Ich bin begeistert, wenn es jetzt irgendwas gibt, was die Stimmung wieder aufhellt, dann ESSEN. Mit meiner letzten Akkukraft googeln wir ein paar Restaurants und entscheiden uns für eine Straße, in der es gleich zwei vegane Restaurants gibt. Wir sind sehr lernfähig. Zwei Restaurants bedeutet die doppelte Chance, dass eins davon offen ist.
Also, zurück zur S-Bahn Herrmannsplatz. Dann eigentlich Richtung Sonnenalle, doch irgendwie habe ich gerade als wir die S-Bahntreppen hochgegangen sind, einen Monolog über das vegane Leben gehalten und Katja hat sehr interessiert zugehört und so sind wir einfach in die erste S-Bahn gestiegen, die ankam und natürlich genau in die falsche Richtung gefahren ist.
Ja, wir sind beide blond, aber dass hat gar nichts damit zu tun!!! Wir sind einfach begeisterte Erzähler und Zuhörer und haben das geschafft, was ich eigentlich die ganze Zeit wollte, von einem Sonntagsausflug. Wir haben die Zeit vergessen, manchmal auch den Raum und haben uns irgendwie treiben lassen. Jetzt sind wir an der S-Bahnstation Tempelhofer Feld. Wir hätten einfach aussteigen und in die nächste Bahn in die andere Richtung wieder zurückfahren können. Aber nein! Irgendwie ist es Schicksal, dass wir jetzt hier gelandet sind. Also gibt es einen Obstsalat und eine Runde auf dem Tempelhofer Feld. Den Boris stecke ich noch kurz in ein Hundeauslaufgebiet und er freut sich wie Bolle und macht Sprünge wie ein junges Reh. Na also. Da hat das ganze doch schon einen Sinn – Boris ist glücklich und wir auch, denn der Wind pfeift so schön über das Feld und ich fühle mich ein bisschen, wie an der Nordsee. Nur ein kleines bisschen, aber das reicht schon.
Und zum Schluss wurden wir für alles belohnt. Wir haben uns doch noch auf den Weg in die Straße mit den zwei veganen Lokalen gemacht. Das Erste war wirklich noch zu, doch das zweite, „Let it be“, war die Entdeckung des Tages. Es hat sich alles gelohnt um jetzt hier zu sitzen, mit einem veganen Burger und veganen Pfannkuchen auf dem Tisch und tollen Kochbüchern im Regal, zum Durchblättern und so leckeren Kuchen!
Und da ist er doch wieder – der Sinn. Wäre der Bus nicht vorbeigefahren, wären wir zu den Seeterrassen, hätten uns nicht auf den Weg nach Neukölln gemacht, die falsche Bahn genommen und letztendlich nicht im Paradies gelandet.
Das war er, der perfekte Sonntag – ich habe mich einfach treiben lassen.
Anbei noch ganz viele Fotos von dem tollen Café “Let it be“:
Tolle Wände im Café!
Hier bestellt man seine Köstlichkeit
Speisekarte
Let it be – vegan Creperie
veganer Pfannkuchen
Zutaten
8 Kommentare
Das mit der Neigung durchzuarbeiten kenne ich als Selbständige auch. Muss mich auch immer daran erinnern, dass Sonntage etwas sehr Gutes haben und ich freie Zeit brauche.
Zu Deinem Sonntagsausflug: Treiben lassen bedeutet eben treiben lassen. Also wenn es einen wohin verschlägt, wo es nicht gefällt, einfach die Richtung zu wechseln. Klingt insgesamt nach einem sehr gemütlichen Sonntag.
Cool, diesen veganen Laden kenne ich noch nicht. Muss ich bald mal ausprobieren. Danke für den Tipp.
Ist echt super!!!!
Ja, Durcharbeiten – aber irgendwann geht es dann (leider, zum Glück?) nicht mehr weiter und man muss einfach Pause machen. Deswegen sind dann Wochenenden da :) Und ich bin überzeugt, dass Du am Montag, nach einem so ereignisreichen Sonntag, wieder mit neuer Motivation am Arbeiten warst !!
Ja aber am Mittwoch erschlagen mich die unbeantworteten Mails ;)
Hallo Christine,
der erste Teil deines Ausflugs hat mich wirklich total zum Schmunzeln gebracht. Das hätte uneingeschränkt genau so auch mir passiert sein können. Schön, dass du dann trotzdem noch den perfekten Sonntag hattest.
Liebe Grüße
Christina
Ja, mal schauen, was ich dieses Sonntag mache :)
Das klingt super, manchmal muss sowas einfach sein. In Gedanken in die falsche Bahn bin ich bei einer Tour durch die Stadt auch schon gestiegen. Und mein Haar ist weit von Blond entfernt ;) Finde solche Erlebnisse machen das Leben erst lebenswert, wovon erzählt man sich unter Freunden oder Kollegen? Meist nicht von dem super tollen Sonntag bei strahlendem Sonnenschein an dem alles perfekt funktioniert. Da kommen eher die Geschichten wie bei dir, die einfach viel spannender sind. Mein Verlobter und ich erzählen uns aus der Zeit des Kennenlernens auch meistens die Geschichte wie wir im Kino bei Cars 2 saßen, eigentlich die 3D Vorstellung gebucht hatten, wir aber die einzigen mit Brille im Saal waren. Sind vor lauter Reden in den falschen Kinosaal gegangen, haben es nach einiger Zeit beide gemerkt, haben uns aber nicht getraut dem anderen vorzuschlagen noch den Saal zu wechseln. Du siehst, du bist nicht allein.
Viele Grüße, Silke