Leni von Style Kitchen ist für mich zum Höhepunkt der Fashion Week 2013 gegangen, die Michalsky Stylenite mit jeder Menge Bussis, prickelnden Alkohol und einem Happy End für die Füße.
“Der letzte Tag. Die letzte Show. Das letzte Mal den Laufsteg der Eitelkeit entlanglaufen, Bussis verteilen und Sekt schlürfen.
So oder ähnlich stelle ich mir die Michalsky Stylenite vor und werde – doch das weiß ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht – nicht enttäuscht.
Zumindest, was die Fashionweekklischees angeht, die Bussis und den Sekt. Generell scheint das Modevölkchen nur durch das Prickelwasser bei Laune haltbar zu sein.
20:30, langsam füllt sich der Platz vor dem Tempodrom, immer lauter wird das Blitzlichtgewitter, das einen neugierig macht darauf, wer sich hinter der Wand aus den Kamerafunken befindet. Ein neugieriger Blick zwischen den sich schubsenden Ellenbogen der Kameraleute und die enttäuschende Erkenntnis: Barbara Becker. Hauptberufliche Bussiverteilerin, Becker-Ex und Mami. Langweilig.
Egal, hier geht es ja um die Show, also rein ins Zelt, fancy Schwarzlichtstempel und persönliche Platzkarte abgeholt und ab ins Getümmel.
Natürlich geht so eine Michalsky Stylenite nicht pünktlich los. Erst wird sich in allen möglichen Konstellationen vor der Logowand aufgestellt, abgelichtet, wieder gebusselt. Man hat sich zurechtgemacht, zumindest jeder, wie er kann. Von Ballerina-Tütü über bauchnabeltiefe Dekollétes bis zum ins Gesicht hängenden Fascinator ist alles dabei.
Zwischendurch wird einem Kosmetik von Santé angeboten und beim Blick ins Goodie-Körbchen fragt man sich, wozu ein hellblauer Kajal denn gut sein soll.
Endlich hallt der Gong durch die Wartehalle, die Türen öffnen sich, man darf rein. Doch sich einfach Platz nehmen wäre einer echten Highlightshow nicht würdig. Erst wird Promi-Tetris gespielt, wichtige gegen unwichtige Menschen, Plätze und Wortfetzen ausgetauscht, nachgerückt und verhandelt. Wer vorne sitzt, darf sich wichtig nennen und das will ja schließlich jeder. Gemütlich, dieses Treiben von einem der hinteren Ränge zu beobachten, von denen aus man eine wunderbare Aussicht auf den kreuzförmigen Laufsteg hat. Ich weiß gar nicht, was sie da unten alle haben.
Nach einigem Hin-und Her (und nachdem Collien Fernandez endlich ihren Platz in der Front Row gefunden hat) geht das Licht aus, der Applaus verrät mir, dass etwas Spannendes auf dem Laufsteg passiert, von meinem Platz aus bekomme ich solche Neuigkeiten nur mit 5-Sekündiger Verzögerung mit.
Ein männliches Model läuft mit entschiedenem Gesichtsausdruck den Laufsteg entlang, bleibt abrupt stehen, dreht sich um neunzig Grad und geht genauso entschieden weiter. Ehe man sich fragt, ob er sich verirrt hat, erkennt man, dass es sich um eine hochkomplizierte Choreographie handelt, bei der Packman sich vor lauter Neid selbst auffressen würde.
Man sieht lässige Shorts, Sweatshirts, und Parkas. Der anfangs entstandene Eindruck, es würde die FW2008-Kollektion von H&M gezeigt werden, verfliegt schnell, nachdem Jacken und Hosen mit grafischen Prints ihren Auftritt feiern, knalliges Orange gute Laune macht und silbern glänzende Sneakers Lust auf mehr machen.
Ich gebe zu, so kriegt man mich: etwas Knallfarbe, etwas Metall, etwas Druck – schon bin ich überzeugt.
Während die komplette Zuschauerreihe den live vorgetragenen Song auf Shazam taggt, warte ich gespannt auf die Frauenkollektion, der nun eine hohe Messlatte vorgelegt wurde. Belohnt wird meine Geduld mit Pastellfarben, Chiffonstoffen und wieder: Metall.
Macht Lust auf Sommer, macht Lust auf … ja worauf eigentlich?
„Sweet Freedom“ heißt ja die Kollektion, die ein Freiheitsgefühl widerspiegeln soll. Vielleicht etwas zu weit hergeholt, aber Herr Michalsky nahm sich offensichtlich die Freiheit, auf das Setzen neuer Trends zu verzichten und auf Klassiker zurückzugreifen. „Never change a winning team“ macht sich hier als Motto bewährt – und überzeugt trotzdem. Maxiröcke, Stilmix, Metall, Knallfarben.
Mehr braucht man für eine gelungene Kollektion nicht. Und das scheint der Designer sehr gut verinnerlicht zu haben.
Und während der tosende Applaus ausbricht, die Lichter angehen und Barbara Becker den fünfzehn umherstehenden Fotografen beweist, wie lieb sie ihre Freundin hat, indem sie auf deren Schoß klettert, schleiche ich mich aus dem überfüllten Saal, packe die Kamera ein und ziehe schon im Taxi meine Mörderheels aus. Die Fashion Week ist vorbei. Meine ganz persönliche Version von sweet freedom.”