Ich hasse Sonntag. Daran hat sich seit meiner Kindheit nichts geändert. Schon damals mit 12 hatte er für mich eine Endzeitstimmung. Das Wochenende war vorbei, der Montag stand vor der Tür, die Büchertasche musste gepackt werden und man musste wieder bald ins Bett. Das hat sich wiederum geändert. Heute gehe ich sehr gerne, sehr früh ins Bett. Dafür habe ich auch keinen Sonntag mehr.
Samstag ist noch alles ok. Da steht man auf, putzt die Wohnung, trifft Freunde, macht den Wocheneinkauf und versucht alles zu erledigen, damit man den Sonntag frei hat und rumhängen kann. Erst einmal lange schlafen, steht auf dem Programm. Nur scheiße, wenn man dann schon um spätestens halb 9 wieder putzmunter ist. Na ja, dann setzt man sich halt noch einmal kurz vor dem Laptop und checkt Mails und plötzlich fallen einen tausend Sachen ein, die man ja noch schnell machen könnte: Überweisungen, alte Mails beantworten, sinnlos durch World Wide Web zappen. Sie Sonne scheint draußen. Es ist ein Sonntag mit Sonne. Super! Gleich gehts raus, in den Park, Eis essen, spazieren gehen, das Leben genießen und sich erholen. Nur noch schnell ein paar Dinge erledigen. Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Noch schnell bei tumbl einen Account anlegen, stumbleupon wollte man doch auch schon immer mal ausprobieren und was passiert den bei Xing und google+. Aus „nur noch kurz“ werden gleich zwei Stunden. Es ziehen leichte Wolken auf. Mist. Nur noch schnell auf Facebook die Statusmeldungen checken und den Blogpost schreiben. Die leichten Wolken werden dicker und dunkler. Endlich schaffe ich es mich vom Laptop loszureißen, springe in meine Joggingklamotten und möchte erst einmal ein paar Runden laufen um den Kopf wieder frei zu bekommen von dem ganzen Internetzeugs. Schuhe an, Schlüssel schnappen und raus. Und da fängt es an – zu regnen. Scheiße! Keinen Bock auf Regen und keinen Bock nass zu werden. Also wieder rein. Noch einmal schnell an den Laptop und schauen wie das Wetter wird. Mist. Den ganzen Tag Regen. Oh, schon wieder fünf neue Mails. Ach komm, beantworte ich noch schnell. Ich habe ja sonst nie Zeit. Und dann wollte ich mir doch noch zwei Bahntickets kaufen und ein Geschenk für Mutti brauch ich auch noch. Wollte auch schon immer mal bei Zalando schauen, was die so für Schuhe haben…
Drei Stunden später. Der Regen hat aufgehört. Aber jetzt ist es schon wieder dunkel. Das war es schon? Das war wieder ein Sonntag? Jede Woche nehme ich mir vor, mal zu entspannen, nichts zu tun, raus in die Natur zu gehen und einfach das Hirn baumeln lassen. Doch es klappt nie. Jeden Sonntag versinke ich im Laptop. Schaue, mache, bestelle, organisiere. Und dann ist 20 Uhr. Ich schaffe es zum ersten Mal das Haus zu verlassen, weil ich eine rauchen will. Überall sind schon die Lichter in den Wohnungen an. Fernseheraparate flimmern an den Wänden. Der Tatort am Sonntag wir geschaut! Ich nehme mir jeden Sonntag vor, an diesem deutschen Volkstrend teilzunehmen, um am nächsten Tag mitreden zu können wer schon wann wusste das der Mörder die Cousine des Ehemanns war und sich dann darüber aufzuregen, dass es mal wieder eine ganz schlechte Folge war. Aber auch das schaffe ich nie. Erstmal setzte ich mich vor dem Laptop und schaue was sonst so kommt. Man könnte ja was verpassen und dann fällt mir auf, dass ich noch ein Buch bei amazon bestellen wollte und ich muss unbedingt mal wieder meine Bilder ordnen. Dann ist es 23 Uhr und ich fühle mich wie erschlagen. Die Freiheit des Sonntags hat mich in die Arbeit getrieben. Toll. Wie immer. ich hasse Sonntage…
13 Kommentare
Kommt mir unheimlich bekannt vor. Allerdings nicht nur Sonntags. "Sorry, ich bin zu spät, wollte nur kurz Mails nachsehen und dann waren plötzlich 2 Stunden rum."
Es ist eine Sucht…
Es ist 22:20Uhr, mein freund schläft schon seit einer stunde, ich liege im Bett und eigentlich wollte/sollte ich auch schon Schäfchen zählen, aber da fiel mir ein: " Wollte auch schon immer mal bei Zalando schauen, was die so für Schuhe haben…" :D
Wer hat bloß Online-Schuhshops und tragbare Computer erfunden!
in diesem Sinne: Ich leide mit dir!
Ich finde es wesentlich angenehmer an den Samstagen etwas zu unternehmen, weil man dann immer noch den Sonntag zum Erholen hat. Abgesehen davon kommen einem die Wochenenden dann auch viel länger vor. Und wenns dann am Sonntag auch noch regnet und man ohne schlechtem Gewissen mit dem Notebook auf der Couch rumliegen kann … perfect!
Hallo Fremde, wer bist du und warum schreibst Du Geheimes aus meinem Leben? Famos!
Ich glaube wir Menschen ticken alle ähnlich ;)