Immer wenn ich in einem fremden Land, einer fremden Stadt oder einer fremden Region bin, spiele ich das „Was wäre wenn“-Spiel. Was wäre wenn ich hier aufgewachsen wäre? Wo hätte ich gelebt? Wie wäre ich aufgewachsen und was wäre aus mir geworden? Wenn ich mir allerhand möglichen Szenarien ausgedacht habe, spiele ich das Spiel noch weiter – ich untersuche alles und jeden, dem ich begegne. Ich möchte wissen, wie dieser fremde Mensch lebt. Wie er frühstückt, wie sein Tag aussieht, was er abends im Fernsehen anschaut und mich dann fragen: Könnte ich auch so leben? Passt dieses Leben nicht viel besser zu mir? Wäre ich nicht glücklicher?
Bitte versteht das nicht falsch, ich bin nicht unglücklich. Im Gegenteil. Doch ich bin eine ewig suchende Optimiererin. Eine unverbesserliche Perfektionist, die immer versucht ihr Leben noch besser zu machen, denn es gibt ja nur das eine und die Zeit ist knapp und sowieso. Normalweise bekomme ich auf meine „Was wäre wenn“-Spiel und all die Sachen, die ich mich frage, keine Antwort. Normalerweise.
Diese ganzen Frage stelle ich mir ja nur, weil ich Länder und Regionen besuche, die ich sonst gar nicht kennenlernen würde, wie beispielsweise den Bregenzerwald. Hier bekomme ich in 13 Dörfer in der Region Antworten, auf so viele Fragen, die ich mir manchmal stelle. Wie und Wo? Auf den „Umgang“ Wegen. Umgang, was für ein einfaches Wort und doch so vielseitig. Die Region hat in 13 Dörfer Säulen aufgestellt, durch die man durchschauen kann, ein Gebäude sieht und dazu eine Frage gestellt bekommt. In der dazugehörigen Karte, gibt es die Antwort und im dazugehörigen Buch „Umgang Bregenzerwald“ die Geschichten.
An fast einem Abend habe ich sie alle gelesen, weil sie mich einfach verzaubert haben. Und vielleicht auch, weil das Buch mit seinem Filzdeckel einfach so wunderbar in der Hand liegt. Besonders gefallen hat mir die Geschichte von Irmgard Kramer, die das schildert, was ich mir immer versuche vorzustellen. Wie ist es, wenn man hierher ziehen würde? Sie erzählt, wie man sie beim ersten Kneipenbesuch wie eine außerirdische mit tellerförmigen Schleimtentakeln, die ihr aus dem Kopf wuchsen, anschaute. Doch sie fing an sie zu lieben. Die Bregenzerwälderinnen und Bregenzerwälder und ihre Natur. 2010 musste Irmgard auch nicht mehr nach Dornbirn pendeln, wo sie als Lehrerin arbeitete. Sie blieb, bekam den Auftrag für das „Reisemagazin Bregenzerwald“ Texte zu schreiben und lernte all die interessanten Personen aus der Region kennen vom Wunderheiler bis zum Skilehrer. Sie wurde langsam aber stetig eine Wälderin und hat ihren ganz besondern Ort gefunden – den Lift auf dem Brüggelekopf – den sie immer schon als Kind gefahren ist. Ob sie sich damals auch schon gefragt hat „Was wäre wenn?“
Das Buch erzählt vom Umgang der Bregenzerwälderinnen und Brezenderwälder mit sich selbst, miteinander und mir ihrer Landschaft, ihren Häusern, ihrer Arbeit, Musik und mit allem, was das Leben bringt. Die Texte im Buch sind von den unterschiedlichsten Menschen und zu den unterschiedlichsten Themen geschrieben. Ich bekomme einen Einblick in das Land, die Leute und ihr Leben, den ich sonst, als normaler Urlauber nicht bekommen hätte. Und es führt mich an Orte und Wege, die ich sonst nicht gegangen wäre. Es lenkt meine Aufmerksamkeit auf Häuser, die sonst an mir vorbeigezogen wären. Die 12 Wege sollen dabei Helfen den Bregenzerwald zu erkunden. Wer ihnen folgt und neugierig in die Säulen schaut und seine Karte liest, wird die Region und ihre Menschen mit andern Augen sehen. Auf jeden Fall versteht man danach, warum hier alles so aussieht, wie es uns erscheint und bekommt einen Blick hinter die äußere Erscheinungsform der Dinge. Dieser Blick, macht nicht nur Menschen, sondern auch ganze Regionen interessant.
Unterwegs im Bregenzerwald
Abendessen im Hotel Krone
Ich habe einen Plan
Weitere Infos zum Umgang Bregenzerwald findet ihr hier
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