Fünf Monate lang habe ich die Ehre erfahren, in Quito, der höchstgelegenen Hauptstadt der Welt, auf 2800 Metern über dem Meeresspiegel wohnen zu dürfen. Fünf Monate lang habe ich hier gearbeitet. Fünf Monate lang habe ich hier neue Freundschaften geknüpft. Fünf Monate lang habe ich hier die Kultur und die Traditionen der Ecuadorianer kennengelernt, sowie den Einfluss der Zugezogenen erlebt. In fünf Monaten erlebt man so einiges. Quito, dessen koloniale Altstadt seit 1978 ein UNESCO Weltkulturerbe ist, hat mehr zu bieten, als manch einer vielleicht denkt. Die Stadt schmiegt sich in die Anden und beeindruckt mit einer Länge von mehr als 30 Kilometern. Innerhalb dieser 30 Kilometer trifft man auf Einheimische und Ausländer, auf Arm und Reich, auf Tradition und Moderne. Ich gratuliere jedem, den es nach Quito verschlägt, denn diese Stadt ist definitiv einen Besuch wert. Doch neben den zahlreichen Sachen, die in jedem Reiseführer als ‚Must-Do’ oder ‚Must-See’ aufgelistet sind, gibt es noch eine Menge mehr zu entdecken und zu erleben. Um überhaupt einmal irgendwo anzufangen, hier nun sieben Dinge, die man auf jeden Fall bei einem Besuch in der höchstgelegensten Hauptstadt der Welt gemacht haben sollte.
Urlaub in Quito – Mit dem TeleferiQo fahren und den Rucu Pichincha erklimmen
Zugegeben, das ist ein Punkt, der auch in den Reiseführern erwähnt wird. Allerdings ist das wirklich ein Muss! Die Seilbahn namens TeleferiQo bringt dich auf 4.000 Meter Höhe auf den Vulkan Pichincha, von wo aus du einen unvergleichbaren Blick über ganz Quito genießen kannst. Für diejenigen, die motiviert sind und sich von der Höhe nicht abschrecken lassen, führt von der Endstation des TeleferiQo der Weg hoch auf den Gipfel des Rucu Pichincha. Es heißt also noch einmal tief Luft holen und Kraft sammeln bevor du loslegst, denn während des Weges wirst du dich vielleicht fragen, warum du dir das überhaupt angetan hast. Doch das Gefühl von Erleichterung, Glück und Stolz, das du verspürst, wenn du auf dem Gipfel stehst, ist die Anstrengung definitiv wert!
Urlaub in Quito – Die Vielfalt der Märkte entdecken
Eine Sache, die mich jedes Mal wieder beeindruckt, sind die (zumindest für mich) ungewöhnlichen Früchte, die man hier findet. Der beste Ort dafür sind die unzähligen Märkte in Quito. Granadillas, Pitahayas, grüne Mangos, Naranjillas und Baumtomaten soweit das Auge reicht. Und das ist nur der Anfang. Mitunter das beste Mittagessen gibt es meiner Meinung nach ebenfalls auf den Märkten. Von Morocho über frischgepresste Säfte bis hin zu Hornado oder LLapingachos – da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Vegetarier sollten jedoch zwischenzeitlich die Augen schließen, wenn sie an den ganzen zubereiteten Schweinen, die stolz vor den einzelnen Ständen präsentiert werden, vorbeilaufen. Die Geräuschkulisse ist ebenfalls erwähnenswert. Die Verkäufer kämpfen in der Hoffnung auf eine Bestellung lautstark um deine Aufmerksamkeit. Dass manche der älteren Herrschaften überhaupt noch eine Stimme haben, verblüfft mich immer wieder aufs Neue. Wenn ihr dem Markt einen Besuch abstattet, probiert definitiv einen Naranjilla-Kokos-Saft!
Urlaub in Quito – 40 spielen
40 („Cuarenta“ ausgesprochen) ist DAS ecuadorianische Kartenspiel. Die Hochphase erlebt es Anfang Dezember, wenn die Fiestas de Quito anlässlich der Stadtgründung am 6. Dezember stattfinden. In diesen Tagen glühen die Finger und zu Hause (oder im Büro) wird wenig Anderes gemacht. Außenstehende können nur schwer nachvollziehen, warum man für „Schönheit“ oder „Saubermachen“ Punkte bekommt oder man mit einer einzigen Karte fünf andere gewinnen kann. Lasst es euch von einem Quiteño (einem Bewohner Quitos) erklären und spielt einige Runden mit, dann habt ihr den Dreh schnell raus. Aber Achtung: Suchtgefahr!
Urlaub in Quito – Mit einer Chiva fahren
Für die Einen ein großer Spaß, für die Anderen etwas lächerlich, aber irgendwie ein Muss, wenn man schon einmal in Quito ist: eine Fahrt mit einer Chiva. Am besten trifft es wohl die Übersetzung „Party-LKW“. Die Chivas kriechen erneut vor allem zu den Fiestas de Quito aus ihren Höhlen (oder eher Garagen), um feierwütige Menschen aufzunehmen, sie einige Stunden lang tanzend durch Quitos Straßen zu kutschieren und sie mit Reggaeton, Salsa und den neuesten Charts zu beschallen. Lasst euch von dem Vibe mitreißen, hebt eure Gläser voller Canelazo und stoßt auf das Leben an. Womit wir direkt zum nächsten Punkt kommen.
Urlaub in Quito – Canelazo trinken
Ein Getränk, das Ecuador wie kein anderes symbolisiert, ist Canelazo, ein heißes, alkoholisches Gemisch. Es setzt sich aus dem Saft von Naranjillas, Wasser, Zucker, Alkohol wie Aguardiente oder Puntas, Nelken und Zimt zusammen und schmeckt einfach köstlich. Mich erinnert es jedes Mal etwas an Weihnachten, aber in Ecuador wird es eigentlich das ganze Jahr über getrunken. Ein exponentieller Anstieg wird allerdings abermals während der Fiestas de Quito verzeichnet. Salud!
Urlaub in Quito – Salsa im Lavoe tanzen
Eine der bekanntesten Salsa-Diskotheken Quitos ist das Lavoe. Wollt ihr einmal ordentlich eure Hüften schwingen und lateinamerikanischen Klängen lauschen, seid ihr hier genau richtig. Bei meinem ersten Besuch habe ich mich wie der Elefant im Glashaus gefühlt. Alle Paare haben absolut großartig, rhythmisch und grazil miteinander getanzt; ich hingegen bin meinem Partner auf die Füße getreten, habe meine Hand in anderer Leute Gesichter geschleudert und bin ständig aus dem Takt gekommen. Doch nach einer Weile hat man den Dreh immer mehr raus und fühlt sich nicht mehr von allen Seiten belächelt. Eine Runde Salsa in dieser großartigen Atmosphäre solltet ihr euch auf keinen Fall entgehen lassen.
Urlaub in Quito – Das Refugio de los Sueños besuchen
Wenn man als Tourist in eine neue Stadt kommt, erlebt man oft nur eine Seite dieses Ortes. Die wohlhabende, schöne, geregelte, beeindruckende Seite. Die touristische Seite eben. Doch um ein vollständiges Bild einer Stadt oder einer Gesellschaft zu bekommen, ist es meiner Meinung nach sehr wichtig, auch die andere Seite kennenzulernen. Genauso erging es mir in Quito. Am Anfang war ich nur mit der einen Seite in Berührung, doch ich wollte auch die zum Teil harte, weniger schöne Realität mancher anderer Menschen kennenlernen. So bin ich auf das Refugio de los Sueños gestoßen, eine Tagesstätte für Kinder aus äußerst schwierigen Familienverhältnissen. Sie wurden von ihren Familien missbraucht, in den Drogenhandel involviert oder leiden einfach unter extremer Armut. Das Refugio bietet ihnen einen Ort, an dem sie sich zumindest für ein paar Stunden sicher, geborgen und geliebt fühlen und einfach Kind sein können. Bei meinem ersten Besuch war ich zutiefst schockiert darüber, in welchen Verhältnissen manche Menschen aufwachsen und leben. Doch auch das ist ein Teil von Quito. Die Kinder sind unglaublich offen, liebenswürdig und sind mir innerhalb von fünf Minuten ans Herz gewachsen. Freiwillige, die sich mit der sozialen Situation auseinandersetzen und helfen möchten, sind jederzeit gern gesehen und herzlich willkommen. Ich rate jedem, das Refugio zu besuchen. Man lernt einiges mehr über die Gesellschaft und lässt auf jeden Fall ein Stück seines Herzens bei den Kindern. Und vielleicht ergeht es euch so wie mir: Ihr kommt zum ersten Mal ins Refugio und bleibt letztendlich mehrere Wochen.
Auch wenn diese sieben Punkte ein guter Anfangspunkt sind, könnte ich die Liste noch ewig weiterführen. Wie gesagt, die höchstgelegene Hauptstadt der Welt hat einiges zu bieten und überrascht mich immer wieder aufs Neue. Quito – und Ecuador im Allgemeinen – hat mich begeistert, hat mich sprachlos, verblüfft, manchmal kopfschüttelnd und verständnislos, voller Bewunderung, voller Zuneigung und voller Liebe zurückgelassen. Jetzt werde ich erst einmal die ecuadorianische Gelassenheit, die Salsa-Musik, den dazugehörigen ordentlichen Hüftschwung, exotische Früchte und noch vieles mehr vermissen. Ich verbeuge mich vor den vergangenen fünf Monaten und dieser unglaublichen Stadt und hoffe, dass ihr bei einem Besuch ebenso unvergessliche Momente erlebt und tolle Erinnerungen sammelt!
DIE GASTAUTORIN:
Hallo, ich bin Linda. Geboren und aufgewachsen bin ich im wunderschönen Würzburg in Unterfranken. Da es auf der Welt jedoch noch viele andere wunderschöne Orte gibt, zieht es mich oft – öfter, als meiner Familie oder meinen Freunden lieb ist – weit weg. Nachdem ich mein Medienkommunikationsstudium abgeschlossen hatte, habe ich also erneut meinen Backpack, meinen besten Freund, gepackt und Deutschland vorerst den Rücken gekehrt. Gerade habe ich fünf Monate in Ecuador gelebt, doch meine nächste Station steht ebenfalls schon fest: Asien. Neben Fotografie, Nähen und Essen liebe ich es, auf meinen Reisen die verrücktesten und interessantesten Menschen kennenzulernen. Denn von jedem – egal wie verrückt – kann man etwas lernen, und das möchte ich mir nicht entgehen lassen!
3 Kommentare
Da bekommt man ja richtig Lust auf Quito! :) Danke für den super informativen Artikel und die Insider-Tipps. Da würde ich gerne noch mehr lesen!
Hallo, danke für den Bericht – allerdings ist Quito ja keine Hauptstadt? :D Von wegen „höchstgelegene Hauptstadt“ … Sorry fürs Besserwissen … :D
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Quito ist die höchstgelegene Hauptstadt der Welt, da hier auch der Regierungssitz ist.