Viermal muss ich umsteigen, um das kleine Dorf Vals in der Schweiz zu erreichen. Bereits die Anreise ist ein tolles Erlebnis! Es geht mit dem Zug vorbei am schimmernden Zürichsee, wo sich in weißen Segeln die Sonne fängt, weiter durch die imposante Rheinschlucht, einem Paradies für Rafter und andere Wassersportler, um schließlich mit dem Bus die abenteuerlichen Serpentinen der Graubündner Berglandschaft zu erklimmen. Ganz weit hinten dann in einem beschaulichen Tal auf 1250 Metern erreiche ich mein Ziel. Das Dorf Vals in der Schweiz sagt man, hat 1000 Einwohner, 1000 Gästebetten und 1000 Schafe. Eines dieser Betten wird für die nächsten Tage meines sein und von hier aus werde ich für euch auf Erkundungstour gehen und davon natürlich berichten!



Vals in der Schweiz: 1. Tipp – Ankommen
Um 17:50 setzen die Kirchturmglocken in Vals in der Schweiz ein, um erst 10 Minuten später wieder zu verklingen als die Alpenbläser den Dorfplatz betreten. Neben dem Brunnen mit der Marienstatue reihen sie sich auf, hinter ihnen geraniengeschmückte Holzhäuser aus einem anderen Jahrhundert, das älteste am Platz zieren die Ziffern 1658. Vor der unwirklichen Kulisse der Valser Steilwand wird der erste Ton angestimmt und bald füllt eine schwere Melodie den Ort. „Beim Wegkreuz“, „Von meinem Berge“ und „Am Dorfrand“ lauten die Titel der alten Lieder, die von den Hobbybläsern in Trachtenhemden vorgetragen werden. Nur das ein oder andere Auto, das den Dorfplatz kreuzt, zerstört die Illusion einer anderen Zeit.
Ein Blick auf das familiengeführte Hotel Alpina, das mir für die Tage in Vals in der Schweiz als Unterkunft dient, bringt mich schließlich zurück in die Gegenwart. Das Gebäude wurde vor einigen Jahren vom Bündner Architekt Gion A. Caminada renoviert und bildet mit seinen großen Glasfenstern und klaren Linien einen erfrischenden Kontrast zu den holzgetäfelten Nachbarhäusern. Eines jedoch haben alle Gebäude in Vals in der Schweiz gemein: ein Steindach ist ein Muss! Der graue Quarzitstein dazu kommt aus dem nächsten Steinbruch und ist beliebtes Exportgut, an dem sogar China und Brasilien Interesse haben. So ein Steindach kostet dann zwar etwa das Doppelte eines gängigen Ziegeldaches, ist dafür aber sehr viel stabiler und langlebiger. Bei einer Gemeinde, die bereits mehrfach von Lawinenunglücken und Hochwassern heimgesucht wurde, ist das ein wichtiger Punkt. Selbst in der etwas höher gelegenen Siedlung Leis, wo die avantgardistischen Holzhäuser des berühmten Schweizer Architekten Peter Zumthor stehen, wird die Tradition der Steindächer fortgeführt. Und auch die nahegelegene Therme, die 1996 feierlich eröffnet wurde, hat der Schweizer Architekt Peter Zumthor mit 60.000 Platten des massiven Quarzitsteins ausgestattet und damit eine Attraktion von Weltruf geschaffen.
Vals in der Schweiz: 2. Tipp – Entspannen
Eine wohlige Wärme umfängt mich. Ich taste mich durch das gedimmte Licht der Umkleide vorbei an einem schweren Vorhang hinein in die Valser Therme. Inzwischen habe ich schon viel erfahren über ihre Geschichte, ihre Architektur und ihren Schöpfer Peter Zumthor, der 1986 die Ausschreibung zum Neubau der Therme gewann. Mit erstaunlichen 85 % stimmten die Valser damals für seinen andersartigen, besonderen Vorschlag und entschieden somit gleichsam über die Zukunft ihres kleinen Bergdorfes. Der Plan ging auf, heute reisen Gäste aus der ganzen Welt nach Vals in der Schweiz, um die einzigartige Architektur der Therme selbst zu erleben.
Auch ich stehe endlich vor dem grau-silbrigen Valser Quarzitstein, aus dem Zumthor sein puritanisches Meisterwerk geschaffen hat. Hier im zentralen Becken der Therme schmiegt sich dampfendes Wasser in klaren Linien an die dunklen, schweren Steinquader. Gigantische Fensterscheiben geben den Blick frei auf den wilden Berghang, der das Dorf Vals hoch überragt. Ich befolge den Rat der netten Empfangsdame und gehe neugierig auf Erkundungstour. Hinter jeder Ecke, in jeder Nische verbirgt sich eine neue Überraschung: hier eine fließende Quelle, da ein Klangerlebnis, dort ein weiterer sakral-anmutender Raum. Überall ist es dabei mystisch und düster und minimalistisch. Keine einzige Rundung durchbricht die Geometrie der Architektur.
Als ich das Dampfbad betrete, empfängt mich fast vollkommene Dunkelheit. Ich taste mich durch drei Räume, unterteilt nur durch schwere Gummivorhänge, von Raum zu Raum steigern sich Dampf und Hitze. Meine Augen müssen sich erst an die Finsternis gewöhnen, die nur wenig durch zwei gelblich glühende Deckenlampen unterbrochen werden. Alle meine Sinne sind gefragt, um herauszufinden, ob sich noch jemand mit mir im gleichen Raum befindet, als ich mich für einige Minuten auf dem schwarzen, weichen Stein niederlasse. Ich denke darüber nach, wie sich das auch in der Geradlinigkeit der Architektur widerspiegelt, dass man sich zurückbesinnt auf Wesentliches und dies ohne Ablenkung genießen kann. Deshalb sind auch elektronische Geräte wie Smartphones in der Therme verboten, nichts soll das Sinneserlebnis mindern.
Und so kann ich ohne äußere Einflüsse einfach mal sein, mich treiben lassen, unter freiem Himmel im Außenbad mit den Wolken fliegen und dabei die frische, klare Bergluft atmen. Peter Zumthor hat mit der Therme 7132 wahrlich ein Erlebnisbad geschaffen. Aber eines ohne Rutschen, ohne Whirlpools, ein Erlebnis nur aus Stein und Wasser.
Öffnungszeiten: Mi -So, 11:00 Uhr bis 20:00 Uhr | Adresse: 7132 THERME,
7132 Vals | Anmeldung: via therme@7132.com oder +41 58 7132 010 | Preis: 80 CHF
Vals in der Schweiz: 3. Tipp – Kräuterkurse
„Den Garten betritt man nicht mit den Füßen, man begeht ihn mit dem Herzen.“ Schnell verstehe ich, wieso Claudia Vieli Oertle gerade diesen Spruch gewählt hat, um den Eingang ihres Kräutergartens zu zieren. Die sympathische Valserin mit den Sommersprossen hat an einem einst unbewirtschafteten Berghang unweit des Dorfplatzes mit ganz viel Liebe und Begeisterung einen Ort geschaffen, an dem jedermann willkommen ist. Zum Beobachten, Genießen, oder einfach zum Erholen.
Auf 450 Quadratmetern wachsen in dem Schau- und Nutzgarten neben Klassikern wie Thymian, Lavendel und Salbei auch mir bis dato unbekannte Kräuter mit klingenden Namen wie Muskatgarbe, Moschusmalve, Agastache oder Schabzigerklee. Claudia kann jeder Pflanze ihre Wirkung zuordnen, lässt mich riechen, schmecken und zeigt mir die vielen Insekten, die es mir gleichsam tun. Von ihrer Grossante, der „Chrüter-Urschlä“ hat sie bereits als Kind schon viel über Heilpflanzen erfahren, sich aber erst im Laufe der Jahre ein fundiertes Wissen erarbeitet, welches die gelernte Grafikerin jetzt auch an die Besucher des Bergdorfes weitervermitteln möchte.
Dazu bietet sie regelmäßig Kräuterkurse an, in denen die Wirkung und die Anwendung der verschiedenen Heilpflanzen erlernt werden können, außerdem geführte Wanderungen, auf denen gemeinsam Kräuter gesammelt und diese anschließend verarbeitet werden. Neben verschiedensten Teemischungen entstehen dabei auch Tinkturen, Salben, Lotionen und Badezusätze. Dass es Claudia bei alledem nicht um einen etwaigen Profit geht, ist spürbar, ihre Neugierde und Experimentierfreudigkeit sind so ansteckend, dass auch ich einmal in die Welt der Valser Bergkräuter hineinschmecken möchte.
So probiere ich mich bei einer Teeverkostung durch fruchtige Erdbeerblätter, die gegen Entzündungen im Mundraum helfen, über kalt aufgegossene Malve gegen Hustensymptome und entzündungshemmenden Stiefmütterchentee bis hin zum erstaunlich bitteren Wermut, der sich positiv auf die Verdauung auswirken soll, insofern man ihn denn herunterbekommt. Claudias Herzensprojekt, der Kräutergarten Bidem in der Berglandschaft von Vals in der Schweiz hält all diese reichhaltigen Schätze der Natur bereit und sie freut sich auch über deinen Besuch.
Adresse: Vals, varriert je nach Wanderung | Anmeldung: Über die Webseite www.kräuterkurse.ch oder telefonisch unter +41 795445141 | Preis: 55 CHF




Vals in der Schweiz: 4. Tipp – Wandern
Eine Wanderung in den umliegenden Steilhängen der Valser Berglandschaft ist bei jedem Besuch hier ein Muss. Mehr als 50 abwechslungsreiche Routen in unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden umfasst das Wandergebiet. Ich folge heute dem Fußabdruck des Birkhuhns, dem Zeichen für den Valser Moorlehrpfad, der mich zuallererst über den beeindruckenden Kamm des Zerfreila Staubeckens führt. Eine 150 Meter hohe Mauer hält das türkisblaue Wasser des Zerfreilasees zurück, aus dem in insgesamt drei Staustufen Strom produziert wird und der so der kleinen Gemeinde Vals alljährlich zu einer beachtlichen Einnahmequelle verhilft. Überragt wird der See vom Zerfreilahorn, auch „Kleines Matterhorn“ genannt aufgrund seiner Ähnlichkeit zum imposanten Original. Der Weg führt weiter sanft bergauf über mehr Stein als Stock, vorbei an der kleinen Siedlung Frunt, die früher ganzjährig bewohnt war und mir dank ihrer pittoresken Kapelle aus dem 18. Jahrhundert ein tolles Fotomotiv bietet. Lasst euch kurz auf einer der einladenden Holzbänke nieder, denn von hier oben ist der Blick auf den Stausee wirklich faszinierend!
Nach der willkommenen Pause geht es weiter durch das einzigartige Hochmoor, das gefährdeten Pflanzen und seltenen Tierarten wie dem Birkhuhn Heimat bietet. Hier wächst und gedeiht duftender Zwergwacholder neben schmackhaften Heidelbeeren und goldenem Sonnentau. Immer wieder sprudelt Wasser am Wegesrand, kaum vorstellbar, wo das alles herkommt, denn die Quellen scheinen hier niemals zu versiegen.
Am Ende der Tour erwartet mich dann auf 1807 Metern das Restaurant Gadastatt, das sich als höchstgelegene Craft Bier Brauerei rühmt und wo ich ein deftiges Valser Brettli mit Käse und Wurstvariationen und dem luftgetrocknetem Bündnerfleisch probiere. Die „Brauerei“ erweist sich dann als noch ziemlich provisorisch, was den süffigen Geschmack des kupferfarbenen Bieres jedoch nicht schmälert. Küchenchef Ulf Heinemann bezieht Hopfen und Malz von der Schweizer Seite des Bodensees und braut mit dem weichen Valser Quellwasser zweimal die Woche für seine Gäste sein würziges Bier. Prost! Wohlgenährt und -behalten bringt mich die Bergbahn anschließend zurück ins Tal und das sogar auch noch kostenlos!





Vals in der Schweiz: 4. Tipp – Sterne fotografieren und in Jurten übernachten
An meinem letzten Abend in Vals steht ein Blick in die Sterne auf dem Programm. Dazu treffe ich Sandro Casutt in der Hängelahütte zum Abendessen. Das familiengeführte Restaurant befindet sich auf 1800 Metern und bietet für Übernachtungsgäste ein ganz besonderes Erlebnis. Hier kann man die Nacht in einer der zwei mongolischen Jurten verbringen, die direkt am Berghang stehen und gemütlich nach Holz duften. Dusche gibt es zwar keine, aber dafür kann man sein Frühstück mit atemberaubendem Blick auf das Valser Tal genießen.
In der Küche der Hängelahütte stehen Ursi und Strudi und zaubern uns auf dem Holzofen ein ausgezeichnetes drei Gänge Menü während Sandro von den Sternen erzählt. Der gelernte Elektriker ist vermutlich einer der bunteren Hunde im kleinen Bergdorf. Mit seinen Tunnels im Ohr und Tätowierungen auf Hals und Armen, würde man ihn eher in einer Großstadt wie Berlin vermuten, er aber hat in Vals das erste und einzige Tattoostudio eröffnet und vergibt – wenn er gerade Lust und Zeit hat – Termine sogar an internationale Kundschaft. Seine Leidenschaft aber gilt der Astronomie und ganz besonders der Astrofotografie. Bereits als Kind erzählt er, hat er den Valser Sternenhimmel beobachtet, der, wenn die Konditionen stimmen, mit Abermillionen Sternen leuchtet: so kalt wie möglich, so hoch wie möglich, so trocken wie möglich. Diese Nächte verbringt Sandro zur Deep Space-Fotografie unter freiem Himmel, sammelt über Stunden das Licht der weit entfernten Sterne und Galaxien, stellt dabei immer wieder die Schärfe an seiner Nikon nach und tanzt, wenn es ihm zu kalt wird, zu elektronischen Beats. Vor allem aber denkt er viel über sich selbst und die Welt nach und genießt die „Schönheit des kleinen Seins“. „Umso weiter man rausschaut, umso mehr schaut man auch in sich selbst hinein.“ ist dann eine seiner philosophischen Weisheiten, die er neben dem technischen Knowhow dann gerne auch bei Astrofotografie-Workshops weitergibt. Leider ist der Himmel an diesem Abend bewölkt, sodass mir der Valser Sternenhimmel an diesem Abend verwehrt bleibt, aber ein Blick auf Sandros Fotos macht definitiv Lust auf mehr!
Adresse: Bergwirtschaft Hängelahütte, 6 km von Vals, westlicher Hang entlang in Richtung Leisalp | Kontakt: info@haengela.ch



Vals in der Schweiz: 6. Tipp – Hotels und Restaurants
Restaurant Ganni
„Ins Ganni, da gan i“ (ins Ganni, da gehe ich hin) ist der Slogan des kleinen sympathische Lokals in der Siedlung Leis, die etwas erhöht auf dem Berg liegt und einen tollen Blick auf das Tal und das Dorf Vals freigibt. Das Ehepaar Anke und Carlo Tönz verwenden, wo immer es geht, regionale Produkte in ihrer Küche. So kann man hier Fisch aus dem Zerfreilasee, Milchprodukte von der örtlichen Sennerei und frisches Fleisch vom Jagdverein genießen. Kein Wunder, dass der große Stammtisch in der Ecke dann auch reserviert ist für „Fischer Jäger und andere Lügner“.
Öffnungszeiten: 11-22 Uhr, Mittwoch Ruhetag | Adresse: Restaurant Ganni, 7132 Vals/Leis (CH)
Hotel 7132
Das 7132 Hotel ist Teil der „7132 Experience“, wozu auch die Valser Therme gehört. Gemein haben sie die großen Themen Architektur und Design, was den Besuch in einem der zahlreichen Hotelrestaurants bereits beim Eintreten zu einem Erlebnis macht. Im stylischen Ambiente der Blue Bar werden leichte Gerichte für zwischendurch serviert. Für eine abendliche Dinner-Erfahrung auf Top-Niveau sollte man dann einen Tisch im 7132 Silver oder 7132 Red reservieren.
Adresse: 7132 HOTEL, 7132 Vals



Hotel Alpina
Auch in meinem Hotel gibt es ein ausgezeichnetes Restaurant, das nicht nur Übernachtungsgäste, sondern auch Externe willkommen heißt. Produkte aus der Region werden als traditionelle Gerichte mit kreativem Twist serviert. Mich hat besonders die Valser Bergheusuppe mit Capuns begeistert. Die mit Mangoldblättern eingewickelten Spätzleteigpäckchen sind eine Spezialität aus dem Kanton Graubünden und kommen nun auch in Berlin hin und wieder auf den Tisch.
Adresse: Hotel Alpina Vals, Poststrasse 34d, 7132 Vals, Schweiz
Vals in der Schweiz: 7. Tipp – Wochenmarkt
Von Juli bis Oktober kann man jeden Samstag ab 9:30 Uhr über den kleinen Markt auf dem zentralen Dorfplatz flanieren und dort leckere Erzeugnisse aus Vals erwerben. Neben Bündner Bergkäse und Alpenrosenhonig finden sich hier auch bunte Wachteleier, Filzprodukte, frisches Gebäck, sowie Schnäpse und Marmeladen aus heimischen Früchten. Die Erzeuger stehen dabei meist selbst hinter dem Verkaufstresen und beantworten gerne die vielen Fragen der neugierigen Touristen.
Adresse: Dorfplatz, 7132 Vals, Schweiz



Mein Fazit:
Mein Besuch geht dem Ende entgegen, ich verlasse die Schweiz mit vielen neuen und wertvollen Eindrücken. Meine wichtigste Erkenntnis der letzten Tage: Veränderung ist unumgänglich, auch in einem kleinen Bergdorf wie Vals in der Schweiz. Aus der landwirtschaftlich geprägten Siedlung wurde eine breit aufgestellte, wohlhabende Gemeinde. Aus deren weitestgehend von anderen Tälern abgeschotteten Bewohnern ist inzwischen ein weltoffenes Miteinander erwachsen, aber eines hat sich laut Dorfführer Philipp Vieli bis heute nicht geändert: „Wir sind immer noch wie der Berg da oben, wild und ein bisschen verknorpelt.“

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1 Kommentar
Herzlichen Dank für den feinfühligen Text. Ich hoffe, der Valser «Heiweh»-Tee bringt Sie gedanklich ab und zu zurück nach Vals.
Herzliche Grüsse
Claudia Vieli Oertle