Schon oft bin ich in Cuxhaven am Strand spazieren gegangen und habe mich mit Blick auf den Leuchtturm in der Ferne gefragt, wie es dort wohl so ist, auf Neuwerk. Bei meinem jüngsten Besuch an der Nordsee habe ich beschlossen, das endlich herauszufinden. Dazu müsst ihr wissen: Zu der Insel zu gelangen ist nicht einfach. Neuwerk befindet sich nämlich mitten im Wattenmeer und unterliegt damit dem Gesetz von Ebbe und Flut. Bei Flut ist die Insel von Wasser umspült, bei Ebbe liegt sie frei.
Da, wo Himmel und Meer sich berühren, glitzert er am Horizont: Der Leuchtturm von Neuwerk. Rund 15 Kilometer trennen die kleine Insel von der Nordseeküste.
Wanderung zur Insel Neuwerk – los geht’s in Cuxhaven
Um also nach Neuwerk zu kommen, muss man die Wasserhöchst- und Niedrigstände genauestens kennen. Läuft man einfach so los, riskiert man sein Leben – weil die Flut einen einholen und mitreißen kann. Deshalb habe ich mich lieber einem professionellen Wattführer angeschlossen. In Cuxhaven gibt es mehrere Anbieter, die Urlauber nach Neuwerk führen.
Nass und grau zeigt sich das Watt, als wir loswandern. Einzige Farbtupfer sind die Regenjacken der Wanderer.
Wanderung zur Insel Neuwerk – Dauer und Wetter
Die Wanderung dauert rund 3 Stunden. Am kürzesten ist der Weg vom Strand im Stadtteil Sahlenburg aus (rund zehn Kilometer). Hier starte auch ich zusammen mit etwa 20 anderen Urlaubern. Das Wetter zeigt sich an diesem Morgen alles andere als freundlich: Wolkenverhangen, windig und fisselig. Unseren Wattführer beeindruckt das wenig. Gut gelaunt begibt er sich an die Spitze der Gruppe und stapft los ins Watt.
Wie empfohlen, habe ich Turnschuhe angezogen – so wie die meisten anderen Wanderer. Obwohl es keine fünf Minuten dauert, bis meine Füße komplett nass sind, kann ich schnell nachvollziehen, warum dringend davon abgeraten wird, Gummistiefel zu tragen oder sogar barfuss zu laufen. Mit Gummistiefeln würde ich im Schlick stecken bleiben und könnte durch hektische Bewegungen sogar einsinken, barfuss würde ich mir an den scharfen Kanten der Muscheln die Fußsohlen aufschneiden. Mit diesem Wissen im Hinterkopf macht es mir nichts mehr aus, kalte, nasse Füße zu haben.
Wer ohne Wattführer nach Neuwerk laufen will, sollte immer auf der markierten Route bleiben. Tosendes Wasser kann unachtsame Wanderer schnell mitreißen.
Wanderung zur Insel Neuwerk – das Leben im Watt
Zwischendurch legen wir immer wieder kurze Stopps ein, während der der Wattführer mit uns sein Wissen über das Leben im Watt teilt. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Braunalgen salzig schmecken? Wissenschaftler haben vor kurzem herausgefunden, dass der Seetang aufgrund dessen in Zukunft sogar als gesunder Ersatz für Salz genutzt werden könnte. Oder habt ihr schon mal gehört, dass Krabben platzen können? Das passiert anscheinend, wenn Parasiten die Krabbe befallen und verhindern, dass sich das Tier häuten kann. Gut, dass ich keine Krabbe bin, denke ich.
Zuflucht bei herannahender Flut bieten Rettungsbaken Urlaubern, die die Kraft der Gezeiten unterschätzen.
Unterwegs kommen wir auch an einer Rettungsbake vorbei. Sie besteht aus einem runden Gitterkorb auf einem Mast. Wie der Wattführer erklärt, flüchten sich immer wieder Urlauber, die von der Flut überrascht werden, über eine Leiter in den Korb. Die Rettungsbaken sind mit Seenotsignalgeräten ausgestattet, damit die Urlauber auf sich aufmerksam machen können.
Während wir so im Watt vor uns hinstapfen, erscheint der Leuchtturm von Neuwerk am Horizont ganz langsam immer größer. Kurz bevor die Gruppe die Insel erreicht, reißt der Himmel auf, der Regen stoppt. Plötzlich wirkt das Watt ganz anders: Die Wasseroberflächen in den Prielen glitzern, die Möwen in der Luft spiegeln sich darin.
Als wir Neuwerk erreichen, strahlen Insel und Watt im Sonnenschein. Endlich kann ich die nassen Turnschuhe ausziehen, meine Füße abtrocknen und meine Schlappen, die ich im Rucksack mitgenommen hatte, anziehen.
Der 38 Meter hohe Leuchtturm wurde im Mittelalter als Wehrturm errichtet, um die Elbmündung besser vor Seeräubern schützen zu können.
Wanderung zur Insel Neuwerk – die Fähre MS Flipper
Vier Stunden habe ich nun Zeit auf der Insel. Ich muss auf die Fähre warten, die einmal am Tag anlegt und immer nur dann fahren kann, wenn Flut ist. In der Zeit kann ich gemütlich eine Runde um die Insel drehen, die nur knapp vier Quadratkilometer groß ist. Neben dem Leuchtturm im Zentrum befindet sich ein kleiner Kiosk, an dessen Kühltruhe Gedränge herrscht. Viele Urlauber belohnen sich nach der Wanderung mit einem Eis.
Neuwerk gehört zum Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und gilt offiziell als Stadtteil von Hamburg-Mitte. Dabei liegt die Insel vor Cuxhaven, das in Niedersachsen liegt.
Pferd müsste man sein: Bei Sonnenschein lässt es sich auf der Weide gut aushalten.
Neben einigen Bauernhöfen und Restaurants gibt es sogar eine Schule, in der das einzige Kind unter den 36 Einwohnern unterrichtet wird. Drumherum erstrecken sich weite Felder und Koppeln, auf denen in der Nachmittagssonne entspannt Pferde grasen. Auf dem sieben Meter hohen grünen Deich, der die ganze Insel einfasst und vor dem Wasser schützt, weiden Schafe. Ich beschließe, es ihnen gleich zu tun, setze mich einfach auf die Wiese, lasse mir die Sonne ins Gesicht scheinen und den frischen Wind um die Nase wehen.
Die Fähre Flipper bringt Besucher der Insel in rund eineinhalb Stunde nach Cuxhaven-Stadt. Von dort bringt ein Bus die Wanderer zurück zum Stadtteil Sahlenburg.
Als schließlich die Fähre kommt, um die Besucher wieder zum Festland zu bringen, bin ich etwas traurig. Die Zeit ist schnell vergangen, jetzt muss ich Neuwerk schon wieder verlassen. Einen Trost habe ich aber: Wenn ich das nächste Mal in Cuxhaven am Strand entlang spaziere und den Leuchtturm von Neuwerk am Horizont sehe, träume ich mich einfach wieder dorthin zurück.
Text und Fotos: Katharina Klöber
Du liebst das Wandern? Wir haben noch mehr tolle Touren für dich:
Wandern im Elbsandsteingebirge – Tipps für einen unvergesslichen Ausflug
Wandern im Wald – Sonntagsausflug in den Nationalpark Eifel
Die 7 schönsten Wanderungen im Hochpustertal
2 Kommentare
Wow 10 KM na da habt ihr einen ganz schönen Marsch hinter euch. Aber es hat sich schon gelohnt das du dich da durch gekämpft hast.
Sieht wirklich klasse aus!!!