Manchmal liegt das Gute ja ganz nah und man muss nicht in den Flieger steigen, um sich eine Auszeit zu nehmen. Genau eine solche gab’s für mich mit nur einer Stunde Anreise – allein das ist ja eigentlich schon Luxus – in der wunderschönen Domstadt Speyer. Vielleicht schonmal gehört? Speyer liegt ganz beschaulich am Ufer der Rheins in der Metropolregion Rhein-Neckar und ist aus Frankfurt, Mainz, Mannheim oder Heidelberg in maximal einer Stunde erreichbar. Und nicht ohne Stolz erzählen die Pfälzer: „In Speyer fängt die Pfalz an, Italien zu werden.“ Stimmt, die Stadt vermittelt echt ein wenig italienisches Flair.
Auf meinem Plan für dieses Wochenende stehen: im Wellness-Bereich meines Hotels entspannen, ein paar Anwendungen genießen, lecker Essen, mir Speyer und den wunderbaren Dom anschauen. Und viel mehr muss es auch gar nicht sein!
Wellness-Wochenende in Speyer: Zu Besuch in einer der ältesten romanischen Kirche der Welt
Für die meisten Speyer-Besucher ist der Dom der Grund sich auf den Weg zu machen. Und damit haben sie auch recht, denn der ist einfach grandios! Ganz dunkel erinnere ich mich, als Schülerin schonmal in Speyer gewesen und damals eher lustlos durch den Dom gestapft zu sein. Heute sieht das anders aus: Ich stehe voller Ehrfurcht vor dem furchtbar beeindruckenden Gebäude, das die älteste erhaltene romanische Kirche der Welt ist. Der Dom ist riesig und gehört seit 1981 zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Ich stoße die schwere Bronze-Tür auf und trete in die über 130 Meter lange Kirche ein, die im Mittelschiff bis zu 33 Meter in den Himmel ragt. Über 1.000 Jahre ist der Dom alt und ich bin voller Ehrfurcht, schlendere durch die Gewölbe der Kirche hin zur Krypta und setze mich in der Vierung auf eine der zahlreichen Bänke. Dort lasse ich das Gebäude und die herrschende Stimmung auf mich wirken, beobachte die Touristen aus aller Herren Länder um mich herum und freue mich, ein solches Kulturdenkmal für mich wieder entdeckt zu haben.
Teile der alten Stadtmauer hinter dem Dom
Ein echtes Highlight ist die Begehung des Südwestturms des Doms, denn dort befindet sich in rund 60 Metern Höhe eine Aussichtsplattform. Von dieser genießt man einen einzigartigen Rundblick über die Stadt Speyer. Wenn man Glück hat und das Wetter mitspielt, soll man bis zu 50 km in die Ferne blicken können. Der Aufstieg ist alle 20 Minuten möglich, beginnt in der Vorhalle und führt über 90 Stufen erstmal in den Kaisersaal, in dem man einen kleinen Stopp einlegen sollte. Denn der Saal beherbergt neun monumentale Fresken des Malers Johann Baptist Schraudolph aus dem 19. Jahrhundert. Wer jetzt noch genug Elan hat, nimmt die ca. 210 Stufen bis zur Turmspitze in Anlauf und erfreut sich am tollen Ausblick.
Wellness-Wochenende in Speyer: Bummeln durch die Altstadt
Speyer hat nicht nur den eindrucksvollen Dom zu bieten, die ganze Altstadt ist mit ihren kleinen verwinkelten Gassen, Giebelhäusern und gut erhaltenen historischen Gebäuden wirklich hübsch anzuschauen. Flaniert man auf der Maximilianstraße zwischen Dom und Altpörtel, entdeckt man in den angrenzenden Nebengassen viele kleine Geschäfte und hübsche Cafés, die zum Verweilen einladen. Ich empfehle das „Aran“, auf zwei Ebenen gibt’s Kaffee, Brot, hausgemachten Kuchen und selbst produziertes Eis. Bei gutem Wetter sitzt man draußen und hat freien Blick auf dem Altpörtel, seines Zeichens früher das westliche Stadttor. Es ist übrigens mit einer Höhe von 55 Metern eines der höchsten und bedeutendsten Stadttore Deutschlands und wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet.
Wellness-Wochenende in Speyer: Ein Besuch im Mikwe
Mein Weg führt mich zum Judenhof, in dem sich auch das jüdische Museum SchPIRA befindet, der der zentrale Bezirk des mittelalterlichen jüdischen Viertels von Speyer war. Er bestand aus der Männer- und der Frauensynagoge sowie der in Mitteleuropa ältesten erhaltenen Mikwe, dem rituellen Tauchbad der Juden. Erbaut wurde die Männersynagoge um 1100 und wenig später folgte die Frauensynagoge. Das Gelände wurde nach 1534 nicht mehr genutzt und 1837 wurde die neue Synagoge an der Maximilianstraße gebaut, die 1938 zerstört wurde. Von den Gebäuden des Judenhofs sind heute noch Teile der Männer-, der Frauensynagoge und Teile der unterirdischen Mikwe erhalten.
Seit Ende der Neunziger ist der Judenhof ein Zentrum der Archäologie umgestaltet.
Passend zu meinem Wellness-Wochenende passt thematisch natürlich auch der Besuch des knapp tausend Jahre alten Ritualbads (Mikwe), das mit seinen romanischen Ornamenten die älteste Anlage seiner Art in Mitteleuropa ist. Mit einer kleinen Gruppe steige ich das tonnengewölbte Treppenhaus zum 10 m tief gelegenen quadratischen Badeschacht hinab. Hier nahmen Juden die nach den mosaischen Gesetzen vorgeschriebene kultische Reinigung durch Untertauchen in kaltes „natürliches“ Wasser vor. Das alles erfahren ich von unserer tollen Museumsführerin, die jede Menge über die jüdische Gemeinde in Speyer zu berichten weiß und ihren Vortrag kurzweilig und witzig gestaltet.
Wellness-Wochenende in Speyer: Rein in den Bademantel, raus aus dem Alltag
Für meinen Aufenthalt habe ich mir ein Hotel mit riesigem neuen Spa-Bereich ausgesucht. Das Lindner Hotel & Spa Binshof liegt ruhig im Speyrer Umland und bietet auf über 5.000 qm alles, was das Herz des Wellness-Liebhabers begehrt. Gerade angekommen, schlüpfe ich auch schon in den Bademantel und entfliehe umgeben von sechs unterschiedlichen Saunen, einem Hamam, Rhassoul, Dampfad, Innen- und Außenpool und eine Solegrotte dem Alltag.
Ich bin ganz ehrlich, Spa-Bereiche müssen mich schon beeindrucken. Wie oft liest man die vollmundigen Worte auf Hotel-Webseiten und ist dann in der Realität doch recht enttäuscht? Was in Hotelbroschüren als großer Entspannungsbereich mit Pool und Sauna verkauft wird, entpuppte sich auf meinen Reisen leider schon oft als größer geratene Badewanne, zwei Sonnenliegen und eine Sauna, in der vielleicht vier Personen Platz finden.
Doch das Lindner Hotel & Spa Binshof enttäuscht mich überhaupt nicht. Kaum betrete ich den Spa-Bereich liegt vor mir bereits der große Pool, durch die Panorama-Fenster dringt jede Menge Licht und obwohl es Freitagnachmittag ist, sind neben mir nur sehr wenige andere Besucher zu sehen. Der lichtdurchflutete, offen gestaltete Sauna-Bereich lässt keine Wünsche offen: dort erwarten mich z.B. eine finnische Block-Sauna, eine Kräuter-Sauna und eine reine Damen-Sauna. Ich bin begeistert, schnappe mir ein Buch und verkrümele mich auf eine der Liegen im Garten und genieße eingemummelt die Sonne.
Wellness-Wochenende in Speyer: Rhassoul und Hamam – ein bisschen Orient in der oberrheinischen Tiefebene
Im nächsten Schritt zur totalen Entspannung geht es für mich ins hoteleigene Rhassoul. Sagt Euch nichts? Mir vorher auch nicht, aber es ist toll! In einer privaten Dampf-Kabine bekomme ich drei pflegende Schlammvarianten, die auf Gesicht, Oberkörper und Beine abgestimmt sind. So schmiere ich kurz darauf die angenehm nach Kräutern riechenden Pasten auf den Körper und ins Gesicht und peele mich damit. Zu gerne würde ich jetzt einen Blick in den Spiegel werfen, doch auf den wurde in der Kabine leider oder vielleicht auch zum Glück verzichtet. Je wärmer es durch den Dampf wird desto flüssiger werden die Pasten und ein leichtes Kribbeln ist auf meiner Haut zu spüren. Scheint zu wirken … Zwanzig Minuten können ohne jegliche Ablenkung übrigens wirklich lang sein, wird mir in meiner Dampfkammer klar. Doch bei diesem Gedanken setzt auch schon ein sanfter, warmer Regenschauer aus der Dusche über mir ein und wäscht den gelblich-braunen Schlamm von meinem Körper. Als ich aus dem Dampfbad trete, ist meine Haut Babyweich. Ein Träumchen …
Und weil man ja nie entspannt genug sein kann, habe ich mir auch noch eine Anwendung im Hamam gebucht. Das türkisch-osmanische Bad kenne ich bereits aus Urlauben in der Türkei. Schon als ich mich auf den heißen Marmor lege, merke ich, wie sich mein Körper komplett entspannt. Und dann legt Alex, der Zeremonienmeister, auch schon los: Mit einem Ziegenhandschuh wird mein Körper nochmal gepeelt, anschließend seift er mich mit einem weichen, mit zartem Schaum gefüllten Ballon ein und übergießt mich immer wieder mit warmem Wasser. Entspannung pur für mich, ich will gar nicht mehr aufstehen!
Wellness-Wochenende in Speyer: Von Klanglichtbad und Unterwassermusik bis Steingriffel-Massage
Man muss in so einem Spa ja wirklich genug Zeit einplanen, um alles entdecken zu können. Den Gipfel des Wohlfühlens erlebe ich im Klanglichtbad in der Solegrotte. Hört sich vielleicht ein bisschen nach Waldorfschule an (tolle Schule!) und ist einfach suuuuper!
Ich liege schwerelos im knapp 40 Grad warmen mit Salz angereicherten Wasser, lasse mich treiben und lausche der Unterwassermusik. Wasser ist einfach mein Element und ich fühle mich wie auf Wolken. Das Wasser umschließt mich und meine Gedanken sind ganz schnell in der Ferne. Knapp eine Stunde dümple ich in der Solegrotte herum, eigentlich ein bisschen zu lang, wie mir die Tafel am Eingang sagt, aber naja … Mit breitem Grinsen steige ich aus dem Wasser und mache mich auf zum letzten Stopp meines Wellness-Programms: Einer Steingriffel-Massage.
Was das jetzt so genau ist, weiß ich nicht, aber es hörte sich gut an. Mein Masseur Jochen, Physiotherapeut by the way, erklärt mir, was mich in der kommenden Stunde erwartet und bringt damit Licht ins Dunkel. Mit einem angewärmten Steingriffel streicht er über meine Muskeln, unterstützt so die wunderbare Massage und löst noch einige Verspannungen, die sich trotz des ganzen Pflegeprogramms gehalten haben. Danach schwebe ich in anderen Sphären.
Wellness-Wochenende in Speyer: Nach Wellness ist vor dem Saumagen
Allein von Luft und Liebe kann ich dann auch nach all den wunderbaren Anwendungen nicht leben. Also geht’s am Abend in das Hotelrestaurant „Salierhof“, in dem Pfälzer Spezialitäten auf den Teller kommen. Ich entscheide mich für einen Tisch im gemütlich eingerichteten Wintergarten und bestelle erstmal ein Glas Wein aus dem Rheingau – do it like the locals und so. An diesem Abend bin ich mutig und wage mich an die Saumagen-Maultaschen ran, die mit super leckerem Rotkraut serviert werden. Mein Mut wird belohnt: Schmeckt echt gut!
Wellness-Wochenende in Speyer: Perfekt Auszeit um die Ecke
Ach, das war genau das, was ich mir gewünscht habe: Ein bisschen Kultur, jede Menge Wellness und leckeres Essen – und das um die Ecke. Speyer bietet mit seinem historischen Stadtkern und dem Dom eine wunderbare Kulisse für einen Tagesausflug. Bei mir muss alle paar Wochen das Gefühl gestillt werden, etwas Neues erlebt und entdeckt zu haben. Das hat die Domstadt geschafft und mein Hotel hat das Tüpfelchen auf’s i gesetzt. So einfach kann Abschalten und Entspannen gehen, man braucht nur die passende Umgebung dafür.
Das leckere Frühstück im Hotel Lindner
Den regionalen Winzer-Sekt gibt es auch schon zum Frühstück
Die Pfalz ist perfekt für Weinliebhaber
Beim Spaziergang in der Altstadt einfach mal treiben lassen
Die Ruine der früheren Synagoge
Schöne Ecken zum Verweilen findet man im Hotel viele
Diniert wird im Wintergarten
Abendessen im Hotel-Restaurant
Mehr Tipps für Wellness findet ihr hier:
Wochenende in St. Peter Ording – Wind und Wellness
Die fantastischsten Top Wellness Hotels in den Bergen
7 Tipps für das Wellness-Paradies Gran Canaria!
DIE GASTAUTORIN
Mitte 2015 kündigt die PR-Managerin Laura ihren Job um sich endlich ihren Traum zu erfüllen: Eine Reise um die Welt. Seit November 2015 ist sie nun unterwegs und berichtet auf ihrem Blog www.goseekhappy.wordpress.com über ihre Stationen und den Reisealltag. Ein Jahr soll das Abenteuer dauern – mit Option auf Verlängerung!
4 Kommentare
Wieso möchten eigentlich so wenige Menschen an die Nordsee? Ich war mit meiner Schwester vor ein paar Wochen in Husum, besser gesagt im Lundenbergsand (http://www.hotel-lundenbergsand.de/). Wenn ihr wirklich mal fernab von „sehen und gesehen werden“ erholen wollt, dem möchte ich dieses kleine Einod direkt am Deich empfehlen….nette kleine 22 Zimmer, familiär und echt frisiesch. Ggf. wäre der Spa-Bereich auch zu empfehlen….
Hallo,
ein toller Bericht über Speyer! Ich wohne selbst ganz in der Nähe, etwa eine halbe Stunde entfernt und hatte Speyer dementsprechend nie als Ausflugsziel auf dem Radar. Wie du wurde ich auch als Schülerin irgendwann mal durch den Dom geschleust, uninteressant, wieder vergessen. Und wie du kam ich dann irgendwann doch mal dazu, selbstständig hinzufahren, als ich Besuch hatte und habe die Stadt und die Sehenswürdigkeiten ganz neu für mich entdeckt!
Man sollte sich echt viel öfter die naheliegenden Dinge aus den Augen eines Touristen ansehen! :)
Eine Sauna am Wochenende – was kann noch besser sein?! Dies ist wohl die beste Möglichkeit, sich zu entspannen und Gesundheit im Urlaub zu tanken. Vor meinen Augen entsteht aus den Erinnerungen unser Aufenthalt in Seefeld. Auch in der milden Ruhe gibt es immer was Anziehendes!