Egal was passiert, die Schönheit dieses Ortes überschattet alles. Selbst wenn man ohne Koffer (ja, er ist mal wieder verloren gegangen) bei -2 Grad mit einem leichten Strickjäckchen am Bahnsteig ankommt, wird einem ganz warm ums Herz. Selbst wenn man nur durch die Gassen mit den kleinen Fachwerkhäusern läuft und noch gar nichts vom Bergpanorama sieht ist man schon in einer anderen Welt. Ein paar Lichter leuchten in den Bergen, die man kaum von den Sternen unterscheiden kann. Eigentlich ist es perfekt, nachts in Zermatt anzukommen. Wenn man dann am nächsten Morgen auf den Balkon geht und sieht wo man ist, haut es einen um. Da ist das in Puderzucker gepackte Matterhorn, die weißen Gletscher, die wunderschönen grauen Berggipfel und der grüne Wald, der himmelwärts immer lichter wird. Und das Zermatt Festival.
Ich fahre nach dem Frühstück vom 1600 Meter hoch gelegenem Zermatt auf die 2200 Meter hohe Riffelalp. Dort in der Kapelle findet das Abschlusskonzert des Zermatt Festivals statt. Ich wollte versuchen so viele Musikrichtungen wie möglich zu hören während meiner 40 Festivals in 40 Wochen. Ich hatte Country, Punk, Rock, Pop, Jazz und vieles mehr. Klassik fehlte mir noch und dafür war das Zermatt Festival perfekt.
Vom 31. August bis 16. September 2012 hört man an jeder Ecke und aus jedem Hotel Kammermusik. Es findet in Zermatt ein exquisites Musikfestival statt mit hohem Berliner Besuch. Das in Berlin ansässige Scharoun Ensemble kommt für zwei Wochen in das wunderschöne Zermatt und arbeitet mit den begabtesten Musikstudenten aus der ganzen Welt zusammen. Über 150 Studenten haben sich beworben, 33 wurden ausgewählt, aus 17 verschiedenen Ländern sind sie angereist und doch sprechen sie alle die gleiche Sprache – die Musik. Ich gebe es zu, ich habe mich noch nie sonderlich für klassische Musik interessiert, weil mir einfach der Bezug gefehlt hat. Schön ist es schon, auch irgendwie entspannend aber mir wird immer schnell langweilig. Hier gibt es vor jedem Konzert eine Konzerteinführung mit Hintergründen zum gespielten Werk. So lerne ich etwas über die Tanzsuite des 18. Jahrhunderts und was eine Serenade einmal war, nämlich das Lied, das der Mann unter dem Fenster der Frau mit einer Gitarre gesungen hat. Ich sitze in der kleinen Kapelle auf dem Berg und schaue aus den Spitzbogenfenstern. Wunderschöner blauer Himmel und weiße Berge. Die Musiker betreten die kleine Bühne. Bei dem Abschlusskonzert werden die besten Stücke der Studenten gespielt. Paul ist auch dabei mit seinem Cello. Der Südkoreaner aus Neuseeland, der in der Schweiz studiert hat und seit ein paar Jahren in München wohnt hat mir gestern ein kleines Interview gegeben.
Er hat das Glück zum zweiten Mal dabei zu sein. Obwohl er erst mit 12 Jahren das Spielen angefangen hat, ist er einer der Besten geworden. Mindestens vier aber im Durchschnitt acht Stunden übt er am Tag. Foto durfte ich leider keines von ihm machen, bad hair day. Verstehe ich natürlich. Aber ich habe erfahren, dass er auch gerne mal in Clubs mit richtig guter Housemusik geht. Er trinkt auch mal ein paar Gläser Wein, aber die Musik steht immer an erster Stelle. Das ist wie eine richtig, tiefe innige Liebe, von der man nie enttäuscht wird, denn wenn er klassische Musik hört, dann bewegt das so viel mehr in ihm, als ich mir jemals vorstellen kann. Es gibt ihm so viel Energie. Hier noch mehr, durch die wunderbare Umgebung.
Ja, diese Natur, die ist so unfassbar und unvergleichbar inspirierend. Nicht nur für Musik. Am liebsten würde ich bleiben und hier schreiben, auf meinem Balkon mit Blick auf das Matterhorn, ohne Autolärm, mit glasklarer Luft und jeden Abend Raclette. Doch wie jedes Musikstück, geht auch mein Aufenthalt in Zermatt und das Zermatt Festival zu ende.
Frühstücksraum im Zermatterhof
Aussicht von der Riffelalp
Wiesen und Berge
Konzert in der Kapelle
Bergspitze
Die Bergbahn zur Riffelalp
Zermatt von oben
Maria im Baum
Panoramaweg
Abschlusskonzert des Zermatt Festivals
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