Bevor ich meine erste Runde drehe8, muss ich an eine Ringbahnstation kommen. Ich überlege lange ob ich an der Storkowerstraße oder der Frankfurter Allee einsteigen soll. Strowkowerstraße wäre vielleicht kürzer aber Frankfurter Alle sieht besser aus. Einmal vom östlichsten Punkt mit der Ringbahn rundum. Das hat was.
Ich habe mich für Frankfurter Alle entschieden und stehe auf Gleis 1. Die nächste Entscheidung liegt an. In welche Richtung fahre ich? Zum Glück gibt es nur zwei, also habe ich eine 50 zu 50 Entscheidungssituation. Soll ich mit dem Uhrzeigersinn oder gegen der Uhrzeigersinn fahren? Da ich kein Ziel erreichen muss, bin ich völlig frei von äußeren Umständen. Mit dem Uhrzeigersinn hat so etwas normales und korrektes. Gegen den Uhrzeigersinn dagegen eine rebellische Antihaltung. Ich schwimme nicht nur gegen den Strom, sondern fahre auch die Ringbahn gegen den Uhrzeigersinn. Moaaaaaa!!!
Was sollen die dummen Überlegungen. Ich bin weder rebellisch, noch ein Mitläufer. Ich bin clever und nehme einfach die Bahn, die als erstes kommt. Egal ob 41 oder 42, gegen oder mit den Uhrzeigersinn.
Es geht los! Sie fährt ein. Ich bin voller Tatendrang. Eine volle Runde liegt vor mir. Wie lange man wohl für eine Runde Ringbahnfahren braucht? Ich tippe auf 1 Stunde und 16 Minuten. Ich bin noch nie ganz rum gefahren, immer nur kleine Stücke. Von der Frankfurter Alle bis zum Südkreuz um zu IKEA zu fahren oder während meiner “90 Nächt, 90 Betten”-Geschichte immer wieder kleine Teilstrecken um an mein Ziel zu kommen.
Ich bin in die Bahn gegen den Uhrzeigersinn gestiegen. Das passt auch eigentlich viel besser zu mir.
Schon nach 5 Minuten komme ich mir vor wie beim stummen Speed-Dating.
Nächste Haltestelle, nächster Sitznachbar. Neue Station, neues Glück. Damen mit Dutt. Leopardentaschen. Chinesen. Ein kommen und gehen.
Es ist eine Extrem-Impressionensammelung. Im Schnitt habe ich drei Minuten Zeit meinen Gegenüber optisch aufzusaugen und anschließend psychologisch zu untersuchen.
Oh mein Gott.
Too much!
Ich werde müde.