Die letzten drei Monate sind wieder davon gerast wie Speedy Gonzales. Ich habe zweimal mit der Wimper geklimpert und war in Indien, Südtirol, Oberbayern und München. Zurück bin ich mit einem Arsch voll Arbeit gekommen und einem explodierendem E-Mail Postfach. Aber wenigstens habe ich die Zeit in Indien voll und ganz genossen, ohne jeden Tag stundenlang vor dem Laptop zu sitzen.
Ich liebe es zu reisen. Es ist meine Leidenschaft. Doch ich merke immer wieder, dass es anders ist, wenn aus der Leidenschaft ein Beruf wird. Dann wird ganz schnell aus dem „Ich will“ ein „Ich muss“. Ich will ja immer noch genau das und nichts anderes, aber versteht ihr, was ich meine? In letzter Zeit war alles irgendwie zu viel „Ich muss“. Auch Dinge, die ich überhaupt nicht machen will, die aber leider dazu gehören, wie der ganze bürokratische Kram, den man eben machen muss, wenn man ein Microunternehmen führt.
Ich bin sehr sensibel, wenn ich über einen längeren Zeitraum Dinge tun muss, die mir absolut widerstreben und mit denen ich eigentlich meine Zeit nicht verschwenden möchte. Ich bekomme schlechte Laune, Kopfweh, schlafe nicht mehr gut. Ich glaube, ich habe schon zu oft mitbekommen, wie das Berufliche einen Menschen kaputt gemacht und ausgesaugt hat. Ich musste also aus dem ganzen „Ich muss“ einmal ausbrechen. Nur einen Tag. Und das habe ich gemacht. Die Frage lautete „Was würde ich gerne machen, wenn ich einen Tag Zeit habe und machen kann, was ich will?“ Ins Tierheim gehen.
Ich musste nicht lange nachdenken, denn ich wollte die Tierheim SOS Hundehilfe Prignitz e.V. seit drei Monaten wieder einmal besuchen. Das letzte Mal hat mir so gut getan. Einfach mal draußen sein, einen ganzen Tag. Liebe schenken, manchmal welche zurück bekommen, manchmal nur ein lautes Bellen, über die Felder spazieren und richtig arbeiten. Mit Eimer, Schaufel und Rechen. Ich habe eine Auszeit gebraucht, nur einen Tag und wenn ich mich nicht wirklich hingesetzt und nachgedacht hätte, was mich wirklich glücklich macht und mir wirklich gut tut, dann wäre ich wahrscheinlich wieder daheim geblieben, hätte es “entspannt angehen lassen” wollen und hätte mich eh wieder vor dem Laptop gefunden. Es macht mich glücklich, etwas zu geben. Ohne die Erwartung, dass etwas zurückkommen muss. Ich wollte einfach einen Tag helfen.
Um Großartiges zu tun, muss man nicht nach Afghanistan fahren und Tiger retten. Die kleinen Freuden und guten Taten, die lauern hinter jeder Ecke oder im nächsten Tierheim. Manchmal kommt es mir so vor, als müsste das Helfen auch immer größer, toller und spektakulärer sein. Genauso wie jedes Foodbild auf Instagram und jede Bildüberschrift auf Facebook. Die Superlativen beherrschen unser Denken. Ich finde es auch großartig, wenn man groß denkt und viel erreichen möchte, aber man darf die kleinen Ziele und damit die kleinen Freuden auch nicht ungefeiert lassen. Der Weg ist das Ziel.
Die kleinen Freuden sind so wichtig für das große Ganze, um nicht aufzugeben auf halber Strecke. Es muss nicht immer alles mega und ultra sein. Und das möchte ich euch zeigen. Nicht nur in meinen Reiseberichten, wie einfach es ist, die Welt zu sehen, sondern auch in meinen Posts über die vegane Ernährung und Nachhaltigkeit, wie ihr mit kleinen Schritten ganz Großes bewirken könnt. Ich schau auch jeden Tag, was in meinem Bereich möglich ist und vor allem, was mich glücklich macht und dafür muss ich wieder lernen, mir selbst zuzuhören. Wem das sehr schwer fällt, dem kann ich noch mehr einen Besuch im Tierheim empfehlen, denn von Hunden, egal ob man sie mag oder nicht, kann man eine Menge lernen.
- Zusammenhalt in einem Rudel. Einer für alle und alle für einen.
- Anderen ehrlich entgegentreten. Auf falsche Höflichkeit verzichten und einfach sagen, wenn man jemanden nicht mag und auch nicht mehr treffen möchte.
- Verzeihen lernen. Und wenn es mal zwischen zwei Hunden Stress gibt, 10 Minuten später kann alles wieder vergessen sein. Und wir Menschen, wir können wochenlang nachtragend sein.
- Die Zeit vergessen, so wie der kleine Paule, mit dem wir im Tierheim spazieren waren. Er hat den Moment so genossen, sich alle 10 Meter auf der Wiese gewälzt und ist einfach frei gewesen. Ach übrigens, Hunde haben angeblich auch wirklich kein Zeitgefühl, deswegen freuen sie sich auch schon wieder, wenn man nach 10 Minuten zurück in die Wohnung kommt.
- Optimismus – ich habe Boris noch nie aufgeben sehen, wenn er sich was in den Kopf gesetzt hat. Auch wenn die Mission unerreichbar war, wie das Eichhörnchen auf dem Baum fangen – er hat es versucht und versucht und konnte sich nicht vorwerfen, dass er nicht alles gegeben hätte.
- Und das Schönste, was mir mal wieder bewusst wurde, in einem Rudel voller Welpen – die Leichtigkeit des Lebens wenigstens ab und zu genießen und zeigen, dass man glücklich ist. Denn Glück steckt an. Ein Lächeln steckt an. Vielleicht wirklich mal auf die Frage „Wie geht es dir?“ mit „Ich bin super glücklich antworten“ und nicht nur mit „Gut“. Und wenn das nicht der Fall ist, dann schleunigst was dran ändern!
Wenn ihr mehr darüber lesen wollt, empfehle ich euch den Post: 7 Dinge, die wir von Hunden lernen können.
Ich reise viel und ich dachte wirklich sehr lange, dass Entspannen bedeutet, ich sollte nix tun. Ich habe mich geirrt. Etwas Gutes für meine Seele zu tun bedeutet, das Richtige tun und nicht nichts tun. Andere glücklich machen. Raus. In die Natur. Etwas schaffen.
Und heute hoffe ich es geschafft zu haben, dass ihr ein bisschen mehr über euer Glück nachdenkt. Dann war es ein erfolgreicher Tag.
3 Kommentare
Danke für den schönen Beitrag! Ich geh auch öfter mit Tierheimhunden Gassi. Es ist einfach total schön, wie die Hunde sich freuen und zu erleben, was für verschiedene Charaktere sie haben. Ich kann dabei total abschalten, weil ich mich dann komplett auf den Hund konzentriere und es macht mich jedes Mal total glücklich und entspannt. Kann ich echt jedem ans Herz legen, der Hunde mag.
So wahr und so schön, Deinen Bericht zu lesen. Tiere lieben Einen genauso wie man ist oder eben nicht! Sehr gute Idee mit dem Tierheim. Ich hätte so gern eine Katze, aber mein Sohn ist allergisch, geht nicht. Jetzt hast Du mich auf Etwas gebracht, Danke! Alles Liebe für Dich, Silke
Toll, freut mich. Bringe gerne Menschen auf “was” ;)