Heute gibt es eine besondere Sprechstunde. Anne hat sich mit der 10-jährigen Jacqueline getroffen. Ihr Leben wird von Arbeitslosigkeit, Alkohol, sowie Zigaretten, beherrscht und der ständigen Ausrede, dass sie LRS hat.
Sonntagabend klopft es an der Tür. Jackie steht da, mit ihren Heftern und Büchern unter dem Arm. Ihr Haar ist fettig, sie hat schwarze Ringe unter den Augen und riecht nach Rauch. Ein 10-jähriges Mädchen steht vor mir, aber die Beschreibung passt eher auf eine erwachsene Berufstätige, die total überarbeitet ist. Aber nein, es ist nur ein Kind. Ich mache ihr einen Kakao und biete ihr Schokolade an. Sie steckt die Schokolade ein. „Für später!“, sagt sie. Jackie zeigt mir ihre Hefter und Bücher, die leer sind, obwohl das Halbjahr vor ein paar Monaten begonnen hat. Sie entschuldigt sich immer wieder. „Unsere Lehrerin war krank, dann war ich krank, deshalb hatten wir nur ein paar Mal Englisch bisher“. Englisch, so meinte Jacqueline, ist das Fach, in dem sie die meisten Probleme in der Schule hat. Ich nehme die Sache erst einmal gelassen. Immerhin kann ich ja nicht von ihr verlangen, dass sie sofort alles versteht, was ich ihre sage. Jackie geht jetzt in die vierte Klasse, eigentlich wäre sie in der Fünften, aber sie musste bereits die erste Klasse wiederholen. Die erste Klasse. Ich wusste bis dato noch nicht einmal, dass das geht.
Sonntagabend treffe ich Jacqueline zur Nachhilfe. Jackie, wie ihre Freunde aus der Schule sie nennen, wohnt schon seit ein paar Jahren in meinem Haus und hat Probleme in der Schule. Unser Haus hat sechs Etagen, rechts und links wohnen Familien. 12 Familien unter einem Dach. Familien, die anders hätten nicht sein können. Eine der Familien ist Jackies Familie. Erst am 31.12. um 0 Uhr habe ich Jackie und ihre Familie bei uns auf dem Parkplatz zum kollektiven Knallen und Anstoßen getroffen. Jackie ist kein Einzelkind. Sie hat noch einen Bruder und lebt mit zwei Hunden, einem Kater und ihren Eltern in einer 3-Zimmer-Wohnung in Weißensee, Berlin. Jackies Mama arbeitet nicht und interessiert sich eigentlich auch nicht wirklich für Jackies Probleme in der Schule. Und auch ihr Bruder findet dieses ganze Gerede über die Arbeit und dem Geld verdienen eher überbewertet. Erst letztens schrie Jackies Mama vom Balkon, nachdem sich ein Nachbar über die Lautstärke beschwerte, Kippe in der Hand, keine Zähne mehr im Mund: „Ihr seid doch alle selbst Schuld, wenn ihr arbeiten geht und früh aufstehen müsst!“. Und mitten drin ist Jackie, ein 10-jähriges Mädchen, das sich einfach nur nach ein bisschen Ordnung und Liebe sehnt.
Ich entwickle ganz schnell ein Helfersyndrom und so war es auch bei Jackie, als ich sie um kurz nach 12, an Silvester, traf und sie mir sagte, sie hätte noch nichts gegessen. Auf meine Frage nach ihrem guten Vorsatz für das neue Jahr, erzählte sie mir von den Problemen in der Schule und da war es geschehen. Nachhilfe mit Jackie im neuen Jahr. Gemeinsam arbeiten wir also an ihrem guten Vorsatz für das neue Jahr und an meinem Helfersyndrom. Da wo ich groß geworden bin war ich irgendwie schon immer anders. Ich komme aus der Platte, das klingt jetzt schlimmer, als es eigentlich ist, aber hat es manchmal schon ganz schön in sich, gerade, wenn es um die Leute geht, die dort wohnen. Als ich im Gymnasium war, hingen ehemalige Freunde von der Grundschule mit Bier und Kippe auf dem Hof rum und machten nichts. Ich war damals ein Außenseiter, weil ich nicht kiffte, rauchte oder trank und, wie kann ich nur, regelmäßig in die Schule ging. Probleme in der Schule kannte ich eigentlich nie. Umso wichtiger finde ich es, dass man genau die Kinder, die wirklich Probleme in der Schule haben unterstützt und fördert.
Ich frage Jackie, was sie bisher schon kann und bekomme eine Antwort, die mich verblüfft und sprachlos macht. „Ich habe Lese-Rechtschreib-Schwäche und kann deswegen ganz viele Sachen nicht“, sagt Jackie. Deswegen geht sie auch auf eine Förderschule, aber mal ehrlich… Was bringt es einem 10-jährigen Mädchen, wenn man ihr sagt, sie hätte Lese-Rechtschreib-Schwäche? Gehen da nicht sämtliche Hoffnungen in die eigene Bildung verloren? Denkt man da nicht direkt, dass man eh dumm wie Stulle ist und nichts kann? Ich finde, das ist das Dümmste, was man einem Kind sagen kann. Was bringt es dem Kind denn, außer, dass es für sämtliche Fehler wirklich immer eine Entschuldigung parat haben wird? Nichts bringt es dem Kind. Probleme in der Schule sind doch normal. Muss man da noch einen fetten roten Spruch drüberhauen und es LRS nennen? Die LRS Kinder werden so in eine Gruppe geschmissen, in der alle das Gleiche von sich denken. Nämlich, dass sie die Dummen sind, die es zu nichts bringen werden. Die Probleme in der Schule rutschen so eher in den Hintergrund, denn sie haben ja eine Begründung dafür. Schwachsinn.
Ich fange also an die ersten Aufgaben mit Jackie zu machen, aber ich habe das Gefühl, dass sie viel lieber reden möchte. Ich bringe sie trotzdem erst einmal dazu ein paar Sätze von Englisch auf Deutsch und umgekehrt zu übersetzen. Ich bin geschockt. Jackie sitzt vor den Aufgaben und springt von Satz zu Satz, weil sie nicht weiß, was sie schreiben soll. Sie wirkt angestrengt, denkt nach, schreibt die Worte vor ihrem Gesicht in die Luft und wirkt traurig. Vielleicht sogar enttäuscht. Ich helfe ihr ein bisschen und merke, dass es nicht nur Englisch ist, was ihr Probleme in der Schule bereitet. Es ist das Lesen, das Schreiben, die Konzentration und das auf Englisch und auf Deutsch. In mir baut sich Wut auf.
Dieses Mädchen sitzt hier vor mir und gibt ihr bestes, sie möchte etwas lernen, kommt deswegen jeden Sonntag um 19 Uhr zu mir, aber hat sich selbst vielleicht schon aufgegeben und das zum Teil wegen ihrer Lehrer, die ihr vorhalten, dass sie LRS hat und, natürlich, wegen ihrer Eltern, die sich nicht ansatzweise um ihre Probleme in der Schule kümmern. Die leben ihr ein Leben vor, das in meinen Augen unvorstellbar ist. Ein Leben, das von Arbeitslosigkeit und Alkohol, sowie Zigaretten, beherrscht wird. „Mama hat mir das Buch hier gekauft und gesagt ich soll damit lernen“, sagt Jackie und zeigt mir ein Englischbuch, das sie von ihrer Mama bekommen hat. Hingesetzt hat sich ihre Mama nie mit ihr. Die Aufgaben hat sie bisher alleine gemacht, auch wenn sie nach zwei Versuchen und falschen Antworten aufgegeben hat. Ich schaue mir Jackies Vokabelheft an und bemerke die unterschiedlichen Schriften. „Das hier hat immer eine Freundin von hier geschrieben“, sagt Jackie, als sie auf die ersten Seiten ihres Hefts zeigt. Eine Freundin hat ihr die Vokabeln aufgeschrieben, die Jackie lernen sollte. Gemacht hat sie es nie. Wie auch, wenn sowieso keiner darauf achten und wenn sie sowieso nur das dumme Mädchen mit LRS ist?
Ich gehe mit Jackie immer wieder die Zahlen durch und lasse sie alles aufschreiben. Immer wieder, aber eine Verbesserung kommt nicht. Nach 45 Minuten ist die Konzentration komplett weg und Jackie möchte lieber über die Schule reden. „Bääh heute hatten wir so ekliges Essen in der Schule. Da habe ich gesehen, dass braune, alte Salatblätter in der Küche herumliegen. Da hat noch nie jemand geputzt, glaub ich und wir müssen das essen“, erzählt mir eine 10-jährige. Vor kurzem erst hatte ihre Mama ein Vorstellungsgespräch in dieser Kantine und hat es abgelehnt. „Für sowas Ekliges will sie nicht arbeiten“, sagt Jackie. Da zieht es ihre Mama vor zu Hause zu bleiben und nichts zu machen. Wenn Jackie keine Lust hat auf die Schule, das ist meistens an den Tagen von Tests, dann macht sie sich einen Bunten zu Hause. Wieso auch sollte man sich um die Probleme in der Schule kümmern? Mit Mama, Kater und zwei Hunden sitzt sie dann viel lieber zu Hause. Ab und zu ist ihr Bruder dann auch zu Hause, wenn er nicht mit seinen Freunden beim Dealen oder Kiffen ist. „Er hat wirklich viel zu tun“, sagt Jackie über ihren arbeitslosen, 18-jährigen Bruder. Sonst hängt die Familie kollektiv auf dem Balkon, raucht Kippe nach Kippe und bringt jeden Montag den vollen Beutel Leergut, bestehend aus Bierflaschen, zum Aldi.
Letzten Sonntag. 19 Uhr sollte Jackie da sein. 19 Uhr habe ich das Mädchen allerdings noch draußen gesehen, mit ihrem Kater, den sie zwischendurch verloren hat. Ihre Mama hat von oben heruntergeschrien, bevor sie, mit Kippe im Mund, lauthals schreiend auf den Hof kam und ihre Tochter zur Sau machte. Eigentlich sollte Jackie um diese Zeit bei mir in der Küche sitzen und lernen und etwas gegen ihre Probleme in der Schule tun. Eine halbe Stunde später klopft es an der Tür. Sie steht vor mir und sagt ihr ginge es nicht so gut, sie sei gegen einen Stromkasten gelaufen und ihr Kopf tue weh. Ob das stimmt, das weiß ich nicht. Ich weiß allerdings, dass da oben, in der dritten Etage, einiges falsch läuft. Einiges, dass auch ich nicht ändern kann, aber einiges, dass mir dermaßen auf den Sack geht.
16 Kommentare
Hallo Anne,
Das ist ein Fall für eine Sozialpädagogische-Familienhilfe. Leider muss die Mutter dafür sein…
Ein Hinweis beim Jugendamt ist auch ein zweischneidiges Schwert. Einerseits kann es helfen, andererseits ist ein Heimplatz für ein Mädchen in dem Alter ein Einfallstor für noch schlimmere Einflüssen vor den “anderen” Kindern, die ja auch ein Grund haben dort zu sein.
Dein kleiner Einfluss auf das Mädchen, kann ihr mehr bringen als du Glauben kannst und ihr den Rücken stärken. Seihe auch unter Resilienz.
Lg Eric
Das macht einen wirklich wütend. Ich hatte auch LRS (wobei man die ja im Grunde nie wirklich weg bekommt), aber zum Glück haben meine Eltern an mich geglaubt und mir jede Untersützung zu teil werden lassen. Heute ist meine Rechtschreibung und Grammatik besser als die vieler meiner Kollegen, die nie solche Probleme hatten.
Aber wenn es den Nachbarn eben egal ist, was aus den eigenen Kindern wird, ist das als Außenstehender echt hart. Ich hoffe, dass Jackie den Mut nicht verliert, trotzdem an sich zu glauben. Denn ich habe damals selbst nicht an mich geglaubt und hätten es meine Eltern nicht getan, wäre aus mir vielleicht auch nie etwas geworden und ich hätte mir auch niemals zugetraut, doch noch studieren zu gehen.
Dein Einsatz ist also auf jeden Fall aller Ehren wert und hoffentlich nicht vergebens!
Gibts viel zu oft in Deutschland sowas. Ich werde Berufsschullehrerin und hab in meinem bisherigen Praktika da auch viele solche Kinder gesehen. Der eine hat 3 mal!!! seinen eigenen Namen durchgestrichen und neu angefangen bis er ihn richtig geschrieben hat und er war 16 und hatte auch nen Hauptschulabschluss. Da fragt man sich wie kann das bloß sein.
Die Jugendlichen in den Maßnahmen (BVJ, EiBE usw.) dachten meistens auch von sich selbst, dass sie nix können (weil es ihnen von Gesellschaft, Eltern etc. eingeredet wurde) und haben sofort aufgegeben bei der kleinsten Aufgabe. Nennt sich auch self-fulfilling prophecy und kommt aus der Psychologie, hat man als Lehramtsstudent auch schon im Studium.
Aber bei unserem Bildungsystem wundert mich das nicht, wie soll denn auch ein Lehrer in einer Hauptschule mit 35 Kindern pro Klasse da jedes Kinden fördern können? Besonders wenn die Kinder zu Hause nichts gelernt haben außer andere Kindern bei dem kleinsten Konflikt zu schlagen, zu beschimpfen, sich gegenseitig anzurotzen etc. Man kann in der Schule ja auch nicht die fehlende Sozialisation aus dem Elternhaus ersetzen.
Und bald gibts noch die Inklusion, dann kommen auch noch die Kinder mit richtig krassem Förderbedarf dazu (natürlich alles weil man die nicht Diskrimminieren möchte…bestimmt garnicht weil sich damit so wunderbar Geld einsparen lässt wenn man viele Förderschulen schließt). Aber bei dem verhältnismäßig klitzekleinen Etat für Bildung gegenüber anderen Bereichen müssen wir uns nicht wundern.
Hi Nina, genau so sehe ich das auch! Wenn zu Hause gewissen Verhältnisse herrschen, dann kann man den Kids in der Schule vergeblich irgendetwas beibringen. Das ist dann spätestens zu Hause eh wieder weg. Es läuft in der Beziehung so einiges falsch, aber wo soll man denn anfangen?
Schwieriges Thema…finde es gut, das du ihr helfen möchtest und das tust du sicher auch. Denn im Gegensatz zu den Menschen unmittelbar um sie herum schenkst du ihr positive Aufmerksamkeit.
Das mit LRS sehe ich ein bisschen anders. Ich versteh den Ansatz, das Kinder das sicher immer wieder als Ausrede benutzen. Aber wenn ich richtig verstanden habe, ist sie ja deshalb auf einer Förderschule. Irgendwie muss man dem Kind doch aber begreiflich machen, warum es da ist, warum es nicht so schnell lesen kann wie gleichaltrige Freunde oder warum ihr das Schreiben schwer fällt. Ich denke, dem Kind vorzuenthalten, das es eine Schwäche hat, ist nicht korrekt. Sicher ist die Art und Weise, wie man damit umgeht entscheidend, verheimlichen würde ich persönlich das aber nicht.
Vielleicht hab ich die rosarote Brille auf, aber gerade in einer Förderschule sollten doch speziell ausgebildete Lehrkräfte sein und niemand, der den Kindern sagt, das sie anders sind oder Fehler haben..so kommt es für mich in dem Beitrag rüber. Wäre das der Fall, muss man da doch eher gegen vorgehen.
Ebenso gegen die Erziehungsberechtigten. Schicken sie ihr Kind nicht in die Schule, so wie es gesetzlich durch die Schulpflicht verlangt wird, dann ist das strafbar.
So oder so ist es einfach nur traurig. Das ein Kind so aufwachsen muss.
Hi Franzi! Ich dachte bisher auch immer, dass Förderschulen und vor allem die Pädagogen an diesen Schulen so ausgebildet sind, dass sie mit solchen Fällen klarkommen sollten. Das ist ja eigentlich ihr Job… Aber wenn ich sehe, was die Kids da in der Schule machen bzw. wie die Lehrer darauf aufpassen, dass die Aufgaben auch, trotz Lernbehinderung, gemacht werden glaube ich, dass es den Kids nichts bringt, gar nichts. Vor allem, wenn sie dann zu Hause in solchen Verhältnissen leben..
Oh man, das macht mich echt traurig :( Das arme Mädchen…. Und dann wundern sich die Eltern, warum nix aus ihren Kiddies wird…
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass sich die Eltern darüber Gedanken machen. Das ist ja total normal für die ganze Familie.
weißte,bei solchen dingen kann man das jugendamt anrufen.da kann man anonym und ohne namen der betreffenden persoonen nennen zu müssen,den fall schildern und dann wird beraten,was man tun kann oder ob das jugendamt helfen sollte.vielleicht hilft das ja weiter?
Kann man, aber ich weiß nicht, ob ich dann mit den Konsequenzen klarkommen würde. Was ist zum Beispiel, wenn die Kinder weggenommen werden und in Pflegefamilien gesteckt werden? Dafür möchte ich nicht verantwortlich gemacht werden. Aber natürlich, wenn es zu noch heftigeren Sachen kommt, dann überleg ich mir mal was…
Das berührt mich sehr.
Ich finde es erschreckend was so alles hinter ‘verschlossenen Türen’ passiert, ohne das es jemand sieht. Wobei das auch oft daran liegt, dass die Leute es nicht sehen wollen. Sehr schade! Wenn Deutschland etwas nicht benötigt, dann sind es verlorene Kinder.
Das sehe ich genauso! Es muss viel mehr für genau diese Kinder aus solchen Familien gemacht werden!
Liebe Anne, wenn Du magst, kannst Du Dich gerne an die SOS-Mitarbeiter in Berlin wenden: http://www.sos-kinderdorf.de/familienzentrum-berlin/unser-angebot/erziehungs–und-familienberatung
Da gibt’s auch ne Online-Beraung…. Vuielleicht können die der Familie helfen :-)
LIebe Grüße!
Liebe Nicola, danke für den Tipp. Vielleicht mache ich das mal, wenn es so weiter geht…
Liebe Anne,
ich bin durch Zufall auf deiner Seite gelandet…es ist ein Thema was mich viele Jahre schon beschäftigt…ich bin selber Mutter von drei Kindern…ich versuche vieles richtig zumachen…das Recht zusagen das ich immer alles richtig mache, würde ich mir nie heraus nehmen…meine Mädchen 18 und 14 machen ihr Abitur und der kleine Bub geht in die Grundschule 4.Klasse.Ich bin seit mein Großes Mädchen in die Schule gekommen ist im Elternrat…habe viele solche Dinge wie du geschildert hast gehört…gesehen und regelmäßig in solchen Sitzungen bei gesessen wo mit den betroffenen Eltern geredet wurde…es war für mich immer unglaublich wenn sich Kinder über ein Tütchen selbst gebackene Kekse freuen oder wenn es zum Wandertag Wiener mit Brötchen gab…es für sie ein “Festmahl” ist…in mir brodelt es immer wieder wie in einem Vulkan…ich möchte am liebsten die Eltern schütteln sie wach rütteln und sagen…`schaut euch eure Kinder an, sie brauchen euch…habt ihr vergessen das sie ein Wunder sind, dem man jede Chance auf ein Leben geben muss`…ich musste immer wieder einsehen das es Grenzen gibt, den Kindern zu helfen…ich habe immer wieder die Chancen der Wandertage genutzt und diese Tage mit der Klasse verbracht und wenn die Schüler mal nicht im Klassenraum sitzen…sondern so sein können wie sie sind….in dem man sich Zeit nimmt…ihnen vor allem zu hört…ihnen Tüten weise selbst gebackene Kekse oder Kuchen an so einem Wandertag mitbringt…weil viele von ihnen nicht mal etwas zu essen für den Tag mit haben…und sie dich anschauen als wäre es Weihnachten….dann standen mir oft die Tränen in den Augen…ich habe Kinder in allen Altersstufen, ich selbst habe unterstützend einige Jahre in einer Kita gearbeitet…eigentlich mehr zum ausgestalten der Kita…aber als ich sah wie hoch der Betreuungsschlüssel in unseren Kindergärten ist….ich kann nur sagen ich war sprachlos…ich habe selber Kinder, ich bin Mutter mit Leib und Seele…aber ich habe selber gesehen das dies nicht mehr der heutigen Zeit entsprechend ist…einer Zeit in der alles schnelllebiger wird, Kinder besser mit einem Smart Phone umgehen können anstatt mit einer Schere oder Phantasievoll mit Farbe und Pinsel zu malen, entschuldigt liebe Eltern (dies trifft nicht auf alle zu) aber es gibt Eltern denen man nichts recht machen kann, manche Kinder werden über-behütet, manche kommen mit Fieber in die Kita obwohl man wusste die Eltern haben keine Arbeit und man hat sie dann auch den ganzen Tag nicht erreicht, andere bringen ihre Kinder ohne Schuhe(sie werden auf dem Arm getragen) andere ohne Hose(im Auto gefahren) in die Kita…weil die Kinder es so wollen, wiederum andere Eltern schimpfen warum die Kinder nicht bei jedem Wetter rausgehen…ich kann nur sagen liebe Eltern das geht nicht wenn eine Erzieherin für zehn bis vierzehn Kinder da ist und ein Kind keine Hose an hat das andere bei Schnee in Sandalen kommt…nur weil die Kinder dies zu hause so wollen und die Eltern sich warum auch immer nicht trauen sich durch zusetzen oder sich die Zeit nehmen den Kinder zu erklären warum wir was zu welchen Jahreszeiten anziehen…wenn wir das in der Kita gemeinsam mit den Kinder durch gesprochen haben, wussten es alle Kinder…aber am Ende zu hause entscheiden die Eltern ob ihr Kind mit oder ohne Hose das Haus verlässt….anderseits habe ich Eltern erleben dürfen die wenn sie Urlaub haben (welcher ihnen rechtlich ja auch zusteht), diesen nicht mit ihrem Kind teilen wollen…weil es ihr verdienter Urlaub ist und sie sich da nicht auch noch den ganzen Tag um ihre Kinder kümmern wollen…ist schon mal jemanden aufgefallen das es kein Gesetz gibt, welches festhält das einem Kind Urlaub mit seinen Eltern zu steht…so wie Eltern ihr gesetzlicher Urlaub gesetzlich festgelegt ist…es ist schon traurig das man soweit denken muss…für so etwas ein eigenes Gesetz zu verankern…ich habe immer jede Minute und freie Sekunde genutzt um sie mit meinen Kindern zu verbringen….in dieser Gesellschaft läuft soviel schief und manchmal sehe ich Leute an und denke macht die Augen auf…das Thema Inklusion ist ein Thema was ganz schwer wiegt…mein Sohn hat im letztem halben Schuljahr zwei Schüler in die Klasse bekommen mit Autismus…ich habe nichts gegen diese Kinder…im gegenteil jedes Kind ist etwas besonderes und wir Erwachsenen können jeden Tag unglaublich viel von jedem einzelnen Kind lernen…nämlich das was sie uns täglich zeigen für was wir durch unseren Alltag längst blind geworden sind…aber diese Inklusion fällt über unsere Schulen, welche längst noch nicht mit so vielen Lehrern und Pädagogen ausgestattet sind um eine normale Unterrichtsstunde zu gewährleisten…den dies hatte mein Sohn seit diesem halben Jahr nicht mehr…ein Lehrer ist nicht in der Lage eine Klasse mit Schülern die Lese-Rechtschreibschwäche, Mathematik schwäche,Autisten, dann Schülern denen das Lernen leicht fällt plus denen die in der Grundschule einfach ihre Zeit brauchen um in der Schule zu starten gerecht zu werden und dann auch noch die Schüler aufzufangen die kein gutes Elternhaus haben…mit tut es um jedes einzelne Kind in der Seele weh und ich bin wütend auf die Politik…denen ich nur raten kann..wenn es hier wirklich um unsere Kinder geht und nicht um irgendwelche Sparpolitik….sollen sie selber für mindestens ein halbes Jahr in eine Kita bzw Schule…sich den Alltag der Lehrer/Erzieher und diesen Betreuungsschlüssel selber mit erleben und dann sollen sie ihre Gesetzte verabschieden…ich könnte Bücher füllen mit dem von mir erlebten in Kita und Schule…und ich bin beruhigt das ich sehe das es noch Menschen gibt…die sich auch darüber ihre Gedanken machen und die über all das genauso wütend sind….
Ich verbleibe mit Grüßen Katja
Liebe Katja, wow, danke für deine lange Nachricht. Auch ich wusste viele der Dinge noch nicht. Kinder sind für mich persönlich gerade noch ganz weit weg, aber ich bin mir sicher, auch wenn ich erst in 10 Jahren welche haben, werde ich an dich und deine Worte denken.