“Um ehrlich zu sein, ist es doch sogar schön, dass unsere Beziehung dadurch irgendwie unsicher bleibt.“ Wie meinen?
Rollenklischees sind für eine toughe Frau wie Britta nichts. Schon als Kind war sie eher der Rebell. Da passt es, dass sie die Liebe ihres Lebens und Vater ihres 9- jährigen Kindes heute, nach mittlerweile 18 Jahren, immer noch ihren „Freund“ und nicht ihren „Ehemann“ nennt. Ich denke sofort an ein Statement! Und freue mich insgeheim. Aber statt mit einem Statement gegen die Ehe, haben wir es hier vielleicht mit etwas noch viel tollerem zu tun. Nämlich mit dem Geheimnis der Liebe!
Britta und ihr Freund sind mittlerweile schon seit acht Jahren verlobt: „Genau genommen könnte ich mein Recht also sogar einklagen.“, schmunzelt Britta und schwärmt, dass sie sich schon am dritten Tag sicher war, dass er der Richtige ist. Das erinnert mich an mein Lieblingspaar im Bekanntenkreis: Bei Ihnen war es genauso. Heute sind sie glücklich verheiratet und haben Vorbildfunktion für mich. So ein Glück wünsche ich mir auch eines Tages. Würden sie sich aber jemals scheiden lassen, bräche für mich der Glaube an die Liebe und damit eine Welt zusammen! Bei jeder dritten in Deutschland geschiedenen Ehe ist das gar nicht so unwahrscheinlich. Ist es also für die Liebe vielleicht besser, erst gar nicht zu heiraten?
Britta und ihr Freund haben sich nicht absichtlich gegen die Ehe entschieden. Die Verlobung war da – das große Fest hat sich einfach nie ergeben. Beide Elternpaare sind geschieden, da war ein Familienfest irgendwie zu kompliziert. Im Kalifornien-Urlaub hatten sie sogar schon mal ausgefüllte Papiere dabei, um vielleicht spontan nach Las Vegas zu fahren: „Aber dann hat uns wieder der Mut verlassen.“, erklärt Britta. „Irgendwie kommt jetzt immer etwas dazwischen. Ein anderes Mal hatten wir beispielsweise über eine Location so einen Streit, dass wir es wieder haben sein lassen.“ Was soll auch der ganze Stress?
Ob sie sich nach acht Jahren verlobt sein noch manchmal den Hochzeitstag vorträumt, möchte ich von ihr wissen: „Ich finde die Vorstellung schön, einen Tag mal ein ganz besonderes Kleid zu tragen, welches ich danach nie wieder anziehe!“, schwärmt sie. Aber bedenkt im gleichen Atemzug: „So eine perfekte Inszenierung, mit Schloss und allem drum und dran, das kann doch nur nach hinten losgehen.“ Stattdessen würde sie an IHREM Tag, wenn es ihn noch geben sollte, lieber ausgiebig wertvolle Zeit mit guten Freunden verbringen wollen – vielleicht ein paar entspannte Tage auf ein Landhaus einladen? Um das Glück, jemanden fürs Leben gefunden zu haben, zu teilen und zu zeigen, wie schön es ist.
Denn das ist ihr Verlobter für die Braut, die sich nicht traut: der Mann, mit dem sie alt werden möchte. Obwohl ich am Anfang noch glaubte, da kann doch etwas nicht stimmen, wenn man nicht heiratet, stellt sich im Gespräch mit Britta für mich immer mehr und mehr raus, dass vielleicht gerade das Nicht-Heiraten das Geheimnis der Liebe sein kann. Denn Unsicherheit ist für sie auf keinen Fall der Grund, warum sie nicht heiratet. „Um ehrlich zu sein, ist es doch sogar schön, dass unsere Beziehung dadurch irgendwie unsicher ist und bleibt.“, „Wie?“, denke ich mir kurz und verstehe dann, als sie mit gewohnter Leidenschaft an der Diskussion klar stellt: „Es gibt doch nichts Schlimmeres, als eine tote Ehe, in der sich keiner mehr um den anderen bemüht. Unsicherheit ist doch irgendwo schön!“. Dabei überschlägt sich ihre Stimme kurz beim Wort „schön“. Ihr Blick ist eindringlich und sucht fragend den Meinen, um nach meiner Ansicht der Dinge zu forschen.
Ich lasse die Worte rotieren und erkenne erschreckenderweise, was sie meint. Sie trifft einen Nerv, vor dem ich mich selbst manchmal sorge. „Natürlich lässt das Begehren nach so langer Zeit auch nach, das ist bei allen so! Aber dann muss man seine Beziehung auch mal aufpeppen!“ Energisch wie ich sie kennengelernt habe, ist sie nun bei der Diskussion dabei: „Ein freier Abend pro Woche! Mal in der gleichen Stadt in der man wohnt eine Nacht im Hotel verbringen. Das ist gleich völlig anders!“, energisch geht es weiter: „Auch mal ohne Kind in den Urlaub fahren. Solche Sachen können Wunder wirken.“ Das glaube ich sofort. „Wenn ich andere Eltern frage wie es ihnen im Urlaub gefallen hat und höre: “Mh ja…dem Kind hat´s gut gefallen!” dann kriege ich das Kotzen! Das will ich nicht! Ich wollte mich nie für ein Kind aufgeben, wir fahren auch mal allein in den Urlaub, um Zeit für uns zu haben. Und dann machen wir Reisen, in die wir Kinder- und Elterninteressen miteinander vereinbaren können!“ Ein Kind muss also nicht gleich das Ende der Liebesbeziehung zwischen Eltern bedeuten: ein Lichtblick für mich Liebespessimist.
Ob sie sich manchmal blöde Kommentare anhören muss, weil der Vater ihres Kindes nur ihr Freund und nicht ihr Mann ist, möchte ich wissen. Darauf bekomme ich eine Antwort, die mich nachdenklich stimmt: „Nein, aber belächelt werde ich schon manchmal: Wir bräuchten das doch jetzt auch nicht mehr…“. Schwingt da vielleicht auch ein bisschen Neid, Zweifel oder gar Reue bei den Verheirateten mit? Darüber, dass Britta und ihr Freund eigentlich frei sind, eigentlich jeden Tag gehen könnten? Sie kein Vertrag aneinander bindet und sie sich doch jeden Morgen aktiv dafür entscheiden: Wir gehören zusammen!
Ist es das Geheimnis der Liebe, nicht zu heiraten? Oder anders gefragt: Schadet die Ehe der Liebe? Man gehört sich in der Ehe ja nicht! Mir kommt ein Sprichwort in den Sinn: “Wenn du etwas liebst, musst du es freilassen. Liebt es dich, so kommt es zurück”, oder so. Warum Handschellen anlegen und sich unter den Zwang eines Ja-Worts stellen, wenn es auch ohne sehr gut geht? Vielleicht genau deswegen, weil heute alles so unverbindlich ist. Auch Britta findet den altmodischen Gedanken von Verbundenheit, in einer so unverbindlichen Zeit wie heute, besonders schön: „ Zu wissen, ja, das ist der Mensch, mit dem ich alt werden möchte!“ Aber für genau dieses Gefühlt braucht es kein Label, oder?
Ob sie noch an eine Heirat glaubt, frage ich Britta zum Abschluss obligatorisch: „Wenn, dann jetzt eher zu einem besonderen Anlass, dem 22. Jahrestag oder so…“, und zuckt dabei etwas mit den Schultern, als sei es jetzt wirklich egal. Denn eines ist klar: die Liebe und Verbundenheit zwischen ihr und ihrem Freund ist da. Und daran ändert auch eine Ehe nichts!
8 Kommentare
Heutzutage muss man wirklich nicht mehr heiraten und über Glück oder Unglück entscheidet ein Trauschein bestimmt nicht. Dazu kommt das so eine richtig tolle Hochzeit ja auch eine Stange Geld kostet.
Allerdings denke ich bei Liebe ohne Trauschein auch immer an schlechte Zeiten. Soweit ich weiß, hat man doch als Vater des Kindes dann kaum Rechte, wenn man nicht mit der Mutter zusammen ist.
da bringst du einen guten Einwand – als mutter beispielsweise einen anderen Nachnamen als das kind zu haben, ist sicherlich für viele etwas merkwürdig.
Finde ich ein sehr spannendes Thema. Ich konnte mich selbst auch nie mit dem Gedanken des Heiratens identifizieren. Für mich schien es immer absurd den anderen mit einem Vertrag an sich zu binden, so als wolle man vermeiden, dass der Partner davon fliegt. Wie einem Vogel dem sich die Käfigtür auftut. Für mich war es immer der große Beweis, auch ohne es anderen mit einem Vertrag zu zementieren, mit der Person die man liebt zusammen zu bleiben. Ganz ohne Zwang und Enge… Angst nicht einfach gehen zu können, eben weil man ja verheiratet ist und dann ja ganz der Person gehört. Du hast das ganze sehr schön zusammengefasst und regst, zumindest mich, sehr zum Nachdenken an :)
LG
danke, freut mich zu hören – so soll es sein =) ich habe mich lange etwas daran gestört aber wusste nicht warum, ich denke durch das Gespräch bin ich dem etwas näher gekommen :)
Hallo Gesa,
auch wenn ich verheiratet bin, sehe ich es so wie Britta. Man braucht keinen Trauschein um glücklich zu sein.
Aber ich wünsche jedem Menschen, dass er irgendwann den einen Menschen trifft, mit dem er sein ganzes Leben verbringen möchte. Ich wollte eigentlich niemals heiraten, aber als ich meinen Mann das erste Mal geküsst habe, wusste ich einfach, dass ich den Rest meines Lebens mit ihm verbringen werde.
Unsere Hochzeit war für uns beide aber mehr ein Versprechen. Das Versprechen, dass wir uns immer Mühe geben werden und dass wir niemals zu schnell aufgeben werden. Dass wir immer füreinander da sind und uns aufeinander verlassen können.
Aber das war unser Weg. So wie Britta und ihr Freund es machen, finde ich es genauso gut. Hauptsache ist, dass beide Partner glücklich sind. Für manche ist es eben wichtig, dass sie das Gefühl der Freiheit haben, uns war es wichtig, dass wir dem anderen zeigen, dass wir uns immer bemühen werden. Ich denke, dass es in diesem Fall einfach kein richtig oder falsch gibt… Und ich kann natürlich auch nicht die Zukunft voraussehen, aber ich hoffe einfach, dass wir beide dieses Versprechen noch sehr sehr lange halten können. Bisher sieht es sehr gut aus. ;)
=) das wünsche ich euch auch!
Es ist für uns doch nur ungewohnt, einen anderen Namen zu haben. Wie sieht es denn in Patchwork-Familien aus? Da ist es doch manchmal auch so, dass die Kinder einen anderen Nachnamen haben.
Sollte es zu einer Trennung unverheirateter Paare kommen hat man als Vater die selben Rechte wie wenn man vorher verheiratet war.
Der einzige Nachteil bei Unverheirateten ist die finanzielle Absicherung wenn einer der Partner sterben sollte: Es gibt keine Hinterbliebenenrente.
Die Arbeitsagentur geht allerdings immer von einer Bedarfsgemeinschaft aus – da spielt es keine Rolle, ob ein Paar verheiratet ist oder nicht.
Es ist auch für verheiratete Paare wichtig, ohne Zwang und Enge zusammen zu leben – sonst geht die Ehe über kurz oder lang eh in die Brüche.
Hallo Jana, man kann dem Vater das Halbe Sorgerecht einräumen, damit bekommt er die gleichen Recht ewie die Mutter. In guten wie in schlechten Zeiten.