Das kommt mir hier alles total absurd vor. Ich sitze in einer Arena in Spanien. Genauer gesagt in Pamplona. Es ist sieben Uhr morgens und Schweine, Schweine kalt.
Noch eine Stunde, dann fängt es an. Running of the Bulls. Das Rennen. Das Rennen mit den Bullen. Tausende von Menschen haben sich in den Straßen von Pamplona versammelt, hüpfen geschmeidig hoch und runter, stützen sich an Hauswänden ab, um die Waden zu dehnen und atmen mit ordentlich Backenbewegung ein und aus, um sich auf das Rennen vorzubereiten. Am Abend zuvor gab es noch ein Bullenpenissüppchen. Ein bisschen viel Aufwand wenn man bedenkt, dass die Strecke nur 840 Meter lang ist. Das renne ich fast wöchentlich in Höchstgeschwindigkeit um irgendein Verkehrsmittel, abwechselnd Bahn, Flugzeug oder Bus zu bekommen und ganz ohne mich stundenlang aufzuwärmen.
Neben den 1000 Läufern haben sich weitere 1000 Menschen hinter die Zäune in der Stadt gestellt, um die Menschen und Bullen vorbeirennen zu sehen. Und weitere Hunderte sitzen in der Arena – das Ziel des Rennens. Auf der Leinwand in der Arena wird eine Rakete übertragen. Wenn die knallt, heißt es Beine in die Hand nehmen und Rennen, denn die Bullen werden frei gelassen. Dann geht auch alles ganz schnell. Ich starre auf die Leinwand, sehe Menschen rennen, Bullen rennen, Menschen am Boden, Bullen darüber rennen. Hörner, Hufe, Beine… Nach zwei Minuten laufen die ersten in die Arena ein, gefolgt von Tausend weiteren und den Bullen, die einmal quer durch die Arena zum gegenüberliegenden Ausgang gelotst werden. Tür zu, Bullen weg, Rennen vorbei. Running of the Bulls.
Was mit den Verletzten in den Gassen passiert, weiß keiner. Das interessiert auch keinen. Mich auch nicht. Selbst wenn sie gestorben sind, interessiert es mich nicht und ich verspüre keinen Funken Mitleid. Wenn ich mich auf die Autobahn stelle, darf ich mich auch nicht wundern, dass mich ein Auto erwischt. Also darf ich auch nicht verwundert sein, wenn mich ein Bulle beim Running of the Bulls aufspießt oder nieder trampelt. Die Show geht in der Arena weiter. Alle laufen durcheinander. Eine Traube stellt sich vor ein Tor. Ein paar legen sich sogar davor. Die Tür geht auf, ein kleiner schwarzer Bulle rennt über und durch die Menschen in die Arena. Dort rennt er circa 10 Minuten rum, hebt ein paar Läufer zwischen dem Schritt nach oben, wirbelt sie durch die Luft und stößt noch einmal kräftig mit den Hörnern in den Rücken, wenn sie am Boden liegen. „Ja, gut so“, denk ich mir. Dumme Touristen wedeln mit ihrem roten Kapuzenshirt durch die Luft und hoffen, ja sie hoffen, dass der Bulle auf sie zu rennt. Ich versteh das alles nicht.
Ich fühle mich auch nicht gut. Ich friere immer mehr. Ein kalter Schauer, läuft mir den Rücken runter. Während ich mir wünsche, dass sie dem kleinen Bullen nicht die Hörner stumpf geschnitten hätten, damit er den ganzen Leuten richtigen der Arsch aufreißen könnte, erschrecke ich mich darüber, dass ich anderen so etwas wünsche. Aber das macht mich so wütend. Ja, es macht mich wütend, dass irgendwelche Irren einen kleinen Bullen brauchen um ein unvergessliches Erlebnis zu haben, sich als Mann zu fühlen oder was weiß ich was. Das macht mich so wütend, dass ich ihnen nur das schlechteste wünsche. Dabei ist das hier nur ein kleines, harmloses Vorspiel. Heute Abend, werden sechs Bullen beim Stierkampf hingerichtet. Brutal und schaulustig werden ihnen Stäbe in den Rücken gesteckt, damit das Blut spritzt. So lange und so viel, bis sie erschöpft zu Boden sinken. Sechs Bullen in 90 Minuten. Für jeden Bullen bleiben 15 Minuten um ihn zu töten und anschließend das Fleisch an Restaurants in der Stadt zu verkaufen – „Running of the Bull“-Burger oder Bullenpenissüppchen.
Natürlich war ich nicht beim Stierkampf. Das macht mich nämlich nicht nur wütend, sondern auch noch unfassbar traurig. Das Rennen mit dem Bullen kann ich nur einfach nicht verstehen, aber wenigstens stirbt keiner und Mensch und Tier treffen ohne Waffen aufeinander. Aber der Stierkampf muss abgeschafft werden. Ich bin sprachlos, wenn ich höre, was da passiert und ich kann es nicht fassen, dass es noch so etwas in Europa gibt. Deswegen bitte ich euch alle, tut etwas dagegen. STIERKAMPF NEIN!
5 Kommentare
Super interessanter Bericht. Das wäre ja nichts für mich.
Danke für den ausführlichen Bericht!
Viele Grüße
die Eurydike
Für mich ist das auch nichts…
schöner Bericht! Hab hier neulich mal Fotos gesehen. Die machen immer ganz nette
–> http://bo.st/Ml8slP
Ich sehe immer nur Berichte im TV über Pamplona. Na ja, wer sich in Gefahr begibt… usw. Viel Spaß noch weiterhin bei den Festivals. Die ‚Melt!‘ Seite hatte ich mir gerade mal angeguckt. Sah ganz witzig aus.
Wenn die Trotteleros Penissüppchen schlürfen, sollten die Bullen für ordentlich „Rührei“ dazu sorgen !
Weg mit Tierkämpfen aller Art !!!
Auch Reitsport geht übrigens zu Lasten der Pferde, da der Erfolg der Equipe wichtiger ist als das Wohl der Tiere. Die werden ja ständig nachgezüchtet und inzwischen sogar geklont !!! Tierische Olympiassieger aus dem Reagenzglas – einfach nur abstoßend …
Ja Pferderennen sehe ich auch sehr kritisch!