Manchmal komme ich mir vor, als würde ich über eine gute Freundin reden, wenn ich von Facebook spreche. Was hat sie denn heute wieder gemacht? Welche Themen waren ihr wichtig? Welchen Post hat sie gemocht und anderen gezeigt und welche nicht? Facebook ist ein vieldiskutiertes Phänomen und das wird es auch bleiben.
Ich habe Facebook immer verteidigt, weil ich wunderbare Möglichkeiten darüber bekommen und so viele nette Menschen kennengelernt habe. Ich finde Facebook auch noch heute toll und möchte mir kein Leben mehr ohne vorstellen, doch habe ich leider eine Schattenseite entdeckt, die ich nicht ignorieren kann. Wenn man es mal genau nimmt, ist Facebook eine hinterfotzige Schlampe. Wenn es etwas gibt, was mir wirklich wichtig ist an anderen Menschen, dann Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit. Man lernt so viele Menschen in seinem Leben kennen. Die einen werden gute Freunde, die anderen sind Arbeitskollegen und der größte Teil einfach lose Bekannte. Ich verstehe, dass man nicht alle mögen kann und auch nicht muss. Doch würde ich mir wenigstens wünschen, dass wir die Courage und den Mut haben ihnen ehrlich gegenüber zu treten, ihnen Sachen so sagen, die wir anders sehen oder blöd finden oder uns gestört haben. Vielleicht ist es Erziehungssache, doch mir wurde beigebracht, wenn jemand etwas macht, was mich irgendwie verletzt oder das mich stört oder ich nicht verstehe, dann gehe ich zu der Person hin und versuche ihr meine Situation zu erklären. Ich möchte, dass sie weiß, wie ich über eine gewisse Sache gedacht habe, oder wenn sie mich eventuell mit einem Verhalten verletzt hat. Und vor allem möchte ich verstanden werden. Es ist so oft, dass etwas passiert, man sein eigenes Kopfkino anschaltet und dann annimmt, dass man Recht hat.
Es hat nicht jeder die Prämisse ehrlich und aufrichtig zu sein und auch das muss ich akzeptieren. Aber ich finde es so schade, wenn man jemanden kennengelernt hat und dachte, ach, der ist ja ganz nett und dann irgendwann haut er dir eine rein. Aber nicht so von Angesicht zu Angesicht. Dazu hat er keinen Mut, sondern irgendwo auf deiner Facebook-Timelime. Da hinterlässt der feige Heuchler ein gehässiges Kommentar, in dem er dir indirekt sagt, was er von dir hält. Ich bin sehr robust was Beleidigungen und Kritik betrifft. Wer einmal eine SPIEGEL-ONLINE Kolumne mit offenem Forum hatte, den kann eigentlich nichts mehr erschüttern. Diese gehässigen Kommentare werfen mich also nicht aus der Bahn, aber sie machen mich sehr traurig. Sie machen mich nicht traurig, weil diese Person mich anscheinend gar nicht mag, sondern weil sie mir ihre Freundlichkeit vorgeheuchelt hat. Weil sie unaufrichtig war und ihr falsches, verbittertes Gesicht mich die ganze Zeit freundlich angelächelt hat, während sie sich eigentlich dachte: Was bist du für eine blöde Scheißkuh? Das macht mich traurig, weil durch dieses hinterfotzige Verhalten habe ich Angst, das Gefühl für Menschen zu verlieren. Den zwischenmenschlichen Eindruck. Wie soll ich noch wissen, wenn sich jemand wirklich für mich als Person interessiert? Woran merke ich, dass jemanden etwas stört, wenn er immer schön lächelt und nickt? Wann verdammt sind wir so feige Heuchler geworden?
Ich möchte euch heute alle zu ein bisschen Ehrlichkeit aufrufen. Sucht euch eine Person, an der euch schon lange etwas stört, die euch verletzt hat oder deren Verhalten ihr nicht versteht und dann trefft euch mit ihr und sprecht das Thema an. Ja, das kostet jede Menge Überwindung und Mut. Aber etwas persönlich zu sagen muss sich so viel besser anfühlen als es auf einer Facebook-Timeline zu posten…
Oh man, das ist so erbärmlich…
14 Kommentare
Liebes Mädchen dass mir gerade etwas aus der Bahn geworfen vorkommt.
Das alles im Leben zwei Seiten hat, hast du doch schon immer gewusst, wieso wir dir das jetzt auf einmal bei FB bewusst- vielmehr, wieso stört es Dich. Sieh Dich Doch mal an, oder falls Dir das schwer fällt, stell Dich vor einen Deiner tollen Spiegelschränke und wirf einen Blick hinein. Du bist verdammt fabelhaft in Deiner wunderbaren Art mit der Du Tag täglich so vielen Menschen eine Menge schenkst. Wie kommst Du nur darauf an Dir oder Deinem vertrauen in die Welt und die Menschen zu zweifeln?Damit gibst Du doch solchen Wesen die es nicht ansatzweise Wert sind ein viel zu großes Forum….Spiegel Online Kolumne und sich dann ins Boxhorn jagen lassen. Das muss man sich mal geben.
Ach Gott, jetzt habe ich ein paar Tränen in die Augen bekommen. Ich bin sehr gerührt. Vielen, lieben Dank! Das ist so nett und lieb. Aber manchmal denke ich man braucht es, dass es noch Dinge gibt, die einen aus der Bahn werfen, die einen zum Nachdenken und Selbstrefletieren animieren. Sonst würde ich vielleicht auch so eine selbstgefällige Scheisskuh werden. Aber danke für deine Worte. Stelle mich jetzt vor den Spiegel :)
Gut geschrieben. Ehrliche Worte! Danke dafür! Und ja – so ist es mit Facebook – Und mit der Welt da draussen … Leider… Facebook hat den Weg für das „anonyme“ Meckern, Beleidigen und Verletzten so drastisch auf eine neue Ebene gehoben, dass einem schwindlig werden kann. Es ist schade, dass keine Courage mehr vorhanden ist Dinge/Probleme anzusprechen und diese dann SACHLICH zu besprechen. Es wird gepöbelt und gelästert was das Zeug hält .. und den Agierenden scheint es egal zu sein oder sie merken es nicht, dass sie Menschen damit massiv verletzen. Das geschriebene Wort hat eine Macht, die Viele unterschätzen …
Ach, nur wann hat das alle angefangen? Ich finde auch viel mehr Männer sollten ihre Freundin mal darauf hinweisen, wenn sie so ist.
HAHAHA, jetzt musste ich lachen. Ich hatte den Nido-Artikel mit dem offenen Forum und jemanden, der jetzt schon weiß, dass man meinen Kindern irgendwann via Irisdiagnose sagen wird, dass es nur an ihrer BÖSEN Helikoptermum liegt, dass sie jetzt Krebs haben. GEHT’S NOCH, Herrschaften? Wer sowas zu sagen hat tut das besser persönlich (und was wollen wir wetten, dass er es dann nicht mehr tut…). Es gibt viele, die keine Kinderstube haben. Und dann gibt es die, die dumm genug sind, dass via fb der ganzen Welt kund zu tun. Think about it. Und Danke für die wahren Worte Christine.
Ja, di kannst ein Lied davon singen ;) <3
Also von der geballten Blödheit auf FB ;)
Liebe Lilie,
so kanns manchmal gehen…ich komme gerade in diesem Moment von so einem „realen“ Treffen mit einer Freundin, bei dem einiges geklärt werden musste. Und da lese ich Deine Zeilen…
Auch ich wollte dieses Treffen vis à vis !! und nicht in unserer WhatsApp-Kleeblattgruppe, wo jeder unwichtige Kram zu Wichtigem hochstilisiert wird und die wichtigen Dinge untergehen in diesem Wust von meist unwichtigen Informationen, die dann auch noch zu Missverständnissen führen. Es lebe Social Media, hurra! Genau das war heute mein Thema. Ich verzweifel so oft an diesen Unzulänglichkeiten, die ich übrigens leider häufig bei Frauen beobachte. Zickenkrieg, Unehrlichkeiten, Unzuverlässigkeiten – hinten herum, nix Frauensolidarität, ich kann ein Lied davon singen…ich ziehe meine Konsequenzen daraus und werde zumindest diese Gruppe schließen. Wer was von mir will, der soll mich anrufen. Bei Facebook habe ich zum Glück noch keine schlechten Erfahrungen mit fiesen Kommentaren gemacht, aber ich weiß, was Du meinst. Es lässt sich anonym eben so herrlich ablästern. Das ist das Problem – und feige allemal! Danke für diesen Bericht, der den einen oder anderen hoffentlich nachdenklich stimmen wird.
Wie ist denn euer Treffen verlaufen?
Hey Christine,
ich bin zwar bei Facebook, aber auch kein wirklicher Fan davon. Du hast recht, vielfach verstecken sich die Leute hinter ihrem Profil und sagen Dinge, die sie von Angesicht zu Angesicht nie rausbringen würden. Das ist feige, aber so sind die Menschen halt. Ich habe da meinen ganz eigenen Weg gefunden, versuche FB nur als Kommunikationsmedium zu nutzen, wenn ich einige Bekannte nicht anders erreiche. Denke mir, dass Menschen, die sich so feige verhalten es nicht wert sind, dass ich mich darüber aufrege oder traurig bin.
Man muss sich halt die Leute rauspicken, die einem gut tun, aber auch mal ehrlich die Meinung geigen. Finde schon, dass man merken kann, wann Freundlichkeit aufgesetzt/höflich ist und wann ehrlich gemeint und von Herzen kommt. An solchen Beispielen solltest du deine Menschenkenntnis festmachen und nicht an irgendwelchen Leuten, die den Schutz des Web ausnutzen, um Ihre Meinung zu äußern.
Das reale Leben ist immernoch entscheidend fürs eigene Wohl, das Web/Social Media sollte nur Mittel zum Zweck sein. So kann ich über Whatsapp mit meiner besten Freundin wichtige Dinge besprechen, die mich emotional bewegen, weil sie im Urlaub ist und nicht persönlich für mich da sein kann. Das läuft dann fast so als würden wir miteinander sprechen. Man muss halt das Medium richtig nutzen, doch das haben leider nur wenige verstanden bisher. Glaub an dich und denk an die schönen Erlebnisse, wenn es mal hart auf hart kommt.
Viele Grüße, Silke
Danke für deine lieben und weisen Worte! Ja, früher war die Kommunikation anders. Da hat man bei einer Freundin gelästert und dann hat es die Freundin einem wieder gesteckt… Die grenzen zwischen direkt und indirekt verwischen total.
Also, ich weiß ja nicht was der Hintergrund des Ganzen ist, dass bleibt ja hier unklar. Aber bevor ich so einen Artikel schreiben würde, würde ich einfach mal den Telefonhörer in die Hand nehmen und anrufen. Macht man doch so mit Freunden. Reden. Wenn es dich so bedrückt, frag doch einfach selbst nach und schaffe eventuelle Missverständnisse aus dem Weg. Wäre doch auch ne Option und so normal und einfach.
Wir haben alles klären können, die WhatsApp-Gruppe habe ich aber trotzdem geschlossen, mit dem Ergebnis, dass ich jetzt nichts mehr mitbekomme ;)
Tja und zu allem Übel habe ich jetzt noch mein Handy verloren, mit allen Telefonnummern, Fotos und kurz vorm Urlaub. Da merkt man mal, wie abhängig man schon ist. Schreeeiiii!!!!
Oh nein, das tut mir leid :(