Schneewittchen tanzt schon auf dem Strohballen und der Pirat mit dem schwarzen Hut und der bunten Pistole hat seine ersten Opfer mit dem Wasserstrahl getroffen. Acht Uhr morgens auf einem Familien-Hippie-Festival in der Grafschaft Sussex.
„Have you seen mommy?“
„Morning darling.“
„I don’t want to brush my theeth!“
Kinder rennen verkleidet über das Festivalgeländer, die Eltern haben schon den ersten Kaffee getrunken und der Tag kann beginnen. Von wegen auf einem Festival sitzt man nur rum, trinkt Bier oder steht vor der Bühne und hört den Bands zu. Das Elderflower Field Festival ist ein Familienfestival mit rund 1500 Besuchern. Und die wollen alle unterhalten und bespaßt werden. Aufgeteilt ist das Festival in zwei Zonen. Auf der Wiese ist die Mainstage und der Campingplatz und im Wald – da geht’s ab mit Yoga, Massagen und Häkeldecken. Ein Tag auf einem Festival in England.
8:00 Uhr: Kaffee im Bentley
Das Festivalgeländer des Elderflower Field Festivals gehört zum Bentley Wildfowl & Motor Museum, das den Gästen früh am Morgen ein traditionelles englisches Frühstück anbietet – vegetarische Würstchen, Bohnen, Kartoffelecken, Spiegelei und eine schöne Tasse Kaffee genieße ich auf einem dunkelgrünen Schmiedeeisenstuhl mit Blick auf eine saftig grüne Wiese. Guter Start in den Tag. Good Morning England.
9:00 Uhr: Die Ruhe vor dem Sturm
Es ist plötzlich erstaunlich Still auf dem Festivalgeländer. Das Sportcamp für Kinder hat angefangen. 2012 sind die Olympischen Spiele in London. Von denen hat sich das Elderflower Field Festival in England inspirieren lassen und bietet ein Sportprogramm für Kinder an. Drei Stunden Bewegung, Bewegung und Bewegung. Und Ruhe und Erholung für die Eltern.
10:00 Uhr: Heiße Steine im Wald
Ich genehmige mir eine Massage. Ja, eine Massage auf einem Festival. Hot Stone Massage. Drei „Healing Huts“, kleine runde Lehmhäuser mit Strohdach, werden während das Festival als Wellness-Oasen umfunktioniert und mit Massage-Liegen ausgestattet. Liebevoll sind die Häuschen mit pinken und orangen Stoff und Blumen geschmückt. Ich habe den letzten Massagetermin bekommen. Innerhalb von drei Stunden nach Beginn des Festivals war alles ausgebucht. Verstehe ich auch. Man hat tagsüber genügend Zeit, die Kinder sind beschäftigt und wann bekommt man sonst eine Massage mitten im Wald?
12:00 Uhr: Die Katze und Sonne
Ein bisschen Bewegung kann den Erwachsenen auch nicht schaden, dachten sich die Veranstalter und haben auch ein Fitnessprogramm für Erwachsene organisiert. Ich gehe um 12 Uhr zur Yoga Stunde. Davor war Zumba, danach ist Lotte Berk. Zwei erhöhte Plattformen sind im Wald aufgestellt. Nachdem man ein Formular namens „Health Check“ ausgefüllt hat, bekommt man eine Gymnastikmatte, eine Wasserflasche und macht ein bisschen Katzenbuckel und Sonnenanbetung. Im Hintergrund hört man das beruhigende Rauschen des Windes in den Blättern der Bäume. Besser als jede Meditationsmusik.
13:00 Uhr: Pink und Lila
Ich bin zwar keine sechs mehr aber trotzdem möchte ich auch eine. Gerne in Pink und Lila mit ein bisschen Glitzer. Nur um die Augen. Nicht an der Stirn, da schwitze ich immer so schnell und dann verläuft alles. Blumen wären toll. Trägt man doch so als Hippie, oder? Ich lasse mich kurz beraten, vertraue aber dann der professionellen „Face Painterin“ und lasse mir mein Gesicht bemalen. Ich hätte bei der ganzen Euphorie auch einmal daran denken sollen wie ich das abends wieder runter bekomme…
15:00 Uhr: Tea-Time
Das schönste und hippiemäßigste Zelt auf dem Festival ist eindeutig das Buttercup Café mitten im Wald. Häkeldecken auf Europaletten laden zum rumchillen ein. Wer lieber aufrecht sitzen möchte, nimmt an eine Holzbank platz. Überall drehen sich Windräder, wehen bunte Girlanden und stehen Hula Hop reifen. Neben frischen gepressten Säften, Popcorn und Wundertüten gibt es auch meine geliebten Scones mit Butter und Marmelade. Tea-Time im Hippie Tipii.
16:00 Uhr: Skaten
Ganz hinten im Wald, an der Grenze zur Weide steht eine Rampe. Daneben liegen Armschoner, Helme und Skatboards, die sich jeder ausleihen kann um einmal die Rampe runter zu fahren. Heute bekommen Kinder dreimal täglich einen einstündigen Einführungskurs. Schade das ich kein Kind mehr bin.
17:00 Uhr: Fernseher glotzen
Um 17 Uhr wird der Film „Town of Runners“ im Cinema Tent gezeigt. Ich mache es mir auf einem Strohballen gemütlich und schaue auf die Leinwand während die Sonne langsam unter geht.
18:00 Uhr: Sag mir die Zukunft
Neben den Massagen und Beauty-Behandlungen bieten die Healing Huts auch Tarot Sessions an. Kaum bin ich in Hippie-Stimmung möchte ich mich auch einer runzeligen alten Zigeunerin mit Kopftuch, fehlenden Zähnen im Mund und Totenkopfohrring gegenüber an den Tisch setzen und mir die Zukunft vorhersagen lassen. Nur leider habe ich kein Geld mehr. Irgendwie habe ich vergessen, dass es im Wald keine Bankautomaten gibt… Aber vielleicht ist das auch besser so. Ich habe ja am Mittag erst ein Hufeisen im Wald gefunden. Was will ich mehr?
19:00 Uhr: Bärenhunger
Wer die Wahl hat, hat die Qual. Sparnferkel? Hamburger? Oder lieber vietnamesische Nudeln. Ganz am Anfang im Wald ist die Fressmeile. Das optische Highlight, ein alter VW Bus in quietschegrün der einen Anhänger in Form eines Beatles hat, der aber eigentlich ein Grill ist, auf dem regionale Lammkeulen kross gebraten werden. Auch der Pizzabäcker setzt auf die traditionelle Zubereitung und hat seinen Steinofen auf den Anhänger in den Wald gebracht. Ich entscheide mich dann doch für Backed Potatos mit Hummus.
20:00 Uhr: Es lebe die Schallplatte
Mitten im Wald, zwischen den Healing Huts und der Skateboardrampe steht einsam und allein ein weißes Zelt im Wald. Am Eingang hängt der Banner – Vinyl Thursdays Yurt, eine Vereinigung zur Huldigung der Schallplatte. Normalerweise legen die drei Jungs wie der Name schon sagt jeden Donnerstag in Lewis auf. Keine CDs, keine Kassetten sondern Schallplatten. Auf dem Elderflower Field Festival geht es nicht nur back to the nature sondern auch back to the Vinyl. Jeder darf mal eine Platte auflegen und den Sound genießen. Oder im Partyzelt mit Diskolicht zu Take That tanzen. Ich gebe es zu, ich habe Take That aufgelegt. ;)
21:00 Uhr: Cocktailstunde
Die Waldbar hat den ganzen Tag geöffnet. Mittags trinkt man ein Soda mit Elderflower Sirup und Abends einen Elderflower Kir, bei uns auch Hugo genannt. Die Sterne sieht man nicht, dafür 1000 bunte Glühbirnen.
22:00 Uhr: Psssstttt!!!
Es ist Nachtruhe angesagt. Wenigstens auf der Main Stage. Im Acoustic Tent wird noch bis 23 Uhr gespielt. Gerade legt L.A. Salami auf. Mein absoluter Favorit, schon wegen dem Namen. Wer es aber doch lieber leise mag aber noch nicht schlafen gehen möchte, geht zur Silent Disco. Ein Holzhaus, im Wald. Beleuchtet mit Scheinwerfer und vom Baum hängt auch eine Diskokugel für das Disko Feeling. An der Waldbar kann man sich für eine Leihgebühr von 10 Euro einen Kopfhörer ausleihen und dann durch den Wald tanzen. Komischerweise habe ich bei der Silent Disco die meisten Leute kennen gelernt. Immer wieder hat mich jemand angestupst und in seinen Tanzzirkel eingeladen. Wirklich komisch, dass man bei einer Veranstaltung wo man eigentlich nichts anderes als Musik hört und keiner spricht, plötzlich neue Freunde findet.
Sonntagmittag – Familienpicknick
Der Höhepunkt des Festivals und ein kleines Experiment – das Familienpicknick. Mittags um 12 treffen sich alle vor der Main Stage und setzten sich in 10er Gruppen auf eine Decke. Ich bin das neue Familienmitglied von „The Rash“. Die vier Jungs der Band die plus Freunde und Freundinnen angereist sind, haben mich auch gestern bei der Silent Disco in ihren Kreis aufgenommen. Wahrscheinlich nur aus Mitleid, weil sie mich schon das ganze Wochenende alleine rumlaufen sehen haben. Aber egal. Superwitzige Truppe, sehr geile Musik im Bon Iver Stil und mit denen lässt sich gut Picknicken. Als sich alle Gruppen zusammen gefunden haben hat jeder ein Fresspaket mit Produkten aus Sussex bekommen. Brot, Hummus, Käse, Pesto. Ein geschmackvoller aber trotzdem trauriger Abschied
The Rash
Festivals sind Spielwiesen. Nicht nur für Kinder. Auch für Erwachsene.
Es ist viel passiert dieses Wochenende. Nicht nur auf dem Festival, auch in meinem Kopf. Und ich verlasse das Festivals anders, als ich gekommen bin. Glücklicher und zufriedener. Vielleicht lag es an der britischen Landluft. Vielleicht auch an den vielen Kindern. Oder an der Begegnung mit dem James Bond Stuntman…
Musikempfehlung des Wochenendes:
The Rash – die einen kostenlosen Song auf ihrer Facebook-Seite zur Verfügung stellen
8 Kommentare
Wow! Das scheint ja ein großartiges Festival zu sein! Ich hab noch nie davon gehört- danke für den Tipp!
Ich hoffe es gibt es nächstes Jahr wieder!
Hoffentlich ;)
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