Not my land – Tropical Island

„Christine, du musst dich echt drauf einlassen. Und trink am besten ein paar Cocktails an der Bar.“

Der Rat einer Freundin bevor es los ging.

Wir fahren durch ein Waldstück. An den Bäumen hängen Eiszapfen, der Boden ist mit Schnee bedeckt. Die perfekte Winterlandschaft.

Tropical Island. Nach 800m links abbiegen. Ich setze den Blinker, warte bis das entgegenkommende Auto vorbei ist und biege ab. Direkt zum Südsee-Paradis.

Der Wald ist plötzlich weg. Braches Land, schneeweiß mit einer riesigen Kuppel die aus der Erde kam. Das ganze sieht mehr aus wie eine Truppenübungshalle der NASA anstatt einer Tropenhalle. Die Parkplatzsuche ist sehr mühsam, aber ich bin schon froh, das wir es bis hierher geschafft haben ohne auf der Autobahn wegen Spritmangels liegen zu bleiben. Ich kann euch verraten, auf der A113 kommt 60km lang keine Tankstelle… Doch was lange währt wird endlich gut und wir gehen durch die Eingangstür. Ein stechender Chlorgeruch kommt mir entgegen. Moment mal, hat mir nicht neulich erst jemand erzählt, dass Chlor eigentlich geruchsneutral ist und nur in Verbindung mit Urin riecht? Ich hoffe sehr, das war ein Mythos. Nach dem Check In und der Schlüsselübergabe für unser Zelt machen wir einen Regenwaldrundgang. Für schlappe 3,50 kann man sich sogar eine Führung kaufen. Palmen, Wasserschildkröten, bunte Vögel… Ich bin geflashed. Irgendwie alles künstlich aber doch echt. Zur Sicherheit prüfte ich, ob es wirklich keine Plastikblumen sind. Es sieht schon wirklich nett aus und ist auf den ersten Eindruck sehr beeindruckend doch wir haben einfach den falschen Tag erwischt. Den komplett falschen Tag um ins Tropical Island zu gehen. Es war Beach Club Wettbewerb. Passend zur Plastikwelt liefen überall Plastikpuppen rum. Pinke Höschen, lila Schleifen im Haar, Glitter und Bling Bling überall. Vor allem auf den Augenlidern, so dass ich mich ernsthaft gefragt habe wie sie die überhaupt noch öffnen können. Diese Gattung Mensch nennt man auch Cheerleader und sie sind von überall her angereist um genau heute, wenn ich ins Tropical Island gehe, zu zeigen wie toll sie ihr Pom Poms schmeißen und mit dem Arsch wackeln können. Es war eine optische Reizüberflutung und dazu noch eine akkustische. Den ganzen Tag lief schrecklicher, wild ineinander gemischter Hip Hop und RnB zu dem die Mädels mit ihren Körpern hin und her wackelten. Es war zum heulen. Ich wollte Ruhe und Erholung. Dagegen hilft nur Südseewasser, dachte ich. Aber das hatte außer dem Aussehen nichts mit Südseewasser gemeinsam und nicht annähernd die gleiche Temperatur. Ich habe es genau zehn Minuten ausgehalten. Dann lag ich am Stand und habe mich gefühlt wie die Schneereste auf dem Glasdach. Festgefroren und arschkalt.

Nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf war es schon dunkel und durch die Beleuchtung fand ich es dann eigentlich ganz schön, bis ich die Kakerlake an unserem Zelt entlanggehen sah. Ob sie die, wie die Vögel extra hier reingesetzt haben um Tropenfeeling zu erzeugen? Hätte gut darauf verzichten können. Abends habe ich mich dann endlich darauf eingelassen und angefangen Cocktails zu trinken.

Tropical Island ist wie Thailand für Arme mit Geld. Wenn ihr versteht was ich meine. Ich habe nur eine Gemeinsamkeit festgestellt. Die Lautstärke des Dschungels bei Nacht. Doch da sind die Paarungsklänge der Zirpen und Heuschrecken um einiges angenehmer als die der notgeilen Halbstarken.

Fazit: Ich glaub ich bin zu alt dazu. Ich will ein Dampfbad und ein Solebecken und noch ein Kneipbad für die Wadeln.