Es ist soweit. Valentinstag steht vor der Tür. Na, ja eigentlich ist er schon mit den dreckigen Schuhen in unsere Wohnung gestiefelt und hat es sich mit einer Flasche Bier auf dem Sofa gemütlich gemacht. Ich habe mich 2010, 2011, 2012 und 2013 über diesen Tag aufgeregt. Meine Meinung dazu müsstet ihr jetzt eigentlich schon kennen: Ich hasse diesen Tag und NEIN, ich bin NICHT neidisch auf sich auffressende Menschen in der U-Bahn. Es wird Zeit, dass mal jemand anderes seine Meinung zum Valentinstag kundtut – ein Mann. Darf ich vorstellen – Michael André: Wir haben uns bei ebay kennengelernt, als wir beide auf einen “Original Wachturm der Berliner Mauer” geboten haben. Da ist mir aufgefallen, dass der Kultur und Medien” Master Student nicht nur optisch, sondern auch literarisch hier her passt. Seine Qualifikationen: Er hat ein Profilbild, das Julian F.M. Stöckl geliked hat, zitiert gerne Nietzsche, interessiert sich für alles, was ich nicht abdecken kann (Mode, Kultur, Musik) und ist laut Xing belastbar und hat Ausdauer. Sagt hallo zu meinem neuen Co-Blogger und freut euch auf frischen Wind. Hier sein erster Beitrag zum Valentinstag:
14. 000. 000 Ergebnisse erscheinen in 0,18 Sekunden, wenn ich den Begriff „Valentinstag“ bei google eintippe. Erschreckend vor allem, weil es sich bei den Suchtreffern vorwiegend um billige Geschenkseiten handelt, die das Ziel verfolgen, den vermeintlichen Tag der Liebe zu einem Tag des stillosen Schenkens zu machen. Aber auch großartige Ratgeberseiten, die mir raten mit Hilfe von Chilischoten meinen Schwarm zu verfuhren, das perfekte Wochenende in einem „Romantikhotel“ in einer herzförmigen Badewanne, in der Rosenblätter schwimmen zu verbringen, sowie eine ganze Reihe von schmalzigen Liebesliedern, die natürlich auch in den Hotellobbys jener romantischen Hotels rauf und runter trällern. Besonders beliebt der krächzende James Blunt. Hinzu kommt, dass diese Suchergebnisse auf mich noch schlimmer wirken, als der Tag selbst.
Hässliche Dessous – billige, synthetische Textilien, die sich vor allem durch wenig Stoff auszeichnen – für ihre Liebste oder noch deutlich schlimmer für ihren Liebsten, rote Rosen aus Plastik oder natürlich „Fair Trade“ aus Billiglohnländern und Plüschherzen in allen Formen und Größen, mit oder ohne Flügelchen, geschmacklose Zuckerbomben und rosafarbene Parfumflakons, die mindestens genauso einen scheußlichen Duft versprühen, wie der Geruch der Geldmaschine Valentinstag. Verkitscht und billig. Unbrauchbare Dinge, die lieber verstauben als Freude bereiten. Eben jene Dinge, die beim Wohnungsumzug in einer „Nimm mich mit“ – Kiste am Straßenrand landen und nicht mal dann freiwillig mitgenommen werden wollen. Da gäbe es zum Beispiel auch eine Hohlraumflasche in die man Urlaubssand füllen kann, mit Liebesgravur, die mindestens genauso hohl ist, wie die kapitalistische Hülle des Valentinstags selbst. Oder aber diese furchtbaren personalisierten Geschenke: Fußmatten, Biergläser , Feuerzeuge, Weinflaschen, Handtucher, Bademäntel, Whiskeygläser, Frühstücksbretter und viele weitere Verlegenheitsgeschenke. Wenn die Beziehung nicht hält, landet auch das Geschenk mit den eingravierten Namen im Müll. Seien wir mal ganz ehrlich: Wer seine Liebsten mit solchen Geschenken eine Freude machen möchte, steht entweder auf Trash und Regalfüller oder hat aufgehört zu „lieben“.
Am 14. Februar zeigt die romantische Liebe ihre schlimmste Seite. Ein Diktat für Pärchen, das zum Schenken verpflichtet, sofern man der aufdringlichen Werbung von Floristen und Süßwarenherstellern seinen Glauben schenken darf. „Verschenke etwas, das dein Schatz fast genauso lieben wird wie dich”, steht in einem schrecklich gestalteten Newsletter, den ich gerade in meinem SPAM-Ordner meines eMail Postfachs gefunden habe. Das kann doch nicht sein, dass mein „Schatz“ mich genauso liebt wie billige Parfums und „I LOVE YOU“ T- Shirts?
Auch im Biomarkt um die Ecke steht „zufälligerweise“ in der Nähe des Süßigkeiten-, sowie Kosmetikregals auf einer rosafarbenen mit Herzen verzierten Werbetafel: „Schenk doch mal wieder! Süßes für deine Süßen und Liebsten“. Würde mich meine Freundin oder meine Freunde genauso gerne haben, wie ein graviertes Bierglas oder einen Herzkochlöffel, wäre das schon irgendwie merkwürdig. Und eigentlich liebe ich Geschenke. Und ich schenke auch gerne. Und ich meine nicht, dass alles, was man schenkt oder geschenkt bekommt, zwangsläufig einen reinen Zweck erfüllen muss. Nein, doch am liebsten sind mir Geschenke, wo ich merke, dass sich da jemand Gedanken gemacht hat. Und Geschenke, die nicht mit bestimmten Tagen im Jahr zusammenhängen, sondern nur weil man jemand anderem eine Freude machen möchte. Einfach so. Spontan und überraschend. Aber zurück zum Thema. Ganz ehrlich: Wollen wir das wirklich? Beim Anblick von busenfreien Babydolls habe ich wirklich zu kämpfen. Mir wird schlecht. Dieser Romantik-Appell ist alles andere als romantisch. Und ein Tag, der die Pflicht zur Zweisamkeit mahnt, sollte obligatorisch abgeschafft werden. Und was ist eigentlich mit all den Menschen, die in keiner Beziehung leben, sich bewusst dagegen entschieden oder traurigerweise niemanden mehr haben, der sie mit unbrauchbaren Dingen beschenkt? Vielleicht wäre gerade der Valentinstag eine gute Möglichkeit diesen Menschen in seiner Umgebung seine Aufmerksamkeit zu schenken? Und wäre es nicht romantisch am „Tag der Liebe“ mal den Computer einfach auszuschalten und mit seinen Liebsten oder Liebstem zu verbringen? Zumindest würde man nicht auf die blöde Idee kommen, in das Suchfeld einer Suchmaschine die Worte Romantik, Liebe und Valentinstag zu tippen.
4 comments
Danke für diesen Artikel. Ich finde mich hier sehr gut wieder! Auch als Frau in glücklicher Beziehung :-) Dieser Herzchen-Tsunami kann keinem gut tun. Aber kleiner Tipp für die “Nimm-mich-mit”-Kiste: am Besten einfach ne Woche vor dem nächsten Valentinstag vor die Tür stellen ;-)
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag. Ich bin kein Fan des Kommerz, der rund um den Valentinstag betrieben wird und ich brauche auch keine Werbung, die mich auffordert mal wieder was für die Menschen in meinem Umfeld zu tun, die mir wichtig sind. Dennoch habe ich in diesem Jahr den Tag genutzt, um was leckeres zu backen und damit meinen “Lieblingsmenschen” eine Freude zu machen. Zwar mache ich sowas auch an anderen Tagen im Jahr, nur fand ich es diesmal ganz passend. Somit stimme ich dem zu, mal was mit seinen Lieben zu unternehmen oder ihnen etwas (nicht materielles) Gutes zu tun ist eine feine Sache am heutigen Tag, doch das sollte auch ohne mediale Aufforderung selbstverständlich sein.
Danke für die netten Kommentare.
Sehe ich definitiv genauso! Meine Freundin und ich haben den Valentinstag nicht gefeiert. Wenn ich ihr irgendwann eine Freude machen will, dann aus freien Stücken und nicht, weil es mir aufgezwungen wird. Man kann auch aus jedem anderen beliebigen Tag etwas besonderes machen.
Außerdem ist das Ganze mit den Blumen und den Herzchen einfach so kitschig. In der Schule mit 16 oder so kann man das vielleicht noch machen, aber mit Mitte 20 fühl ich mich auch ernsthaft zu alt für den Quatsch.