Ein emotionaler Tag liegt hinter mir. Ein Tag, der mir eine noch innigere Bindung und ein gegenseitiges Bedingen zwischen Mensch und Hund zeigte.
Richard, ein ehemaliger Soldat, leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung, erzählte er uns. Jahrelang verließ er seine Wohnung nicht mehr, kapselte sich von der Außenwelt ab. Er wird immer wieder von Flashbacks und Panikattacken überrollt. Seine Assistenzhündin Abby half ihm zurück ins soziale Leben, außerhalb seiner heimischen Wände. Sie gab ihm wieder einen Grund, das Haus zu verlassen. Denn ein Hund muss nun mal raus gehen, um sein Geschäft zu verrichten. Abby ist bei ihm, wenn ihn eine Panikattacke überkommt und hilft ihm, diese zu überstehen. Richard bittet sie, zu ihm zu kommen, oft spürt sie auch, dass etwas nicht stimmt und kommt von selbst. Sie kommt zu ihm und spendet Nähe, Geborgenheit und Wärme.
Zusammen mit einigen anderen Bloggern folgte ich der Einladung von Purina nach Hümmerich. Dort befindet sich das Ausbildungszentrum des Vita e.V. für Assistenzhunde. Der Tag war geprägt von vielen persönlichen Geschichten um die Erlebnisse der anwesenden Mensch-Hund-Teams.
LEBEN VOR UND MIT HUND – Von schwarz/weiß zu bunt!
Erfahrungsbericht von Frieda und Fellow
Frieda ist eine unheimlich sympathische junge Dame. Sie sitzt im Rollstuhl und hat eine Tetraspastik (Das ist eine umfassende Lähmungserscheinung in den Gliedmaßen, genauer hier: Tetraspastik | Wikipedia).
Stolz schaut sie auf ihren vierbeinigen Kumpel Fellow. Beide sind mittlerweile seit acht Jahren ein Team. Frieda erzählt mir lachend, dass ihre Mutter sie für einen Vita-Assistenzhund anmeldete und sie das überhaupt nicht gut fand. Sie hatte schon immer große Angst vor Hunden. Doch heute ist sie überglücklich, dass ihre Mutter sie zu ihrem Glück gezwungen hat und die Bewerbung für sie ausfüllte. Neun Jahre war Frieda damals alt.
Bevor Fellow in ihr Leben trat, war Frieda ängstlich und schüchtern. Sie wollte nicht alleine bleiben und fühlte sich unter Menschen unwohl, konnte nicht auf andere zugehen, geschweige denn mit ihnen sprechen. Frieda erzählt mir, sie empfand ihr Leben vor Fellow als schwarz und weiß. Doch als er dann 2009 zu ihr kam, war es auf einmal bunt. Kaum war er bei Frieda und ihrer Mutter eingezogen, war es kein Problem mehr, allein zubleiben – Fellow war ja da!
Fellow hilft Frieda im Alltag selbstständiger zu sein, fällt ihr etwas herunter, hebt er es auf und gibt es ihr. Zugleich ist er ihr Freund und Tröster. Er ist immer an ihrer Seite, stärkt ihr Selbstvertrauen. Er ist eine starke Konstante in ihrem Leben geworden, die ihr ein freieres Leben ermöglicht. Ich kann kaum glauben, dass Frieda einmal ein schüchternes, zurückhaltendes Mädchen war. Heute, nach acht gemeinsamen Jahren, plaudert sie wie ein Wasserfall, lacht so herzlich und ist ein offener, aufgeweckter Mensch. Die beiden ergänzen sich einfach perfekt: Frieda, die lebhafte Quirlige und Fellow, der ausgeglichene Ruhige. Ich muss mir an unserem gemeinsamen Tag im Ausbildungszentrum oft Tränen verdrücken, weil mich die Bindung und die Geschichten der Teams so sehr rührt. Nicht nur mit Fellow hat Frieda ein neues Familienmitglied bekommen, mit dem Verein Vita fühlen sie und ihre Mutter sich stark verbunden. Bei der anfänglichen Unsicherheit und Fragen waren Tatjana Kreidler und ihr Team immer zur Stelle. Da Frieda, wie auch alle anderen Teams, ein Hundeleben lang nachbetreut werden und schon die wochenlange intensive Zusammenführungsphase geprägt durch eine freundschaftliche und familiäre Beziehung ist, hat sie hier eine zweite Familie gefunden.
Hier gibt es noch mehr Erfahrungsberichte der zusammengeführten Teams: Die Geschichten der Vita-Teams
Medizin auf vier Pfoten: EINSATZGEBIETE – BEREICHERUNG – LEBENSQUALITÄT
Es gibt viele Namen für die Assistenzhunde, man nennt sie auch Rollstuhlbegleithund, Hunde für Handicaps, Servicehunde, Helfer- oder Partnerhunde. Tatjana Kreidler hat eine ganz eigene, liebevolle Bezeichnung für ihre Schützlinge: „Medizin auf vier Pfoten“. Denn die Tiere sind mehr als nur ein Hilfsmittel.
Bei einem Markteinkauf ist es uns ein leichtes, über den Gemüsestand hinweg das Geld an den Marktverkäufer zu reichen. Doch in einem Rollstuhl sitzend findet sich hier eine Barriere, die mit Hilfe des Hundes überbrückt wird. Der Assistenzhund wird in dieser Situation zum verlängerten Arm und überreicht das Zahlungsmittel oder Gemüse an seinen Partner. Er kann über eine Theke auf zwei Pfoten dem Verkäufer entgegen kommen und sich dann zurück zum Partner im Rollstuhl wenden. Türen öffnen, Gegenstände auf Abruf holen und wegbringen erledigen die Vierbeiner mit großer Freude. In Notfällen können sie sogar Hilfe holen. Zum Beispiel schlagen sie an, das heißt sie bellen, um Aufmerksamkeit umstehender Menschen auf die Situation ihres Partners zu lenken.
Auch das Ausziehen von Kleidung ist ohne Hilfe kaum möglich. Für einen Vita-Assitenzhund gehört es zur Grundausbildung, seinem Menschen beim Entkleiden zu helfen. Der Hund lernt auch zu unterscheiden, wie er verschiedene Kleidungsstücke richtig mit dem Maul greift, ohne den Menschen zu verletzten. Socken beispielsweise werden an der Spitze am Zeh gegriffen und Schuhe an der Hacke. Damit leistet der Vita-Assitenzhund bedeutend mehr als nur eine Alltagshilfe zu sein, er hilft dem Menschen mit Behinderung zu einem selbstständigeren Leben.
Außerdem überbrückt er Barrieren in den Köpfen. Als „Eisbrecher“ erleichtert er die Kontaktaufnahme mit anderen Menschen. Die Gespräche konzentrieren sich nicht gleich auf die Behinderung der Menschen im Rollstuhl, stattdessen steht der Vierbeiner im Vordergrund. Es war sehr emotional, all dies in Form von persönlichen Erlebnissen der Kinder und jungen Erwachsenen vor Ort im Ausbildungszentrum zu hören. Alle teilten uneingeschränkt diese Erfahrungen und erzählten sie mit einem Leuchten in den Augen, dass es in mir Gänsehaut auslöste. Es ist so schön zu sehen, wie ungemein diese Freunde auf vier Pfoten das Leben ihrer Partner bereichern und erfüllen. Sie stärken das Selbstbewusstsein, schenken Selbstvertrauen und Sicherheit.
Neben dem Behindertenbegleithund, der oben beschrieben ist, gibt es auch noch einige andere Assistenzhunde. Der bekannteste ist mit Sicherheit der Blindenhund. Sehbehinderte Menschen geleitet er sicher durch den Alltag. Signal- oder Rehabilitionshunde werden darauf trainiert, ausgefallene oder fehlende Sinnesfunktionen zu ersetzen. Hörbehinderte Menschen werden von ihnen auf Umweltgeräusche aufmerksam gemacht. Patienten mit Diabetes oder Epilepsie werden vor einem Anfall gewarnt, indem die Hunde ihren Partner anstupsen oder ihre Pfote auflegen. In Altenheimen, Schulen, Kindergärten und Behinderteneinrichtungen kommen immer öfter Therapiehunde zum Einsatz. Ihre Anwesenheit hat eine positive Wirkung auf ihr Umfeld.
Ich habe mich sehr an meine Kindheit erinnert gefühlt. Als ich vier Jahre alt war, zog unser Rottweiler Arco bei uns ein. Zwölf Jahre lang war er mein bester Freund, Seelentröster und Aufpasser. Immer wenn es mir nicht gut ging, fand ich bei ihm Trost. Seine treue Anwesenheit half mir sehr über die zerrütteten Familienverhältnisse hinweg. Bis heute wirkt die Anwesenheit von Hunden so stärkend auf mein Wohlbefinden. Ich fühle mich sicherer, weniger allein. Genau das, was uns auch die Vita-Teams mit ihren Assistenzhunden erzählten, erlebte ich in meiner Kindheit.
Ein Assitenzhund verlangt zeitintensives Training und hohe Kosten
Dauer der Hunde-Ausbildung
Bereits im Welpenalter beginnt die Ausbildung des Hundes mit der Sozialisierung durch eine Patenfamilie. Dort lernt der junge Hund im ersten Lebensjahr das Leben in alltäglichen Situationen. Danach folgt das Training mit den Vita-Trainern im Ausbildungszentrum. Dort lernen sie, Aufgaben für ihren Menschen als lebenslanges Spiel zu erledigen. Die Tiere sind meist zwischen neun und zwölf Monaten in ihrer Patenfamilie, danach dauert das Training durchschnittlich bis in den 18 – 21igsten Lebensmonat der Vierbeiner.
Nach dieser intensiven Trainingsphase im Ausbildungszentrum folgt das „Matching“. Das ist die Zusammenführung mit ihrem zukünftigen Partner. Während der Zusammenführung, die nochmals einige Wochen dauert, wird das Training auf das Hund und Mensch-Team spezialisiert. Individuelle Bedürfnisse werden berücksichtigt, die Ausbildung darauf abgestimmt. Einige Rollstuhlfahrer haben einen eingeschränkten Bewegungsradius. Fällt ihnen etwas herunter, können sie es nicht eigenständig aufheben. Watson zum Beispiel hebt für seinem Partner Jakob während der Trainingsrunde im Regen die heruntergefallene Leine vom Boden auf. Sie lernen gemeinsam Aufgaben mit wachsender Eigenverantwortung umzusetzen und entwickeln neue Möglichkeiten der Problembewältigung.
Die Hunde müssen in der Stadt, auf Events, beim Essen gehen und anderen Situationen stets ein ruhiges Wesen bewahren und ihrem menschlichen Partner beistehen. Bei Lernaufgaben wie der Hilfe beim Entkleiden, Laufen neben dem Rollstuhl und anderen Trainingsaufgaben wird nie außer Acht gelassen, dass der Hund dennoch ein Hund sein darf. Sie dürfen laufen, spielen, schwimmen und toben. Vita ist es wichtig, dass die liebevoll und zeitintensiv ausgebildeten Hunde nur zu Menschen kommen, die diese auch als eigenständiges Lebewesen betrachten. Bei der Auswahl der Partner wird sehr auf den Charakter des Hundes und des Menschen geachtet.
In Hümmerich stellten sich auch Robin und sein baldiger Begleiter Chester vor. Die beiden sind gerade am Beginn der Zusammenführung. Robin ist ein aufgeweckter, neugieriger Junge. Chester begeisterte uns alle mit seiner munteren Art, Dinge für seinen Menschen erledigen zu wollen. Die beiden sind so voller Elan und Energie, wollen gemeinsam lernen und können sich zusammen auspowern. Robin und Chester werden mit Sicherheit ein dynamisches Duo, das munter und aufgeschlossen die Welt erkunden wird.
Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die betreuende Ausbildung nie als abgeschlossen angesehen wird. Die Teams kommen das ganze Hundeleben lang zurück in die Ausbildungsstätte, um die Ausbildung aufzufrischen oder an geänderte Lebensumstände, die manche Krankheit mit sich bringt, anzupassen.
Kosten eines Assistenzhunds
Bei Abgabe an den menschlichen Partner kostet ein Assistenzhund circa 25.000 Euro. Ein ganzes Hundeleben beläuft sich auf circa 75.000 Euro. Tierarztkosten, Ausbildung/Training, Futterkosten und Nachbetreuung sind beispielsweise in dieser stattlichen Summe enthalten. Die Familien der Kinder mit körperlicher Beeinträchtigung können diese Summe nicht aufbringen. Ungeachtet der finanziellen Situation möchte Vita aber dennoch auch in Zukunft noch mehr Menschen einen Assistenzhund zur Seite stellen. Beispielsweise durch Hilfe von Spenden, Fördergeldern von Mitgliedern und gemeinnütziger Sponsoren ist es bisher möglich, diese Arbeit zu leisten. Leider übernimmt die Krankenkasse keinen Beitrag zur Ausbildung von Assistenzhunden.
Wer und was ist Vita e.V. Assistenzhunde?
Im Jahr 2000 von Tatjana Kreidler gegründet, leistet der Vita e.V. Pionierarbeit in der Ausbildung von Assistenzhunden für Kinder. Seit über fünfzehn Jahren bildet der Verein Labrador und Golden Retriever zu hilfsbereiten und treuen Begleitern für junge und alte Menschen mit Behinderung und Posttraumatischer Belastungsstörung aus. Die zusammengeführten Teams erfahren eine (Hunde-)lebenslange Nachbetreuung von Tatjana Kreidler und ihren Trainern in einem herzlichen und fast schon familiären Umfeld.
Vita e.V. Assistenzhunde in Zahlen:
- Anfang 2000 gegründet von Tatjana Kreidler
- jährlich 4 – 5 Zusammenführungen von Teams
- derzeit acht Welpen und Junghunde in Patenfamilien
- über 50 Vita-Teams
- 300 Mitglieder unterstützen den Verein
- 140 ehrenamtliche Helfer
- Dauer der Sozialisierung der Welpen in Patenfamilie: 9 – 12 Monate
- ab 15 – 17 Monate: frühes Training
- ab 18 – 21 Monaten: fortgeschrittenen Training (Erlernung spezieller Aufgaben, individuelle Abstimmung auf menschliche Bedürfnisse)
- ab ungefähr 24 Monaten: Zusammenführung der Mensch-Hunde-Teams
Mit Purina hat der Verein Vita e.V. Assistenzhunde einen starken Partner an seiner Seite. Sie unterstützen die Arbeit von Tatjana Kreidler und ihrem Team im Ausbildungszentrum seit Jahren in Form von Futterspenden, Events und auch Fördermitteln. Bei gemeinsamen Veranstaltungen, wie der der ich durch die Einladung von Purina folgte, wird Vita zu mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verholfen und man kann die Mensch-Hund-Teams in ihrem täglichen Umgang kennen lernen. Außerdem fördert Purina auch die Finanzierung einiger Mensch-Hund-Teams. Da sich die Kosten eines Assistenzhundes im Laufe seines Hundelebens auf rund 75.000 Euro belaufen können, ist Purina hier eine ausgesprochen große Stütze.
Tatjana Kreidler unterstützt Pauline beim Dummy Training.
Robin befindet sich gerade in der Zusammenführung mit seinem Partner Chester. Tatjana schaut noch helfend über die Schulter.
Beim Dummy Training beweisen Robin und Chester das sie zusammen wachsen und lernen wollen.
Alle Teilnehmer entdeckten ein Teelicht mit ihrem Namen auf dem Tisch.
WE ARE BETTER WITH PETS leuchtete später am Abend unter dem Pavillion.
Die Terasse des Ausbildungszentrums war liebevoll dekoriert.
Tatjana Kreidler hieß uns mit einer herzlichen Begrüßung im Ausbildungszentrum willkommen.
Alle trosten dem Regen. Vorallem die Hunde hatten einen riesen Spaß beim Dummy Training im Regen und konnten es kaum abwarten los zu sausen.
Pauline und Quandace zeigten uns im Regen wie harmonisch sie zusammen arbeiten.
Text & Fotos: Nadine Kunath
1 Kommentar
Hallo mein Name ist Yasin Turhan,
meine Tochter Nida ist 13. Jahre alt ,und hat seit ihren 6. Lebensalter die Krankheit HSP.
Wir denken das für Sie das ideale ein Assistent Hund währe
was Sie sich auch gerne wünscht um im Leben Spaß w,ie auch gut weiter zu kommen.
Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie mit uns Kontakt aufbauen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Yasin Turhan