Ich muss… die Steuer machen, mit Boris zum Impfen. Wollte seit Monaten die Vorhänge umnähen und endlich mal meine Versicherungen checken. Auf der To Do-Liste steht Reisekosten einreichen und Post fertig schreiben, Reportings anfertigen und Videos schneiden. Mailadressen einrichten, die einfach nicht funktionieren wollen, zum Yoga gehen um meine 5er Karte einzulösen. Den Müll runter bringen, Koffer auspacken, Bedienungsanleitungen lesen. Wollte ich nicht auch einen Podcast machen und Christine, was ist eigentlich mit deinem Online Shop? Ich muss… so viel…
Ich tue… gerade all das nicht. Ich sitze in einem Kaffee und trinke eine Tasse Tee. Verbrenne mir die Zunge am heißen Wasser, weil ich zu ungeduldig bin. Ich tue durchatmen, die Gedanken sortieren, die Nerven beruhigen. Dazu esse ich ein Stück Kuchen, nicht vegan, aber ich habe so Hunger, weil ich das Essen vergessen habe und ehrlich gesagt weiß ich nicht wo mit der Kopf steht und was da alles gerade abgeht im Dachstübchen. Ich muss an all die Freundinnen denken, die gerade erst ein Kind bekommen haben. Wie schaffen sie das? Wie schafft man das alles? Ich habe oft das Gefühl mein eigenes Leben nicht meistern zu können und an den kleinsten Hindernissen zu scheitern.
Ich wollte… diesmal eigentlich alles ganz ruhig angehen lassen. Ich kam vor vier Wochen in die Welt zurück. Indien, Südtirol und Oberbayern habe ich besucht und jetzt wollte ich mir Zeit nehmen alle Eindrücke zu bearbeiten, schöne Videos zu schneiden, mich noch mehr in Lightroom und die Fotobearbeitung reinzufuchsen und endlich perfekt zu werden. Aber ich glaube, ich werde es nie, denn jedes Mal, wenn ich das Leben mal etwas entspannter angehen möchte, kommt das Schicksal und macht mir einen Strich durch die Rechnung. Mein Tag sah folgendermaßen aus: Aufstehen, duschen, mit Boris weg, zum Steuerberater hetzen, Ordner beim Finanzamt abholen, Ordner zum Steuerberater bringen, schnell zur Physiotherapie, dann nochmal Termin beim Zahnarzt machen, neuen Termin beim Steuerberater machen und schnell bei der Apotheke vorbei. Husten wird nicht besser. Schnupfen immer schlimmer. Was auf meinem Plan leider nicht stand: Plötzliche Steuerprüfung, Kieferschmerzen, so dass ich nicht mehr richtig kauen kann und eine fette Erkältung.
Ich kann… gerade nicht mehr. Wenigstens denke ich das. Mir wird alles zu viel und mein Kopf möchte an gar nichts denken. Es gibt Momente, da möchte ich einfach wieder 3 und nicht über 30 sein, mich auf den Boden schmeißen, mit den Händen auf ihn einprügeln und schreien. Seit langem habe ich mal wieder Stresskopfschmerzen. Ich habe alles so schön geplant und jetzt – Steuerprüfung, Kieferschmerzen, 18 Mal einen Termin zur Physiotherapie, nächste Woche ITB, die größte und wichtigste Messe für mich, die Woche drauf eine Konferenz und wann soll ich meine To Do Liste abarbeiten? Ich plane gerne und viel. Am liebsten mein ganzes Leben. So bekomme ich das Gefühl es irgendwie unter Kontrolle zu haben und alles meistern zu können. Doch immer wieder zeigt mir das Leben, dass es auf meine Pläne und vor allem meine Befindlichkeiten scheisst und haut mir einen Hammer nach dem nächsten rein, der wie ein Riesenbrocken vor mir liegt. Es gibt solche Tage, an denen auch ich denke – ich kann nicht mehr. Ich schaffe es nicht. Ich will meine Ruhe. Ihr könnt mich mal. Ich hasse diese Tage, denn sie erfordern Höchstleistungen von mir, wo ich doch eh so schwach bin. An diesen Tagen möchte ich mich am liebsten unter der Decke verkriechen und jeden der stört den Stinkefinger zeigen. Doch leider bringt so ein Tag unter der Bettdecke auch nichts. Denn morgen sieht die Welt nicht anders aus. Die Arbeit, die Probleme und die To Do Liste sind immer noch da.
Ich weiß… mittlerweile zum Glück, wie ich ticke und was mir hilft. Ruhig bleiben, in ein Kaffee gehen, eine Tasse Tee trinken und sich die Zunge verbrennen, weil man zu ungeduldig war. Und genau in dem Moment bemerken, was einem gerade fehlt – GEDULD. Ich setze mich hin und schreibe eine Liste, was alles gemacht werden muss und dahinter, wie dringend es ist.
Vorhänge umnähen kann, wenn es sein muss, noch monatelang warten. Boris impfen ist wichtig. Welche Deadline steht als nächstes an und was kann ich verschieben um mich um die Steuer zu kümmern oder zu Physiotherapie zu gehen. Wenigstens bin ich über die Jahre hinweg schon so klug geworden, dass ich meine Gesundheit und alle Arzttermine an erste Stelle setze. Da musste ich aber auch erst aus Fehlern lernen. Wenn ich das alles aufgeschrieben und neu geplant habe, merke ich, dass es doch gar nicht so viel und gar nicht so schlimm ist, wie ich denke. Das mich manchmal kleine Änderungen völlig aus dem Konzept bringen, was eigentlich nicht nötig wäre. Der Berg ist in meinem Kopf viel größer, als auf dem Papier.
Ich denke… es ist wichtig sich immer wieder selbst zu beobachten und zu hinterfragen. Was bringt mich gerade so aus dem Konzept? Was lässt mich verzweifeln? Was ist der Grund für ein Gefühl? Ich denke immer, ich schaffe das alles nicht mehr, wenn etwas außerhalb meines Plans dazu kommt, wie meine Kieferschmerzen. Die waren nicht eingeplant – das kann ich nicht schaffen. Doch wer hat gesagt, dass ich meinen eigenen Plan nicht jeden Tag umschreiben kann? Wir wollen oft so gerne, dass das Leben nach unserer Vorstellung und unseren Wünschen verläuft, und alles sofort und gleich, doch das tut es nicht. Es ist unberechenbar. Die Erkenntnis lässt einen nicht ständig verzweifeln, sondern das Leben an sich als Herausforderung ansehen. Und ich liebe Herausforderungen. Statt zu verzweifeln, aktiviere ich meinen Ehrgeiz und versuche es dem Schicksal zu zeigen und vor allem mir.
Ich muss… eigentlich gar nichts. Außer an mich glauben und ein bisschen Geduld haben.
9 Kommentare
Super Blogpost! Ich kenne diese Tage nur zu gut… Habe mich in einigen Situationen wieder gefunden, zb werde ich dieses Jahr auch 30 und staune über meine Freudinnen die Job, Karriere und Mann locker unter einen Hut bekommen.. Ich denke wir Frauen dürfen uns generell nicht so sehr unter Druck setzen und müssen endlich damit aufhören perfekt sein zu wollen. Ein bisschen unperfekt ist ja auch viel entspannter und sympathischer ? Liebe Grüße!
<3 <3 <3 <3 <3
Auch wenn ich dir an dieser Stelle erst einmal ganz viel Kraft und Gesundheit wünsche, muss ich dennoch hinzufügen, dass es auch mal gut tut, zu lesen, dass auch so Powerfrauen wie du sich so fühlen, wie ich mich in manchen Situationen. Kraftlos, am Ende, am Zweifeln, wie alles noch erledigt werden kann und muss…
Versteh es bitte nicht falsch, ich gönne dir jeden Tag, an dem es dir gut geht, aber manchmal ist es einfach nur schön zu wissen, dass man mit seinen Problemen nicht allein ist und es anderen genauso geht!
Liebe Grüße an dich und alles Gute – du packst das!
Ich verstehe was du meinst und deshalb schreibe ich es. Weil die Bilder da draußen immer nur das Schön und Gute und Tolle zeigen. Da bekommt man ja als normaler Mensch schon ein schlechtes Gewissen, wenn man mal schlechte Laune hat.
Danke
Für diesen ehrlichen Beitrag, davon sollte es im Netz viel mehr geben…
Fast jeder zeigt doch nur die perfekte Seite von sich und das macht wiederum allen anderen den Druck da mit halten zu müssen. ..
Warum schaffe ich das alles nicht, was stimmt nicht mit meinem Leben ?
Wie gut es doch alle anderen haben. ..
Ich glaube das es mit ein Grund ist das der Druck auf uns immer mehr wächst, da jeder nur das gute von sich zeigen möchte, keine Schwächen!
Tolles Essen, Sport, immer Top gestylt, perfekter Haushalt, tolle Mutter, perfekte Ehefrau usw.die Liste ist endlos!
Viel wichtiger ist es doch auch mal zu zeigen”hey auch ich habe Grenzen , bin manchmal überfordert, habe Ängste und ja ich bin auch mal traurig oder habe es nicht geschafft Superfood für meine Familie zu kochen sonder Oh Schande nur eine fertig Pizza in den Ofen geschoben. ..
Danke für deine Ehrlichkeit!
Wir brauchen dringen mehr ungeschminkte , unperfekte authentische Beiträge, dringend!
Denn nicht ohne Grund sind immer mehr Menschen ausgebrannt. ..
Niemand kann all diese Anforderungen erfüllen und dass sollte auch nicht das Maß unserer Zeit sein!
Mehr im hier und jetzt sein und wieder in Kontakt mit sich zu sein, was mir persönlich gut tut und auch was meine persönlichen Grenzen sind, das sollte das Maß sein! Für jeden individuell nach seinen eigenen Stärken und Schwächen. ..
Herzlich grüßt
Christina
Vielen Dank für deine netten Worte. Also da hätte ich noch einige Themen über die ich schreiben kann :D
Passt gerade wie die Faust auf’s Auge.. Danke!
Gerne!
Ich überlege mir immer wieder: Was will ich und was will ich nicht? Und dann denke ich an Menschen, die nur noch die Dinge tun, die sie wirklich tun wollen. Bei denen kann weg, was nicht glücklich macht.
Durch das denken, an die Leute, die Nein sagen können, und weg bleiben, wenn sie sich bspw. in Vereinen nicht sehen lassen wollen, fällt es mir leicht (er), es so zu machen wie ich es will.
Ich schreib auf meinem Blog ganz viel über Selbstmanagement und reflektierenden Fragen. Vielleicht bringt dich/euch das weiter.