Es gibt sie, diese unausgesprochenen Kämpfe in unserem täglichen Leben. Es gibt sie zwischen Autofahrer und Radfahrer, zwischen Körnerbraut und Burgerfresser. Und es gibt sie auch zwischen Blogger vs. Journalisten.
Jahrelang gab es nur eine Gattung im Revier der Tourismusbranche: die Journalisten. Sie wurden von den PR-Agenturen umgarnt, hatten die alleinige Herrschaft über den Reisebereich und machten eine fette Beute, indem man sie alljährlich auf wunderbare Pressereisen mitnahm. Seit ein paar Jahren tut sich etwas. Eine neue Art hat sich katzenartig im Reiserevier angesiedelt: die Blogger. Auf Samtpfoten haben sich die Blogger leise angeschlichen und im Sturm die Herzen der PR-Agenturen erobert. Denn wer ein bisschen Ahnung hat, der weiß die Kraft des Internets zu schätzen und zu nutzen. Eine Reisereportage von einem qualifizierten Journalisten ist wunderbar – eine kleine Geschichte, ein kurzer Trip in eine andere Welt mit tollen Hyperbeln, Metaphern, Trikoli und einem echten Mehrwert. Aber so kurz wie sich der Urlaub oft anfühlt, so kurz ist auch die Lebensdauer eines Printartikels. Spätestens nach einer Woche liegt er mit 100 000 anderen auf der Müllhalde der Verbrennungsanlage Ruhleben. Wenn ich einen Journalisten auf eine Reise mitnehme, dann habe ich eine handwerklich einwandfreie Reportage mit richtigen Fakten, vielleicht sogar geschichtlichem Hintergrund, super recherchiert, super aufgebaut, super geschrieben und mit ein paar PR-Fotos von kristallblauem Meer oder lachenden Mädchen beim Eisessen verfeinert. Wenn ich einen Blogger mit auf die Reise nehme, dann verewige ich mich gleichzeitig im Web 2.0. Die Agentur bekommt nicht nur einen Artikel, sondern auch „Echtzeit“-Marketing auf Twitter und Facebook, stylische Fotos auf Instagram, Punkte bei Foursquare und ausführliche Blogposts, die vielleicht nicht wie eine professionelle Reportage oder ein Bericht aufgebaut, dafür aber authentisch, lebendig und persönlich sind und denen man gerne mal einen Kommafehler verzeiht.
Beide haben ihre Stärken und beide haben ihre Schwächen. Beide leben nebeneinander in einem gemeinsamen Revier, trotzdem sind Begegnungen meistens unangenehm für beide Seiten. Ich frage mich: Warum ist das so – und wie kann man es ändern? Ich weiß nicht, ob es ein Fluch oder ein Segen ist, aber ich sitze sozusagen zwischen den Stühlen. Ich bin nämlich ein Mischling. Zwar habe ich weder eine Journalistenschule besucht noch ein Volontariat gemacht, jedoch genügend Praktika absolviert (Elle, Vogue, Sleek, Zeitmagazin…), um zu behaupten: Ich beherrsche das grobe Handwerk und schaffe es auch gelegentlich, qualitativ hochwertige Artikel zu schreiben, die auf Spiegel Online veröffentlich werden. Ich würde also sagen, ich bin Journalist. Aber genauso bin ich seit vier Jahren Blogger mit meiner eigenen Website und meinen eigenen tausend Social Media-Kanälen, die ich munter und fröhlich bediene.
Jetzt ist es so: Man hat eine Einladung von einer Agentur, man trifft sich zum Abendessen und wie es bei Familienfeiern einen Eltern- und einen Kindertisch gibt, so merkt man auch hier sofort, an welchem Tisch die Journalisten und an welchem die Blogger sitzen. Ja, die Blogger erkennt man nicht nur am Smartphone, auf das sie permanent starren und mit dem sie ständig ihr Essen fotografieren, meistens senken sie auch den Altersdurchschnitt, befinden sich zwischen 25 und 30, wohingegen das Alter der Journalisten ab 40 beginnt. So sitzen sie scheinbar friedlich zusammen, getrennt durch eine unsichtbare Grenze und werfen sich komische Blicke zu.
Wenn Blogger auf Journalisten treffen, bildet sich eine Dunstwolke aus Unverständnis um beide. Dazu kommt ein weiteres großes Gefühl. Ich würde es eine Symbiose aus Angst und Neid nennen, was aber kaum einer zugibt. Die Angst, nicht nebeneinander bestehen zu können, und dass der eine dem anderen das Essen vom Teller klaut. Die Angst, dass es irgendwann mal heißt: Survival of the Fittest. Klar, Blogger sind die neuen Shootingstars, aber werden sie jemals den Erfolg eines Printmagazins erzielen können? Oder spielt man einfach immer in ganzen anderen Ligen? Mal ganz ehrlich, es hört sich schon geiler an, zu sagen „Ich arbeite für den Spiegel und die Zeit“ statt zu sagen „Ich arbeite für www.ich-bin-blogger.de“. Außerdem können die Journalisten im Gegensatz zu den Bloggern sehr gut von ihrem Job leben. Sie arbeiten auch hart dafür und können meistens nur alle drei Monate mal das Büro für eine Pressereise verlassen. Auf der anderen Seite haben sie Angst um ihren Job. Ein Journalist Mitte 30 muss sich mit der Frage beschäftigen, ob er wohl bis an sein Lebensende in seinem Beruf arbeiten kann? Oder ob er noch einmal umschulen muss und irgendwann nur noch SEO-Texte mit einer Keywortdichte von 3 % schreibt. Die neue Art, der Blogger, ist unbekannt und auch irgendwie beängstigend für den Journalisten, denn sie ist auf einen Zug aufgesprungen, der die Printmedien vielleicht vertreiben wird. Sie beherrscht all die neuen Social Media-Kanäle und Tools, von denen die meisten Journalisten noch nie was gehört haben. Aber mal ehrlich, die Printmagazine, die heute auf den Trichter kommen und ihren eigenen Blog starten, die sich mal eben 20 000 neue Facebook-Fans über eine Anzeige leisten können, diejenigen, die massenweise SEO-Texte produzieren lassen, diejenigen werden ihre Journalisten irgendwann zu Bloggern umschulen und immer mehr Erfolg haben. Wir sollten viel weniger Angst von den anderen haben und dafür mehr vor den Mächtigen – denn weder der Blogger noch der Journalist regieren die Welt, sondern das Geld.
Ich plädiere hiermit für die Auflösung des Eltern- und Kindertisches. Wir sollten uns mischen und voneinander lernen und vor allem miteinander reden. Mal ganz ehrlich, wenn ich so manch einen Blog lese, dreht sich meinem stilistischen Schreiben der Magen um. Genauso, wenn gedankenlos Tweets und Bilder in die Welt gesendet werden, um sich dann gegenseitig abzufeiern. Aber auch mal ganz ehrlich, wenn ein Journalist einen Blogger mit der Frage begrüßt: „Ach, Sie sind einer dieser ,Blogger‘?“, stehen mir die Haare genauso zu Berge. Ich bemerke diese unterschwellige Arroganz und ich bekomme das Gefühl, dass ich nicht ernst genommen werde, weil dieses „Bloggen“, das kann ja jeder. Aber dieses „Schreiben“, das kann auch jeder, wenn er Talent hat. Genauso wenig wie der Begriff Blogger geschützt ist, ist der Begriff Journalist geschützt. Was aber die wenigsten wissen: Journalisten arbeiten nach einem Kodex, der viel mit Moral zu tun hat und an den sie sich (in den meisten Fällen) halten. So etwas existiert in der Bloggerwelt noch nicht.
Ich würde mir von den Journalisten wünschen, dass sie mich, wenn ich mich als Blogger vorstelle, auch ernst nehmen, ohne dass ich erwähne, dass ich ab und zu für Spiegel Online schreibe. Ich würde mir wünschen, dass sie nach meiner Karte fragen und sich meinen Blog anschauen und sich dann ihr ganz eigenes Urteil bilden. Und wenn sie selbst einen Blog starten wollen, dann können sich mich anrufen, denn ich würde ihnen gerne helfen.
Von den Bloggern würde ich mir wünschen, dass sie merken, dass sie so viel vom Journalisten lernen können – von der Herangehensweise über die Arbeitsmittel bis zum Schreibstil –, dass sie das Rad auch nicht neu erfunden haben, sondern eigentlich die gleiche Arbeit machen, dass jeder Facebook und Twitter verstehen kann, wenn er sich ein bisschen damit beschäftigt, und dass man jemanden nicht herablassend belächeln sollte, wenn er nicht weiß, was Foursquare ist. Und ich wünsche mir von den neuen, jungen, modernen Bloggern mehr Offenheit. Die Journalisten versuchen wenigstens auf Blogger zuzugehen, die Blogger präsentieren sich oft als eingeschworene Gruppe, die sich selbst genug ist. Ganz ehrlich, wenn ich nur Journalist wäre, dann würde ich mich manchmal auch nicht trauen, die Blogger anzusprechen.
Zum Schluss möchte ich noch zum Thema Blogger vs. Journalisten sagen, denkt bitte alle daran: Irgendwann wird der Kindertisch zum Erwachsenentisch und die Erwachsenen sterben weg. Dann sind die Kinder Erwachsene und es kommen neue Kinder und ich bin richtig gespannt, was dann passiert …
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20 Kommentare
Danke für dass Du es endlich mal aussprichst und in diesem tollen Artikel auf den Punkt bringst!
Gemeinsam erreichen wir eh mehr als gegeneinander!
Liebe Grüsse
Greta von kid-à-porter.com & mycitysecret.com
Schöner Artikel.. und die Diskussion mal endlich richtig gut zusammengefasst. Nice.
Aber selbst nachdem ich die Diskussion mitverfolgt habe in letzter Zeit, check ich immer noch nicht ganz warum das alles so heiß gekocht wird. Mir persönlich (also wirklich nur mir persönlich) ist das ganze so dermaßen egal. Soll doch jeder machen was er will. Sowas wie Eifersucht kenn ich nicht und wenns jemand auf mich ist, ist das nicht mein Problem. Und wenn ich mich nicht ernst genommen fühle, fange ich auch erstmal bei mir an, statt den Finger auf jemanden zu richten.
Grundsätzlich plädiere ich einfach nur für Toleranz – in allem. Ob nun beruflich oder im täglichen Leben. Jeglich INtoleranz finde ich sinnlos und lächerlich.
Live and let live.
:)
PS. Ich denke, wenn sich Menschen allgemein zu ernst nehmen gibt’s Trouble. Also weniger davon und mehr Lachen. Spaß. Und vor allem, viel Journalisten/Blogger-Blogger/Journalisten-Liebe :P
:)
Dass Journalisten so ausnahmslos sehr gut von ihrem Verdienst leben können würde ich mal dahingestellt lassen ;) ansonsten denke ich aber auch, dass Blogger und Journalisten keine andere Wahl haben, als möglichst friedlich nebeneinander zu existieren…
Es stimmt schon was du sagst, leider werden die Blogger (egal in welchem Genre) von vielen Unternehmen und Journalisten noch müde belächelt. Aber dies wird sich in den nächsten Jahren erheblich ändern. Die macht eines Blogs sollte niemand unterschätzen, schließlich trägt dieser maßgeblich zur Meinungsbildung bei.
Sicherlich muss man ganz klar zwischen Spaß-Blogger und Blogger die es wirklich ernst meinen unterscheiden, dementsprechend macht sich dies ja auch an den Besucherzahlen bemerkbar. Es ist ganz klar, dass auch die Blogs einmal Erwachsen werden, jedoch werden wir als Blogger ganz anders damit umgehen, vorausgesetzt, du kapselst dich nicht in ein Vakuum ein, wie es die Printmedien und deren Journalisten zum großen Teil heute noch machen.
Gruß,
Robert
Es wird und bleibt spannend :)
Sehr schöner ausgewogener Artikel, der das Thema von beiden Seiten beleuchtet!
Liebe Christine, ein herrlicher Beitrag – und ein Thema, dass mich als (Reise-)Journalist tatsächlich zu meinem ersten Blogeintrag animiert hat. Tatsächlich habe ich Deinen Text erst entdeckt, als ich den Blogeintrag schon geschrieben hatte und mich sehr gefreut, dass wir da gar nicht so weit entfernt voneinander sind. Ich finde, Du hast völlig Recht: Wir können sehr, sehr viel voneinander lernen.
Ich denke, ein wesentlicher Unterschied zwischen Bloggern und Journalisten ist, dass die Blogs von der großen Masse (mich eingeschlossen) als Äußerungen eines miteilsamen Mitmenschen, der sein Leben, seine Bilder und seine Erlebnisse mit anderen teilen will, empfunden werden. Kaum einer kommt auf die Idee gezielte Werbung dahinter zu vermuten.
Es liest sich so, als würde eine gute Freundin erzählen und Tipps geben und nicht, als hätte in jedem Blogeintrag eine Firma etwas gesponsort und würde eine entsprechende Gegenleistung dafür erwarten. Vielleicht ist diese Haltung naiv. Vielleicht ist die Vorstellung, jemand würde bloggen, weil er Spaß daran hat und nicht, weil er Vorteile daraus zieht, absurd. Aber wenn man die Einträge vor dem Hintergrund des Sponsoring liest, erscheinen sie plötzlich in einem ganz anderen Licht, als wenn man davon ausgeht, der Blogger sei auf Reisen gewesen, hätte dafür bezahlt und würde neutral darüber berichten.
Ist der Schlafsack wirklich so kuschelig warm, wie er im Adventskalender beschrieben wird? War der Mietwagen in Island selbst bezahlt oder war Christine einfach enttäuscht, dass der Verleiher nicht selbstverständlich darüber hinweg sieht, wenn eine Bloggerin (die die Macht hat, den Ruf eines Unternehmens bei einer großen Anzahl Menschen zu schädigen) das kostenlose Auto kaputt wieder vor die Tür stellt?
Keiner wird kritisieren, wenn jemand für Artikel auf Spiegel Online oder für das Schreiben von Büchern gut gezahlt wird. Ebenso weiß jeder, dass Journalisten nicht von einem Privaturlaub berichten. Da besteht diese Verwechslungsgefahr nicht. Aber kaum einer kann sich vorstellen, dass man für Einträge in einem Blog, der von vielleicht tausend Menschen gelesen wird, derart teure Reisen geschenkt bekommt.
Daher befürchte ich, dass der Boom der Blogs und damit die rosige Zukunft der Blogger nachlassen könnte, wenn in größerem Maße bekannt wird, dass vermeintlich neutrale Blogs nichts anderes als versteckte Werbung sind.
Nach deinem Eintrag heute, lese ich deinen Blog erstmal weiter, aber mit ganz anderen Augen.
Schöne Grüße,
Michael
Ja, ich habe den Schlafsack auch. Er hat mich durch 10 Festivals gebracht und ja, ich liebe ihn weil ich mich in ihm als Embryo zusammenfalten kann, was sonst nicht möglich ist. Das Auto in Island habe ich auch selber bezahlt, sonst dürfte mir der Schade ja egal sein … Wie du im Text vielleicht schon gelesen hast, arbeiten Journalisten unter einen gewissen Kodex. Den sollte es auch für Blogger geben, damit sie neutral von einer Reise berichten, was die meisten tun. Der Journalist wird auch eingeladen, der Journalist berichtet davon und obendrauf bekommt er noch sein normales Gehalt. Der Blogger wird auch eingeladen. Oft bis immer zahlt er noch drauf, berichtet darüber, macht ein Videos, bearbeitet Bilder und bekommt kein Gehalt. Nach deiner Theorie dürfte man kein einziges Reisemagazin oder Reiserubrik lesen weil die meisten zu dieser Reise eingeladen wurden und also deiner Meinung nach nicht neutral berichten. Ich kann nur sagen, ich arbeite für meine Reisen. Zwar fließt kein Geld aber jede Menge Zeit.
Hallo Christine,
interessantes Feld. Aber ich denke, deine Argumentation hat ein paar Webfehler.
Zum einen ist nicht eben so, dass Journalisten = Print / Blogger = Internet. Ein Großteil des Journalismus findet heute schon im Netz statt, du erwähnst selbst Spiegel Online, praktisch jedes Printprodukt hat einen eigenständigen Satelliten. Und sehr sehr viele Journalisten haben SEO drauf (müssen sie auch!) und beschäftigen sich täglich mit dem Netz und seinen Veränderungen.
Ich sehe auch diese Dualität zwischen Bloggern und Journalisten nicht so. Denn zahlreiche Blogger arbeiten hauptberuflich als Redakteure oder frei.
Da gibt es ganz anerkannte Blogs: Leute wie Michalis Pantelouris mit seinem Medienblog „Print würgt“(http://pantelouris.de) , auch Michael Sprengs politischer Blog „www.sprengsatz.de“ wird – wenn auch manchmal polarisierend – viel beachtet. Selbst im „weichen“ Lebensartbereich gibt es welche, deren Meinung gilt. Mir fällt da der Weinblog von Manfred Klimek ein: Wenn Captain Cork einen Wein verreißt, ist das für den Produzenten eine Katastrophe. (http://www.captaincork.com/)
Es ist auch ein Irrtum, dass die Einladung zu einer Pressereise den Ritterschlag zur medialen Tafelrunde darstellt. Ich bekomme – wie viele Redakteure – sehr viele Einladungen. Ich würde sagen, 99,9 Prozent davon sage ich ab. Warum?
1. weil keine Geschichte für meine Leserschaft drin steckt
2. weil ich gerade keine solche Geschichte plane, sondern eine andere
3. weil die Destination/ Thema etc abgelutscht ist oder wir gerade das kürzlich im Heft hatten
4. weil der Reisebereich generell stark abgebaut wird (geringe Wahrnehmung der Leser)
5. weil ich keine Zeit habe, da ich Blatt machen muss.
Grund 5 ist wahrscheinlich der maßgeblichste. Die meisten Redakteure (die für PR-Leute begehrteste Gruppe, da sie ihre Storys fast immer unterbekommen) haben seit Jahren ein strenges Zeitkorsett, da die Personaldecke nicht selten halbiert wurde.
Ergo: Die PR-Agenturen kriegen die Reisen nicht mehr voll. Weiß ich, von einigen Agenturen. Und sie müssen – ihren Kunden gegenüber. Zuerst wurde die Einladerei ausgedehnt auf die Freien. Die schreiben, bieten an, kriegen aber ihre Geschichten (Grund 4) oft nicht los. So kamen die Blogger zum Zuge. Nennen wir es einen Versuchsballon oder eine Konsequenz. Ich gönne es den Bloggern von ganzem Herzen!
Ob es allerdings noch Journalismus ist, wenn ich eine Destination vorstelle, zum Veranstalter verlinke und dafür Provision bekomme – sei dahin gestellt. Auch für den PR-Menschen ist es wenig befriedigend, da solch ein Blogartikel nicht die Aussenwirkung eines mit journalistischer Urteilskraft geschriebenen hat – und: Leider meist unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.
Jetzt die Gretchenfrage: Wenn es denn eine Kritik gibt, die Journalisten an Blogs üben, welche wäre die?
Ich kann’s dir sagen: die Qualität.
Das fängt – du erinnerst dich – schon mal mit Rechtschreibung an, geht weiter über Stil und Form. Manche Blogs, gerade im Reisebereich, sind geschrieben wie Neuntklässler-Aufsätze. wo wirklich kein Klischee, keine Platitüde und kein Füllwort ausgelassen wird. Man könnte vielfach den Inhalt mit „Hier ist es schön“ oder „Hier ist es auch schön“ umschreiben.
Bitte versteh mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen die subjektive und meinungsstarke Haltung eines Blogs – das kann total witzig und unterhaltsam sein. Die Betonung liegt auf „kann“, weil es das oft nicht ist.
Da nützt es nichts, wenn Blogger ihre Artikel gegenseitig („voll schön geschriebener Artikel, ich krieg sofort Lust hinzufahren!“) in der Kommentarfunktion hypen.
Und in diesem Punkt widerspreche ich dir (und bitte ich dich sehr, dies nicht persönlich zu nehmen und auch nicht als persönliche Kritik an deinen Texten zu sehen):
Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob man das gelernt/studiert/sich in jahrelanger Redaktionsarbeit erarbeitet hat.
Oder, wie man unter Handwerkern sagt: „Wäre ja ein Gelernter ein Depp.“
Es dauert seine Zeit, bis man das Handwerk drauf hat – und das Talent kann man gar nicht erwerben. Eine brillante Reportage bzw eine glänzende Glosse zu schreiben ist eine wahre Kunst. Und wenn sich ein Journalist selbst als Edelfeder bezeichnet, macht mich das immer skeptisch. Wer glaubt, er kann nichts mehr lernen, ist entweder selbstgefällig oder, hmm, tot.
Ich habe bei Textangeboten im Reisebereich immer vorgefragt: Würde die Geschichte auch ohne touristischen Hintergrund funktionieren? Wenn nicht, war’s gestorben.
Ein Blog hat den Vorteil, eine individuelle Erfahrung zu transportieren. Das muss aber, um echte Aufmerksamkeit zu bekommen, mehr sein als Antonio am Strand oder ein paar stylische Fotos.
Wir können uns gerne in ein, zwei Jahren wieder über das Einladungsthema unterhalten. Auch das wird sich verändern: Für PR-Profis ist es entscheidend, ob ein Clipping überzeugend ist; für Marketingprofis, ist es letztlich Traffic, Verweildauer und Traffic Rank. Und wenn das nicht in Relation steht zu den Ausgaben…. na dann.
Vielen Dank für die lange Antwort. Ist auch wirklich interessant! Es fängt ja schon damit an, dass man sich überlegen muss ob ein Blog eines Printmagazins das gleiche ist wie ein privater Blog. Ich bin auch total gespannt wie es in zwei Jahren aussieht und wo die „Reise“ hingeht. Ich bin auch die Letzte, die sagt sie kann nichts mehr lernen. Ich hoffe aber ich bin auf einem guten Weg, um immer besser zu werden. Natürlich ist eine gute Reportage Kunst, aber da sind wir ja auch schon wieder beim Punkt. Ist Kunst nicht subjektiv? Was denkst du denn welche Kritik Blogger an Journalisten üben würden?
PS: Part 2 kommt von Melanie ;)
Danke für den Artikel. Du sprichst vielen aus der Seele. Veränderung bedeuten nichts negatives und alle müssen sich darauf einstellen. Es ist nicht fair aus Unsicherheit oder Unwissenheit alles gleich zu verneinen. Beide Seiten können nur voneinander gewinnen und wachsen. Weiter so!
Dankeschön für dein Feedback
Nagel auf den Kopf oder Kopf auf Nagel … ich denke alle beiden Seiten können sich gegenseitig sehr viel geben und ergänzen. Ob private Blogs und berufliche … die Machen müssen nur bereit sein es zu zu lassen, aber auch hier wird die Zeit ihr Gutes dabei tun. In diesem Sinne lasst uns weiter bloggen!
Na klaro ;)
Ehrlich gesagt, ich glaube gar nicht mehr so sehr an die Trennung zwischen Bloggern hier und Journalisten da. Letztendlich geht es um Veröffentlichungen im Netz, egal ob man sich nun Journalist, Blogger oder Jogger nennt. Was gelesen wird, darüber entscheiden die Leser – und da müssen sich diejenigen, die sich Journalisten nennen (kein geschützter Begriff), der harten Konkurrenz stellen, die sich Blogger nennen. Und wenn ein Blogger sehr stark aus der eigenen Sicht (und damit für manchen „Journalisten“ amateurhaft) schreibt, dann ist das vielleicht einfach nur eine neue Form des Journalismus. Oder?
Ja, da ist was dran.