Rasselnde Gitter, ohrenbetäubendes Jaulen, unaufhörliches Hundegebell – das ist der erste Eindruck, den wir an diesem kalten Wintermorgen bei der SOS Hundehilfe Prignitz e.V. haben. Doch kein Wunder, die Hunde leben hier und wir dringen gerade in ihr Revier ein. Später werden wir einige von ihnen näher kennen lernen und merken, dass in ihnen ganz liebe Charaktere stecken. Diese mitunter sehr großen Vierbeiner, im Besonderen aber ein ganz kleiner, machen uns heute einmal mehr bewusst, worin der eigentliche Sinn des Helfens liegt.
Ganz früh am morgen sind wir in der Hauptstadt gestartet, um aufs brandenburgische Land zu fahren. Voll gepackt bis obenhin mit Futterspenden. Vor Ort wartet schon die großzügige Spende des Tiernahrungsherstellers PURINA, der sich mit ihrer Kampagne #WeAreBetterWithPets für eine tierfreundlichere Welt einsetzt. Eine Futterration für einen Monat – eine Palette PURINA ONE Katzenfutter und zwei Paletten PURINA PRO PLAN Hundefutter im Wert von über 5.200 Euro – werden wir später zusammen mit Conny Grothe auspacken.
Conny arbeitet seit 20 Jahren im Tierschutz und hat 2012 das Tierheim etwas außerhalb von Groß Lüben gegründet und aufgebaut. Wir möchten sie heute aber nicht nur mit den materiellen Spenden unterstützen, sondern auch tatkräftig. 30.000 qm Wiese müssen von Laub befreit werden, damit hier im nächsten Jahr ein weiterer Auslauf für die Hunde entstehen kann. Ließe man das Laub über den Winter liegen, wäre von der Wiese im Sommer nicht mehr viel übrig. Doch dafür braucht Conny helfende Hände. Gemeinsam mit ihren 3 ehrenamtlichen Helfern schafft sie viel, aber doch nicht alles. Jeden Tag müssen über 80 Hunde betreut werden.
SOS Hundehilfe Prignitz – Ein ganz normaler Tag
Connys Tag beginnt um 5 Uhr morgens. Bevor sie sich selbst einen Kaffee und ein kleines Frühstück macht, versorgt sie zunächst ihre eigenen vier Hunde. Natürlich alles Tierheimhunde, jedoch die, die nicht mehr vermittelbar sind. „Die Beißer“, meint Conny, die mit ihrer Erfahrung und dem richtigen Händchen auch diese Hunde in den Griff bekommt. Um 6 Uhr geht sie rüber ins Tierheim und lässt nach und nach alle Vierbeiner frei laufen, damit sie ihre Geschäfte erledigen können. Die Tiere leben auf dem Gelände überall verstreut so zusammen, wie sie sich untereinander vertragen. Es gibt den ehemaligen Pferdestall, eine weitere große Halle, kleine Häuschen und sogar einen alten Bauwagen. Gebäude, die allesamt für die Bedürfnisse der Hunde umgebaut wurden.
Es folgt die große Fütterung und natürlich müssen auch regelmäßig die Zwinger und anderen Unterbringungen gereinigt werden. Conny kennt die Hunde ganz genau, weiß um ihre Macken und kann zu jeder Fellnase eine Geschichte erzählen.
Zum Beispiel zu Nina, einer 14-jährigen Hündin, die hier im Tierheim nur unter dem Spitznamen Omi bekannt ist. Omi ist taub und kann kaum mehr sehen. Außerdem humpelt sie und hat einige Narben und kahle Stellen am Körper. Irgendwann ist sie wohl von einem anderen Hund angegriffen worden. Die Verletzungen wurden nie richtig behandelt. Omi lebte bis vor einem Monat noch bei einer älteren Dame, bis diese verstarb. Von klein auf ließ die Dame sie immer nur frei im Garten herumlaufen. Sie ist sehr anhänglich und läuft gehorsam hinterher, kennt aber weder Halsband, noch Leine oder Gassirunden. Eine ganz liebe, zurückhaltende Hündin. „Wenn der Tierarzt ihr zu Nahe kommt, kann sie jedoch giftig werden. Sie kennt das einfach nicht“, sagt Conny und streichelt der Hündin behutsam über den Kopf. Die Chancen, dass sie für ihre letzten Lebensjahre- oder monate noch ein richtiges Zuhause findet, stehen schlecht. Deswegen wollen wir ihr eine besondere Freude machen.
Christine hat am Vortag noch ein paar Hundebettchen besorgt. Die kleine Omi soll nun eines davon bekommen. Vorsichtig betreten wir den Bereich, den sich Omi mit vier anderen Hunden teilt. Einer ihrer kleinen Zimmergenossen tut sein Möglichstes, um uns aus dem gemeinsamen Revier zu verscheuchen und bellt uns fortwährend an. „Keine Angst, der wird nicht beissen“, sagt Conny und macht eine beschwichtigenden Handbewegung „der hat sowieso nur noch drei Zähne im Maul“. Nach ein paar Momenten hat sich der Kleine an unsere Anwesenheit gewöhnt und nutzt die Zeit lieber, um seine Geschäfte zu erledigen. Währenddessen betreten wir die gute Stube. Omi flitzt die ganze Zeit um uns herum, als wolle sie stolz ihre Wohnung zeigen. Als Christine sich zu ihr setzt und ihr das neue Bettchen zeigt, sieht man dem kleinen weißen Hündchen die Dankbarkeit förmlich an.
Immer wieder kuschelt sie sich in das weiche Bettchen und legt ihr Gesicht in Christines Hände. Als das Hundebett in ihr Abteil gelegt wird, muss sie es auch dort direkt noch einmal ausprobieren, nicht ohne abermals aufzuspringen, um sich noch einmal bei Christine zu bedanken. Diese Szene haben wir für unser Video aus dem Tierheim einfangen können.
Genau das sind die Momente, warum wir helfen sollten. Es ist so wichtig, in den Köpfen der Menschen das alte Schema abzubauen. Helft nicht aus Mitleid oder weil ihr ein schlechtes Gewissen habt. Helft für die Freude, die eure Hilfe bringen wird. Und genau hier im Gesicht dieses kleinen Hundes wird sie sichtbar. Omi ist glücklich und wir sind es auch.
SOS Hundehilfe Prignitz – Die hoffnungslosen Fälle
Omi ist aber nicht die Einzige hier, deren Vermittlungschancen bei Null stehen. Einige Hunde, wie der 8-jährige Hütehund Rex haben Krankheiten, die sich kaum ein Herrchen aufhalsen möchte. Für solche Fälle sucht die Hundehilfe nach Paten, die die monatlich anfallenden Kosten für Tierarztbesuche und Medikamente von circa 50 bis 80 Euro übernehmen. Die völlig überzüchtete Old English Bulldogg Paul wird nur mit einer ganz großen Portion Glück bald ein neues zu Hause finden. Seine neuen Menschen brauchen ganz viel Liebe und Geduld. Zu sehr hat ihn sein Vorbesitzer vernachlässigt und völlig verwahrlosen lassen. Einfach aus Dummheit, unter anderem weil er „nicht wusste“, wie oft man so einen Hund eigentlich füttern muss. Klar, dass einige Hunde bei einem solchen Verhalten nicht mehr so gut auf Menschen zu sprechen sind. Aber Conny und ihre ehrenamtlichen Helfer geben sich alle Mühe, dass die die Tiere wieder Vertrauen aufbauen können.
Über Weihnachten und Silvester ist das Tierheim geschlossen. Und ja, tatsächlich immer noch aus dem altbekannten Grund: Zu viele Hunde werden überstürzt aus dem Tierheim geholt und zu Weihnachten verschenkt. Nach ein paar Wochen wird die Belastung zu groß und das Tier wieder zurück gebracht. Und mit ihnen viele andere, die nicht aus dem Tierheim, sondern vom Züchter stammen. In der Zeit, in der sie schließen, kümmern sich Conny und ihre Kollegen um die Problemfälle, wie Paul. Hunde, die keine Leine oder gar Menschen gewohnt sind und wegen Beißverhalten abgegeben wurden. Diese Tiere werden therapiert, um im nächsten Jahr wieder vermittelt werden können.
SOS Tierhilfe Prignitz – Ein Anruf nach dem anderen
Connys Telefon steht heute, so wie an jedem Tag, kaum still. Manchmal sind es Interessenten, die einen Termin ausmachen möchten. Conny vermittelt circa 150 Hunde im Jahr. Immer öfter sind es jedoch Leute, die einen Platz für einen Vierbeiner suchen. Trotz dem sie eigentlich gar keine Kapazitäten mehr hat, sagt Conny an diesem Tag zu, zwei Hunde aufzunehmen, die aus einer Tötungsstation im Ausland gerettet wurden. Sie wird sie vorerst in der noch nicht fertig gestellten Kastrationsstation unterbringen. Was soll man tun? Nein sagen ist schwer.
Laut einem Vertrag mit der Stadt, landen alle Fundhunde, die im Amtsbereich aufgelesen werden, in der SOS Hundehilfe Prignitz e.V. Ob am Wochenende oder mitten in der Nacht – wenn ein herrenloser Hund gefunden wird, wird Conny angerufen und muss los. In den letzten Wochen hat Conny fast täglich einen Fundhund in der Hundehilfe aufgenommen. Über die Vernetzung mit Facebook konnten diese Tiere jedoch schnell wieder von ihrem Besitzer gefunden und abgeholt werden. Hat Conny keinen Platz, gibt es noch weitere Tierheime in der Umgebung, die je nach Kapazitäten einspringen. Wird der Hund nicht vermittelt und wird von keinem Heim aufgenommen, gilt er als Sache und muss nach der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist von 20 Tagen „der Tötung zugeführt werden“. Dass es dazu nicht kommt, dafür sorgt Conny.
Für diesen Einsatz erhält die Hundehilfe von der Stadt jährlich jedoch nur eine Entschädigung von 1000 Euro. Ein verschwindend geringer Betrag, angesichts der vielen Dinge, die hier getan werden müssen. Und das ist eines der großen Probleme der SOS Hundehilfe Prignitz e.V.. Conny hat hier auf dem Lande eigentlich viel Platz, aber kaum Geld und zu wenige Helfer, den Platz hundegerecht zu gestalten.
SOS Hundehilfe Prignitz – Auf Spenden angewiesen
Während wir gerade die mitgebrachten Futterspenden in den Vorratsraum hieven, wartet ein Ehepaar vor den Toren des Tierheimes. Erst nach ein paar Minuten wird Conny auf sie aufmerksam. Das Pärchen hat eine Spende mitgebracht: „In diesem Jahr kaufen wir keinen Weihnachtsbaum und wir dachten, die 35 Euro wären hier viel besser aufgehoben“. Eine wirklich tolle Geste. Und tatsächlich: Es ist so einfach zu helfen, auch wenn es finanziell nicht jedem möglich ist. „Bei einem Dauerauftrag von 5 Euro im Monat kommt einiges zusammen, wenn es viele machen“, sagt Conny. Doch auch über Spenden von Baumaterialen ist die Hundehilfe sehr glücklich. Alte Fliesen, Laminat, Teppiche oder ausrangierte Polstermöbel, Decken und Kissen. Alles können die Hunde gebrauchen. Denen ist völlig egal, wenn sie farblich nicht zusammen passen, solange es kuschelig und warm ist. Alles darf gespendet werden, bis auf Federbetten. Warum? Denkt mal kurz drüber nach.
Helfen im Tierheim – Was könnt ihr tun?
Ich habe noch einmal kompakt zusammen gefasst, wie ihr – auch ohne große finanzielle Mittel – im Tierheim in eurer Nähe helfen könnt:
- Zeit schenken
In der SOS Hundehilfe Prignitz e.V. und sicher auch im Tierheim in eurer Nähe, ist es möglich mit den Tieren spazieren zu gehen. Besonders für Menschen, die sich einen Hund wünschen, aber im Alltag nicht genügend Zeit haben, ist dies eine tolle Möglichkeit Zeit mit einem Hund zu verbringen. Eine Win-Win-Situation für alle. In der Hundehilfe Prignitz kann man in den Sommermonaten zwischen 8.00 bis 15.00 Uhr vorbei kommen, im Winter an den Samstagen von 8 bis 15 Uhr und einem Tier ein bisschen Zeit und Aufmerksamkeit schenken. Im Winter kommen nach Connys Aussage leider nicht so viele Spaziergänger vorbei. Dabei kann so ein Winterspaziergang doch auch schön sein. - Pate werden
Es gibt viele Hunde, die ihr restliches Leben im Tierheim verbringen werden. Durch falsche Erziehung oder Verwahrlosung zeigen sie Beißverhalten und sind aggressiv. Diese Hunde benötigen viel Zeit und eine starke Hand, die ein Otto-Normal-Herrchen gar nicht leisten kann. Einige Hunde haben Krankheiten oder benötigen für ein schmerzfreies Leben teure Medikamente. Conny ist sich bewusst, dass auch diese Hunde oft nicht als neues Haustier ausgewählt werden. Dennoch gibt es die Möglichkeit, Pate für ein Tier zu werden, um ihm ein einigermaßen sorgenfreies Leben im Tierheim zu ermöglichen. - Anpacken
Das Tierheim lebt hauptsächlich von Spenden. Vieles muss getan werden, doch für einige Arbeiten braucht es keinen „Experten“. Das Geld wird an so vielen anderen Stellen gebraucht, da wäre es sehr schade gewesen, zum Beispiel für das Entfernen des Laubs eine Firma zu engagieren. Für einen handwerklich begabten Menschen gibt es immer was zu tun. Wer also weiß, wie man Türen und Fenster einbaut, Fliesen legen oder Bretter zusammenschrauben kann: Einfach mal anrufen und nachfragen, wo und an welcher Stelle helfende Hände gebraucht werden. - Dauerauftrag
Auch wenn euer Portemonnaie eine große Spende nicht zulässt, ein Dauerauftrag von 5-10 Euro im Monat, kann auch schon eine große Hilfe sein. - Futter spenden
Die Tierhilfe Prignitz e.V. verbraucht für ihre circa 80 Hunde am Tag 40-50 Kg Trockenfutter, dazu noch weitere 30 Dosen Nassfutter. Knabbereien und Leckerlis sind da natürlich Mangelware, aber jeder Hund freut sich über ein stinkiges Stück Pansen oder ein knuspriges Schweineohr. Für Spenden sind in einigen Geschäften Spendendosen oder Sammelboxen aufgestellt, in die ihr das Futter hineinwerfen könnt. In heutigen Zeiten könnt ihr aber auch online bestellen und als Lieferadresse, einfach die eines Tierheimes angeben. - Ausmisten
Ich ärgere mich so. Erst vor ein paar Wochen habe ich rigoros ausgemistet und ganz viele Handtücher, Bettzeug, Bettdecken und sogar meine Matratzen entsorgt. Alles Dinge, auf die sich ein Hund noch gern draufgelegt hätte. Genauso nimmt das Tierheim sehr gerne alte Polstermöbel an, um damit die Hundehäuschen einzurichten. - Baumaterialien spenden
Nicht nur Möbel, sondern auch Baumaterialen sind als Spenden gern gesehen. Ausgebaute Fenster, alte Fliesen, Backsteine. Für alles gibt es Verwendung. Denkt also beim nächsten Umbau an das Tierheim, bevor ihr den großen Container bestellt. - Hund adoptieren
Wenn ihr euch für einen Hund interessiert, dann schaut bitte zuerst in eurem Tierheim nach oder informiert euch über Tierhilfsorganisationen im Internet, anstatt euch an einen Züchter zu wenden. Es gibt auf dieser Welt so viele Fellnasen, die darauf warten adoptiert zu werden.
Wenn ihr helfen wollt, setzt euch einfach ins Auto oder in den Zug und fahrt aufs Land zur SOS Hundehilfe Prignitz. Oder informiert euch in einem Tierheim in eurer Nähe und fragt nach, wie ihr vor Ort helfen könnt.
Es war wirklich ein toller Tag, den ich anderenfalls arbeitend vor dem Computer oder faul auf dem Sofa mit irgendeiner Serie verbracht hätte. Es tat gut, mal wieder einen ganzen Tag an der frischen Luft zu verbringen und sich dabei körperlich zu betätigen. Und das alles auch noch für den guten Zweck. Am Ende brauchten wir ein bisschen länger, um uns von den Hunden zu verabschieden, an denen wir den ganzen Tag mit den Schubkarren voll Laub vorbei gelaufen waren. Aber wer kann schon Lunas Lächeln widerstehen?
Danke an Silvia (www.allesundlicht.de) unsere fleißige Laubharkerin an diesem Tag, die uns dieses tolle Foto zur Verfügung gestellt hat.
Dieser Post ist in Kooperation mit PURINA entstanden.
5 Kommentare