Der rote Sand und die endlosen Offroad-Pisten des Outbacks – der Karijini Nationalpark in Westaustralien ist für mich die Erfüllung eines langgehegte Traumes. Im September war ich dort auf „Self Drive Tour“ unterwegs und erzähle euch nun von meinen besten Erlebnissen!
Karijini Nationalpark in Westaustralien – wo selbst die Flugplätze mitten im Nirgendwo liegen
Es ist 8:00 Uhr morgens und ich stehe auf einem winzigen Flugplatz in Exmouth. In wenigen Minuten starten wir mit einer kleinen Propellermaschine nach Paraburdoo. 5 Passagiere, eine kleine Tasche pro Person und der Pilot, mehr passt nicht rein. Irre laut die kleine Maschine, so dass ich nur über dicke Kopfhörer den Erzählungen des Piloten folgen kann, während ich wortlos über die endlosen Weiten blicke.
Unser kleines Flugzeug und der unfassbare Blick auf Westaustralien!
Pilotenschein? Wäre auch mal was. :)
Die Landschaft formt mit ihren Farben und Formen beeindruckende Bilder, wie sie kein Künstler hätte besser erdenken können. Wale erscheinen mir auf der Fläche des Meeres wie winzige Punkte, die Straßen unklare Linien im ewigen Sand. Am Flugplatz in Paraburdoo treffen wir unsere Guides für die nächsten Tage, Pete und Loz, und ich spüre: Das Abenteuer kann beginnen!
Der Karijini Nationalpark in Westaustralien liegt in der Region Pilbara
Unsere Version von Indiana Jones & Lara Croft: Pete & Loz!
Karijini Nationalpark in Westaustralien – ein erster Eindruck von der Weite
Unser Ziel ist der Karijini Nationalpark in Westaustralien. Paraburdoo ist mit der nächstgelegene Flugplatz. Entfernung: 240 km. Ein kurzer Zwischenstopp in Tom Price zum Lunch, die letzte Apotheke und der letzte Supermarkt, das letzte Mal „normale Zivilisation“. Hier sehe ich auch die ersten Aborigines. Ich komme mir vor, als würde ich sie ungeniert anstarren. Auf manche Augenblicke kann man sich eben nicht vorbereiten und wenn man 20 Jahre von einem Ort geträumt hat und dann plötzlich dort ist, ist das vielleicht auch ok.
Four Wheel Drive for President! Ab ins Abenteuer!
Viel Zeit zum Nachdenken habe ich nicht. Wir verlassen Tom Price, diese Stadt mit 11.000 Einwohnern mitten im Nirgendwo, um einen kleinen Abstecher zum “Mount Nameless” zu machen. Unser 4WD muss zum ersten Mal zeigen, was in ihm steckt und ich denke nicht zum letzten Mal auf dieser Reise an „Zurück in die Zukunft“: „Dort wo wir hinfahren, brauchen wir keine Straßen!“
Der Name der Indigenous für diesen Berg ist „Jarndunmunha“. Mit 1.128 m ist er der zweithöchste (befahrbare) Berg in Western Australia. Von oben hat man eine atemberaubende Aussicht auf das umliegende Land. Schier endlose Weiten, nur unterbrochen von ein paar staubigen Pisten und der Rio Tinto Eisenerz-Mine in der Nähe, umgeben uns.
Karijini Nationalpark in Westaustralien – „The jewel of the Pilbara“
Wörtlich übersetzt bedeutet Karijini „kommt von weit her“ bzw. „ist sehr alt“. Passender könnte der Name nicht sein, denn die Natur hier ist mehrere Billionen (!) Jahre alt. Klimatisch befinden wir uns in einer tropischen Halbwüste und ich spüre sofort, dass es hier die Natur ist, die den Menschen duldet und nicht andersherum.
Im Karijini Nationalpark gibt es jedoch nicht nur endlose wüstenartige Weiten. Es gibt die Steppe mit struppigen und robusten Pflanzen, Hügellandschaften und atemberaubende Schluchten. Oh, und verborgene türkisfarbene Felsenpools, die wohl niemand findet, der nicht weiß wohin er fährt! Über diesem unfassbar alten Land liegt der Zauber der Zeit: diese Magie, die nur Dinge und Orte ausstrahlen, die weiser sind als wir und die zu uns sprechen, wenn wir bereit sind zuzuhören.
Wenn das kein magischer Baum ist …
Für mich trägt Karijini die Bezeichnung „Juwel der Pilbara“ absolut zurecht. Dieser Ort hat mich tief berührt und ich werde die Erinnerungen wie ein Juwel mit mir tragen. (Jap, manchmal muss so eine kitschige Zeile einfach sein!)
Karijini Nationalpark in Westaustralien – wo die Natur die Regeln bestimmt
Der Nordwesten von Westaustralien gilt als eine der letzten Wildnisregionen der Welt. Wir sind im australischen Winter hier, um die unerträgliche Sommerhitze mit weit über 40°C zu vermeiden und stattdessen bei angenehmen durchschnittlich 28°C die Wildnis zu entdecken.
Uns Neulingen werden erst einmal ein paar Regeln beigebracht, an die sich besser jeder hält:
- „Wenn dein Auto eine Panne hat, bleibe IMMER am Auto, gehe auf keinen Fall alleine Hilfe suchen.“
- „Habe immer mindestens ZWEI Ersatzreifen dabei, sowie 20 Liter Wasser und Reservebenzin.“
- „Wenn du dich in einsame Gegenden aufmachst, sage vorher jemandem Bescheid, notfalls den Behörden.“
- „Hinterlasse offene Tore offen und geschlossene geschlossen.“
- „Wander-/Kletterwege sind mit Dauer und Schwierigkeitsgrad angegeben. Halte dich an deine Kondition.“
Karijini Nationalpark in Westaustralien – die Natur ist Chef!
Unendliche Weiten und kein schattiger Unterstand, da kann die Hitze schon unangenehm werden. Und wenn nach wochenlanger Trockenheit plötzlich Regen fällt, kann es passieren, dass sich die Straßen in reißende Ströme verwandeln. Insgesamt gibt es über 18.000 km Offroad-Pisten. Es mag sich wenig anhören, doch pro Tag sollte man maximal 300 km einplanen. Wildwechsel, plötzliche Überschwemmungen und „Road Trains“ (für Australien typische “Lastwagen-Züge”, die bis zu 100 m lang sein können!), sowie die Hitze und die Monotonie der langen geraden Strecken, fordern ihren Tribut.
Und auch eine gesunde Vorsicht ist in der Wildnis angemessen. So haben mich meine wachen Augen davor bewahrt auf eine kleine, aber ziemlich giftige Schlange zu treten oder der einen oder anderen Spinne näher zu kommen, als mir lieb gewesen wäre. Auch das Spinifex-Gras, das sich büschelweise über das Land zieht, kann ziemlich scharf sein. (Das nur als kleiner Hinweis für den Gang zum stillen Örtchen „hinterm nächsten Busch gleich links.“)
Karijini Nationalpark in Westaustralien – zuhause mitten im Nirgendwo
Das Karijini Eco Retreat wird hier für einige Tage mein Zuhause sein. In einer Fahrzeit von 2 – 4 Stunden erreicht man es von den Flugplätzen in Paraburdoo, Newman, Port Hedland oder Karratha. Ein Roadtrip ab Perth, über den Great Northern Highway durchs Outback, dauert etwa drei Tage.
Das Karijini Eco Retreat hat bereits mehrere Awards gewonnen, schließlich bietet es die perfekte Mischung aus off the grid Abenteuer und komfortablem Urlaubsfeeling. Das Wort “Glamping” macht hier für mich zum ersten Mal Sinn.
Als ich die Plane meines „Deluxe Eco Tents“ zum ersten Mal aufzippe, bin ich einen Moment sprachlos: Ein riesiges Doppelbett mit zahlreichen Kissen steht mitten im Raum! Vor dem Zelt habe ich eine eigene Terasse und von allen Seiten fällt gerade goldenes Sonnenlicht herein, da die inneren Hüllen offen sind. An einer der Außenwände befindet sich eine Zip-Tür zu meinem „Badezimmer“ mit eigenem WC, Waschbecken mit Spiegel und komfortabler Dusche. Das Beste: Alles wird mit reiner Sonnenenergie gespeist!
Nachdem bei meiner Ankunft ein „Huntsman“ an meiner Außenwand saß, möchte ich mein Glück nicht herausfordern. Nach Einbruch der Dunkelheit lasse ich die Lampen im Zelt aus und begnüge mich mit meiner Stirnlampe. Dadurch fühlt es sich auch wieder ein wenig mehr nach Abenteuer an. ;)
Karijini Nationalpark in Westaustralien – Dornröschenschlaf im Outback
Am nächsten Morgen wache ich tiefenentspannt auf und wundere mich über das Tageslicht. Dann realisiere ich, dass mein Wecker klingelt und stelle fest, dass ich tatsächlich verschlafen habe! Seit gut 30 Minuten werden mein Zelt und meine Nachbarn mit “The National” beschallt. Vielleicht ist es die völlige Abgeschiedenheit von elektronischer Kommunikation (kein Internet, kein Telefonnetz), vielleicht ist es der Zauber zum Geheule wilder Dingos einzuschlafen und zum Gesang der australischen Vogelwelt aufzuwachen: Jedenfalls bin ich so ruhig, gelassen und zufrieden wie schon lange nicht mehr, als ich beim Zähneputzen meinen Blick über die Landschaft schweifen lasse.
Denn die Natur ist unser höchstes Gut!
Das Wort „Eco“ steht zurecht im Namen: Sämtliche Energie wird über die Sonne gewonnen und das Nutzwasser wird weiterverwendet. Für die Gäste stehen chemiefreie Seifen und Duschutensilien bereit. Das simple Motto: “Take only memories, leave only footprints.” Obgleich ich eine „Steinschale“ zuhause habe, in welcher ich steinerne Mitbringsel von meinen Reisen sammele, halte ich mich hier daran „keine Tiere, Pflanzen oder Steine zu stören oder mitzunehmen“.
An der Rezeption befinden sich ein Kiosk und eine Bar mit kühlen Getränken. Es gibt gut ausgestattete Duschen und WCs, sowie mehrere BBQ-Plätze auf dem Gelände, die für jederman zugänglich sind. Das Hauptrestaurant bietet Frühstück, Lunch und Abendessen an. Ziemlich schnell wird mir klar, dass das im Grunde alles ist, was man braucht. Zumindest wenn man nicht von einer Betonwüste, sondern vom goldenen australischen Outback umgeben ist.
Karijini Nationalpark in Westaustralien – Lektionen in Demut
Was ich auch in Westaustralien wieder an mir selbst beobachten kann: Wann immer ich dieses Wunderwerk Erde in seiner vollen Pracht vorgeführt bekomme, werde ich ganz ruhig. Ich bin dann so beschäftigt mit Gucken und Staunen und damit all meine Eindrück aufzusaugen, dass einfach keine Zeit bleibt zu reden – oder es mir schlichtweg nicht wichtig genug erscheint.
Westaustralien ist, wenn man ständig sprachlos ist …
Wir besuchen Orte wie die Dales Gorge, Fern und Circular Pool und den Fortescue River, den drittlängsten Fluss in West Australien. Und es vergeht keine Sekunde, in der ich nicht über die Formen und Farben der Natur hier staune. Die Pfade und Felsen sind teilweise schroff und eigenwillig geformt, meine kurzen Beinchen verhelfen mir schon am ersten Tag zu meinem neuen Spitznamen („little legs“), während ich im Gegensatz zu den anderen mehr kletternd als laufend unterwegs bin. Immer wieder erspähe ich kleine und irre flinke Eidechsen auf dem Gestein, während auf den Ebenen Termiten ihre riesigen Hügel bauen.
Was für ein Spektakel!
Fern und Circular Pool sind heilige Stätten der Indigenen Bevölkerung. Aus Respekt ist es verboten von den Wasserfällen oder Stufen zu springen oder auf sonstige Art Krach zu machen. Unerwarteterweise scheint das auch zu funktionieren, was mich noch zusätzlich glücklich macht – neben den Flughunden in den Bäumen, dem tief türkisfarbenen Wasser und der Magie, die diese Plätze einfach ausstrahlen. Auf dem Rückweg können wir dann noch ein anderes Spektakel bewundern: die Wildblumenblüte. Von Juni bis November ist das Land von unzähligen Blüten überzogen, insgesamt sind hier über 12.000 Arten heimisch, davon knapp 60 % sogar endemisch.
Farben- und Artenvielfalt auch bei den Blumen und Pflanzen. Im unteren Bild: “Mulla Mulla”
Karijini Nationalpark in Westaustralien – und einer der besten Tage meines Lebens!
Ok, berechtigte Frage: Geht’s noch besser?
Irre, aber zutreffende Antwort: JA!
Zusammen mit “West Oz Active Adventures” geht es zum Canyoning in die Schluchten des Karijini Nationalparks!
Vor der Abreise habe ich mir das Promo-Video angesehen, weshalb ich weiß, was mich erwartet und nun irre aufgeregt bin. Das hier wird das echte Abenteuer! Mit flauem Magen und kribbelnden Händen geht es direkt nach dem Frühstück zusammen mit 5 anderen Abenteurern los. Inmitten dieser 3,5 BILLIONEN Jahre alten Schluchten, werde ich meinen Ängsten und Selbstzweifeln begegnen – und es schaffen sie zu überwinden!
Nach einer kurzen Einweisung bekommen wir alle unser Canyoning-Outfit verpasst: Neoprensuit, Helm, Kletterequipment, sowie einen wasserfesten Rucksack mit Verpflegung und einem weiteren Layer Kleidung. Zuletzt kriegen wir jetzt noch einen riesigen “Gummi-Donut” in die Hand gedrückt, mit dem wir durch die Schluchten paddeln werden.
Mit unseren “donuts” geht es in die Schluchten!
Neben dem Action-Abenteuer, ist auch die Natur (mal wieder) unfassbar schön!
Nachtrag: Jeder kann Lara Croft sein! :)
Am Ende des Tages bin ich nicht nur durch beeindruckende Schluchten geschwommen, wurde abgeseilt, bin eine Steilwand hochgeklettert, die mir unkletterbar erschien, einen Wasserfall hinabgerutscht und 8 m im freien Fall in einen Felsenpool gesprungen … am Ende diesen Tages fühle ich mich, als könnte ich alles schaffen. Und dieses Gefühl kann ich auch jetzt noch jederzeit abrufen, wenn ich mal wieder an mir und der Welt zweifle. In den Schluchten im „Herzen des Pilbara“, habe ich meine innere Stärke gespürt wie nirgends zuvor.
Abseilen zwischen rotem Gestein und türkisen Wasserpools
Paddeln kann auf Dauer doch recht anstrengend sein …
Über mich hinauswachsen Teil 1 + 2: Glitschige Wasserrinnen erklimmen und Wasserfälle runterspringen!
Und zum Schluß nochmal die Steilwand hoch und die Schlucht entlang klettern mit dieser atemberaubenden Aussicht!
Hier fühlte ich mich so klein wie noch nie und bin doch innerlich gewachsen. Westaustralien hat mich berührt und verändert, und dadurch auf meinem Weg ein ganzes Stück nach vorne getragen.
Karijini Nationalpark in Westaustralien – darf ich nochmal, bitte?
Der weite Wilde Westen Australiens ist wunderschön, aber auch einschüchternd. Aber endlose Weiten und Horizonte empfinde ich immer auch als inspirierend, weshalb für mich feststeht: Ich werde mit mehr Zeit im Gepäck wiederkommen! In Westaustralien warten noch die Route nach Broome und die Kimberley Region. Danach wären da noch die Ostküste, der Uluru, Tasmanien, South Australia … Wenn ich mir die Map so ansehe, habe ich erst ein winziges Stück Australiens gesehen. Erst jetzt habe ich wirklich eine Idee über die Größe dieses roten Kontinents.
Zum Schluss noch ein paar nützliche Links für Euch:
- alle Campingspots in WA
- verschiedene Selbstfahrerrouten auf „Experience Western Australia“
- Einreisegenehmigungen für die Durchreise durch Aborigines-Gebiete beim „Department of Aboriginal Affairs“
- Außerdem super spannend: der „Atlas of Living Australia“ verrät Euch alles über Tiere und Vegetation in Australien
- Eine Karte vom Karjini Nationalpark in Westaustralien findet Ihr hier!
Mein Dank für diese wunderbare Reise geht an Western Australia
Lust bekommen? Hier findest du mehr Inspiration für deinen Australienreise:
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Text und Fotos: Laura Droße
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