Wenn mich jemand fragt, was ich im Leben bereue, dann sage ich: „Nichts!“. Das stimmt und das kann ich mit Leib und Seele so sagen. Alles hatte irgendwie einen Sinn und seine Richtigkeit. Was ich jedoch manchmal schade finde, dass ich nach dem Abitur direkt das Studium angefangen habe und mir nicht ein Jahr Zeit genommen habe. Ein Jahr zum Reisen und Arbeiten und Welt entdecken.
Das mit dem „Welt entdecken“ habe ich zum Glück auch so gut hinbekommen. Aber ich glaube einfach, eine Reise prägt einen Menschen, verändert ihn, formt seinen Charakter und hilft dabei, Entscheidungen für die Zukunft zu treffen. Was man außerdem nicht einfach aufhören sollte, sobald man von zu Hause ausgezogen ist – mit den Eltern in den Urlaub fahren. Klar lebt man sich erst einmal auseinander, wenn man plötzlich seine eigene Wohnung, sein eigenes Leben und seine eigene Urlaubsplanung hat. Deswegen ist es umso wichtiger, trotzdem eine längere Zeit zusammen zu verbringen und sich dadurch näher zu kommen.
Wenn ich meine Eltern nur ein Wochenende besuche, fällt es mir manchmal schwer, sie zu verstehen. Doch wenn ich eine Woche mit ihnen unterwegs bin, was mittlerweile jedes Jahr geplant wird, verstehe ich sie wieder viel besser und sie auch mich. Längere Zeit zusammen unterwegs zu sein, bringt einen wieder viel näher zueinander. Vor allem wenn man unvergessliche Momente erlebt, wie beispielsweise in Australien.
Vor zwei Jahren haben ich einen Roadtrip durch das Outback gemacht, bin am Great Barrier Reef geschnorchelt und habe die Küste von Queensland kennengelernt. Und oft habe ich mir gesagt: Schade, dass das meine Eltern nicht miterlebt haben. Tourism Australia präsentiert aktuell eine Kampagne, die sowohl Working Holiday Maker als auch deren Eltern ansprechen soll. Zu dem Thema habe ich meine Freundin Julia interviewt, wie ihre Work & Travel Zeit in Australien war. Sie hat es gleich zweimal gemacht. Vor dreizehn Jahren, nach dem Abi in Australien, und noch einmal vor zwei Jahren in Neuseeland.
In der Zeit in Australien haben sie ihre Eltern und ihre Schwester für drei Wochen besucht und sind zusammen die Ostküste hochgefahren.
Julia, Work & Travel nach dem Abi ist ja irgendwie „normal“. Aber dann mit 30 noch mal zu sagen: “Ich mache eine Auszeit und haue noch mal ab, um Working Holidays zu machen.” – Was war der Auslöser?
Seit ich mit 18 Jahren ein Jahr in Australien war, wollte ich wieder zurück. Dieses Jahr hat mich so sehr geprägt, es war eins der besten Jahre meines Lebens. Es war für mich immer klar, dass ich vor meinem 30. Lebensjahr zurück möchte. Das wollte ich auf keinen Fall verpassen. Zudem war ich über vier Jahre in einem PR-Job, den ich zwar mochte, aber ich war mir selbst zu bequem geworden in Berlin und wollte wieder reisen. Es war einfach genau die richtige Zeit, aufzubrechen.
Wie hat sich das erste Mal vom zweiten Mal unterschieden?
Das erste Mal war komplett anders, da ich mit 18 Jahren noch keine Lebenserfahrung hatte. Ich kam aus der Kleinstadt und hatte keine Ahnung vom Leben, geschweige denn vom Reisen. Ich landete in Sydney und hatte vorher noch keinen Reiseführer gelesen, keine Erwartungen, keine Pläne und nichts gebucht. Außer dem ersten Hostel für die ersten drei Tage. Ich ließ also alles komplett auf mich zukommen. Direkt im Flieger lernte ich drei deutsche Mädels kennen, wir kauften uns in der zweiten Woche gemeinsam einen alten VW-Bus, in dem wir dann neun Monate lebten und rumreisten. Wir pflückten Tomaten, bedienten in Hotelrestaurants, meistens so im Rhythmus von sechs Wochen Arbeiten, sechs Wochen Reisen. Arbeit fanden wir, indem wir von Tür zu Tür fuhren und unsere ausgedruckten Lebensläufe den potenziellen Arbeitgebern in die Hand drückten.
Meine Mitreisenden sind dann nach und nach abgereist, aber ich blieb die vollen zwölf Monate da und lebte dann noch drei Monate mit einem Australier in einer Surfer-WG in Perth, Westaustralien, und bediente in einem italienischen Restaurant. Es gab damals übrigens noch keine Smartphones und Digitalkameras!
Das zweite Mal Work & Travel war komplett anders, aber auch wunderschön. Der Unterschied war hauptsächlich, dass ich eine gereifte Person war. Ich wusste, wer ich war und was ich wollte. Ich habe dennoch nichts geplant, nichts gebucht und habe alles auf mich zukommen lassen. Ich fand super schnell durch Beziehungen einen Bürojob, da ich durch meinen PR-Job in Berlin bereits einige Leute kannte. Dennoch habe ich mich selbst komplett überrascht, nie hätte ich z.B. gedacht, dass ich über Monate hinweg mit sechs Leuten in einem Hostelzimmer auf engstem Raum leben und gleichzeitig auch noch arbeiten kann. Nach sieben Monaten Neuseeland habe ich noch drei Monate Australien drangehängt und habe einen Roadtrip von Perth nach Sydney gemacht.
Kannst du dich noch an deinen coolsten Job erinnern?
Die Jobs beim Work & Travel waren leider nie wirklich cool und das Hauptziel war immer, einfach Geld zu verdienen. Beim Tomaten pflücken wurde ich allerdings wegen „langsamer Arbeit“ gefeuert und habe daher lieber Tomaten in der Fabrik verpackt. Solche Jobs habe ich damals mit 18 gemacht, weil mein Englisch noch nicht so gut war, sonst ist das eigentlich nicht nötig. Beim zweiten Mal war es für mich „cool“, einen eher langweiligen Bürojob zu haben, da ich zum Beispiel bedienen hasse und darauf keine Lust hatte. Toll war es, dass durch meine Reisen mein Englisch sehr gut geworden ist und es für mich mittlerweile keinen Unterschied mehr macht, auf Deutsch oder auf Englisch zu arbeiten.
Wie war dein Verhältnis zwischen Arbeiten und Reisen?
In Australien hatte ich damals einen sechs Wochen Rhythmus, also immer abwechselnd Arbeiten und Reisen. Beim zweiten Mal habe ich 3 Monate gearbeitet und bin dann 4 Monate gereist. Wenn man eher minimalistisch reist und zum Beispiel mit dem Camper an kostenlosen Wildcampingplätzen übernachtet, kommt man auch länger mit dem Geld klar.
Für wen ist Working Holidays was und wer sollte lieber zu Hause bleiben?
Working Holidays ist nur etwas für offene Menschen, die Land und Leute auch wirklich kennenlernen möchten. Wenn z.B. Deutsche nach Australien fahren und dort nur mit Deutschen im Hostel Zeit verbringen und sich darüber hinaus beschweren, dass in Deutschland alles besser ist, verfehlen sie die Reise.
Hattest du Heimweh?
Nie!
Wie haben dich deine Eltern bei deinem Vorhaben unterstützt?
Meine Mutter hat mir zum Abitur damals 3.000 Euro geschenkt und den Flug nach Australien bezahlt, ich „sollte erst mal reisen“. Da ich sowieso planlos und verwirrt war, wie man das als Teenager eben so ist, habe ich das dankend angenommen. Heute bin ich mir sicher – dank ihr bin ich mit dem Reisevirus infiziert.
Wie war es, plötzlich deine Eltern und deine Schwester um dich zu haben?
Es war tatsächlich anfangs seltsam, da ich bereits neun Monate in Australien und ein ganz anderer Mensch geworden war. Ich war es gewohnt, alleine zu planen und meinen Tag zu gestalten. Als meine Familie da war, haben wir immer alles zusammen gemacht. Es war aber sehr schön, wieder alle um mich zu haben.
Ihr seid drei Wochen die Ostküste entlang gefahren. Was sind deine schönsten Erinnerungen?
Fraser Island mit seinen glasklaren Seen war ein besonderes Highlight, dort sind wir mit einem Vierradantrieb rumgefahren und über die Sanddünen geprescht. Wunderbar war auch die Weingegend um Sydney, ebenso der Regenwald in Queensland. Besonders beeindruckt haben mich aber damals die Whitsunday Islands. Das türkisfarbene Wasser ist einfach paradiesisch, dort war ich allerdings alleine auf einem Segeltörn.
Hat sich durch die Reise dein Verhältnis zu deiner Familie geändert?
Vor meiner Reise nach Australien damals hatte ich immer viel Streit mit meiner Mutter. Danach bin ich auch von Zuhause ausgezogen, und seitdem verstehen wir uns sehr gut. Mit dem Rest meiner Familie hat sich eigentlich nichts geändert.
Seid ihr auch in Noosa in Queensland vorbei gekommen? In die Stadt habe ich mich sofort verliebt. Das war so irre schön.
In Noosa waren wir leider nur kurz und sind recht schnell durchgefahren, auf dem Weg nach Cairns. Eins meiner persönlichen Highlights war die Stadt Melbourne. Dort wollte ich nur ein paar Tage bleiben, bin aber aus Versehen zwei Monate geblieben. Die Stadt ist toll, es gibt so viel zu entdecken! Es gibt sehr viele alternative Viertel, Kunst und Musik, selbst wann man Jahre dort lebt, entdeckt man sicherlich immer wieder etwas Neues. Wie die australische Version von Berlin!
Wie hat dich die Zeit fernab von zu Hause verändert?
Ich bin bei beiden Trips als anderer Mensch wieder gekommen, viel reifer und gefestigter. Bei der ersten Reise war der Unterschied natürlich gravierender, weil ich einfach viel jünger und unerfahrener war. Aber auch nach der zweiten Reise habe ich meine innere Ruhe gefestigt und vor allem gelernt: Man ist niemals zu alt zum Reisen!
Vielen Dank an Julia, für all die Infos zu den Working Holidays
Ein Working Holiday, und das Reisen selbst, hilft oft bei dem ersten Schritt in die Selbständigkeit. Trotzdem kann es auch ein toller Anlass sein, gemeinsam mit den Eltern zu reisen, bzw. ist es für Eltern ein guter Grund nach Australien zu reisen, um ein paar Tage mit den Kindern zu verbringen.
Zum Schluss habe ich noch zwei superschöne, emotionale Videos für euch. Da bekomme ich fast selbst Tränen in den Augen, weil auch ich dieses wunderschöne Fleckchen Erde besuchen durfte!
Das Abenteuer Northern Territory
Zum Hintergrund der Kampagne Working Holidays:
Ende März 2017 startete die Kampagne mit einem Gewinnspielaufruf von Tourism Australia in Kooperation mit STA Travel sowie Tourism Western Australia und Tourism Northern Territory. Junge Erwachsene, die sich mit einem Working Holiday Visum in Australien aufhalten, wurden aufgerufen, ihren Familien per Videobotschaft „Danke“ zu sagen. Danke für die Hilfe bei der Reisevorbereitung, finanzielle Unterstützung oder emotionalen Beistand.
Als Hauptgewinne wurden zwei unvergessliche Reisen durch Western Australia oder das Northern Territory ausgeschrieben – gemeinsam mit den Eltern.
Der Clou: Die beiden Gewinnerinnen wurden nicht über ihr großes Glück informiert, sondern blieben bis zuletzt in dem Glauben, nur den zweiten Platz gemacht und eine Reise für sich allein gewonnen zu haben. Begleitet von zwei Videoteams machten sich die Eltern Ende Mai dann heimlich auf die Reise nach Australien, um ihre Töchter vor Ort zu überraschen.
Mehr Infos: Das Abenteuer Northern Territory und Das Abenteuer Western Australia
Lust auf Working Holidays? Mehr Reisetipps zu Australien findet ihr hier:
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3 Kommentare
Traumhaft schöne Fotos!
Da wird man richtig neidisch. :)
Ich habe damals auch ein Working Holiday gemacht, allerdings in Japan.
Bin nicht nach dem Abi, sondern erst nach dem Studium dorthin …. und es hat mir so gut gefallen, dass ich gleich noch weitere Jahre geblieben bin (insgesamt 7 Jahre). :)
Gerne hätte ich auch noch ein Working Holiday in Neuseeland .. oder auch Australien gemacht, aber irgendwann ist man dann halt leider doch zu alt. Eigentlich schade. ;)
Das hört sich wirklich total spannend an! Ich bin zwar ein sehr reiseliebender Mensch, doch hat es mich noch nicht für so lange Zeit von der Heimat weggezogen. Aber wie man sieht, es geht ja auch noch im späteren Alter. Besonders das Video ist wirklich toll geworden! Herzlichst, Lisa von Herzensort